Rezension
Für die meisten Menschen sind Elfen lediglich Fantasiegestalten, die nur in Geschichten existieren. Doch Ashlyn weiß, dass die Realität anders aussieht, denn das junge Mädchen besitzt die Sehergabe. Aus Angst vor den düsteren Geschöpfen, die mitten unter den Menschen leben, hält sie ihre besondere Fähigkeit jedoch geheim und muss hilflos mit ansehen, wie die magischen Wesen ihr und ihren Mitmenschen oftmals böse Streiche spielen und auch untereinander eine erschreckende Grausamkeit an den Tag legen.
Ash gilt aufgrund ihres seltsamen Verhaltens zwar als sonderbar, aber sie schafft es, den Elfen aus dem Weg zu gehen - bis Keenan, der Sommerkönig, auf sie aufmerksam wird. Er ist seit Jahrhunderten auf der Suche nach der rechtmäßigen Sommerkönigin. Nur sie kann ihm die nötige Macht verleihen, um die eisige Winterkönigin vom Thron zu stoßen.
Ash gerät immer mehr in die gefährliche Welt der Elfen und steht bald vor einer Prüfung, die über ihr gesamtes Dasein entscheiden wird…
‘Gegen das Sommerlicht’ ist eine gelungene Mischung aus einer romantischen Geschichte über die erste Liebe und einem märchenhaften Kampf von Gut gegen Böse.
Schon der kurze Prolog gibt einen wunderbaren Ausblick auf die düstere Atmosphäre des Buches, die sehr schön durch die warmherzigen Gefühle der Figuren abgemildert wird.
Auffällig ist, dass die Autorin besonderen Wert auf die Andersartigkeit ihrer Charaktere legt. Sie schreibt nicht über „gewöhnliche Elfen“, sondern über Ebereschenmänner, Elfenbeinschwestern, Wolfselfen oder Rankenmädchen und auch die menschlichen Figuren entsprechen mit ihrer Vorliebe für unzählige Piercings und Tätowierungen nicht unbedingt der Norm.
Manchmal übertreibt Melissa Marr damit jedoch und verfällt ungewollt ins Klischeehafte. So wohnt Seth, Ash’s bester Freund, der schon lange heimlich in sie verliebt ist, in ausrangierten Eisenbahnwaggons, lebt von dem Geld seiner vermögenden Eltern und muss sich im Leben um nichts kümmern außer um seine Hausschlange Boomer. Und natürlich um Ash, für die sich der erfahrene, wahnsinnig gut aussehende junge Mann etwas zu sehr aufopfert, um noch authentisch zu wirken.
Nichtsdestotrotz ist sein Verhältnis zu Ash sehr gefühlvoll beschrieben und stellenweise spürt man richtig das Knistern, als sich aus der anfänglichen Freundschaft langsam mehr entwickelt. Dabei wird auch das „erste Mal“ umfassend thematisiert, was die eigentliche Zielgruppe des Buches vermutlich etwas mehr interessieren dürfte als erwachsene Leserinnen.
Aufgrund des angenehmen Schreibstils der Autorin lässt sich das Buch sehr zügig lesen.
Durch häufige Perspektivwechsel nimmt man nicht nur am Schicksal von Ash und Seth teil, sondern erhält auch einen Einblick in die Gefühlswelt von Keenan, der verzweifelt nach einer Möglichkeit sucht, den Vormarsch der kaltblütigen Winterkönigin zu stoppen, und Donia, das letzte Mädchen, das Keenan auserwählt hatte. Sie war jedoch nicht die Richtige und führt nun das traurige Leben des Wintermädchens, das erst erlöst wird, wenn eine Andere das Wagnis eingeht und das Zepter der Winterkönigin aufnimmt. So war Donia für mich die eigentlich tragische Figur des Romans, deren Schicksal mich noch mehr berührt hat als das der Hauptfiguren.
Etwa zwei Drittel der Lektüre war ich von dem Buch mehr als angetan. Leider war die Auflösung aber ab einem bestimmten Zeitpunkt für den Leser sehr absehbar, nicht jedoch für die Figuren, die noch lange Zeit im Dunkeln tappen.
Dafür wirkt das Ende wiederum sehr gehetzt. Auch wenn die Geschichte in sich abgeschlossen ist, hätte die Autorin einige Punkte gerne noch etwas vertiefen können. Aber das holt sie vielleicht in der Fortsetzung Ink Exchange nach.
FAZIT: Ein kurzweiliges Leseerlebnis, das höchstens in Punkto Romantik und Märchenhaftigkeit mit der Bis(s)-Reihe von Stephenie Meyer zu vergleichen ist.
Bewertung: 4/5
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Ich hoffe, die Rezi ist euch nicht zu lang, aber irgendwie konnte ich mich einfach nicht kürzer fassen.