Beiträge von elwe

    Ich bin seit Lycidas ein großer Fan von Christoph Marzi; Heaven allerdings hat mich enttäuscht. Ich fand das Buch nicht besonders schlecht, allerdings auch nicht besonders gut, und das wiegt umso schwerer, da ich nach Büchern vom Kaliber eines Lycidas eigentlich viel mehr erwartet hätte.
    Aber hier meine Einschätzung im Detail:



    Heaven - Stadt der Feen beginnt mit einem Jungen, der über die Dächer des nächtlichen London läuft, um seltene Bücher an Kunden seiner Arbeitgeberin, einer schrulligen Buchladenbesitzerin auszuliefern, und mit einem Mädchen, der von einem bösen Mann namens Mr. Scrooge und seinem Zombie-Helfer das Herz aus der Brust geschnitten wird, die aber trotzdem weiterlebt.
    Der Junge, David, stolpert über Heaven, das Mädchen, die vor Mr. Scrooge und seinem gekrümmten Messer flieht. David hilft Heaven und nimmt sie mit sich. Zuerst glaubt er ihr nicht, dass sie kein Herz mehr hat, denn ohne Herz kann man doch nicht weiterleben? Aber als er sein Ohr an ihre Brust schlägt, kann er ihren Herzschlag nicht hören. Und Mr. Scrooge gibt seine Jagd auch Heaven nicht auf, denn sein unbekannter Auftraggeber will nun das Mädchen, das ohne Herz noch fliehen konnte. David und Heaven müssen nun unbedingt herausfinden, was es mit dem Geheimnis von Heavens fehlendem Herzen auf sich hat, bevor Scrooge sie mit seiner blitzenden Klinge erwischen kann.


    Das erste, was mich beim Lesen einfängt, ist Christoph Marzis wunderbare, poetische Erzählweise, die schon Lycidas und die Nachfolgebände so unverwechselbar machte. Die düster-märchenhafte Atmosphäre eines selbst in der heutigen Zeit noch viktorianisch anmutenden Londons weiß sofort wieder zu verzaubern.
    Doch dann entrollt sich eine sehr geradlinige, sehr einfache, oft vorhersehbare Geschichte, die das Versprechen des Anfangs für mein Gefühl nicht erfüllt. Es mangelt mir darin an Höhepunkten. David und Heaven laufen vor Scrooge davon, entgehen seiner Klinge zweimal um Haaresbreite, und in den Pausen dazwischen recherchieren sie ein bisschen im Internet und sprechen mit einem Geist und einem Bücherliebhaber, und das ist dann auch schon (fast) alles, um das Rätsel zu lösen. Den Rest erledigt der demaskierte Bösewicht selbst.
    Die Auflösung könnte zauberhaft sein, doch ich habe das Gefühl, dass dem Zauber die Zeit fehlt, sich zu entfalten. Mehr Zeit hätte der Geschichte gut getan. So wie sie nun da steht, wirkt sie auf mich wie ein abgemagerter Schatten ihrer selbst. Die Protagonisten wirken seltsam distanziert auf mich (vielleicht auch durch die gelegentlichen, bemüht wirkenden Einschübe von cool gemeinten sprachlichen Ausbrüchen, die wohl der Jugendlichkeit dienen sollten, aber in der umgebenden Sprachpoesie deplaziert sind). Ich kann mich in ihre Leben nicht einfühlen. Heaven erscheint hilflos und zickig, ein häufiges Problem in Büchern, die für jugendliches Lesepublikum geschrieben werden. David ist zwar sympathisch, kommt aber selten übers Bemühen hinaus. Seine fortgesetzte Unterlegenheit vor Mr. Scrooge mag zwar realistisch sein, aber irgendwann wünscht man sich als Leser wenigstens ein bisschen Heldentum. Doch aus den brenzligen Situationen entkommt er fast immer nur durch Zufälle oder fremde Hilfe.
    Die Nebenfiguren geben sich blass, auch das geschuldet der mangelnden Zeit. Der doppelte Buchumfang hätte der Geschichte gut getan.
    Also - wirklich kein schlechtes Buch, aber weit entfernt vom Zauber und der Komplexität der 'Uralte Metropole' - Bücher. Wer Ähnliches von 'Heaven' erwartet, dürfte wohl enttäuscht werden.
    Für alle anderen, die erwartungsfrei an das Buch herangehen, kann es wohl durchaus ein locker-leichtes Lesevergnügen bieten, denn die Sprachschönheit, die typisch für den Autor ist, ist auch hier zu finden. Und es gibt durchaus ein paar spannende Momente.

