Auf besonderen Wunsch hin, hier mal wieder diesen Thread ausgegraben mit einer kleinen Rezension zu
Paula Volsky: Das Große Rennen
Bei dem Buch handelt es sich nicht um Steampunk, sondern um Steamfantasy. Der Unterschied ist der, dass Steamfantasy in Fantasywelten spielt, in denen eine "Industrielle Revolution" stattgefunden hat: Es gibt Dampfmaschinen, Manufakturen, Gaslicht in Häusern, Eisenbahnen oder Heißluftballons. Paralell dazu gibt es jedoch auch viele Aspekte, die sonst in herkömmlicher Fantasy zu finden sind (Magie, Ritter,...)
Das Große Rennen ist der sehr gelungene Transfer von Der Reise in 80 Tagen um die Welt in ein Viktorianisches Fantasy Setting. In diesem muss die Protagonistin das Große Ellipsen Rennen bestreiten, ein internationales Wettrennen, welches mit der Intention veranstaltet wurde, die Überlegenheit der Technik gegenüber traditionellen Fortbewegungsmethoden zu beweisen. Leider sind einige der Länder, durch die die "Große Ellipse" verläuft miteinander im Krieg - das gilt auch für die Teilnehmer des Rennens, die aus allen möglichen Ländern stammen. Manche der Teilnehmer repräsentieren Länder, die auch politische Motive für den Sieg ihres Kandidaten haben. So kommt es recht früh zu Attentaten im Rennverlauf. Für die Hauptperson ist die Niederlage oder das Ausscheiden jedoch keine Alternative (wieso, will ich an dieser Stelle nicht verraten), also kämpft sie sich verbissen weiter. Auf ihrem Weg verwendet sie die Eisenbahn, Heißluftballons, reitet auf den Rücken riesiger Reptilien und Pferden, bedient sich aber auch manchmal magischer Fortbewegungsmittel: Ein sehr gelungener Mix aus Fantasy und Steam.
Die Geschichte, die dabei erzählt wird, braucht sich - auch wenn sie sehr an Jules Verne erinnert, sicherlich nicht vor ihm zu verstecken. Sie ist einfach spannend, fantasiereich und immer wieder abwechselnd. Auch der Sprachstil hat mir sehr gut gefallen. Parallel zu dem herkömmlichen Rennen wird immer wieder auf die vertrackte und verrückte Politische Situation degenerierter Königshäuser, die diese Welt regieren, geblickt. Diese Intrigen bringen einen sehr interessanten zusätzlichen Aspekt in das Buch ein.
Ein kleines Manko ist jedoch der etwas zu Lange geratene Mittelteil des Buches: Die tatsächliche Beschreibung durch Rennen: Auch wenn die Teilnehmer sehr viel erleben, sich vor Attentaten hüten müssen und ständig gezwungen sind, zu improvisieren (durchaus spannend) ist die Welt, durch die sie sich bewegen frei erfunden. Mir persönlich hat es schwierigkeiten bereitet, mir die Länder und Regionen, durch die gereist wurde, bildlich vorzustellen: Es waren einfach zu viele davon, die auch noch zu schnell abwechselten, als dass man sich in alle hineinversetzen konnte. (Das ist übrigens ein Punkt, der mir an der Reise in 80 Tagen von Jules Verne sehr gut gefallen hat - eben dass man sich die Länder so schön vorstellen konnte).
Dennoch fand ich das Buch wirklich klasse und würde ihm die Schulnote 1.3 verpassen.
Leider bekommt man das Buch nicht mehr neu, bei Amazon kann man es allerdings gebraucht ab 3,27€ (inkl Versand) bestellen, bei Booklooker ist es auch nicht teurer.