Beiträge von Sternenstauner

    Rezension


    Nach dem Motto »Es waren zwei Königskinder…« erzählt Paolo Giordano in seinem Debütroman, der 2oo8 mit Italiens renommiertestem Literaturpreis Premio Strega ausgezeichnet wurde, die Geschichte von Alice und Mattia, Königskinder oder eben Primzahlen, die eigentlich zueinander gehören, aber sich einfach nicht finden können.


    Beide Charaktere sind Außenseiter. So sehr Alice auch versucht, dazu zu gehören, es gelingt ihr einfach nicht. Ein Unfall in ihrer Kindheit, für den sie ihrem Vater die Schuld gibt, hat sie nicht nur die Beweglichkeit eines ihrer Beine einbüßen lassen, sondern auch einen tiefen Riss in ihrer Seele verursacht. Ihr Bestreben nach Normalität gipfelt in Magersucht, Ärger mit den Eltern und immer weiteren Demütigungen.
    Mattia hingegen grenzt sich selbst von vornherein aus. Nachdem seine behinderte Zwillingsschwester mit sechs Jahren aus seiner Obhut verschwand, kapselt er sich immer mehr ab und verleiht seinem Schmerz heimlich Ausdruck, indem er anfängt, sich selbst zu verletzten.
    Einzig Alice schafft es, nach und nach zu ihm durchzudringen, auch wenn sie lange nur an der Oberfläche kratzt und nicht ganz klar ist, welche Absichten sie dabei hegt.


    Von 1983 bis 2007 begleitet der Leser Mattia und Alice auf ihrem Lebensweg, den letztlich jeder für sich bestreiten soll, ohne dass der Kontakt zum anderen aber völlig abbricht.
    Hierbei rückt der Autor nicht nur seine Figuren in die Rolle der unglückseligen Primzahlen, sondern gibt auch dem Leser das Gefühl, Mattia und Alice über all die Jahre und Seiten hinweg nur sehr bedingt nahe kommen zu können, obwohl er ihn doch erstaunlich tief in ihre traumatisierte Psyche blicken lässt.
    Giordanos Sprache ist schnörkellos und klar, hält den Leser kühl auf Distanz, ist aber gleichzeitig eindringlich und ruft intensive Bilder hervor, wenngleich diese – bestärkt durch die teilweise großen Zeitsprünge – vielmehr Momentaufnahmen darstellen. Augenblicke, in denen Alice aufdringlich und Mattia zu passiv ist, um sympathisch zu sein – und doch fühlt man mit ihnen und verfolgt ohnmächtig, wie die beiden Helden sich in ihr Unglück manövrieren.


    Auch wenn am Ende ein leichter Hoffnungsschimmer aufglimmt, ist »Die Einsamkeit der Primzahlen« definitiv keine Lektüre für schwermütige Zeiten, denn das ungute Gefühl, dass da etwas völlig falsch läuft, zieht sich wie ein roter Faden durch die Geschichte und lässt den Leser aufgewühlt und vor allem traurig zurück.


    FAZIT: Eine tragische (Liebes)Geschichte, die schon nach den ersten beiden Kapiteln schwer im Magen liegt und trotzdem (oder gerade deshalb) schön zu lesen ist.


    Wertung: 4/5

    Mit 25 gehöre ich zwar leider auch nicht mehr zur Zielgruppe (zumindest vom Ausweis her ;-) ) und Kinder/Jugendliche im richtigen Alter, die in Frage kämen, kenne ich leider auch nicht.
    Was ich aber auf jeden Fall sagen möchte: Eine ganz ganz tolle Idee ist das! Ich hoffe, es finden sich genügend Redakteure und wünsche Dir/Euch ganz viel Erfolg und Freude mit dem Projekt!


    Beste Grüße,
    Nina

    Ich fand den Abend auch sehr schön und die Lesung vor allem genau richtig so. Ich war sogar so begeistert, dass ich mich gleich nachdem ich zu Hause angekommen war, noch hingesetzt und meinen Bericht geschrieben habe.


    Ich war übrigens auch ganz überrascht, als ich plötzlich mitten in einer Gruppe Eulen stand. Ich hätte ja nicht gedacht, dass es so viele gibt. ;-) Ich sollte wirklich regelmäßiger hier vorbei schauen. Gegen ein Kaffeekränzchen in netter Runde und mit Autorin hätte ich beim nächsten Mal nämlich nichts einzuwenden.


    Liebe Grüße,
    Nina


    PS: Warte schon ganz gespannt auf geheime Informationen zu geheimen Clubs... ;-)

    @ Birnbaum
    Respekt und herzlichen Glückwunsch, dass »Saphirblau« bei Herrn Scheck gestern nicht in der Tonne gelandet ist! :anbet
    Ich hab ja schon ein bisschen gezittert - und mich dann mächtig für dich und das Buch gefreut.

    Rezension


    Die Nacht narrt unsere Sinne gern in ihrer Düsternis. (Seite 117)


    Gefangen in einer lieblosen Ehe und den Konventionen des Wiener Adels, verfällt Fürstin Therese Kinsky nur zu leicht dem Charme des Grafen Báthory; weckt der geheimnisvolle und attraktive Mann doch längst vergessene Gefühle von jugendlicher Leidenschaft.
    Auch Sophie, die blinde Tochter der Pianistin Karoline Wallberg findet Gefallen an András, der nach Tod riecht und nach Einbruch der Nacht bei ihrer Mutter Klavierstunden nimmt.
    Was niemand weiß: András ist ein jahrhundertealter Vampir, der fernab seiner Heimat Transsylvanien eine unauffällige Existenz plant. Doch eine Mordserie, deren Opfer stets mit aufgerissenen Kehlen aufgefunden werden, macht ihm einen grausamen Strich durch die Rechnung, denn der Mörder scheint keineswegs menschlicher Natur…


    In »Das Herz der Nacht« nimmt Ulrike Schweikert ihre Leser mit auf eine schaurig-schöne Reise, die im Wien des 19. Jahrhunderts beginnt und mit dem Großen Brand in Hamburg endet.
    Ausgiebige Recherche und bildstarke Beschreibungen lassen sowohl die damalige Gesellschaft mit ihren prunkvollen Bällen als auch das bunte Treiben in den Straßen und Gassen der Donaumetropole lebendig werden und bieten eine gelungene Kulisse für die Geschichte um den einnehmenden Vampir, dessen menschliche Neigungen ihm zum Verhängnis werden sollen.