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    Original von belladonna
    Ich kenne von Maggie Stiefvater bislang nur die Wolfstriologie, die mich aber sehr begeistert hat.


    Die Wolfstrilogie habe ich noch nicht gelesen, aber nach diesem Buch hier werde ich dann wohl mal einen Blick wagen :-)

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    Original von GronikVielleicht finde ich sprechende Blumen auch einfach nur unheimlich (sprechende Katzen hingegen nicht *g*)


    Kein Wunder, im Gegensatz zu Katzen schnurren sie auch nicht lieb und zucken süß mit den Ohren :lache


    Ach ja, ich bin auf die Blumen natürlich voll eingestiegen.
    Ich dachte mir zwar schon, dass sie noch eine wichtige Rolle spielen könnten. Aber ich habe auch so halb erwartet, dass sich Umo irrt und die von Marielle geretteten Blumen ihnen später noch irgendwie aus der Patsche helfen würden.

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    Original von agu
    Wenn man das zum Beispiel mit den City of Angels Büchern vergleicht, die deutlich expliziter sind.


    Ja, das kann man wohl sagen :grin


    Ich fand aber zum Beispiel


    Da hätte expliziter Sex nur die Stimmung gestört.

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    Original von agu


    Die liebe ich heiß und innig.


    Ich auch. Ist aber schon eine Weile her, dass ich sie gelesen habe. Band vier war dann irgendwie die Luft raus, aber 1-3 ... grandios.
    Stimmt Suzann, mit der Welt dort ist es so ähnlich: Die ist so anders und so farbenprächtig, dass man sich gar nicht sattlesen kann.

    'Rot wie das Meer' ist vieles zugleich: Das Gesellschaftsporträt einer verschlafenen englischen Insel, die in dörflicher Behaglichkeit von Schaf- und Pferdezucht lebt, der rasend spannende Countdown zu einem Pferderennen - nämlich dem berühmten Scorpio-Rennen, bei dem die Reiter unter Gefahr für Leib und Leben auf Wasserpferden antreten, die nichts als magische Raubtiere sind, und die einfühlsame Geschichte der beiden Protagonisten Kate und Sean.
    Es gibt auch ein Fantasy-Element: Die Wasserpferde nämlich, die Capaill Uisce, steigen jedes Jahr im November aus der stürmischen See, und nur den mutigsten Männern gelingt es, sie zu fangen und zu zähmen. Jedes Jahr gibt es Tote, denn Capaill Uisce ernähren sich von Fleisch, sie sind Raubtiere, und sie besitzen darüber hinaus eine tückische Magie, mit der sie ihrem Reiter, sofern er keine Schutzmaßnahmen ergreift, die Sinne verwirren, dass er sich widerstandslos mit ins Meer ziehen lässt. Dennoch fühlt sich das Buch nicht wie Fantasy an (was keine Negativwertung ist): Die Capaill Uisce fügen sich einfach harmonisch als feste Komponente in die Gesamthandlung ein.
    Das Buch ist ruhig geschrieben, fast behäbig, lässt sich vor allem zu Beginn viel Zeit, entwickelt dann aber einen Sog und eine Spannung, dass man im letzten Drittel tatsächlich an den Seiten klebt.


