Beiträge von elwe

    Inhalt (Klappentext):
    Max' Leben verlief 45 Jahre lang vollkommen vorhersehbar: Er bekam die Frau, die er wollte - Dorit, resolut und erfolgreiche Werbeagentur-Frau.
    Er arbeitet weitgehend unbemerkt als leicht chaotischer Redakteur bei einem Fernsehsender, geht regelmäßig mit seiner schönen türkischen Kollegin Nergez essen und schafft es doch nicht zum Seitensprung.
    Er hat einen 18-jährigen Sohn kurz vorm Abitur, Konrad, und seine Eltern, die ruhig das Renterdasein genießen.
    Doch alles ändert sich, als Naddi einzieht, Konrads erste und chaotisch-prollige und ziemlich psychotische Freundin. Naddi kann 'mein' und 'dein' nicht unterscheiden, versaut zum Einstand das Badezimmer, krümelt das elterliche Ehebett mit Chips voll, bringt Konrad den Genuß bunter Pilze bei und schürt bei Max und Dorit die ständige Furcht vor einer Schwangerschaft.
    Zur gleichen Zeit verwandelt sich der Vater in einen unleidlichen Pflegefall, ein unbekannter Verfolger beschädigt ihm täglich das Auto und Max bekommt einen Vertretungsjob bei der Serie 'Ihnen kann geholfen werden' - mit einem Einstiegsengagement, das alle Voraussetzungen für eine Katastrophe erfüllt.
    Plötzlich ist nichts mehr vorhersehbar und Max befindet sich von einem Tag auf den anderen im freien Fall ...



    Meine Meinung:
    Ich habe eine längere Phase keine Comedy mehr gelesen (vielleicht, weil mir das meiste, in das ich die letzten Jahre reinlas, plakativ, ziemlich erzwungen und aufgesetzt vorkam, oder Schenkelklopferhumor, den man ab Seite 14 nicht mehr lustig findet).
    Über 'Pinguinwetter' bin ich wieder auf das Genre gekommen, und auch wenn ich das Buch eher flach und aufgesetzt fand, kam ich darüber wieder auf den Geschmack und wagte noch mal einen Versuch. Es wurde dann 'Das wird ein bisschen weh tun', weil die ersten drei Seiten so brüllend komisch und gleichzeitig klug geschrieben sind, dass man gar nicht anders kann, als weiterzulesen.


    Um es kurz zu machen: Ich finde das Buch grandios.


    Von Anfang bis Ende schafft es der Autor nicht nur, zum Kaputtlachen lustige Momente einzufangen, bei denen man laut herauslachen muss, sondern auch eine richtig gute und anrührende Geschichte zu erzählen, die Tiefe und Bedeutung hat und viel berührender ist, als so mancher sentimentalitätstriefende Schicksalsroman. All die Charaktere im Buch wirken zutiefst wahrhaftig und echt, wie aus dem Leben geschnitten, kein bisschen aufgesetzt oder künstlich. Mit jeder Faser leben sie, und deshalb ist es auch so unglaublich komisch, selbst in tragischen Momenten, mit ihnen durchs Leben zu stolpern.
    Der Humor in diesem Buch ist keine Aneinanderreihung erzwungener Gags, und auch keine Übersteigerung von Klischees, wie man sie in anderen Genre-Vertretern oft findet, sondern wunderbare Situationskomik und das unwillkürliche Kichern, das einen befällt, wenn jemand Dinge ausspricht, wie sie sind, ganz ungeschminkt. Seien es die absurden Momente beim Dreh der Reality-Show, bei denen um jeden Preis der Schein aufrecht erhalten werden muss. Sei es der ungebremste Wahnsinn trifft auf angestrengte elterliche Vernunftbemühungen im Hause Max&Dorit, wenn eine sechzehnjährige Punk-Göre sich in den Werten bürgerlichen Etablissements verheddert und der achzehnjährige, von Pilzen überforderte und spät-pubertierende Schlacks nur stammeln kann: Abba üch lühbe sie doch! Oder seien es die tragisch-komischen und zugleich sehr berührenden Momente, wenn Max bei seinen Eltern zwei Stunden lang damit zubringt, seinen schwerkranken, zweieinhalb Zentner schweren, sozialistische Arbeitsethik predigenden Vater vom Balkon aus dem strömenden Regen ins Trockene zu bugsieren, ohne sich dabei das Kreuz zu verreißen.