    Neben der vortrefflichen Zeichnung der Handlungsorte und des Sittengemäldes des Hofadels, sind der Autorin ihre Figuren besonders gelungen, denn diese sind – anders als in vielen anderen Vampirromanen - nicht bloß blutleere Abziehbilder, sondern überzeugen durch ihre charakterliche Tiefe, die in ihren persönlichen Dramen wurzelt.
    Besonders die scharfzüngige Fürstin Therese wächst dem Leser schnell ans Herz, indem sie mit ihrer offenherzigen Kritik an der Arroganz des Adels für Witz und Schwung sorgt. Ihr ist es nur zu gönnen, dass sie in der Gegenwart von András noch einmal richtig aufblüht.
    Aber auch Karoline und Sophie nehmen den Leser sogleich für sich ein, alleine schon deshalb, weil sich durch ihr Auftreten ein Dreiecksverhältnis entspannt, das den Roman über eine einfache Liebesgeschichte hinausgehen lässt.
    Und auch András ist ein interessanter Charakter, der endlich mal wieder Merkmale eines klassischen Vampirs aufweist, etwa indem er in einem Sarg schläft.


    Die an das 19. Jahrhundert angepasste Sprache runden den Roman und dessen düstere Grundstimmung angenehm ab, jedoch drosseln allzu steife Formulierungen und ausschweifende Beschreibungen der Umgebung phasenweise das Lesetempo.
    Allerdings nicht mehr gegen Ende des Buches, denn während die Geschichte bis zum großen Finale in Hamburg zwar nicht langweilig, aber doch eher ruhig und von unterschwelliger Spannung geprägt war, kommt plötzlich ein Zeitsprung, der sich nicht ganz so nahtlos an die vorangegangene Erzählung anfügen mag, die nunmehr etwas hektisch wirkt und in einer eher unbefriedigenden Auflösung des Rätsels gipfelt.


    Nichtsdestotrotz ist »Das Herz der Nacht« allerdings ein niveauvoller Gruselroman, der Emotionen weckt und so manche angenehme Gänsehaut beschert.


    Wertung: 4/5

    Na super, und ich wohne nicht mehr in Regensburg... ;-) Die Rubinrot-lesen-Seite baut sich bei mir übrigens seit Wochen nicht mehr auf, daher kann ich mir die weiteren Termine leider nicht ansehen und muss noch mal doof nachfragen: Wie sieht es mit NRW aus?

    Zitat

    Original von Aschure


    Ja, das würde mich auch interessieren - vielleicht ja sogar bei mir in der Nähe. :wave


    Mich auch. Sehr sogar. Mit dem NRW-Ticket, das ich jetzt endlich habe, würde ich sogar eine längere Fahrt dafür auf mich nehmen. ;-)


    Von mir auf jeden Fall auch herzlichen Glückwunsch zu der Top-Platzierung, @ Birnbaum! :anbet Und ich bin sicher, da geht noch mehr!

    Ich gehöre zu den wenigen Glücklichen, die das Buch bereits in der Woche nach Weihnachten in den Händen halten konnten und habe es - natürlich - auch ganz schnell verschlungen. Auch wenn es richtig richtig fies ist, jetzt wieder bis September warten zu müssen. *seufz*


    Rezension


    »Beziehungen zwischen zwei Zeitreisenden haben noch nie unter einem guten Stern gestanden,« sagte er. »Ebenso wenig wie Beziehungen zwischen den Familien der de Villiers und den Montroses. Und in Zeiten wie diesen muss man sich immer wieder vor Augen führen, dass man im Grunde niemanden trauen kann.« (Seite 224)


    So ganz glücklich ist Gwendolyn mit der Tatsache, dass sie plötzlich zu einem mysteriösen Geheimbund von Zeitreisenden gehört, immer noch nicht. Doch sie tut, was sie kann. Während ihre beste Freundin Leslie mittels (Internet)Recherche so viele nützliche Informationen wie möglich zusammenstellt, versucht sie, die Sticheleien ihrer eifersüchtigen Cousine Charlotte auszublenden und stellt sich ihren Pflichten als ‚Rubin‘ im Kreis der Zwölf. Auch wenn sie noch nicht richtig weiß, welche Rolle sie in der ganzen Sache eigentlich spielt.
    Aber zum Glück ist da ja Gideon, der ihr zwar immer wieder erschreckend feindselig begegnet, aber irgendwie doch an ihr interessiert zu sein scheint. Warum sollte er sie sonst andauernd küssen wollen?


    Während für den Leser unsagbar lange Monate vergangen sind, in denen er auf die Fortsetzung warten musste, ist für Gwendolyn und Gideon die Zeit stehen geblieben, denn »Saphirblau« setzt genau dort an, wo »Rubinrot« aufhörte – beim Kuss unserer beiden Hauptfiguren. Womit auch schnell klar ist, dass die Liebe und die mit ihr verbundenen Irrungen und Wirrungen entsprechend viel Platz in der Geschichte einnehmen werden.
    Aber auch über die vermeintlichen Ziele der Wächter, die möglichen Umstände des Diebstahls des zweiten Chronografen und den unheimlichen Grafen von Saint Germain erfahren wir mehr. Allerdings nicht viel, denn auch am Ende diesen Bandes tappt man als Leser noch ziemlich im Dunkeln und von den Versuchen, die Zusammenhänge richtig zu deuten, schwirrt einem auch schnell mal der Kopf; wie auch vom Auftreten der vielen unterschiedlichen Personen. Hier sorgt jedoch ein angehängtes Personenverzeichnis für Abhilfe und wiederholende Ausführungen zu den Geschehnissen aus dem ersten Teil erleichtern glücklicherweise den Wiedereinstieg in die Geschichte.


    Nichtsdestotrotz ist die Lektüre, wenngleich der Stil flüssig ist wie eh und je und die Seiten nur so dahin fliegen, schon ein wenig kompliziert. Und auch die Zeitreisethematik wirkt im Vergleich zum Vorgängerband wesentlich komplexer. Nicht selten fragt man sich, ob bestimmte Vorgänge überhaupt noch logisch sind. Da Zeitreisen im Grunde aber ohnehin ein Paradoxon sind, sollte man diesen Aspekt allerdings nicht allzu kritisch sehen. Denn, wie die Autorin auch selbst in einem Interview verriet, bleiben »bei allen Bemühungen, wohl immer ein paar kleine Haken« übrig.


