Beiträge von elwe

    Ich bin erstmals durch die Sturmkönige-Trilogie auf Kai Meyer aufmerksam geworden - diese Bücher haben mich vor ein paar Jahren sehr begeistert. Deshalb habe ich mich jetzt an eine andere, etwas ältere Reihe von ihm gewagt, die Wellenläufer-Trilogie, mit dem ersten Band in der Taschenbuchausgabe von 2010.


    Das Buch spielt in einer magisch aufgeladenen Version der von Piraten bevölkerten Karibik des 18.Jahrhunderts. Das Mädchen Jolly, das auf einem Piratenschiff aufgewachsen ist und über die einzigartige Fähigkeit verfügt, über das Wasser laufen zu können, überlebt als einzige den heimtückischen Angriff auf ihr Schiff. Sie strandet auf einer kleinen Insel, wo sie den Jungen Munk kennenlernt, der die gleiche Befähigung hat wie sie, jedoch von seinen Eltern, die Tabakfarmer sind, ermahnt wurde, das unter allen Umständen geheimzuhalten. Zudem ist er in der Lage, Muschelmagie zu wirken. Kurze Zeit später verwüstet ein Acherus die Insel, ein übermächtiges Monstrum, dem die beiden Jugendlichen nur mit knapper Not entkommen - und nur mit Hilfe des mysteriösen Geisterhändlers, der ihnen von einer schrecklichen Bedrohung berichtet: Tief im Meer hat sich der Malstrom geöffnet, das Tor in eine andere Welt, aus der auch der Acherus stammte. Wenn es nicht geschlossen wird, droht die Vernichtung der ganzen bekannten Welt. Und um es zu schließen, spielen Munk und Jolly mit ihrer besonderen Fähigkeit eine entscheidende Rolle.
    Gemeinsam mit dem Geisterhändler begeben sie sich auf eine Fahrt ins Ungewisse und eine Jagd gegen die Zeit ...


    Ich kann die Begeisterung über das Buch leider nicht so ganz teilen. Es ist beileibe nicht schlecht geschrieben und dabei so einfach gehalten, dass es wohl auch sehr junge Leser gut lesen können.
    Auf der anderen Seite plätschert die Handlung aber auch teilweise sehr spannungsarm dahin. Nach einem durchaus furiosen Einstieg flacht die Spannungskurve immer mehr ab. Große Abschnitte des Buches vergehen in dünnem Geplänkel, ohne dass großartig was vorangeht. Vor allem unter den Piraten finde ich die Charaktere fast schon erschreckend flach und stereotyp, es reiht sich wirklich ein Klischee ans andere. Man fühlt sich zeitweise wie in einer Plastik-Geisterbahn mit Piratenthema, a la Disneys Erlebnisparks.
    Zwischen Jolly und Munk soll es wohl knistern, tut's aber nicht. Die beiden können mich nicht wirklich fesseln, es mangelt an Chemie, der Funke will einfach nicht überspringen. Jolly die vorlaute Göre und Munk der introvertierte Möchtegern-Held schaffen es nicht, aus ihren Klischees auszubrechen.


    Tja, was bleibt?
    Eine meist nur dahinplätschernde, oft belanglose Abenteuergeschichte für Kinder, an die ich als Leser wohl mit der falschen Erwartungshaltung herangegangen bin - befördert vielleicht auch durch die Covergestaltung des Taschenbuchs, die eine viel erwachsenere Zielgruppe suggeriert. (Die kindliche Gestaltung der Erstausgabe scheint mir hier viel passender und vermeidet Mißverständnisse). Mit einer faszinierenden und fesselnden Geschichte a la Sturmkönige kann sich dieses Buch leider gar nicht messen. Leider habe ich mir auch den zweiten Band gleich mit gekauft, den werde ich also wohl auch lesen ... schraube aber hier meine Erwartungen ganz stark nach unten.


    'Die Wellenläufer' ist nicht wirklich schlecht, aber auch keinesfalls besonders gut. Belanglos trifft es für mich wohl am besten. Kein Buch, das mir länger als ein paar Tage im Gedächtnis bleiben wird.
    Schade eigentlich.
    6 Eulenpunkte.

    Die nachfolgende Rezension bezieht sich auf die englische Originalausgabe, da die deutsche Übersetzung erst im Juni 2013 erscheint.


