Meine Meinung
Auf den ersten Blick könnte es Sara richtig gut gehen. Sie ist 30 Jahre jung, führt ein Leben in Wohlstand, hat einen liebenden Ehemann, einen gesunden zweijährigen Sohn und einen tollen Job als Journalistin. Sie hat sogar einen eigenen Therapeuten, dem sie immer mal wieder ihre seelischen Wehwehchen klagt.
Und auf den zweiten Blick? Geht es ihr immer noch gut. Nur dass Sara das selbst leider nicht sieht und sich – um zu dieser Erkenntnis zu kommen – erstmal eine einwöchige Auszeit auf Teneriffa nehmen muss.
Dort sitzt sie entweder im Frühstücksraum oder auf ihrem Balkon herum, liefert zynische Analysen zum Beziehungsstand der anderen Urlauber ab (Merke: Glückliche Ehen gibt es nicht!) und macht sich Gedanken: über die Ungleichbehandlung der Frau in der Gesellschaft, die sich durch sämtliche Lebensbereiche zieht, vor allem aber schon in der Partnerschaft anfängt.
«Lesen und aufregen!» So will es der Verlag. Gelesen habe ich das Buch. Aufgeregt habe ich mich auch. Aber nicht über die Ungerechtigkeiten zwischen Mann und Frau, die auch heute natürlich noch bestehen - sei es im Beruf, im Haushalt oder bei der Kindererziehung. Selbstverständlich schüttele ich erbost den Kopf, wenn ich lesen muss, dass etwa die Scheidungsrate bei an Gebärmutterkrebs erkrankten Frauen doppelt so hoch ist wie bei gesunden, während das Risiko einer Scheidung bei Prostatapatienten geringer ist als bei gesunden Männern. Oder dass Frauen mehr Organe spenden als Männer, Organempfänger aber überwiegend männlich sind.
Wirklich geärgert habe ich mich aber nicht über diese, meist sehr pauschalisierten Aussagen, sondern über Sara, die ohne Ende pessimistisch ist und sich letztlich nur selbst im Weg steht. Sämtlichen Frust schiebt sie den Männern in ihrem Leben in die Schuhe – ihren früheren Liebhabern, dem Vater, dem Lehrer, den Kollegen. Mag sein, dass diese sie nicht immer korrekt behandelt haben, aber dafür hat frau ja auch einen Mund, den sie aufmachen kann. Sara hingegen frisst lieber alles in sich hinein, fügt sich und projiziert ihre Wut über eine entzündete Brustwarze während der Stillzeit auf ihren Mann. Das frustriert nicht nur sie, sondern den Leser gleich noch mit.
Auch handlungsmäßig überzeugt das Buch nicht. Denn eine richtige Handlung gibt es eigentlich nicht. Sara flieht nach Teneriffa, sitzt dort, grübelt ein bisschen, fliegt zurück.
Zwischendurch bekommt man kurze Episoden aus Saras Vergangenheit zu lesen; Erzählungen, die sich zumeist um ihre unglückliche Kindheit mit einer duckmäusigen Mutter und einem alkoholabhängigen Vater sowie eine recht freizügige Jugend drehen. Diese lassen zwar Saras Verhalten nachvollziehbarer erscheinen, erklären aber nicht, warum nun Frauen im Allgemeinen mit der Zeit scheinbar zwangsläufig bitterfotzig verbittert werden.
Die ständigen Einschübe aus dem Buch ‚Angst vorm Fliegen’ von Erica Jong, die gewisse Parallelen zu Saras Situation aufweisen und auf die sie sich deshalb bezieht, unterbrechen nur den Lesefluss und machen überdies den Eindruck, als ob sie das Buch nur ein bisschen aufbauschen sollen.
Sprachlich geht die Geschichte zwar durchaus mal unter die Gürtellinie, ist aber nicht so vulgär, wie der Titel vermuten lassen würde. Zumindest wenn man davon absieht, dass man das Wort «Bitterfotze» am Anfang mindestens zweimal pro Seite zu lesen bekommt. Der Stil liest sich einfach und flüssig. Wortwitz oder dergleichen sucht man jedoch vergebens.
Und überhaupt weiß man die ganze Zeit nicht so recht, inwieweit das Buch nun fiktiv/autobiografisch ist. Zwar war der Hintergedanke der Autorin, mit einem Roman mehr Leser erreichen zu können als mit einem Sachbuch, aber ein richtiges Romanlesegefühl kam bei mir nicht wirklich auf.
FAZIT: «Dieses Buch kann mehr für die Gleichberechtigung tun als alle Reden der Welt.» So ein Kommentar auf dem Buchumschlag.
Fragt sich, wie das gehen soll. Männer werden dieses rosa Büchlein wahrscheinlich gar nicht erst lesen und Frauen werden sich selbst/ihre Mutter/Großmutter in mancher Situation sicher wieder erkennen, aber die von der Autorin gewünschte Revolution werden sie vermutlich eher nicht starten.
Wertung: 2/5