Beiträge von Titus Müller

    Hast Du mit „Wahlhelfern“ von damals gesprochen?

    Ja, und sie haben mir bestätigt, dass sie Wähler auf der Liste markieren mussten, die in die Wahlkabine gingen, also offensichtlich oppositionell eingestellt waren.


    Ich habe auch mit Evi Zupke telefoniert, die mit dem Friedenskreis Weissensee die Überwachung der Wahl organisiert und die Wahlfälschung nachgewiesen hat. Sehr spannend, das alles.

    Den Begriff „Couveuse“ kannte ich nicht für Brutkasten und er überrascht mich auch im DDR-Wortschatz. Man hat ihn dann aber bestimmt deutsch ausgesprochen, oder etwa französisch angehaucht? 😉

    Wenn ich daran denke, wie ich als Kind Vanille oder Cousin ausgesprochen habe ... ^^ Aber verwendet wurde der Begriff, ich habe mir die damaligen DDR-Fachbücher zur Ausbildung von Kinderkrankenschwestern beschafft.

    Da ich gerade mit dem Buch auf Lesereise bin, begleitet es mich noch sehr stark und fühlt sich nicht abgeschlossen an. Aber das wird kommen, spätestens im Herbst. Ich bin erleichtert, es war nicht immer leicht mit der Trilogie, und ich glaube auch, dass ich den Spagat zwischen persönlicher Geschichte der handelnden Figuren und historischem Geschehen nicht immer optimal hinbekommen habe (mein Hang ist es, zu viel Fokus auf die geschichtlichen Ereignisse zu setzen, weil sie mich selber so packen).


    Ob als nächstes ein Stand-Alone kommt oder eine Reihe, haben der Verlag und ich intensiv besprochen. Es gab für beides gute Argumente. Es wird wohl ein Kompromiss: eine Dilogie. ;) Wieder deutsch-deutsche Geschichte, da gibt es noch Themen, die mich sehr reizen.

    Das mit den Frühgeborenen unter 1000 Gramm. Puh, da bleibt ein Bild im Kopf, das ist so grausam. || Wegen ein paar Zahlen bei der Statistik.

    Ich habe lange überlegt, ob ich es wieder herausstreiche, weil es zu schlimm ist.


    Meine Mutter war Kinderkrankenschwester in der DDR, und in ihrem Krankenhaus hat sie so etwas nicht erlebt. Aber es gab Gerichtsverfahren andernorts, googelt es mal. Natürlich, die Überlebenschancen waren für derart leichte Frühgeborene wegen fehlender Technik auch so nicht hoch, aber ich finde es menschenverachtend, ihnen nicht die Chance zu geben und alles zu versuchen.

    Klar, gerne, so können wir es machen. Danke dir!


    Ich freue mich auf den Austausch und auf eure Leseeindrücke, und alles, was ich daraus für die nächsten Romane lernen werde. :wave

    Hennings religiöse Seite fand ich hinreichend gut erklärt, aber über das Leben der Adventisten in der DDR hätte ich gern noch (viel) mehr erfahren. Als Westdeutsche weiß ich leider nur, dass es bis zum Ende kirchliches Leben in der DDR gab, das allerdings vielen Einschränkungen unterworfen war. Doch was und wie genau? Das würde mich sehr interessieren, vielleicht magst du ja noch ein bißchen was erzählen?

    Ich war ja noch ein Kind, viel habe ich nicht mitbekommen. Was ich weiß, ist, dass man nicht einfach so zu Gottesdiensten oder Veranstaltungen einladen durfte. Und (zumindest vom Gesetz her) durfte in der DDR kein Liedzettel und auch sonst nichts ohne staatliche Genehmigung vervielfältigt werden. Es gab da Schlupflöcher und Graubereiche, z.B. wenn man draufschrieb: "nur für den innerkirchlichen Dienstgebrauch", und wenn dazu die Auflage höchstens 99 Stück betrug, theoretisch hätte man auf jeden Zettel das Kennzeichen des Vervielfältigungsapparats schreiben müssen und dazu 1/99, 2/99 usw.


    Bei Kinderfreizeiten kriegten die Pastoren oft organisatorische Knüppel zwischen die Beine geworfen, die sah der Staat nicht gerne, am liebsten hätte man alle Kinder in der staatlichen Pionierorganisation gehabt. (Mich hat es heute gegruselt, zu lesen, dass Putin eine neue einheitliche Pionierorganisation gründen will.)


    Und man musste davon ausgehen, dass bei größeren Vortragsreihen, die man in der Kirche abhielt, jemand von der Stasi mit im Publikum saß und genau aufpasste, was wird hier gesagt.

    Welche Instrumente spielst Du? Hilft Dir Deine Musik beim Romaneschreiben? Ich meine damit, ob Dir Ideen zu Deinen Figuren kommen, während Du Musik machst.

    Ich spiele nur Klavier. Meine beiden Brüder spielen jeder mehrere Instrumente (Waldhorn, Gitarre, Trompete, Blockflöte), bei mir blieb es aber immer bei dem einen.


    Klavier zu spielen entspannt mich! Ich tue es aber inzwischen viel zu selten.


    Ansonsten hilft mir Filmmusik beim Schreiben, sie bringt mich in den berühmten Flow. Für einen Artikel in der "Federwelt" habe ich mal ein paar der Alben aufs Bett gelegt und abfotografiert, die ich gern beim Schreiben höre.