    Sean Kendrick, vierfacher Gewinner des Scorpio-Rennens auf dem Uisce-Hengst Corr, arbeitet als Pferdetrainer auf dem Hof des Gestütsbesitzers Malvern und wünscht sich nichts sehnlicher, als ihm Corr, den er innig liebt, abzukaufen. Von Anfang an schwelt jedoch ein Konflikt mit Mutt, Malverns Sohn, der Sean unterstellt, er würde ihm absichtlich langsame Pferde geben, damit er beim Rennen gegen ihn verliert. Dieser Konflikt steigert sich immer weiter zu einem unversöhnlichen Hass, der nur in einer Tragödie aufgelöst werden kann.
    Kate Conolly, die nach dem Tod ihrer Eltern mit zwei Brüdern im schuldenbeladenen Häuschen lebt und sich mit dem Verkauf von Tonvasen an Touristen durchschlägt, fällt aus allen Wolken, als ihr ältester Bruder Gabe ankündigt, er werde fortgehen aufs Festland. Um ihn zu halten, meldet sie sich mit ihrer kleinen Ponystute Dove beim Rennen an, ein Novum. Nie ist eine Frau beim Scorpio-Rennen mitgeritten, und dann auf einem gewöhnlichen kleinen Pferd, gegen die übermächtigen Capaille Uisce. Man glaubt, sie hat nicht den Hauch einer Chance. Wird wahrscheinlich von den Mördern in Pferdegestalt zerfleischt werden.
    Kate und Sean finden eher durch Zufall zueinander. Sie fühlen sich zueinander hingezogen, aber sind auch Konkurrenten, denn beide wollen sie das Rennen gewinnen. Und bald steht für jeden von ihnen ungeheuer viel auf dem Spiel...


    Das Buch hat mir ausgesprochen gut gefallen. Es folgt einem langsamen Takt, wie dem Rauschen der Wellen. Darauf muss man sich einlassen, doch dann verfängt man sich in den kleinen und größeren Problemen dieser Inselwelt, lässt sich unmerklich verführen, und eh man sich's versieht, ist man der Geschichte ganz und gar verfallen.
    Die Ruhe, mit der 'Rot wie das Meer' fesselt und die faszinierende, aber umso mehr zu Herzen gehende Beschreibung kleiner Sorgen und kleiner Dinge hat mich ganz und gar in Bann geschlagen. Es ist das, was ich mit einem Lächeln im Gesicht und einem warmen Gefühl ein schönes Buch nennen möchte. Es ist schön, es hat mich berührt und fröhlich und nachdenklich zugleich zurückgelassen. Das kann man nicht von vielen Büchern sagen.
    Zudem ist es klug geschrieben, der Kelpie-Mythos so geschickt und so natürlich in die Geschichte gewoben, dass es gar nicht anders sein kann, als so, wie es da steht.
    Nicht nur Pferdeliebhaber werden große Freude daran haben.
    Klare Leseempfehlung.

    Fast 400 Seiten weit bin ich gekommen, aber dann haben mich Verwirrung und düster-matschkalt-hoffnungslose Winterstimmung und die ständig greifbare Verzweiflung und die Abwesenheit wirklich jedes Funkens von Fröhlichkeit oder wenigstens Triumph in die Knie gezwungen.
    Ich mag alteuropäisches Götter- und Sagengut in Romanform eigentlich, aber das war mir dann doch zu schwere Kost.

    Klappentext:
    Ken lebt in Detroit mit einem prügelnden Vater, einer Mutter, die sich vor der Gewalt in eine Traumwelt flüchtet, und einem kleinkriminellen Bruder. In einem alten Straßenbahndepot, in das Ken flieht, wenn er es zu Hause nicht mehr aushält, kommt es eines Tages zu einer wundersamen Begegnung mit der schönsten jungen Frau, die Ken je gesehen hat. Alles, was von dem flüchtigen Besuch bleibt, ist eine Akelei-Blüte, die auch Jahre später nicht verwelkt ist, als Ken die junge Frau wiedersieht – die dieses Mal gekommen ist, um ihn auf das unvorstellbarste Abenteuer seines Lebens mitzunehmen.