    Inhalt (frei nach dem Klappentext):
    Mels Carmichael, Reporterin beim Caldwell Kurier, erleidet den Schock ihres Lebens, als ihr vor dem lokalen Friedhof ein Mann vors Auto läuft. Auf seinem Führerschein steht, dass sein Name Matthias ist, aber das ist zunächst alles, was sie über ihn weiß. Hinter der Amnesie, unter der er nach dem Unfall leidet, verbirgt sich ein Geheimnis, das sie ergründen will. Doch bald erkennt sie, dass das, was sich in seiner Vergangenheit verbirgt, sie schier überwältigen wird. Ebenso wie die Leidenschaft, die zwischen ihnen wächst.
    Als die Grenzen zwischen Realität und dem Jenseits verschwimmen und das Gedächtnis ihres Geliebten zurückzukehren beginnt, finden sie heraus, dass nichts wahrhaftig tot und begraben bleibt. Vor allem, wenn man in einem gnadenlosen Krieg zwischen Engeln und Dämonen gefangen ist. Was wird es kosten, sie beide zu retten - wenn eine Seele und Mel's Herz auf dem Spiel stehen?



    Meine Meinung:
    Uff, bei diesem Buch tue ich mich schwer mit einer Bewertung. Vorab - wenn man die drei Vorgängerbände mit einiger Spannung verfolgt hat, muss man natürlich wissen, wie es weitergeht. Und gleich der Einstieg startet mit einem Knall, einer wirklich überraschenden Wendung der Ereignisse, anknüpfend an Teil 3.
    Danach braucht man - finde ich - sehr viel Geduld, denn die Handlung entwickelt sich von hier an zäh, statt Spannung erwarten einen endlose Innenansichten der beiden Protagonisten, in denen sie einander anhimmeln, bis man sagen möchte: Es reicht jetzt, ich hab's ja verstanden. Die Love Story erscheint in der Geschwindigkeit, mit der sie sich entwickelt, ein wenig an den Haaren herbeigezogen. Es wird nicht so wirklich glaubhaft, warum sich binnen zweier Tage eine explosionsartige, unsterbliche Liebe zwischen den zweien entwickelt. Matthias, der gebrochene Held, wirkt zeitweise wie ein überzeichnetes Klischee mit seinen mannigfaltigen Leiden, über die die Protagonistin lieblich lächelnd hinwegsieht: Hinkebein, blindes Auge, Impotenz und natürlich die Gewissheit, der böseste Mensch des Universums zu sein. Damit er auf den Pfad der Tugend zurückfindet, geschieht ein göttliches Wunder nach dem anderen. Hmpf, das muss doch nicht sein! Devina, in den anderen Bänden die kraftvollste Verkörperung des Bösen, die man sich vorstellen kann, agiert hier auch reichlich lust- und einfallslos und verwandelt sich so von einem gefährlichen, ernst zu nehmenden Gegner zu einer Störquelle, die eher nervig als bedrohlich ist. Ebenfalls problematisch fand ich eine gewisse Flapsigkeit in der Sprache, die sich immer mehr einschleicht. Teilweise sieht man die Autorin förmlich vor sich, wie sie, Füße auf dem Tisch, kaugummi-kauend, und mit gelangweiltem Blick, Sätze von sich gibt wie: Aaaaaaand, what do you know pal, louie it was. Vor allem diese sich häufenden, lässig langgezogenen Anfangswörter bergen eine Menge Nerv-Potential. Möglicherweise wird das bei der Übersetzung aber nicht so ins Gewicht fallen.
    Ich habe das Buch wochenlang immer wieder ruhen lassen und war zeitweise kurz davor, aufzugeben. Zum Glück bin ich bei der Stange geblieben, denn im letzten Viertel entwickelt die Story überraschende Qualitäten. Plötzlich wird es richtig spannend, die Protagonisten gewinnen an Profil und entwickeln großes Potential, die Auflösung ist überraschend gut und befriedigend gelungen. Da macht das Lesen wieder Spaß, man klebt an den Seiten und entwickelt Appetit auf mehr.
    Schade, dass das nicht von Anfang an so sein konnte. Ich hoffe jetzt mal von ganzem Herzen, dass das ein vorübergehendes Formtief war und der nächste Band die alten Qualitäten, die zum Ende des Romans durchschimmern, wieder aufnimmt.
    Denn eigentlich ist diese Serie richtig gut und spannend und wirklich wert, weiter verfolgt zu werden.

