Watchmen ist ein zurecht gefeiertes Comic-Epos. Alan Moore und Dave Gibbons erzählen eine tiefgreifende Geschichte über falsches Heldentum, Machtmissbrauch und gescheiterten Existenzen, die einen Zeitraum von rund 40 Jahren überspannt.
Wir befinden uns mitten in den 80er-Jahren. Nixon ist nach einem für die Amerikaner enorm erfolgreichem Vietnam-Krieg inzwischen in seiner fünften Amtszeit angelangt. Der kalte Krieg spitzt sich zu.
In Rückblenden wird die Geschichte der ursprünglichen Watchmen angedeutet, eine Gruppierung von "kostümierten Abenteurern", wie sie sich selbst bezeichnen, im Amerika der 40er-Jahre. Keiner von ihnen hat Superkräfte. Es sind ganz normale Menschen, die sich in Kostüme gewandet der Verbrechensbekämpfung widmen, froh daheim, weit weg vom Weltkrieg zu sein, der in Europa tobt. Nach und nach zerfällt die Gruppierung. Dollar Bill wird erschossen, Mothman landet im Irrenhaus, Silhouette wird wegen ihrer Homosexalität zusammen mit ihrer Geliebten ermordet, eine Schwangerschaft beendet die Karriere von Silk Spectre. Die anderen fühlen sich zu alt um weiterzumachen.
Nur der Comedian, ein Einzelgänger und Watchmen der ersten Stunde macht weiter und schließt sich auch den Nachfolgern der ursprünglichen Gruppe an, bis durch den Keene-Erlass, nach einem Streik der Polizeigewerkschaft, alle kostümierten Helden offiziell verboten werden. Nur der Comedian und Dr. Manhattan, das einzige Mitglied der neuen Watchmen mit echten Superkräften, dürfen unter der Obhut der Regierung weitermachen und erringen bei ihrem Einsatz in Vietnam den Sieg für die USA. Die anderen Helden ziehen sich unerkannt ins Privatleben zurück, nur Rorschach, verborgen hinter einer sich tintenklecksartigen, ständig verändernden Maske, kann der Verbrechensbekämpfung nicht abschwören und macht trotz Verfolgung durch die Behörden weiter.
Und an dieser Stelle setzt die Verfilmung des Comics ein. Der Comedian, nach diversen Einsätzen in Krisengebieten im Dienste der USA, endlich im Ruhestand wird von einem Unbekannten ermordet. Rorschach stellt Nachforschungen an und versucht die anderen, ehemaligen Kostümierten von einer Verschwörung zu überzeugen, die offensichtlich den Tod aller ehemaligen Watchmen zum Ziel hat. Ähnlich wie im Comic wird beinahe kapitelweise die Story mit Fokus auf jeweils einen der Watchmen erzählt. Mal rückt der beinahe ätherische Dr. Manhattan und seine Geschichte in den Mittelpunkt, mal Rorschach, bis sich nach und nach ein komplexes Bild der Charaktere entfaltet, die alle von ihren eigenen Dämonen heimgesucht werden. Bis zum konsequenten Showdown, bei dem die scheinbar losen Fäden alle zusammenlaufen, entspinnt sich eine hintergründige, mit Details gespickte Geschichte, die nicht nur dem Superheldentum einen entlarvenden Spiegel vorhält, sondern auch dem heuchlerischen, politischen und gesellschaftlichen System dahinter.
Die Verfilmung ist durch und durch gelungen, wenn leider auch viele Aspekte der Comicvorlage auf der Strecke bleiben mussten. Der unbedarfte Kinogänger, der einen Superheldenstreifen a la Spiderman oder Batman erwartet hat, muss natürlich enttäuscht nach Hause gehen. Zu sehr bricht Watchmen mit allen Regeln des Genres - aber das ist gewollt, denn gerade durch den Bruch der Klischees wird die eigentliche Tragik der Geschichte erst deutlich. Watchmen ist ein unbequemer Film, weil er Nachdenken und Mitdenken einfordert. Kein Popcorn-Kino. Mit den Watchmen sind Comics in der Realtität angekommen. Ein grandioser Streifen, der mehr Beachtung verdient hätte.
Gruss,
Doc