    Dank des urkomischen Humors und der liebenswerten und lebensechten Charaktere - wie etwa den sehr an einen (aus dem Verkaufsfernsehen bekannten) Modedesigner erinnernden Mr. Giordano - kann man etwaige logische Stolpersteine aber sowieso getrost übersehen. Stattdessen lacht man bei einem Auftritt Gwendolyns auf einer Soirée Tränen, fühlt ihre Schmetterlinge im Bauch und verliebt sich gefährlicherweise nicht nur in Gideon, sondern auch in Xemerius, den vorlauten Wasserspeierdämon, der Gwen neuerdings auf Schritt und Tritt begleitet.


    Das Ende wird für viele Leser wahrscheinlich reichlich unbefriedigend sein, da die beiden Hauptstränge ziemlich unerwartet enden. Jedoch haben Gwendolyn und Gideon auch diesmal wieder eine Zeitreiseetappe hinter sich gebracht und ihre jeweiligen Aufgaben mehr oder weniger erfolgreich erfüllt. Aus diesem Grund kann man – im Hinblick darauf, dass es sich eben um den zweiten Teil einer Trilogie handelt – schon von einem runden Ende in Bezug auf diesen Abschnitt sprechen.
    Und wer nach den knapp 4oo Seiten immer noch nicht genug hat, kann sich bis zum Erscheinen der Fortsetzung ja an dem Zahlencode versuchen, der auf der letzten Seite zu finden ist und der einen Hinweis auf die kommenden Entwicklungen geben könnte. Oder das Buch einfach immer wieder zur Hand nehmen und die wunderschöne Aufmachung bewundern, die auch diesmal wieder ein wahrer Augenschmaus ist.


    FAZIT: Eine süffige und höchst amüsante Mischung aus erstem Herzklopfen, mysteriöser Fantasy und spannendem Krimi, die – wie schon der erste Teil – Jung und Alt begeistern und den September herbeisehnen lassen wird, in dem mit »Smaragdgrün« der Abschluss der Reihe erscheinen wird.


    Bewertung: 5/5

    Rezension

    »Und - was ist mit Ihnen passiert?« »Das Leben. Das Leben ist passiert.« (Seite 378)



    15. Juli 1988: Nach der Collageabschlussfeier landen Dexter Mayhew und Emma Morley miteinander im Bett. Obwohl die beiden Zwanzigjährigen unterschiedlicher nicht sein könnten und jeder am nächsten Morgen in ein komplett neues Leben starten wird, beschließen sie, Freunde zu werden – was ihnen trotz zwischenzeitlicher Funkstille auch tatsächlich gelingt.
    Über zwei Jahrzehnte hinweg darf der Leser die Höhen und Tiefen dieser Freundschaft nun verfolgen. Jahr für Jahr gewährt uns der Autor jeweils am 15. Juli einen Einblick in das Leben der beiden Hitzköpfe, lässt uns ihre Sehnsüchte nachempfinden, ihre Freude teilen und mehr als einmal ihre Fehler verfluchen, die das so sehr gewünschte Happy End immer wieder verhindern.


    Genau diese Fehler sind es allerdings, die das Buch so realistisch machen. »Zwei an einem Tag« ist keine rosarote Herzschmerzromanze im Stile von Pilcher oder Sparks, sondern eine erstaunlich kitschfreie und dennoch warmherzige, kluge Geschichte, wie sie sonst eigentlich nur das Leben schreibt. Und da läuft bekanntlich nicht immer alles so, wie man es gerne hätte.
    Auch Emma und Dexter sind keine perfekten Romanhelden, die sämtliche Erwartungen des Lesers umgehend erfüllen. Beiden spielt das Leben immer wieder übel mit, überhäuft sie mit Problemen und Sorgen, die man nur allzu oft wiedererkennt.
    Die spröde, intelligente Emma muss viel zu schnell erleben, wie ihre früheren Ideale auf der Suche nach ihrem Platz im Universum bald schon in Vergessenheit geraten und dass auch ein ausgezeichneter Abschluss und eine sichere Beziehung keine Garantie für ein glückliches Leben sind.
    Dexter wiederum ist zwar weniger gescheit, weiß sich dafür aber gut zu verkaufen. Der charmante Frauenheld aus gutem Elternhaus führt zunächst ein aufregendes Jet-Set-Leben, doch auch Spaß und Erfolg können seine innere Leere nicht füllen; ebenso wenig wie Alkohol und Drogen, die ihn nach und nach zu zerstören drohen.


    Es mag an der ausführlichen Beschreibung der Charaktere liegen oder an der Tatsache, dass man knapp zwanzig Jahre ihres Lebens miterlebt. Was auch immer der Grund dafür ist, ich habe mich Romanfiguren selten so nah und verbunden gefühlt wie Dexter und Emma. Ihr – immer wieder überraschendes – Schicksal wird so intensiv und einfühlsam geschildert, dass es schwer vorstellbar ist, dass diese beiden Figuren tatsächlich nur auf dem Papier existieren.
    So habe ich jede einzelne der eng bedruckten 541 Seiten – auch dank der angenehmen, fließenden Sprache des Autors – geradezu inhaliert, die Charakterstudien und die tragische, wunderschöne Liebesgeschichte genossen und irgendwo im letzten Drittel angefangen, Rotz und Wasser zu heulen. So sehr, dass ich das Buch lieber nicht weiter in der Bahn lesen wollte, sondern die Lektüre auf den Feierabend zu Hause verschoben habe, damit niemand sieht, dass ich schon wieder verstohlen zum Taschentuch greife.
    Trotzdem habe ich jeden Moment mit dem Buch ausgekostet und hatte am Ende, als sich der Schluss nicht länger herauszögern ließ, das Gefühl, zwei sehr gute Freunde zurücklassen zu müssen.


    FAZIT: Pointiert, leicht und zugleich schwermütig, amüsant und gleichzeitig tieftraurig. Eine der schönsten, wenn nicht gar die schönste Liebesgeschichte, die ich je gelesen habe und die mich über die letzte Seite hinaus noch lange Zeit beschäftigt hat.