    Ich bin gerade dabei, den vierten Band zu lesen (auf Englisch ist der ja schon eine Weile erhältlich), Rapture ('Die Begierde') - und muss sagen, so zäh ging's ja schon lange nicht mehr voran. Das Buch gammelt jetzt seit gut 6 Wochen auf meinem Nachttisch vor sich hin und ich bin bisher kaum bis zur Hälfte gekommen ... sonst noch jemand, der es vielleicht schon gelesen hat und weiß, ob das noch an Fahrt aufnimmt?


    Tatsächlich scheint mir das hier eine der Serien zu sein, wo der erste Band geil ist, danach die Qualität aber immer weiter abbaut. Die schnoddrige Sprache, die zu Beginn noch lustig war, nimmt inzwischen so überhand, dass es schon fast Slapstick ist. Gift für die Spannung und für die Stimmung sowieso. Der Schmachtfetzen-Faktor kratzt auch hart an der Grenze des Erträglichen und beim gebrochenen Helden hat sie's diesmal einfach zu dick aufgetragen: Impotenter Krüppel mit Mißbrauchskindheit, Mord am Vater und danach 20 Jahre lang der hardcore-skrupellose Oberbösewicht ... ähm, na jaaaa. Der Kerl ist kein tortured hero mehr, der ist eine Comic-Figur.
    Ich bin frustriert.
    Sonst noch jemand?
    Oder hab ich grad ne Serie schlechter Tage?
    :gruebel

    Wie auch bei anderen Büchern des Autors ist es gar nicht so leicht, eine Inhaltsbeschreibung abzugeben, ohne bereits das ganze Buch zu verraten, weil die Handlungsstränge vielfältig und komplex sind und nach vielen Irrläufen erst ganz zum Ende aufgelöst werden.
    'Heiliger Zorn' (Woken Furies) ist der dritte Roman um den Ex-Elitesoldaten Takeshi Kovacs, der auf seinem alten Heimatplaneten, 'Harlans World', einem ganz persönlich motivierten Rachefeldzug nachgeht, dabei aber durch Zufall in Ereignisse gerät, die in nichts weniger als eine Revolution zu münden drohen.
    Das Buch spielt in einem sehr faszinierenden und ungeheuer wirklichkeitsnah ausgemalten Zukunftsszenario, in dem unter anderem der Re-Sleeving-Technologie eine Schlüsselrolle zukommt. Die gesamte Persönlichkeit jedes Menschen mit allen Erinnerungen ist auf einem Chip in seiner Nackenwirbelsäule gespeichert (oder alternativ in einer Datenbank, wenn er sich gerade nicht in einem Körper befindet), und kann jederzeit in einen anderen Körper überführt werden. Stirbt der Körper, so kann der Mensch ab der letzten Erinnerung im neuen Körper ('Sleeve') wieder hergestellt werden. Gefängnisstrafen werden verbüßt, indem der Verbrecher für eine längere Zeit nicht aus der Datenbank gelassen wird. Natürlich ist ein neuer Körper sehr teuer ... und die Zerstörung des Chips führt zum 'echten' Tod, da es legal immer nur eine einzige Kopie geben darf und die Datenbank-Version mit Überführung in einen Körper gelöscht wird.
    Die Menschheit hat zu diesem Zeitpunkt die Spuren und Technologie-Überbleibsel einer vor Äonen verschwundenen Marsianischen Rasse entdeckt, die sie jedoch kaum versteht. In ihrem Schatten ist es gelungen, weitere Planeten zu besiedeln, darunter 'Harlans World'.
    Ein Teil dieser Welt ist nach einem früheren Krieg unbewohnbar geworden, da seit drei Jahrhunderten von sich selbst weiterentwickelnden Maschinen verseucht, und Kovacs gerät zufällig in eine Gruppe von Söldnern, die als Teil einer groß angelegten Säuberungsaktion auf diese Maschinen Jagd machen. Eine der Söldner ist Sylvie, eine junge Frau mit einer Art bewusstseinserweiternder Hardware im Kopf, die es ihr erlaubt, die Maschinensignale aufzufangen und mit Gedankengeschwindigkeit mit ihren Kameraden zu kommunizieren - unverzichtbar als Kampfausrüstung. Doch als sich in Sylvie eine zweite Persönlichkeit zu manifestieren beginnt, nämlich die seit dreihundert Jahren totgeglaubte Führerin der einzig ernsthaften Revolution gegen das Establissement, ist plötzlich alle Welt hinter ihr her - und so auch hinter Kovacs, der geschworen hat, sie zu beschützen...


