(Ich fand die Einteilung bei diesemBuch sehr schwierig, da ich es nicht unbedingt in Belletristik einordnen würde, obwohl es natürlich ein Roman ist. Andererseits ist es auch nicht mehr wirklich zeitgenössisch... Wenn jemandem eine bessere Einordnung einfällt: Bitte verschieben.)
Yu Hua
Leben!
(OT: Huozhe)
219 Seiten
btb Verlag
Taschenbuch
Kurzbeschreibung:
Ein junger Mann zieht durch China, um alte Legenden und Geschichten zu sammeln. Eines Tages trifft in einem kleinen Dorf einen alten Mann mit seinem Ochsen und lässt sich dessen Lebensgeschichte erzählen.
Fugui ist eigentlich vom Schicksal begünstigt: seine Familie ist reich und besitzt viel Land, er hat eine wunderbare Ehefrau, die ein Kind erwartet und eine Tochter, doch er weiß das alles nicht zu schätzen. Er verbringt fast seine gesamte Zeit bei Huren, spielt leidenschaftlich gerne und verprügelt seine Frau. Wie erwartet verspielt er den gesamten Besitz der Familie.
Er schwört sich zu bessern, aber die Schicksalsschläge bleiben nicht aus…
Erster Satz:
Als ich zehn Jahre jünger war, hatte ich einen richtigen Faulenzerjob: Ich sollte übers Land fahren und bäuerliche Volksdichtung sammeln.
Meine Meinung:
Meine Eindrücke zu diesem Buch sind sehr ambivalent und nicht leicht zu beschreiben: anfangs ist Fugui ein richtiges Ekel, der sich für etwas besseres hält und eigentlich alle ausnutzt und unterdrückt. Man kann kein Mitleid mit ihm haben als er alles verliert und vor dem Nichts steht. Man bedauert nur seine Familie, die er mit sich reißt. Vor allem, da diese, besonders seine Frau, ohnehin schon unter ihm und seinen Launen zu leiden haben.
Dass er auf seiner Lieblingshure bei seinem Schwiegervater vorbeireitet (ja, sie trägt ihn), damit dieser ihn grüßen muss ist noch eine der netteren Ideen, die er hat.
Er beschließt sich zu bessern und anfangs gelingt ihm das, er beginnt das was er hat wertzuschätzen und von dem zu leben, was er selbst erntet.
Immer wieder erleidet er schwere Schicksalsschläge, er verliert wieder alles was er hat, diesmal gänzlich unverschuldet und man trauert mit ihm. Trotzdem resigniert er nicht und versucht weiterzuleben und das Beste daraus zu machen, auch wenn es schwer fällt.
Das Buch spielt zur Zeit der Guomindang und anfangs war es ein bisschen verwirrend für mich, weil ich nicht genau wusste gegen wen sie eigentlich kämpfen. Das zeigt Fuguis Position aber sehr gut, denn dieser wird wirklich von der Straße weg eingezogen und in den Krieg geschickt. Die Kriegsszenen sind sehr bedrückend, man kann die Angst und den Hunger der Soldaten spüren.
Nach der Guomindang folgen sehr bald der Kommunismus und die Kulturrevolution. Plötzlich rettet es ihn, dass er nicht mehr der Besitzer der Felder ist, denn der neue Großgrundbesitzer Long-er wird öffentlich erschossen.
Das Buch hält sich aber nicht groß mit den geschichtlichen Ereignissen auf, man spürt lediglich die Auswirkungen, ohne viel über die Gründe zu wissen, was aber sicherlich die Situation eines kleinen Dorfes gut widerspiegelt. Man bemerkt auch schnell die Widersprüche und Umwälzungen. So gilt der nach der Guodanming-Zeit eingesetzte Produktionsleiter zur Zeit der Kulturrevolution plötzlich als Unterdrücker da.
Es ist beeindruckend, dass Fugui nach all den Unglücken und Widrigkeiten, die er erlebt hat am Ende trotzdem glücklich zu sein scheint und so detailliert auf sein Leben zurückblicken kann.