    Wertung: 5/5

    Rezension


    Schon seit ihrer Geburt ist der Tod der ständige Begleiter von Meridian. Jeder neue Morgen beginnt für sie mit dem Entsorgen von Tierkadavern, die sich in ihrem Zimmer, in ihrem Bett, manchmal sogar auf ihrem Kopfkissen sammeln. Mit der Zeit lernt sie, sich mit dem Gedanken zu arrangieren, dass sie für den Tod der Kreaturen verantwortlich ist und auch die schlimmen Schmerzen, für welche die Ärzte keine Ursache finden, gehören bald schon zu ihrem Leben. Ein Leben als übernächtigte, ständig kränkelnde Einzelgängerin.
    An ihrem 16. Geburtstag kommt es dann zur Katastrophe. Nachdem Meridian nur knapp einem Anschlag auf ihr Leben entkommen ist, bei dem mehrere junge Menschen sterben müssen, wird sie von jetzt auf gleich zu ihrer Tante Merry geschickt. Den Kontakt zu ihren Eltern und dem jüngeren Bruder muss sie zur Sicherheit aller sofort abbrechen.
    Völlig verstört reist Meridian nach Revelation in Colorado und erfährt dort endlich von ihrem Schicksal: Meridian ist eine Fenestra, ein Wesen, das die Seelen von Verstorbenen in den Himmel geleitet. Riskant ist nur, dass mittlerweile auch menschliche Seelen ihren Weg durch Meridians Körper suchen und dieser den Anforderungen noch nicht gewachsen ist.
    Mit Hilfe ihrer Tante und dem geheimnisvollen Tens soll Meridian lernen, ihre Fähigkeiten zu beherrschen, doch in der Gemeinde von Revelation häufen sich immer mehr seltsame Todesfälle und es entwickelt sich ein religiöser Fanatismus, der dem Dreiergespann sehr gefährlich werden soll…


    Sowohl sprachlich als auch inhaltlich zieht »Meridian« den Leser gleich in seinen Bann. Nach einem kurzen Prolog, in dem man einen Abriss über Meridians Kindheit und Jugend erhält, geht es auch schon los. Rasanter hätte die Autorin den Einstieg in die Geschichte kaum gestalten können. Gemeinsam mit Meridian, die ihre Erlebnisse in eindringlicher, aber auch angenehm selbstironischer Weise schildert, steht man vor der großen Frage, was die Ursache für die überstürzte Flucht ist. Nach und nach erhält man Antworten und lernt nicht nur die Fenestrae kennen, sondern auch deren Gegenspieler, die Aternocti. Hier hat die Autorin einige sehr schöne, neue Ideen zu Papier gebracht, die sich wohltuend von den üblichen Verdächtigen der aktuellen Fantasy-Szene abheben.
    Trotz der fantastischen Komponente wirkt der Roman aber auch sehr realistisch. Vor allem die Rolle der Dorfkirche und deren Einfluss auf die Menschen dort erinnern an die Zeiten der Hexenverbrennung und scheinen zwar unglaublich, aber irgendwie auch erschreckend möglich.


    Besonderer Pluspunkt des Romans ist neben der spannenden Handlung und den runden und sympathischen Charakteren die Tatsache, dass er eine Bandbreite an Emotionen weckt - ob nun aufgrund der zarten Liebesgeschichte, die sich im Laufe der Zeit entwickelt, den Hassgefühlen, den man bestimmten Personen entgegenbringt, den teils sehr dramatischen Geschehnissen oder der Thematik an sich. Immerhin spielt der Tod eine große Rolle in dem Roman und so manches Ereignis geht ordentlich an die Nerven.
    Obwohl die Grundstimmung entsprechend düster ist, gibt es aber auch zahlreiche warmherzige Szenen und durch die lebenskluge Tante lernt nicht nur Meridian einige nützliche Weisheiten, wie etwa, dass die Sonne eigentlich nie unter-, sondern immer aufgeht, nur eben für jemand anderen.


    Im Verhältnis zum eher ruhigen Mittelteil macht das Ende zwar einen etwas überladenen Eindruck und manche Kapitel enden etwas abrupt, was für kurzzeitige Verwirrung sorgen kann. Insgesamt ist das Buch aber trotzdem ein fesselnder Auftakt zu einer Reihe, deren Fortsetzung für 2011 geplant ist. Doch keine Sorge, es erwartet Euch zum Glück kein böser Cliffhanger. Meridians erster Kampf ist in diesem Teil abgeschlossen, der Grundstein für die nächste Runde ist jedoch gelegt.
    Nicht unerwähnt bleiben darf im Übrigen die wunderschöne Aufmachung des Buches, dessen flexibler Einband mit glänzenden Totenköpfen und Rosenranken versehen ist, die auch die Kapitelanfänge schmücken.


    FAZIT: Eine abwechslungsreiche, berührende Geschichte, die man nur sehr ungerne zur Seite legt.


    Wertung: 5/5

    Rezension


    Obwohl die 16jährige Deidre ein musikalisches Ausnahmetalent ist, hat sie vor jedem Auftritt unfassbares Lampenfieber. Als auch diesmal wieder ihr Magen rebelliert und sie sich vor einer wichtigen Aufführung auf’s Schulklo flüchtet, trifft sie dort auf einen Jungen, dem sie noch nie begegnet ist, der ihr aus ihren Träumen aber gut bekannt ist.
    Obwohl ihre Familie dagegen ist, beginnt sie, Luke regelmäßig zu treffen. Plötzlich jedoch tauchen überall vierblättrige Kleeblätter auf und Deidre sieht Dinge, die anderen Sterblichen verborgen bleiben. Deidre erkennt, dass sie in Gefahr ist, doch ihre Gefühle für Luke sind bereits zu stark, um sich von ihm abzuwenden…


    Schon der Einstieg ist irritierend. Dass Deidre Luke aus ihren Träumen kennt, wird gerade mal am Rande erwähnt, sodass ihr recht ungezwungener Umgang miteinander sehr verwunderlich ist. Generell werden übernatürliche Vorkommnisse viel zu schnell hingenommen, ohne sie groß zu hinterfragen. Das erhöht zwar das Erzähltempo, trägt dafür aber nicht gerade dazu bei, der Geschichte besonderen Tiefgang zu verleihen.


    Auch die Charaktere lassen sehr zu wünschen übrig, allen voran derjenige der Hauptfigur. Schnell wird deutlich, dass Deidre ein schüchternes, unsicheres Mädchen sein soll, keine typische Heldin. Doch gerade zu Beginn wirkte sie auf mich einfach nur zickig, ihre Reaktionen waren kaum nachvollziehbar. Ihre größte Angst ist es, gewöhnlich zu sein. Erst als sich der gut aussehende Luke für sie interessiert, fühlt sie sich besonders. Ihr ausgezeichnetes Harfespiel, das ihr eine große Musikerkarriere verspricht und sie alleine dadurch von der breiten Masse abhebt, zählt für sie nicht. Da muss sich schon erst die Feenwelt für ihre Musik interessieren, damit sie erkennt, dass sie scheinbar doch nicht so gewöhnlich ist, wie sie meint.