    Meine Meinung:
    "Stell dir vor, diese Realität ist nur eine neben vielen anderen. Das Universum besteht aus tausend Spiegeln, in den unmöglichsten Winkeln zueinander verdreht. Diese Welt könnte der Traum eines Drachens sein, der auf dem Grund eines Ozeans schlummert. Und vielleicht ist das, was du in deinen Träumen siehst, wiederum die Reflexion der Drachen-Sphäre auf einer Pfütze."


    Der Klappentext gibt prinzipiell schon wieder, wie das Buch beginnt - aber zugleich bereitet er nicht im Mindesten darauf vor, was den Leser zwischen den beiden wunderschön mit scharlachroten Blütenmotiven bedruckten Leinendeckeln erwartet. Kurzbeschreibung und Covermotiv lassen auf sommerlich-leichte Jugend-Romantasy schließen, und als Fan der City of Angels Serie war ich schon gespannt, wie sich das mit den anderen Büchern der Autorin verträgt. Die Antwort: Dieses Buch ist vollständig anders als das, was ich erwartet habe. Es ist prallste, farbenprächtigste Fantasy mit zum Teil jugendlichen Protagonisten, aber sehr erwachsenen Problemen. Romantik spielt eine eher zurückhaltende Rolle, obwohl unzweifelhaft vorhanden. Dafür geht es in Sachen Spannung, Action und hirnverdrehenden Rätseln umso stärker zur Sache. Purpurdämmern liest sich nicht mal eben so weg - aber belohnt dafür mit umso intensiveren Bildern.


    Aber nun zur Handlung:
    Der siebzehnjährige Ken, der es mit einem prügelnden Vater, einem kleinkriminellen Bruder und einer leicht verrückten Mutter nicht gerade leicht hat, zieht sich nach der Schule am liebsten in ein Geheimversteck in einer leerstehenden Bahnhofsruine zurück. Eines Tages taucht dort Marielle auf, eine Prinzessin aus einer märchenhaften fremden Welt, die vor einer Zwangsehe davonläuft - und deren Anblick Kens Herz sofort höher schlagen lässt. Ihr folgt dichtauf der Krieger-Magier Santino, ein Mann mit fragwürdiger Vergangenheit, der als ihr Lehrer und Beschützer fungiert und sie zurückbringen soll. Eher zufällig kreuzt er Kens Weg und rettet ihn vor einer Handvoll Schläger. Ohne es zunächst zu bemerken, treten sie beide gemeinsam durch ein Tor in die unheimliche Sphäre des Dämmer-Detroit, in die sich Marielle geflüchtet hat.
    Dämmer-Detroit ist, ebenso wie Marielles Heimatwelt, von der Zerstörung durch ein mysteriöses Unheil bedroht. Riesige Risse klaffen am Himmel. Alptraumhafte Spalthunde und andere Monstren strömen aus den grün wabernden Klüften. Der Weg zurück ist zunächst versperrt. Ken lernt, dass seine Realität nur eine unter vielen ist.
    Von hier an nimmt eine vielfach verschlungene und faszinierende Geschichte ihren Lauf, in der Ken ein unerwartetes Talent in sich entdeckt und sehr persönlichen Geheimnissen auf die Spur kommt, während er zugleich um Marielles Zuneigung ringt und sich in einer Umgebung bewähren muss, in der hinter jeder Ecke eine Bedrohung lauert.
    'Purpurdämmern' ist waschechte Fantasy, die der bedrückenden Realität von Kens Heimat, einem heruntergekommen und hoffnungslosen Detroit, ein Kaleidoskop faszinierender Märchen-Schauplätze entgegensetzt. Die reichen von glitzernden Alabasterpalästen und Blumenfeldern in Marielles Heimatwelt über schaurige Spukwälder bis hin zu einer endzeitlichen Vision von Dämmer-Detroit, bei der man sich in die Welt von BladeRunner versetzt fühlt. Alles scheint möglich in diesem Spektrum magischer Sphären. Hat man sich einmal darauf eingelassen, versinkt man in Breitbildkino, einer dichten Mischung aus Action, Humor, einer Prise Romantik, der einen oder anderen überraschenden Wende und sogar ein wenig durchschimmernder Epik. Neben den beiden Jugendlichen Ken und Marielle ist es vor allem Santino, der fasziniert, ein zeitloser Kriegermagier mit einer verlorenen Liebe, einer düsteren Vergangenheit, einer mitunter zu amüsanter Verzweiflung treibenden Aufsichtspflicht für zwei Teenager und jeder Menge alten und neuen Feinden.
    Das Ende schließt die Geschichte befriedigend ab, lässt aber Fragen offen, die nach einer Fortsetzung rufen.
    Als kleine Nörgelei ist anzumerken, dass das Buch Zeit braucht, bevor es seinen Sog entfaltet. Als Leser wird man zu Beginn mitunter überfahren von dem Konzept der fremdartigen Welten und der teils komplizierten, keltisch inspirierten Namen, bevor sich die Verwirrung auflöst. Die Erzählstränge von Ken und Marielle beginnen zuerst getrennt, Ken in dem normalen, modernen Detroit, Marielle dagegen am Königshof einer märchenhaften Zauberwelt. Das bringt man nicht sofort zusammen, auch wenn bereits der Prolog die Verbindung andeutet. Doch die Geduld wird belohnt. Sobald die Wege der Protagonisten sich kreuzen, ergibt alles Sinn.

