Beiträge von Adhara

    :gruebel
    Also, wirklich etwas anfange konnte ich mit diesem Buch nicht. Weder als Krimi noch als Thriller bringt es meiner Meinung nach die notwendigen Zutaten mit. Hier mein Eindruck:


    So richtig in Fahrt kommt "Der nützliche Freund" in keinem Part des Buches. Die Geschichte dümpelt vor sich hin und verliert immer wieder an Tempo, wenn die Informationen über Hintergründe und Verwicklungen fliessen. Ein athmosphärisch guter Einstieg verspricht zuviel - schon nach wenigen Seiten offenbaren sich die trockene Sprache und der etwas langweilige Erzählmodus. Ist es, weil Ulrich Wickert Journalist ist oder ist es, weil er mit seinem grossen Hintergrundwissen glänzen möchte: Der Autor überfordert die Leserinnen und Leser mit einer Informationsflut, die nicht immer zur Klärung der Situation beiträgt, die aber durchgehend zu üppig ist, um in einem Roman als Würze und langsames Hinführen auf die wahre Tiefe des Buches zu wirken. Oft kommt der Eindruck auf, dass hier eine Recherche zu umfangreich ausgefallen ist, um als Artikel in einem Journal Platz zu finden. Und so wurde die Recherche mit Protagonisten angefüllt und als Buch umgesetzt. Dabei bleibt nicht nur Margaux ein farbloses Geschöpf, auch Richter Marc Leroc und Untersuchungsrichter Jacques Ricou scheinen alles andere als vielschichtige Zeitgenossen. Oft kam der Eindruck auf, als würde der Autor seinen Figuren nicht richtig trauen und distanziere sich etwas von ihnen. Ulrich Wickerts "Der nützliche Freund" ist ein Buch für Leute, die sich im Genre "Wirtschaftskriminalität" wohl fühlen und eine Fakten-Flut schätzen. "Normale" Krimifans werden sich bei diesem Buch kaum wohl fühlen oder auch unterhalten fühlen. Der Aufbau des Buches ist so gestaltet, dass nicht nur bei einer Passage der Wunsch wach wird, das Buch wegzulegen und es nicht zu Ende zu lesen. Also kann "Der nützliche Freund" tatsächlich nur eingefleischten Wirtschafts-Fans empfohlen werden.

    Nach einem Zugunglück bei tosendem Sturm mit rund 200 anderen, fremden, Menschen in einem abgelegenen Hotel einquartiert zu sein, ist an sich schon eine Situation, die an den Nerven der Betroffenen zerrt. Dann stirbt der Fussballpastor Cato Hammer - er wird ermordet. Unter den Eingeschlossenen, die durch den Sturm nicht nur von der Aussenwelt abgeschottet sind, sondern auch um ihre Sicherheit im Hotel, das den Kräften langsam nachzugeben scheint, fürchten müssen, bricht ein diffuses Gefühl von Panik aus. Gerüchte über unheimliche Vorgänge finden schnell einmal Nahrung bei den Menschen, deren Nerven blank liegen. Angeheizt durch verschiedene Stimmungsmacher droht die Situation zu eskalieren...
    Anne Holt hat ein wunderbares Psychogramm einer Gruppe Menschen erstellt, die durch das Schicksal verbunden aber ohne jede Gemeinsamkeit ist. Ganz feinfühlig beschrieben schälen sich aus der Geschichte nach und nach die verschiedenen Charaktere heraus. Sei es nun die menschenfeindliche - und mit sich selber im Unreinen befindliche - Komissarin Hanne Wilhelmsen, der unzugängliche aber hochgebildete Teenager Adrian oder die Stimmungsmacherin Kari Thue, die mit ihrer Hyperaktivität die Stimmung der Anwesenden ernsthaft zum Kippen zu bringen droht, sie alle sind so beschrieben, dass man sie vor sich zu sehen glaubt.Nicht so sehr die Frage, wer denn nun Cato Hammer wirklich umgebracht hat, beschäftigt beim Lesen dieses Krimis als vielmehr die Frage, wie die Menschen diese Tage in Finse überleben sollen. Denn so mancher ist nicht das, was er zu sein vorgibt und damit knüpft Anne Holt mühelos einen Spannungsbogen, der über die ganze Geschichte hinweg nie nachlässt.
    Die atmosphärisch dicht gewebte Spannung, die schon auf den ersten Seiten aufgebaut wird, lässt vor dem geistigen Auge eine Welt auferstehen, die so real und greifbar scheint. Fast ist es so, als ob man einer der Menschen wäre, die im Hotel eingesperrt sind und sich der Situation ausgeliefert fühlen. Besonders die Erzählweise der Protagonistin, die aus ihren persönlichen Problemen im Umgang mit den Menschen keinen Hehl macht, unterstreicht die Spannung.
    Alles in allem ist "Der norwegische Gast" von Anne Holt ein hervorragend ausgearbeiteter Krimi, der wesentlich mehr Ansprüche an die Leserschaft stellt, als ein durchschnittlicher Krimi. Und doch ist er so geschrieben, dass es niemandem schwer fallen dürfte, der Geschichte zu folgen und sich als Teil davon zu fühlen. Ein wirklich bemerkenswertes Werk.