    Ebenso blutleer und undurchschaubar wie Deidre, die darüber hinaus am Ende eine sehr unliebsame Entscheidung trifft, ist auch Luke. Er soll wohl ein typischer Mädchenschwarm mit anziehender, mysteriöser Seite sein, doch gutes Aussehen und Schmeicheleien reichen nicht, um mir eine Person schmackhaft zu machen. Da kann er noch so oft «hübsches Mädchen» sagen, mich hätte er damit nicht überzeugt. Geschweige denn dass nachvollziehbar ist, wie man sich in wenigen Tagen unsterblich in ihn verlieben kann.
    Am nervigsten ist jedoch Deidres bester Freund James, der in der im Oktober erscheinenden Fortsetzung von der Nebenfigur zum Hauptcharakter avanciert. Leider ist er so gewollt anders und seine Sprüche so dermaßen aufgesetzt, dass er nur noch unglaubwürdig ist.


    Neben der missglückten Figurenzeichnung ist auch die Sprache sehr gewöhnungsbedürftig. Die Dialoge wirken oft sehr unnatürlich. Welches Mädchen will schon «Du hast einen unglaublich süßen Pferdeschwanz, den ich am liebsten ständig anfassen würde. Das ist mir jetzt einfach so rausgerutscht» (Seite 218) hören?
    Zwar bemüht sich die Autorin um eine möglichst poetische Sprache, meist wirken ihre Vergleiche aber eher abgedroschen und sperrig. So zieht die böse Feenfrau «einen Schmollmund, so schön, dass Engel weinten und Blumen verschrumpelten» (Seite 172) und Luke «schlich so leise durch die Tür wie rieselnder Schnee in der Nacht» (Seite 175).


    Auch den Aufbau des Buches kann ich nicht unbedingt als gelungen bezeichnen. Während der Anfang sich etwas in die Länge zieht, geht zum Ende hin alles so schnell, dass man nur noch Bilder an sich vorbeiziehen sieht, ohne den Zusammenhang zu erkennen. Lösungen werden einfach so präsentiert, ohne dass sie sich vorher angedeutet haben oder anschließend erklärt werden. So schwebte mir mehr als einmal ein großes Fragezeichen über dem Kopf. Auch hinsichtlich der Tatsache, dass das Buch in sechs Bücher unterteilt ist. Der Grund dafür hat sich mir bis zum Schluss nämlich nicht erschlossen.


    Störend war darüber hinaus auch, dass immer, wenn von den Feen die Rede war, Wörter kursiv gedruckt waren, die ich im Kopf automatisch betont gelesen habe, ohne dass sie in dem Fall betont werden müssten. So wurde ich manchmal auf einer Seite gleich mehrfach aus dem Lesefluss gerissen.


    Positiv zu erwähnen ist allerdings, dass für den Entwurf des Feenvolkes irische Sagen und Volkslieder herangezogen wurden, die diese Wesen mal in einem anderen, gefährlichen Licht erscheinen lassen.
    Alles in allem war das Buch für mich aber leider trotzdem eine große Enttäuschung. Den zweiten Teil, der im englischen Original Ballad: A Gathering of Faerie heißt, werde ich daher ganz sicher nicht lesen.


    Wertung: 2/5

    Zitat

    Original von InNoCeNt_BoNes
    vorweg erstmal, ich hasse bücher die kein richtiges happy end haben , solch eins ist "lucian".


    Ich kann mir zwar gut vorstellen, dass viele Leser sich ein anderes Ende gewünscht hätten, für mich persönlich ist der gewählte Abschluss jedoch genau richtig. Ein schöneres Happy End hätte ich mir nicht vorstellen können. Aber mir gefällt auch die Idee der [...] (Wer das Buch gelesen hat, weiß, was ich meine/was hier fehlt. ;-) )

    Kurzbeschreibung


    Es fühlt sich an wie ein Riss. Ein hauchfeiner Riss, tief in Rebeccas Innerem. Als ob ihr jemand mit der Pinzette ein Härchen ausgerupft hätte. Was bleibt: ein sonderbares Gefühl von Leere und der Angst. Doch dann taucht Lucian auf, wie aus dem Nichts. Ein Junge ohne Vergangenheit, jemand, der sich nicht erinnern kann, wer er ist oder wo er herkommt. Aber Lucian gibt Rebecca mit einem Mal das Gefühl, dass sie nicht mehr allein ist…
    Rezension


    Es war ein zutiefst unheimliches Bild, aber ich hatte merkwürdigerweise keine Angst. Im Gegenteil, ich sah auf die fremde Gestalt unter der Laterne und fühlte, wie etwas in mir zur Ruhe kam. (Seite 24)


    Rezension


    Es beginnt an einem gewöhnlichen Mittwochabend. Ganz plötzlich verspürt Rebecca tief in ihrem Inneren einen zarten Riss und eine unaussprechliche Leere bleibt zurück. In der Nacht träumt sie das erste Mal von ihrem eigenen Tod, ein Albtraum, der fortan immer wiederkehrt.
    In derselben Nacht sieht sie einen fremden Jungen vor ihrem Fenster stehen – Lucian, der sich an nichts und niemanden erinnern kann. Außer an Rebecca. Ihre Gedanken scheinen verknüpft, sie brauchen die Nähe des anderen und oft weiß Lucian Dinge aus Rebeccas Leben, die er eigentlich gar nicht wissen kann. Obwohl Lucian befürchtet, er könne eine Gefahr für Rebecca darstellen, können die beiden nicht voneinander lassen. Bis sie letztlich gewaltsam getrennt werden und bestürzt erkennen müssen, woher die Gefahr tatsächlich droht…


    Bis dahin dauert es allerdings eine ganze Weile, denn der fantastische Teil des Buches webt sich zunächst eher als zartes Band durch die Geschichte. So zart, wie die auf dem Schutzumschlag abgebildete Feder vermuten lässt.
    Zunächst einmal lernt man die Figuren näher kennen: Rebecca, ihre beste Freundin Suse, ihren (Ex)Freund Sebastian und ihre Mutter Janne, eine Psychologin, sowie deren Lebensgefährtin, die Künstlerin Spatz. All diese sind zu einem intensiven, emotionalen Geflecht verwoben, das im Laufe der Zeit einige Brisanz aufweist.
    Lucian spielt dabei vorerst keine große Rolle. Er taucht immer nur am Rande auf, während andere Themen wie Freundschaft, erster Herzschmerz und familiäre Probleme im Vordergrund stehen. Doch nach und nach sondert sich Rebecca immer mehr ab, verzweifelt geradezu in ihrer Sehnsucht nach Lucian und ist schließlich gezwungen, ihr altes Leben komplett aufzugeben.