    'Heiliger Zorn' ist wie alle Bücher aus Morgans Feder zunächst einmal sehr intensiv und mit Liebe zum Detail geschrieben, auch was die Gewalt und den Sex angeht. Ich kenne nur wenige Autoren, die es schaffen, ihre Welten zu so intensivem Leben zu erwecken. Man kann förmlich mit den Figuren riechen, hören, fühlen. Philosophische Tiefen wechseln mit harter, gut geschriebener Action und immer wieder Überraschungen, die im Nachhinein dem ganzen Geschehen eine neue Bedeutung geben. Unter der Rache-und-Selbstfindungs-Story des Helden Kovacs liegen viele Schichten dessen, was man auch in unserer Welt jeden Tag in den Nachrichten liest. Religiöser Fanatismus zum Beispiel, der politisch einflussreichen Schichten gerade recht kommt, um die Volksmassen einzulullen - Schichten, die wiederum nur Kleinkriminelle unter noch größeren Haien sind, denen im Namen der höheren Ordnung ein Einzelschicksal wenig bedeutet. Das alles ist nicht neu, aber wieder einmal schön zusammengefügt und lesenswert auf den Punkt gebracht.


    Auf der Negativseite ist zu vermerken, dass das Buch gelegentlich seine Längen hat und dass sich Morgan manchmal mit Erklärungen soviel Zeit lässt, dass die Verwirrung fast in Frustration gipfelt. Um dem entgegenzuwirken, sei dringend empfohlen, zuerst die beiden Vorgänger-Bücher zu lesen, Altered Carbon (dt. Das Unsterblichkeitsprogramm) und Broken Angels (Gefallene Engel), da immer wieder Bezug auf die vorhergehenden Ereignisse genommen wird.
    Wenn man da ein Auge zudrücken kann, wird man aber mit einem außerordentlich intelligenten, hochspannenden und action- wie emotionsreichen SciFi-Thriller belohnt, in einer Qualität, wie man sie wirklich selten findet.

    JASS - ich weiß, was Du meinst, mir gehts ja ähnlich. Ich will auch Titel, die wirklich toll sind und nachträglich gehypt wurden, nicht runtermachen. Mir gehts nur gegen den Strich, dass die Präsentation neuer Bücher inzwischen so total tunnelblickmäßig passiert und man auf 1000qm Ladenfläche trotzdem den Eindruck bekommt, da läge immer doch das Gleiche.

    Zitat

    Original von JASS
    elwe : Echt, der Märchenerzähler steht in keinem Thalia? :wow Bzw. dass ist doch aber ein erfolgreicher Titel, oder?


    Nee, den muss man mit der Lupe suchen. Ich habe ihn damals nur über eine Eulen-Rezi entdeckt und dann bei Amazon bestellt. Ich glaube schon, dass der Titel zumindest okay-erfolgreich ist, er hat ja viele Rezensionen und taucht immer mal wieder auf. Aber wahrscheinlich verkauft er sich trotzdem viel schlechter als er sich vor Jahren verkauft hätte, bevor 3% der Bücher 90% der Ladenfläche einnahmen. Panem, Twilight und City of Bones verkaufen sich eben um den Faktor Tausend besser.
    Außerdem beschleicht mich das Gefühl, dass auch irgendwelche Absprachen zwischen Verlagen und Buchhandelsketten da eine Rolle spielen. Oettinger, der Verlag, bei dem der Märchenerzähler erscheint, ist vergleichsweise selten im Regal der genannten großen Ketten zu finden, genauso wie 80% der anderen Kinder- und Jugendbuchverlage, die durchaus gute Namen haben. Der Großteil des Platzes wird von CBT und Arena eingenommen als Verlagen, ist mir letztens mal aufgefallen. Vielleicht haben die eben einen besseren Deal mit Gesamt-Hugendubel oder Thalia gemacht, als ein kleinerer Verlag das könnte. Geben ein paar % mehr Rabatt, oder sonstwas.

    Zitat

    Aber zum Thema ... "Der Name des Windes" und G.R.R.Martin finden sich als Bestseller in jedem Laden. - Ist das jetzt, weil sie für die Zielgruppe "Masse" gezüchtet wurden, oder weil sie der Masse einfach gefallen?