    Eine meiner Lieblingsstellen (zwischen Max und Dorit, nachdem die Naddi-und-Konrad-Liebeskatastrophe eskaliert):
    "Liebe ist doch wirklich das letzte!", sagte ich wütend. [...] "Alles geschieht aus Liebe! Eine Ausrede für Wahnsinn und Egoismus!" [...]
    "Das zwischen uns ist also keine Liebe?", fragte Dorit.
    "Nein", sagte ich. "Natürlich nicht. Es ist mehr. Deswegen hält es auch. Lieben kann doch jeder Idiot!"



    Noch mal: ein ganz, ganz tolles Buch. Wunderbar komisch, berührend erzählt und mit einer richtig guten Geschichte, die sogar ein paar unerwartete Wendungen bereithält.
    Konkurrenzlos gut!
    Unbedingt lesen!
    10 Punkte und noch ein Extra-Sternchen.


    --
    LG, Elena

    Zitat

    Original von Dieter Neumann
    :schaf
    Das Schaf hab ich schon mal als Anregung für weitere literarische Massenbegeisterungen gepostet. Oder gibt´s schon was Pornografisches mit Tieren (außer Agamemnon und seinen Ziegen in der Ilias ...)? Da kämen Auflagen zusammen, da träumt der biedere Sadomasochist davon ... :peitsch


    :rofl :rofl :rofl

    Zitat

    Original von Groupie
    Ich kenne den Film nicht. Allerdings halte ich es für eher gefährlich, wenn ich höre, dass sich Menschen "Shades of Grey" kaufen, um es als eine Art Leitfaden oder Ratgeber zu benutzen.


    Ach du liebes Lieschen ... tun das Leute? :yikes

    Zitat

    Original von Minusch
    Warum kaufen es so viele?


    Weil so ein Hype funktioniert :grin.
    Zunächst mal nehme man ein Thema, das der zarte Hauch des Tabus umweht. Dann schreibt man in fetten Lettern drauf 'BESTSELLER' (in den USA, woanders, in der Welt ...)
    Es wird gepusht wie irre, die Stapel stapeln sich in den Läden, ich will mir nicht ausmalen, was da an Werbe-Geld reingeflossen ist. Natürlich geht die Rechnung geht auf, kein Feuilleton ist sich zu blöd, eine Rezi zu schreiben, und sei es nur ein Verriß.
    Und da der Mensch ein Herdentier ist, trottet die Masse mit und kauft.


    Zitat

    Ich bin auch schon am überlegen, ob ich mal hereinlese. Und sei es nur, um mitreden zu können. :grin


    Siehste, genauso funktioniert das.
    Das erste Drittel der Käufermasse kauft es, weil die zwei Bücher, die sie im Jahr kaufen, immer welche sind, die dick in der Zeitung stehen.
    Das zweite Drittel, weil sie wissen wollen, ob es wirklich so schlecht ist, wie alle sagen. (Da schläg die Sensationsgier zu)
    Und das letzte Drittel, weil sie hoffen, dass vielleicht doch was dran ist am Tabu und dem Kitzel des Verbotenen, und wenn alle darüber reden ... und weil's ja ein Bestseller ist, und alle es kaufen, guckt auch keiner sie komisch an, wenn sie's tun. Der Schmuddel ist von einem edel-samtigen Blumenumschlag verborgen.


    Wenn ich so drüber nachdenke, ist das vielleich ein Geheimnis des Erfolgs:
    Ein Schmuddelbüchlein, das sich als Hochliteratur verkleidet, und deshalb gefahrlos gekauft werden kann, für alle, die schon immer mal heimlich schauen wollten, wie so Schmuddelkram denn geht, und das nun tun dürfen, ohne dass die Nachbarin, die's zufällig in der Einkaufstüte sieht, die Käuferin als Perverse in Verruf bringt :grin.

    Nun habe ich's durch und darf auch eine Rezi schreiben :-):
    Da ist er, mein abschließender Schluss:



    Pinguine ziehen sich durch, bei 'Pinguinwetter': sehr süß auf der pinkfarbenen Klappe, als niedliches Daumenkino quer durch alle Seiten, und gleich zum Einstieg in der Geschichte, wenn Protagonistin Charlotte, eine jung-dynamisch zum Erfolg strebende Lektorin, eine SMS von ihrer Mutter kriegt, die sich in Grönland in einen Eisbrecherkapitän verliebt hat und fortan ihre gemeinsame Existenz kurz unterm Nordpol plant.
    Kurz darauf erhält sie anstatt der erhofften Beförderung die Kündigung wegen Wirtschaftskrise und verfällt in einen Zustand selbstmitleidiger Beinahe-Verwahrlosung, in dem sie fortan durch das (fast) komplette Buch schlurfen wird. Ihre zweitbeste Freundin drückt ihr zur Abwechslung den 5jährigen 'Terrorkeks' Finn zum Babysitten in die Hand, und fortan - meistens mit Finn, der gerade wieder irgendeine Katastrophe anzettelt - begegnet sie in einer Reihe zunehmend unglaubwürdiger Zufälle durchs Buch hindurch immer wieder dem attraktiven Eric, der sich auf den ersten Blick in sie verliebt zu haben scheint, und sich auch durch größte Schluffigkeit ihrerseits nicht davon abbringen läßt, sie erobern zu wollen.