    Der Verlag schreibt «Ein Zauberwerk über die Schönheit der Liebe». Ja, es geht um Liebe. Wunderschön beschriebene Liebe; nicht nur zwischen Rebecca und Lucian, sondern auch um die Liebe zwischen Eltern und Kindern, gute Freunden, gestohlene Liebe und die Liebe zur Literatur. So versprüht der Roman einerseits eine wohlige, warme Atmosphäre, die andererseits aber immer bedrohlicher wird. Die Gefühle der Personen sind dabei sehr eindringlich geschildert und auch wenn man ihr Verhalten nicht immer gutheißt, so kann man ihre Beweggründe doch nachempfinden.


    Sprachlich ist der Roman, auch wenn er sicherlich auch gut von älteren Lesern gelesen werden kann, der Zielgruppe angepasst. Die Dialoge sind sehr jugendlich gehalten, es wird (gerne auch mal auf Englisch) geflucht, Liedtexte zitiert und Soaps umbenannt. Jugendliche Leseratten dürften sich entsprechend leicht in der Geschichte zurechtfinden.
    Das fantastische Konstrukt, auf das die Handlung aufbaut, ist allerdings nicht ganz so leicht zu durchblicken. Zwar ist es gut durchdacht und gegen Ende laufen verschiedene Fäden zur großen Auflösung zusammen; vieles, was einem verdächtig vorkam, ist tatsächlich von Bedeutung, ohne dass man die genauen Zusammenhänge von alleine hätte erahnen können. Doch um diese zu verstehen, muss man sich Zeit nehmen und teilweise etwas um die Ecke denken. Hier hätte ich mir etwas mehr Klarheit gewünscht. Außerdem sind manche Geschehnisse des nicht-fantastischen Komplexes etwas unrealistisch.
    Dank der tollen Idee, des flüssigen Schreibstils und der kantigen, mal mehr, mal weniger sympathischen Charaktere kann man darüber aber getrost hinwegsehen.


    FAZIT: Empfehlung!


    Wertung: 5/5

    Rezension


    «Ich fühlte mich wie eine Maus im nächtlichen Wald, die sich fragt, wie viele Eulen in den Ästen über ihr sitzen.» (Seite 242)


    Nach der Scheidung ihrer Eltern lebt die 17jährige Sydney Blake bei ihrer Mutter. Nur in den Sommerferien zieht sie kurzzeitig zu ihrem Vater Tim und nimmt in einem nahe gelegenen Hotel einen Ferienjob an.
    Eines Abends kommt sie nach Feierabend jedoch nicht nach Hause. Zunächst denkt sich Tim nichts weiter, zumal er am Morgen einen kleinen Streit mit Sydney hatte und vermutet, sie wolle ihm nun eins auswischen. Doch die Stunden vergehen und Sydney lässt sich weder blicken, noch ist sie auf ihrem Handy erreichbar. Tim beschließt, im Hotel nach ihr zu fragen, aber dort will sich niemand an eine Mitarbeiterin namens Sydney erinnern können.
    Warum hat sie ihren Vater angelogen? Und wo ist sie? Auf der Suche nach ihr gerät Tim nicht nur selbst in den Fokus der Ermittlungen, sondern bald schon in Lebensgefahr…


    War ich von den beiden ersten Barclay-Thrillern «Ohne ein Wort« und «Dem Tode nah» noch restlos begeistert, so waren meine Erwartungen diesmal wohl etwas zu hoch.
    Die Geschichte beginnt am Tag von Sydneys Verschwinden. Erzählt wird sie aus der Perspektive von Tim, einem Autohändler, der sogleich alles daran setzt, seine Tochter wieder zu finden. Doch trotz groß angelegter Suchaktion inklusive einer extra eingerichteten Website fehlt von Sydney jede Spur.


    Neben Tims Sorgen werden am Anfang erst einmal ausgiebig seine Familien- und Arbeitsverhältnisse geschildert. Wer schon mal ein Buch von Linwood Barclay gelesen hat, weiß jedoch, dass selbst solche Ausführungen alles andere als langweilig sind, da alle auftretenden Personen irgendwie verdächtig scheinen und man eifrig nach möglichen Hinweisen sucht.
    Einzig bei der Auflistung diverser Automodelle hätte sich der Autor etwas einschränken können, denn irgendwann drängt sich einem fast der Verdacht auf, er mache gezielte Werbung für bestimmte Automobilhersteller, was mit der Zeit etwas nervig ist. Ebenso wie die Tatsache, dass sämtliche Figuren jeden zweiten Satz mit «Tja» beginnen.


    Nichtsdestotrotz fliegen die Seiten nur so dahin, denn Linwood Barclay ist ein Meister darin, seine ohnehin recht kurzen Kapitel mit fiesen Cliffhangern zu beenden, sodass man einfach weiter lesen muss. Immer wieder stellt man sich die Frage, ob Tim seine Tochter womöglich weniger gut kannte, als er dachte, und sie vielleicht einfach abgehauen ist. Aber warum findet die Polizei dann Blutspuren in ihrem Wagen?


    Die Charaktere, allen voran Tim, sind zwar nicht sonderlich vielschichtig gezeichnet, aber es reicht aus, um ihre Geschichte gerne und gebannt zu verfolgen. Zumindest, bis sich die Dinge ab etwa der Hälfte plötzlich überschlagen und Tim vom besorgten Vater zum wahren Superhelden mutiert. Die Story wird nun immer abstruser und viel zu unglaubwürdig konstruiert.
    Besonders der Handlungsstrang um Sydneys beste Freundin Patty wirkt völlig an den Haaren herbeigezogen und der barclay-typische Showdown ist unnötig und verwirrend. Irgendwann kommt man - bei der Vielzahl an Personen und deren verworrenen Beweggründen - gar nicht mehr dazu, gedanklich nachzuverfolgen, was denn nun überhaupt noch logisch ist und was nicht. Hier ist der Autor leider deutlich über das Ziel hinausgeschossen und lässt den von ihm sonst so verwöhnten Leser eher unzufrieden zurück.


    FAZIT: Alles in allem ist «In Todesangst» zwar immer noch ein spannender Thriller voller überraschender Wendungen, manchmal sind diese aber gar zu überraschend, sodass das Buch insgesamt leider hinter seinen beiden Vorgängern zurück bleibt.