    Filmmusik_Titus.jpg

    Der Prophet gilt nichts in der eigenen Heimat.

    Scheint eine feste Regel zu sein. ;) Du beziehst dich auf meine Geburtsstadt Leipzig, oder?


    Die allerschönste Leipzig-Lesung, die ich beinahe gehabt hätte, sollte im historischen Wartesaal im Leipziger Hauptbahnhof stattfinden. Ich habe mich dermaßen darauf gefreut! Und dann fiel die dazugehörige Buchmesse aus, und damit auch die Lesung.

    Eine Frage hätte ich noch dazu: irgendwann überlegt Henning, dass seine Tochter Jolanthe immer ähnlicher wird. Wieso das? Jolanthe ist doch die Stiefmutter, oder hab ich das falsch in Erinnerung?

    Das ist ein Fehler, ganz klar. Werde ich korrigieren in der nächsten Auflage. So, wie es auf S. 188 formuliert ist, kann ich mich leider auch nicht damit herauswinden, dass sie Jolanthe im Verhalten ähnlicher wird. Danke für den guten Hinweis!

    Gestern fiel mir noch eine Frage ein, auf dem Profilbild und auch im Buch kommst Du so unglaublich jung rüber. Entweder das ist ein uraltes Bild oder Du hast, bei der Anzahl der veröffentlichten Bücher bereits im zarten Altern von 7? angefangen zu schreiben.

    Lieber Titus Müller wann wusstest Du, dass Schreiben so genau Deines ist?

    Das Bild ist schon älter, es ist von 2016. Aber ich finde es toll und kann mich einfach nicht davon lösen ... Die Fotografin hatte diese Idee: Sie hat mich unter eine Eisenbahnbrücke gesetzt, über uns hinweg donnerten die Züge, und es gibt diesen tollen Industrie-Look und die in die Ferne verschwindende Bückenkonstruktion. Ich sagte damals: "Zum Glück hört man die Züge nicht auf dem Foto." Und sie sagte: "Aber man sieht sie in deinem Gesicht. Wir warten eine Zugpause ab."


    Wann habe ich mit dem Schreiben angefangen? :gruebel In der Grundschule habe ich mir ein Notizbuch genommen und Namen reingeschrieben, damit ich sie nie mehr vergesse. Klingt heute albern, aber im Grunde ist das Schreiben von Romanen für mich nichts anderes, ich will Dinge festhalten. Z.B. das beeindruckende Leben von Carl von Ossietzky in "Die goldenen Jahre des Franz Tausend".


    Einen zweiten Schub hatte ich mit 12, als ich eine elektrische Schreibmaschine bekam. Ich schrieb damals Abenteuergeschichten mit "Wenn du das und das machen willst, lies bei 12 weiter", und klebte die Textabschnitte hinterher so zusammen, dass man nicht das Ergebnis vorher erschummeln konnte.


    Und im Abitur dann wurde es ernster. Ich schrieb ab und an für die Schülerzeitung, und während der ersten Studienjahre gründete ich die "Federwelt" und veröffentlichte meinen ersten Roman.


    Hätte aber auch alles ganz anders kommen können. Im Rückblick erscheinen die Dinge immer so zwingend. Ich habe im Abitur aber auch überlegt, Komposition zu studieren. Musik hatte es mir fast genauso stark angetan wie das Schreiben.

    :) Rezension geschrieben! :brief

    Vielen lieben Dank, auch an hollyhollunder, streifi und chiclana! Eure Rezensionen tun mir gut, gerade jetzt, wo die Lesetour startet, heute ist es die zweite Lesung, bis Ende des Jahres folgen noch rund 35 Lesungen von der Insel Rügen bis in den Süden nach Basel und nach Kärnten. Und ich bin vor allem zu Beginn immer sehr aufgeregt und unsicher. Jetzt, nachdem ich eure Rezensionen gelesen habe, stelle ich mich selbstbewusster auf die Bühne und frage mich nicht ständig: Taugt das Buch überhaupt was? Danke! :knuddel1

    Falls Henning es doch in die BRD schaffen sollte und dann mit den damals hier lebenden Adventisten in Kontakt käme, könnte er auch eine Enttäuschung erleben, wenn er erkennt, dass sie hier von den meinungsbestimmenden großen Kirchen als kleine extreme Gruppe (um nicht zu sagen "Sekte") angesehen wurde, in der Meinungsfreiheit in Glaubensinhalten auch nicht gewährt wurde.

    Sehr gute Idee, danke! :thumbup:

    Was ich aber an mir und auch in meiner Büchereiarbeit feststelle: sobald man sich das Buch genauer ansieht und feststellt, es ist ein X-Teil einer Reihe, wird es oft (enttäuscht) zur Seite gelegt und gar nicht erst angefangen. Egal ob man reinkommen würde oder nicht. Von daher: meiner Meinung nach eher schwierig!

    Ich glaube, ich gehe wieder dazu über, einzelne Romane zu schreiben. Wenn ich mir schon die enttäuschten Gesichter vorstelle! :gruebel


    Frage mich nur, warum Verlage so gern Serien mögen. Ist es dann mit der Werbung einfacher, weil man bloß einen teuren Paukenschlag braucht und anschließend läuft es von allein weiter?