    Soweit, so gut.


    Das klingt erstmal nach einem unterhaltsamen, Sonntagnachmittags-füllenden ChickLit-Sommerabenteuer, und läßt sich auch vielversprechend an. Die ersten Kapitel sind wirklich nett geschrieben und lustig zu lesen. Doch dann gleitet man unmerklich in einen seeeeehr langen Mittelteil, bei dem außer erzwungen-lustiger (also deshalb meistens eher unlustiger) Zwischenfälle mit Terror-Kleinkindern und jeder Menge Selbstmitleid nicht viel passiert. Charlotte präsentiert sich als wankelmütiges, leicht zu erschütterndes, ziemlich unfähiges Mädchen, das sein Hirn zwischenzeitlich bei der letzten Sauftour vergessen zu haben scheint. Das macht sie für mich leider ziemlich unsympathisch und brachte mich hart an den Leseabbruch. Die vielen, reichlich unglaubwürdigen und z.T. an den Haaren herbeigezogenen Zufälle machen es nicht besser, und teilweise sind Situationen auch einfach nicht nachvollziehbar. Kleine Logikfehler verderben noch zusätzlich den Spaß.
    Zum Schluss nimmt die Story zum Glück wieder an Fahrt auf, und endet sogar mit ein paar witzigen und überraschenden Auflösungen. Auch die setzen zwar bei den Beteiligten - ich sag mal, mittelschwere Aussetzer des Denkvermögens voraus, aber gut ...
    Alles in allem kein kompletter Schlag ins Wasser, aber auch weit entfernt von richtig guter Unterhaltung.
    'Pinguinwetter' ist lockerleichte Chicklit, die meine Geduld als Leser allerdings arg auf die Probe gestellt hat - mit einer überwiegend antriebslosen und unsympathischen Protagonistin, mit vielen, oft arg unglaubwürdigen Zufällen als Motor der Story, und mit Gags, die im Laufe der Geschichte immer weiter ins Klischee rutschen. Weil sie sich so oft wiederholen. Allein die vier- und fünfjährigen Terror-Kommandos, von denen Charlotte geradezu umzingelt scheint, und die alle zehn Seiten zerkaute Lebensmittelpaste in irgendwelche Polsterritzen einarbeiten... beim ersten Mal noch lustig, beim vierten Mal nur noch redundant.
    Ich würde sagen, als Zeitvertreib für einen verregneten Nachmittag mag das Buch schon funktionieren, aber wirklich weiterempfehlen würde ich es nicht - da gibt es viel besseres aus der Ecke.



    5 / 10 Punkten.

    Zitat

    Original von beisswenger
    was ist ein Weltbestseller? Dan Brown schreibt sie seit Jahren, immer wieder dieselbe "primitive" Schreibe verbunden mit einer ausrangierten Idee, die immer wieder neu variiert wird. So what! Willst du wirklich Literatur lesen, dann liest du ein Buch, mit dem der Autor genug verdient, um nicht Taxifahren zu müssen... oder einen Klassiker


    Keine Ahnung, was ein Weltbestseller ist - aber es steht vorne auf den Shades-of-Grey-Buchstapel-Plakaten drauf, es sei einer. Und zwar nicht nur irgendeiner, sondern DER. :grin


    Ich bin nun wahrlich kein Dan Brown Fan und Bestseller, auf denen draufsteht, dass sie welche wären (1000 Fliegen können nicht irren...), erfüllen mich grundsätzlich mit Mißtrauen. Sogar es wirklich welche sind. Aber ihn mit diesem Schmonzes zu vergleichen, da tust Du ihm bitteres Unrecht. Brown ist ein Profi, der sein Handwerk versteht. Diese Dame hier ein Twilight-Fanfiction-Hobbyschreiberling, die mehr Glück als Verstand hatte.