    Wertung: 3/5

    Rezension


    Was für den einen eine Lektion ist, ist für den anderen einfach nur eine Geschichte. (Seite 357)


    Für den Leser von «Zeit deines Lebens» beginnt die Geschichte an einem besinnlichen Weihnachtsmorgen, der durch den Fensterflug eines tiefgefrorenen Truthahns ein jähes Ende findet. Kurz darauf sitzt der Übeltäter, ein verloren wirkender Teenie, der im Folgenden nur «der Truthahnjunge« genannt wird, auf der Polizeiwache.
    Während er dort auf seine Mutter wartet, erzählt ihm der wachhabende Officer die unglaubliche Geschichte von Lou Suffern, einem Geschäftsmann im mittleren Alter, der rücksichtslos und gefühlsblind durch sein Leben hetzt, am liebsten immer zeitgleich an zwei Orten wäre und erst mit Hilfe eines Obdachlosen, dem er aus einer Laune heraus einen Job in seiner Firma verschafft, seine ganz persönliche und doch eigentlich ziemlich allgemeingültige Lektion lernt.


    In ihrem mittlerweile sechsten Roman verpackt Cecelia Ahern eine an sich simple Aussage in eine emotionsgeladene Geschichte, die innerhalb weniger Stunden weggeschmökert ist.
    Und das, obwohl die Hauptfigur – zumindest zunächst – alles andere als sympathisch ist; betrügt Lou doch seine Frau und setzt – ohne Rücksicht auf Verluste - alles daran, seine Karriere mehr und mehr voranzutreiben. Dabei stößt er seiner Frau, den Kindern, Geschwistern und Eltern immer wieder rüde vor den Kopf und verletzt sie mit seinem egoistischen Handeln zutiefst. In diesen Momenten möchte man ihm als Leser eigentlich nur eine saftige Ohrfeige verpassen.
    Andererseits gibt es aber auch Situationen, in denen er einem fast schon leid tun kann. Etwa wenn er sich in Zwickmühlen hineinmanövriert hat, aus denen er gar nicht entkommen kann, ohne dabei die falsche Entscheidung zu treffen.


    Das Auftreten von Gabe, dem Obdachlosen, dem Lou spontan einen Kaffee ausgibt und später einen Arbeitsplatz in der Postverteilerstelle seines Unternehmens verschafft, öffnet Lou nicht nur die Augen und bringt dadurch eine Veränderung in dessen Leben, sondern gibt der Geschichte auch eine übersinnliche Komponente. Diese macht den Roman - in Kombination mit der teils vorwegnehmenden Erzählweise – fast schon zu einem modernen Märchen, auf das man sich einlassen muss, um es zu mögen. Wer eine durchweg realistische Geschichte lesen möchte, ist bei «Zeit deines Lebens» daher an der falschen Adresse.
    Ebenso wie Leser, die mit ein bisschen Kitsch nicht viel anfangen können. Denn das Ende ist – so sehr es auch zu Tränen rührt – nahezu von Beginn an abzusehen und noch dazu reichlich dick aufgetragen.


    Trotzdem hat mich das Buch nicht nur gut unterhalten, sondern auch ziemlich berührt. Marian Keyes sagte über die Geschichte sogar, dass sie «uns retten kann, wenn wir genau hinhören». Letztlich ist zwar schnell erraten, welches geheimnisvolle Geschenk, das im englischen Original sogar titelgebend ist, Lou von Gabe bekommt und phasenweise hebt Cecelia Ahern den Zeigefinger doch etwas arg hoch, aber trotz allem ist die Moral der Geschichte einfach so wahr, dass sie sich ganz tief in die Köpfe der Leser eingraben sollte. Denn wer sich diese zwar nicht neue, aber immens wichtige Erkenntnis wirklich zu Herzen nimmt, hat definitiv etwas gewonnen. Oder vielleicht auch geschenkt bekommen. Es kommt nur darauf an, was er daraus macht.


    FAZIT: Ein gefühlvoller Roman, der sich nicht nur durch das überraschend rote Cover von seinen Vorgängern unterscheidet, sondern auch dadurch, dass man ihm die neu gewonnene Reife der Autorin deutlich anmerkt und in dem ausnahmsweise mal nicht ein Liebespaar im Vordergrund steht, so dass auch männliche Leser einen Versuch wagen könnten.


    Wertung: 4/5

    Rezension


    Katsa lebt in einer Welt, in der es so genannte «Beschenkte» gibt. Diese sind an ihren zweifarbigen Augen zu erkennen und zeichnen sich dadurch aus, dass sie eine ganz besondere Gabe in die Wiege gelegt bekommen haben. Die meisten Gaben sind harmlos und mehr oder weniger nützlich, Katsas Gabe hingegen ist tödlich. Bereits mit acht Jahren konnte sie einen Mann mit bloßen Händen umbringen.
    Ihr Onkel, Herrscher über eines der sieben Königreiche, weiß dies gnadenlos auszunutzen und macht die elternlose Katsa noch als Kind zu seiner ausführenden Hand. Hat ein Bürger einen Vertrag nicht eingehalten oder den König in sonstiger Weise verärgert, wird Katsa geschickt, den armen Sünder zu bestrafen, nicht selten sogar mit dem Tod.
    Lange Zeit schon ist Katsa unglücklich mit der Situation, doch erst als sie auf den Prinzen Bo trifft, der ihr als Einziger ebenbürtig scheint, beginnt sie, gegen ihren Onkel zu rebellieren. Gemeinsam mit Bo macht sie sich schließlich auf, die Hintergründe zur Entführung von Bos Großvater zu erforschen und muss feststellen, dass es noch schrecklichere Gaben gibt als die ihre…


    Selten habe ich es erlebt, dass ein Debütroman so extrem beworben wurde. Vom Verlag wird das Buch als Bis(s)-Nachfolger gehandelt, insgesamt wurden 500 (!) Exemplare verlost. In meinen Augen maßlos übertrieben, denn dieses Buch hätte es auch als anfänglicher Geheimtipp eher früher als später auf die Bestsellerlisten geschafft. Nicht etwa, weil es auf der Bis(s)-Schiene fährt, denn das tut es nicht. Nein, «Die Beschenkte», im Original «Graceling» ist einfach ein All-Age-Fantasy-Roman, der sämtliche Leserträume wahr macht: eine teuflisch gut erzählte, fesselnde Geschichte vor einem originellen phantastischen Hintergrund und Charaktere, in die man sich einfach verlieben muss.


