Lieber Titus Müller
ich habe mir mal so angesehen, was Du so sonst geschrieben hast. Das ist ja durchaus eine gute MIschung. Besonders die Bücher mit religiösen Themen sind mir aufgefallen. Wie kamst Du dazu, sie zu schreiben? Interessiert dich generell das Thema Religion, sind das Abhandlungen oder Romane? Ich hab nur mal die Titel überflogen. Zur genaueren Recherche fehlt mir noch die Zeit.
Aber auch viele historische Romane sind darunter. Da kann man durchaus noch fündig werden. ich werde mal in der Bücherei danach Ausschau halten oder auf medimops.
Die religiösen Fragen haben mich auch beim Schreiben der ersten Romane interessiert. Z.B. ritten im frühen Mittelalter Kirchenfürsten mit Schwert und Lanze in die Schlacht -- wie passen christliche Nächstenliebe und Kriegszüge zusammen, wie hat man das damals gesehen? ("Der Kalligraph des Bischofs")
Die Katharer versuchten, sich durch Perfektionismus den Himmel zu verdienen. Ihre Eliteleute trugen den Titel Perfecta bzw. Perfectus. Übrigens wurde nach ihrer Vorstellung die Seele einer Perfecta auf dem Weg in den Himmel noch männlich, sozusagen als letzter Perfektionsschritt. Einem Perfectus war es nicht gestattet, einer Frau auch nur nahe zu kommen. Und der Körper galt als böse, als verwerfliches Seelengefängnis, das die gute, reine Seele möglichst verlassen möchte. Deshalb gab es als Heiligungsschritt die "endura", das Fasten bis zum Tod. Wie passt diese Körperfeindlichkeit mit dem mittelalterlichen Glauben der Christen zusammen, wo gab es Konflikte? ("Das Mysterium")
Wie lebten im 14. Jahrhundert Juden und Christen zusammen? ("Die Todgeweihte")
Und so weiter ... Die zwei Bände, in denen ich biblische Szenen romanhaft auserzähle, sind aus ähnlicher Neugier entstanden. Was hieß es zur Zeit von Jesus, römischer Hauptmann zu sein, wie sah da der Alltag aus? Und was bedeutete es für so einen Hauptmann, wegen eines Krankheitsfalls zu diesem jüdischen Wanderprediger zu gehen und ihn um Hilfe zu bitten?
Woher dieses Interesse bei mir kommt, kann man biografisch herleiten: Ich bin Pastorensohn. Aber darüber hinaus würde ich gern behaupten, auch aus freien Stücken Freude an solchen Fragen zu haben und nicht bloß, weil ich eben in diese Familie geboren worden bin. Ich finde, beim Thema Glauben und Weltsicht geht es immer gleich "ans Eingemachte", es wird persönlich und es ändert so viel daran, wie ich die Dinge betrachte. Das gefällt mir. Das Schreiben hilft mir bei meinem eigenen halbblinden Herumtasten, Stolpern, Zweifeln und zaghaften Glauben.