Wolfgang Herrndorf – Tschick
Verlag: rowohlt
HC: 253 Seiten
Inhalt
Mutter in der Entzugsklinik, Vater mit Assistentin auf Geschäftsreise: Maik Klingenberg wird die großen Ferien allein am Pool der elterlichen Villa verbringen. Doch dann kreuzt Tschick auf. Tschick, eigentlich Andrej Tschichatschow, kommt aus einem der Assi-Hochhäuser in Hellersdorf, hat es von der Förderschule irgendwie bis aufs Gymnasium geschafft und wirkt doch nicht gerade wie das Musterbeispiel der Integration. Außerdem hat er einen geklauten Wagen zur Hand. Und damit beginnt eine Reise ohne Karte und Kompass durch die sommerglühende deutsche Provinz, unvergesslich wie die Flussfahrt von Tom Sawyer und Huck Finn.
Autor
Wolfgang Herrndorf, 1965 in Hamburg geboren, hat Malerei studiert und unter anderem für die «Titanic» gezeichnet. 2002 erschien sein Debütroman «In Plüschgewittern». Im Jahr 2008 wurde er für «Diesseits des Van-Allen-Gürtels» mit dem Deutschen Erzählerpreis ausgezeichnet. «Es geht also doch: Man kann auf Deutsch intelligente und zugleich extrem lustige Geschichten schreiben», schrieb dazu Ijoma Mangold in der Süddeutschen Zeitung.
Meinung
Als erstes ist da der Geruch von Blut und Kaffee. Die Kaffeemaschine steht drüben auf dem Tisch und das Blut ist in meinen Schuhen. Um ehrlich zu sein, es ist nicht nur Blut. Als der Ältere „vierzehn“ gesagt hat, habe ich mir in die Hose gepisst. Ich habe die ganze Zeit schräg auf dem Hocker gehangen und mich nicht gerührt. Mir war schwindelig. Ich habe versucht auszusehen, wie ich gedacht hab, dass Tschick wahrscheinlich aussieht, wenn einer „vierzehn“ zu ihm sagt, und dann hab ich mir vor Angst in die Hose gepisst. Maik Klingenberg, der Held. Dabei weiß ich gar nicht, warum jetzt die Aufregung. War doch die ganze Zeit klar, dass es so endet. Tschick hat sich mit Sicherheit nicht in die Hose gepisst.
Maik Klingenberg, vierzehn Jahre alt und Neunklässler eines Gymnasiums in Berlin, ist der Sohn reicher Eltern, die sich dem Alkohol und jungen Geliebten hingeben und ihren Sohn dabei sträflich vernachlässigen.
Das hört sich jetzt alles ziemlich dramatisch und tragisch an, ist es aber nicht. Wolfgang Herrndorf hat einen wunderbaren Roman über ein gewisses Alter geschrieben, in dem man nicht nur schön langsam erwachsen wird, sondern auch so manche Dummheit begeht.
Ein Roman über DEN Sommer des Lebens, DEN Sommer, den man nur einmal erlebt, DEN Sommer, der alles verändert, DEN Sommer, den man niemals wieder vergisst.
Maik Klingenberg freundet sich nach langem Zögern mit Tschick an, einem Russen, dem das Herz am rechten Fleck sitzt und der Maik dazu überredet, mit ihm in die Walachei zu fahren … ins Nirgendwo … in einem geklauten Auto.
Weg von den Eltern, die keine Zeit haben, weg vom blauen Pool, der nicht alles ist im Leben, und weg von Tatjana, in die Maik sich verliebt hat.
Beide erleben auf ihrer Reise quer durch Deutschland so manches Abenteuer, und begegnen dabei Menschen, die ihnen Gutes wollen, die sich kümmern und sorgen, und manchmal auch seltsam sind.
Aus der Zweckgemeinschaft der beiden entwickelt sich eine tiefe Freundschaft, eine, die auch Trennung und Polizeigewahrsam überlebt, eine, die man im Leben auch nur einmal erlebt.
Tschick ist traurig und ungemein lustig zugleich. Tschick ist ein wunder-, wunderschönes Buch. Tschick ist tiefsinnig auf eine ungewohnt leichte Art. Tschick ist unser Highlight des Jahres 2010.
Unbedingt lesen!!!