    Ich fühlte mich überwiegend verzaubert, gebannt und in wundersame Welten entführt, aber zugleich auch herausgefordert, denn die Geschichte lädt zum Spekulieren ein und schlägt mitunter unerwartete Haken. Es gibt allwissende Blumen, eine bunte, naseweise, sprechende Katze, einen Buchstabensammler, der ein mächtiger Magier ist, zähnefletschende Monstrositäten und hirnverdrehende Gespinstgeister, die unter Brücken und auf Freeways ihr Unwesen treiben. Es mangelt nicht an Verzweiflung, Leidenschaft, an Lebensfreude, Intrigen und Verrat.
    'Purpurdämmern' ist die andere Seite hinter dem magischen Spiegel.
    Man muss hindurchtreten, sich darauf einlassen, und wird überreichlich belohnt - mit außergewöhnlich märchenhafter und farbenprächtiger Fantasy, die mit tollen Ideen, einer komplexen Geschichte und facettenreichen Charakteren aufwartet.


    Ein Fest für alle, die Phantastik lieben.

    So, jetzt noch mal.
    Puh, also in die Kategorie 'Schnell mal weglesen' zählte das Buch nun nicht gerade. Da ich es aber sowieso lieber verschlungener mag, als zu geradeaus, war das in Ordnung.
    Ich weiß gar nicht recht, wie ich Purpurdämmern einordnen soll. UrbanFantasy ist es irgendwie nicht, dafür ist der Weltenbau zu gewaltig und der Anteil echter Fantasy sehr hoch. High-Fantasy trifft auch nicht zu.
    Aber eigentlich kommt es darauf ja auch gar nicht an. Ich bin ausreichend fasziniert, dass ich es vielleicht noch ein zweites Mal lesen werde, weil ich das Gefühl habe, dass mir etliche Details entgangen sind. Diese Welten und das dichte Geschehen wirken auf mich wie ein riesiges Hieronymus-Bosch-Gemälde, wo man immer wieder etwas Neues entdeckt und viele Details erst beim zigsten Hinsehen findet.