    Von mir bekommt dieses Buch 9 von 10 Punkten.

    Ich fand Firmin wirklich ganz toll! Hier meine Rezi:


    "Die Vorstellung, am Schwanz hochgehoben und in den Abfall geworfen zu werden, war mir zuwider..." Immer wieder stösst Ratte Firmin an die Grenze, die ihn vom menschlichen Dasein trennt. Und doch: Nichts zeichnet den tragischen Helden Firmin im gleichnamigen Roman von Sam Savage mehr aus, als gerade seine Menschlichkeit. Es ist weder ein Anbiedern an erfolgreiche Rattengeschichten, wie etwa Ratatouille noch ist es ein Versuch, eine Kultfigur zu schaffen: Firmin ist ganz einfach eine Geschichte, die die Grenzen weiter steckt und dadurch eine Tiefe bekommt, die sich dem Leser nicht auf den ersten Blick erschliesst, die ihn aber stets begleitet und ihn zum Schluss mit einem bedauernden Seufzen zurück lässt. Wäre es nicht ein atemberaubendes Schicksal gewesen, wie Firmin die Welt über die ganz grosse Literartur kennen zu lernen... Jedem Bücherfreund muss dabei das Herz aufgehen. Auch wird, wer Firmin gelesen und gemocht hat, wohl niemals mehr eine alte Buchhandlung betreten können, ohne unvermittelt nach einem Rattenloch Ausschau zu halten. Ohne das Schaudern allerdings, das eine solche Entdeckung wohl vor Firmin augelöst hätte.
    "Übrigens muss man nicht alle Geschichten glauben, um sie lieben zu können", kommt Firmin nach der Lektüre von vielen Klassikern zum Schluss. Gleiches gilt für "Firmin" selber. So absurd der Gedanke an eine Lese-Ratte in der Buchhandlung auch in der Realität ist, so liebenswürdig und voller Lebensweisheit kommt dieses Buch daher. Es ist nicht nur so, dass man es schon von der Aufmachung her gleich einmal staunend und berührt in die Hände nimmt, auch der Einstieg in Firmins Leben und damit in die tiefen Gründe der Weltliteratur ist hinreissend gestaltet.
    Ein Buch, das sich problemlos auch als Geschenk eignet.

    ;-) Ist schon schwierig, das so allgemein zu beantworten. Im Urlaub lese ich mehrere Bücher pro Woche. Sonst sind es ein bis zwei Bücher, je nachdem halt, wie umfangreich und wie spannend die Bücher sind. Für ganz dicke Schmöcker gehen auch mal zwei Wochen drauf

    ... dass ich auf die Büchereulen gestossen bin. Aber als leidenschaftlicher Buchfan war das früher oder später abzusehen. Ich bin Adhara und lebe in der Region Bodensee. :wave Nun bin ich gespannt darauf, Euch näher kennen zu lernen und mich hier etwas umzusehen.
    Gruss Adhara