    G.R.R.Martin habe ich schon in den späten 90ern gelesen, damals erschien mit 'Die Herren von Winterfell' der erste Band seiner Erfolgssaga bei Blanvalet auf Deutsch. Er war schon damals recht erfolgreich, denn die Nachfolge-Bände waren immer ganz vorn im Fantasy-Regal zu finden - allerdings nicht auf Stapeln zu 100 Stk., sondern halt normal, mit drei oder vier Exemplaren des aktuellen Bandes, und jeweils einem von den Vorgängern. Ich schätze, er war auch ein Vertreter des Mittelfelds. Ich finde, er ist auch wirklich gut und hat den Erfolg verdient. Der gigantische Hype kam aber erst, als die Fernsehserie produziert wurde, die wiederum auf die Nachwellen des Herr-der-Ringe-Hypes aufsprang. Plötzlich waren auch die Bücher en vogue und werden von Leuten gelesen, die früher (High) Fantasy nicht mit der Kneifzange angefasst hätten. Und deshalb liegen die jetzt auch zusätzlich mit ein paar Stapeln im Regal für 'Historische Romane', für alle, die Fantasy als Genre immer noch meiden, aber die Darsteller der Serie sooooo süß finden.


    'Der Name des Windes' - ich muss zugeben, ich habe die nicht gelesen, aber mir scheint, dass zumindest diese Bücher schon auf einer Marketing-Hype-Schwemme in die Buchläden gespült wurden. (Wohl der Grund, warum ich mich nicht überwinden konnte, sie zu kaufen :grin ... mein tief verwurzeltes Mißtrauen über allzu euphorische Start-Inszenierung hat da angeschlagen.) Von allem, was ich höre, scheint aber auch dieser Autor die Lorbeeren zu verdienen. Traurig ist nur, dass es neben den beiden noch mindestens fünfzig weitere, wirklich gute und renommierte Fantasy-Autoren gibt, die aber ein Großteil der Leserschaft nicht kennt und auch nicht kaufen würde, weil sie der Masse nachrennen, getreu dem Motto: 'Je größer der Stapel, desdo besser muss es sein.' Also baut der Buchhändler den Stapel noch größer, um noch mehr anzuziehen ... Henne-Ei, wie Buchdoktor schon sagt.

    Ich habe das vor ein paar Wochen in einem anderen Thread schon über die Fantasy beklagt, aber es trifft eigentlich alle Genres: Das Sortiment in den Buchläden spiegelt eine Vielfalt vor, die de facto nicht gegeben ist. Wenn ich mir die Abbruchquote anschaue, die ich bei Büchern habe, die ich - als Neuentdeckung - im Laden kaufe, ist die erschreckend. Es kommt inzwischen wirklich nur noch sehr selten vor, dass tolle, überraschende Bücher dabei sind, wenn mich nicht vorher schon die Uniformität der Klappentexte und der immer gleich gebügelten Titel abgeschreckt hat, die ebenfalls alle einem Muster zu folgen scheinen.


    Der Zeitartikel bestätigt eine Vermutung, die sich auch vorher schon aufgedrängt hat, und ich finde diese Entwicklung wirklich ganz ganz furchtbar. Natürlich kann man nun hoffen, dass sich über die kommenden Jahre eine Art Gegenbewegung formt (das tut es immer --> siehe z.B. Bio-Lebensmittel: Die waren auch mal eine Gegenbewegung der Einzel-Individualisten gegen die vereinheitlichten Massenproduktions-Lebensmittel, oder der große Erfolg von Portalen wie Zazzle, wo man sich seine Lifestyle-Güter ganz individuell mit Künstlermotiven bedrucken lässt, die garantiert nicht in jedem Souvenirladen auf der ganzen Welt stehen). Dass also die Nachfrage nach dem Angebot abseits des Super-Mainstreams steigt und damit zumindest teilweise eine Rückkehr zum breiten Mittelfeld geschieht (ich geb die Hoffnung nicht auf :grin).



    Zitat

    Original von JASS
    Auf der anderen Seite frage ich mich (etwas überspitzt): Wie ansprechend sind die übrigen Titel? Ich kaufe oft Bestseller, weil sie mir mit großer Wahrscheinlichkeit auch gefallen. "Massenware" sind sie ja in erste Linie (von einigen Sachbüchern, die eher durch ihren Inhalt provozieren abgesehen), weil sie vielen Menschen gefallen - warum also nicht auch mir?