    Also - im letzten Abschnitt ist Marielle wieder zu Hause am Nebelsee, nur um direkt in eine Palastrevolution zu geraten. Intrigante Kräfte haben ihr Ausreißen benutzt, um dem König Schwäche und Regierungsunfähigkeit zu unterstellen, und wollen ihn entthronen, um durch sie hindurch die Macht an sich zu reißen. Vordergründig geht es um die Wiedervereinigung mit ihrer Schwesterstadt auf der anderen Seite des Sees, hintergründig darum, dass die dortige Königingroßmutter ihren Einfluss über beide Städte ausbreiten will. Sie hat überhaupt so einiges auf dem Kerbholz (und ich finde es schade, dass man sie nicht kennenlernt, bzw. sie für ihre Taten nicht zur Rechenschaft gezogen wird). Coinneach ist ihr erstgeborener Sohn, und sie wollte ihn töten, um ihn aus dem Weg zu haben. Coinneach aber hat überlebt, doch wurde durch ihren Angriff in diesem Garten in Dämmer-Detroit wie in einer Art Zeitschleife (?) gefangen. Jedenfalls konnte er nicht fort, und erst die Explosion durch die Risse hat die Fesseln gelöst.
    Marielle in ihrem jugendlichen Leichtsinn hat nichts Besseres zu tun, als Santino bei ihrem Vater anzuschwärzen. Sie denkt nicht wirklich über mögliche Konsequenzen nach, denn als sie herausfindet, dass er in den Kerker geworfen wurde, fällt sie aus allen Wolken. Felim nutzt die Gelegenheit, Santino klar zu machen, dass seine alte Geliebte Rhonda, der er ja immer noch nachtrauert, jetzt ihm gehört, und, Salz in die Wunde, sie beide gemeinsam Santino opfern wollen, um den Imperator der Kjer zu töten. Er macht etwas mit Santinos Schulter, das ihn in eine Art magische Bombe verwandeln soll. Was genau, wird allerdings nicht erklärt - Stoff für eine Fortsetzung?
    Am Ende beendet Coinneach durch sein Auftreten die Beinahe-Invasion, und Ken wird so halb als Verlobter von Marielle akzeptiert - auch wenn er sich zuerst noch beweisen soll.
    Apropos, Ken. In Detroit regelt er seine Angelegenheiten, beweist mit neu gewonnenem Selbstbewusstsein, dass er sich nicht unterbuttern lässt und gewinnt damit den Respekt einer Freundin von July, die daraufhin anbietet, sie werde ihn vom Diebstahlsvorwurf entlasten. Kens versoffener Stiefvater wandert ins Gefängnis. Und für seine Mutter passiert eine Art Wunder :-) ... eine meiner Lieblingsszenen ist die ganz am Ende, wo sie ihre Sachen für den Umzug packen.
    Santino folgt Felim in eine geheime Höhle voller gläserner Statuen, die früher Nebel-Fae gewesen sind. Wenn sie sterben, kristallisieren sie offenbar zu Glas. In einem spektakulären Schwertkampf bezwingt er den Grafen und zerstört die von Felim angepflanzten Flüster-Akeleien, die auf für die Risse in der Nebelseewelt verantwortlich sind.


    Mir hat das Buch sehr gut gefallen, auch wenn ich das Gefühl hatte, dass man mit den Inhalten statt der 500 ebenso gut auch die doppelte Anzahl an Seiten hätte füllen können. Es passiert irrsinnig viel, es gibt unglaublich viele Informationen, und das führt dazu, dass man Purpurdämmern lieber nicht liest, wenn man müde ist :grin.
    Meine Favoriten sind ganz klar Santino und die Purpurkatze. Ken ist ein netter Typ, aber da mangelte es mir ein bisschen an Leidenschaft. Marielle gibt der Geschichte Schwung, aber ist ein typisch-verwöhntes Prinzessinnen-Gör, auch wenn sie Esprit und Abenteuergeist hat. Nicht unbedingt ein Sympathieträger für mich, aber um mal zu Ken zu schielen: Hey, wo die Liebe eben hinfällt :rolleyes. Und Nessa ist einfach cool.
    Das Ende ruft schon sehr nach einer Fortsetzung. Die unmittelbaren Probleme sind zwar gelöst, aber es bleiben viele Fragen offen. Wie geht es mit Coinneach und seiner herschsüchtigen Mutter in der Schwesterstadt weiter, die bestimmt immer noch ein Auge auf Marielles Heimat geworfen hat? Was ist das für ein Ding in Santinos Schulter, und hat er vielleicht doch noch versteckte Pläne, was Ken angeht? Was ist mit Rhonda? Außerdem bin ich mir nicht ganz sicher, ob Felim wirklich tot ist. Er ist in den Abgrund gefallen, okay. Aber sterben habe ich ihn nicht gesehen.