    Gleich zu Beginn wird man mitten ins Geschehen geworfen, langes Vorgeplänkel gibt es nicht. Der Leser wird damit vertraut gemacht, dass es Menschen mit besonderen Fähigkeiten gibt, die sieben Königreiche werden vorgestellt und dann geht es auch schon los. Verschnaufpausen gibt es nur selten, denn die Autorin treibt die Handlung mehr als rasant voran. Durch das Gebirge, über das Meer – Katsas Weg, verfolgbar auch anhand der mitgelieferten Karte, führt sie quer durch die Königreiche, in denen immer wieder andere Gefahren auf sie und ihre Begleiter warten.
    Trotz des hohen Tempos hat man dennoch nie das Gefühl, gehetzt zu werden. Denn obwohl die einzelnen Szenen relativ kurz gehalten sind, hat man keine Schwierigkeiten, sofort und mit Haut und Haar in sie einzutauchen.
    Manch einer mag vielleicht trotzdem bemängeln, dass manches sehr schnell geht und auch die Gaben kaum erklärt werden, sondern ihre Existenz einfach vorausgesetzt wird. Mir persönlich hat gerade das allerdings besonders gefallen.


    Statt – wie in vielen Fantasy-Romanen üblich – z.B. Kampfszenen seitenweise auszubreiten, stellt Kristin Cashore vielmehr ihre Figuren in den Vordergrund.
    Diese überzeugen durch ihre Vielschichtigkeit, ihre Natürlich- und Menschlichkeit. Katsa, zu Beginn noch unsicher, innerlich zerrissen und abweisend, schaffte es gar, sich im Laufe der Geschichte zu einer meiner liebsten Romanheldinnen zu entwickeln. Und auch Bo, der in der englischen Ausgabe übrigens Po heißt, hat ohne weiteres Edward-Niveau. Wenn man dann doch noch mal auf Bis(s) zurückkommen möchte. So abgedroschen es klingt, aber am Ende war ich wirklich traurig, diese starken Charaktere zurücklassen zu müssen.


    Da die besonderen Gaben das einzige phantastische Element sind, dürften auch Nicht-Fantasy-Fans ihre Freude an dem Buch haben. Mich jedenfalls hat es – wie man an der begeisterten Rezension unschwer erkennen kann – richtig umgehauen. Vor allem auch, weil die Autorin immer wieder zu überraschen weiß und selbst nach dem eigentlichen Showdown noch einen Knaller bringt, der mir die Tränen in die Augen getrieben hat.


    FAZIT: Besser geht’s nicht. Zum Glück ist «Fire», ein Prequel zu «Graceling» schon so gut wie auf dem Markt und auch ein weiterer Teil ist in Arbeit.


    Wertung: 5/5

    Rezension


    Amerika, 17. Jahrhundert: Mary ist Waise und in einem Kloster aufgewachsen, in dem sie zuletzt auch selbst unterrichtet hatte. Mit 17 Jahren muss sie den Ort ihrer Kindheit jedoch zurücklassen und sich in einer anderen Stadt eine neue Anstellung suchen.
    So führt sie ihr Weg in das malerische Küstendörflein Old Haven, zu dem sie sogleich eine unerklärliche Anziehungskraft verspürt. Besonders ein bestimmter Baum kommt ihr merkwürdig vertraut vor. Kurzerhand beschließt sie, sich in Old Haven niederzulassen und nimmt eine Stelle beim örtlichen Pastor an.
    Doch die Ruhe ist nur von kurzer Dauer. Bald schon ist der jungen Frau die Inquisition auf den Fersen, allen voran der grausame Trevor Fear, der seinem Namen alle Ehre macht und schon unzählige vermeintliche Hexen auf den Scheiterhaufen gebracht hat.
    Auch Mary scheint Vorfahren mit magischen Fähigkeiten zu haben. Was sonst könnte der Grund dafür sein, dass der allmächtige Imperator, Schreckensherrscher über Amerika, Mary um jeden Preis in seine Gewalt bringen will?


    Gleich vorweg: Der Vergleich mit «Lycidas» vermittelt einen völlig falschen Eindruck von dem Buch, ist Marzis uralte Metropole doch wesentlich vielschichtiger und tiefgründiger als «Mary Wickford».
    Davon abgesehen besticht auch Fabrice Colin durch sein mitreißendes Erzähltalent und einen grenzenlosen Ideenreichtum. Mechanische Katzen, Fluggeräte, seelenlose Drachen, Magier, Dämonen, Piraten, ein Volk, das unter der Erdoberfläche lebt und Unsterblichkeit verspricht… Im Hinblick auf sein Personal zieht der französische Autor sämtliche Register, fordert seinem Leser aber gleichzeitig auch einige Konzentration ab, damit dieser nicht den Überblick verliert. Dabei schont Colin seine Figuren auch nicht. Viele Szenen sind ausgesprochen grausam, blutig und brutal, die Grundstimmung ist düster bis gruselig.


    Marys Erzählweise ist, obwohl sie in der Ich-Perspektive berichtet, trotz der schrecklichen Erlebnisse recht nüchtern und distanziert. Hält man sich vor Augen, dass sie mit einigem zeitlichen Abstand auf die damaligen Geschehnisse zurückblickt, ist das aber auch gut nachvollziehbar. Manchem Leser mag sie trotzdem etwas hölzern vorkommen und besonders facettenreich ist ihr Charakter tatsächlich nicht.
    Überhaupt hätte sich der Autor mit einigen Dingen ruhig mehr Zeit lassen dürfen. Auch das Erzähltempo ist stellenweise zu rasant und wirkt gehetzt. (Auch wenn Mary nach gut der Hälfte der Geschichte immer noch nicht zaubern kann.) So passiert es, dass man wichtige Informationen schnell mal überliest.


    Leider hat auch die Übersetzung so manch krummen Satz hervorgebracht und lässt z.B. «Soldaten aus dem Glied treten». Insgesamt ist der Erzählstil dennoch – auch trotz besonders hohem Adjektivanteil – flüssig zu lesen und die Seiten fliegen nur so dahin.
    Und obwohl einige Personen anfangs merkwürdig und sprunghaft agieren, klärt sich - mit Ausnahme von wenigen kleineren Ungereimtheiten - zum Ende hin alles weitgehend zufrieden stellend auf und die Geschichte wirkt längst nicht so verworren, wie der erste Eindruck noch vermuten ließ.
    FAZIT: Ein ungemein spannender Fantasy-Roman, aus dem man locker eine Trilogie hätte machen können. Was vielleicht auch besser gewesen wäre.


    Wertung: 4/5