    Ich habe bei den Superbestsellern, die die Liste vorn anführen, leider oft den gegenteiligen Effekt: Für die gigantische Erwartungshaltung, die sich damit verbindet, sind sie oft erschreckend banal und so rund gelutscht, damit sie auch wirklich jeder Zielgruppe gerecht werden, dass man sich einfach nur fragt: Was? Und sowas verkauft sich 5 Millionen mal?? Das ist es, was alle Welt haben will? Damit meine ich so Dinger wie die Shades of Grey, die Twilight-Serie (nett, aber das sind hundert andere Vampirjugendbücher auch) oder seinerzeit das unselige Feuchtgebiete-Ding. McDonalds-Fleischbrötchen sind auch geschmacklich auf eine größtmögliche Zielgruppe ausgerichtet, und ja, sie schmecken nicht schlecht, aber will man sich deshalb nur noch davon ernähren? Oder rutschen sie nicht vielmehr bald in die Rolle des 'Lückenfüllers' - wenn's halt grad nichts besseres gibt, aber man sicherstellen will, dass man satt wird und es nicht eklig schmeckt?



    Ich will jetzt hier nicht die Fahne für die ganzen Kleinverlags- und Independent-Titel schwenken, darum gehts mir nicht. Denn da ist die Schrottrate im Prinzip genauso hoch, wenn auch anders herum.
    Während Stapelware technisch sauber gemacht ist (also keine Fehler im Text und keine groben Patzer und unfreiwillige Komik in den Formulierungen), dafür aber oft so blank poliert, dass sie nur noch langweilig, vorhersehbar und seelenlos wirkt, gibts an der Independent-Front eher den umgekehrten Effekt: handwerklich so holprig, dass man leidensfähig sein muss beim Lesen, und wenn man in die Sch*** greift, dann meistens richtig (wenigstens wird das da aber häufig schon auf Seite 3 sichtbar).


    Mir gehts eher um die zahlreichen Neuerscheinungen in den vielen bekannten Verlagen von renommierten Autoren, die es nur eben trotzdem nicht in die Läden schaffen, oder wenn, dann nur mit einem verschämten Büchlein ganz hinten, weil man vorn den ganzen Platz für zwölf identische Hobbit-Stapel braucht. Das 'breite Mittelfeld', von dem in dem Zeit-Artikel die Rede ist - die vielen Bücher, die sich früher solide gut verkauft haben, aber es heute nicht mehr tun, weil sich 90% des Käuferbudgets auf 10 Titel ballt.
    Letztens habe ich 'Der Märchenerzähler' von Antonia Michaelis gelesen, ein inzwischen preisgekröntes Jugendbuch, das - wie ich finde - eines der tollsten und bestgeschriebensten Bücher ist, die ich in den letzten Jahren in der Hand hatte. Glaubt ihr, das würde auch nur in einem einzigen der zehn oder zwölf Thalias oder Hugendubels stehen, in denen ich in den letzten Wochen und Monaten war? Nein, die Jugendbuch-Regale sind dort identisch mit den immer gleichen vier oder fünf Titeln vollgestopft. Spätestens nach dem dritten Laden macht sich dann gähnende Langeweile breit.


    Argh, jetzt hab ich mich in Rage geschrieben :grin.
    Naja ... die Hoffnung stirbt zuletzt.

    Zitat

    Original von Klecks
    wobei es mir bis hierhin in der Serie schwerfällt die Einzelbände zu trennen da ich sie damals mehr oder weniger in einem Rutsch bis zu Turn Coat gelesen/gehört (die damals verfügbaren ersten 4) habe. :-)


    Ich weiß, was Du meinst, so war das bei mir auch. Ich habe die bis Band 7 oder so in totaler Sucht gefangen wie in einem Sog durchgehauen :grin

    Ich lese wirklich viel Fantasy, aber eines, das herausgestochen ist, weil ich vor lauter Sucht beim Lesen sofort alle Teile nachkaufen und tagelang nichts anderes mehr machen konnte, war die Schwarze Juwelen-Trilogie von Anne Bishop.


    Ich habe hier mal die Neuausgabe angehängt, bei der alle drei Bände in einem Buch zu haben sind.
    Absolut grandios, für meine Begriffe. Und garantiert Zwerge- und Orks-Frei ;-)

    Für mich ist Lesen - wenn es Belletristik ist - vor allem Inspiration und auch eine emotionale Frischzellenkur. Eskapismus, nein. Dafür bin ich zu sehr in der Realität verhaftet. Ich tauche in Bücher nicht so tief ein, dass ich mich für die Dauer des Lesens aus der Realität verabschiede - aber ich lasse mich gern gut unterhalten und wie gesagt emotional anregen. Manchmal schätze ich auch einfach unerwartet neue Betrachtungswinkel auf Dinge, die ein Buch mir eröffnen, gerade auch auf die Realität.