    Rezi folgt in Kürze :wave

    Zitat

    Original von xania
    Während ihrer Reise sind sie nur den Indianern und diesem komischen Helden begegnet, aber es scheinen trotzdem noch viele Menschen auf dieser Welt zu leben, die sich verstecken. Das müssen dann auch Magier sein, dass sie sich Unterschlüpfe bauen können, die sie vor Spalthunden schützen. Oder sind die Spalthunde nur hinter Marielle und ihren Freunden her?


    Dämmer-Detroit schien ja schon ohne die Spalthunde kein sicheres Pflaster zu sein, siehe diese Schutzgelderpresserräuber ganz am Anfang, oder die Raubvögel. Ich habe auch das Gefühl, dass ein Großteil dieser Welt verlassene Ruinen sind, wo nur noch die paar Leute leben, die es nicht fortgeschafft haben. Oder was, wenn die Spalthunde da schon eine Weile wüten und die meisten Einwohner ausgerottet haben? Wobei, dann müsste man irgendwo die Überreste ... *grusel*
    Allerdings ist das mit den magischen Unterschlupfen keine abwegige Idee. Die Indianer haben ja auch einen Zauber, der die Hunde aussperrt.

    So, ich hatte eine ganze Menge ungestörte Lesezeit :grin.
    (Freie Tage und Mistwetter draußen sind eine super Kombination).


    Wo fange ich an?
    In diesem Abschnitt passiert unheimlich viel. Santino und Umo sind alte Bekannte, wer hätte das gedacht. Wir bekommen einen unerwartet großzügigen Einblick in Santinos Vergangenheit und seine Motivation. Er ist kein schlechter Mensch, aber hat seine ganz eigenen, drängenden Probleme, unter anderem, dass ihm die Kjer auf den Fersen sind und dringend seinen Kopf wollen, aber auch seine eigenen Rachegelüste gegen sie. Habe ich das richtig gelesen, dass er den Bruder des Imperators auf dem Klo erdolcht hat? :grin
    Marielle belauscht einen Teil der Unterhaltung und fühlt sich von Santino getäuscht und verraten. Dass sich daraus noch Verwerfungen ergeben, ist fast abzusehen.
    Natürlich begibt sich Ken in Gefahr, um seinen Vater zu sehen - und um das Buch aus der Ruine zu holen, aus dem er die Portalseiten herausgerissen hatte. Eine sehr weise Entscheidung, wie sich herausstellt, als nämlich Dämmer-Detroit auseinanderbricht, die Devoras und Spalthunde die Festung überrennen und Umos Spezial-Portal versagt. Kann es übrigens sein, dass dieses Buch eine Dämmer-Welt-Version des Buches ist, das Ken ganz zu Anfang in der 'normalen' Welt durchblättert? Ich frage mich, ob das noch von Bedeutung sein wird. Das "Vater-Sohn-Gespräch", bei dem Ken versucht, den Coinneach zum Mitkommen zu überreden, ist gleichzeitig spannend und hat sehr lustige Momente. Man kann Kens Verzweiflung über Coinneachs irren Stursinn fast mit Händen greifen, aber zugleich steckt auch eine Menge Galgenhumor in der Szene.
    Noch eine Enthüllung der besonderen Art ist die durch Blut ausgelöste Mutation der Flüster-Akeleien, die eine Schlüsselrolle bei der Entstehung der Risse spielen. Umo hatte also einen guten Grund, so auszurasten, als sie den ganzen See auf seinem Dach bedeckten. Und Marielle hat sie nicht ins Feuer geworfen, sondern gutgläubig durch ein heimliches Portal gerettet ... nicht gut.
    Am Ende kehren alle nach Kens Detroit zurück. Ken stellt fest, dass hier kaum ein Tag vergangen ist. Und - Ironie vom Feinsten - bei seiner Rückkehr nach kräftezehrensten Abenteuern wartet schon die Polizei zu Hause, um ihm das Leben schwer zu machen.