    Ich vermute, kein Mensch würde sich über schlechten Sprachstil oder uninspirierte Story aufregen, wenn es sich bei dem Buch um eine Neuerscheinung unter vielen handelte.
    Da es aber als DER Weltbestseller gehandelt wird, knüpft sich daran eine gewisse Erwartungshaltung. Und wenn dann eine laue Groschenheftchenmogelpackung aus den edlen, samtigen, hochgehypten Umschlagseiten herausfällt, stellt sich zwangsläufig Verärgerung ein.

    Zitat

    Original von Batcat
    hätte das nicht eigentlich in die Leserunde gehört? Du bist ja noch nicht fertig mit dem Buch... ;-)


    Ja hätte es ;-) - aber ich habe erst beim Posten gesehen, dass es eine LR gab, war eigentlich auf der Suche nach einem 'ich lese gerade'-Thread, nahm dann in Ermangelung desselben diesen hier und schrieb es nieder, weil ich so dringend das Bedürfnis hatte, mich auszutauschen :grin

    Ich habe mir das Buch auch wegen dem süßen Pinguin auf der Klappe gekauft, und am Anfang fand ich es auch ganz lustig, aber jetzt bin ich etwa in der Mitte und es wird immer zäher und unglaubwürdiger.
    Gehts hier noch jemandem so beim Lesen? Am Anfang fand ich die vom Leben überrumpelte Charlotte noch witzig, aber

    allmählich finde ich sie nur noch selten blöd :/
    Sie stellt sich an wie die Oberdumpfbacke (und da ist auch spontaner Jobverlust keine Ausrede mehr), stolpert fremdgesteuert und selbstmitleidig von einem Zufall in den nächsten und benimmt sich dabei, als sei ihr bei der Kündigung auch das Hirn gleich mit weggenommen worden. So kann ich langsam auch beim besten Willen nicht mehr nachvollziehen, was Eric überhaupt noch an ihr findet ...
    ... oder bin ich hier die einzige, die nicht warm wird mit dem Buch?


    Ich werde mal weiterlesen, in der Hoffnung, dass es sich nur um ein vorübergehendes Tief handelt ... aber weiß nicht, wie lange ich noch durchhalte.

    Zitat

    Original von newmoon
    Naja, das Buch hätte ja gut sein können. Trotz der kruden Thematik. Aber die Autorin kann eben nicht schreiben.


    Wohl wahr.


    Was mich an dem Ding nervt ist, dass die Verpackung (Coverdesign, Titel...) den Eindruck zu erwecken sucht, es handle sich um anspruchsvolle erotische Literatur á la Anais Nin. Im Kindle Shop wird es unter Belletristik>Gegenwartsliteratur gelistet, und nicht unter Erotikleseheftchen. Ich unterstelle mal, die Diskrepanz zwischen Inhalt und Verpackung ist ein Stück weit Marketing-Kalkül, denn dass dieser Text Entsetzen pur ist, dürfte auch dem deutschen Verlag nicht entgangen sein. Der Lektor bzw. Übersetzer hat sich vermutlich gekrümmt oder irre gelacht bei der Arbeit.
    Aber jeder prominente Verriss steigert den Marktwert, genauso wie eine positive Besprechung. Schließlich will alle Welt wissen, was denn in dem Skandalbüchlein drin steht, dass sich die Literaturfeuilletons sich drüber aufregen. Die gleiche Aufreger-Welle hat auch Feuchtgebiete in die Bestsellerlisten getragen.


    Was mich noch viel heftiger nervt, ist, dass etwas als 'neu und aufregend' gehypt wird, was thematisch weder neu noch besonders aufregend ist. Softpornos für's vornehmlich weibliche Publikum gibts schon ewig, sie liegen in der (Ver)schäm-Ecke von fast jedem Thalia gleich hinter den 'frechen Frauen' und gehen, seit es eBooks gibt, erst recht wie geschnitten Brot.
    Als Kunde bzw. Leser komme ich mir schlicht verarscht vor.
    Auch in diesem Segment gibts gute und schlechte Bücher. Dass nun ausgerechnet ein so offensichtlich amateurhaft und schlecht geschriebenes Pamphlet die Krone des Genre repräsentieren soll, weil es sich millionen- und abermillionenfach verkauft, finde ich geradezu tragisch. Das Thema ist nicht das Problem, ich sag mal, jedem Tierchen sein Pläsierchen. Die Ausführung ist es, die es so entsetzlich macht.
    Da könnte man glatt Kulturpessimist werden :grin

    Zitat

    Original von Eskalina
    Ich denke, es wird ähnlich wie bei den Biss-Büchern eine ganze Welle ähnlicher Bücher nach sich ziehen.


    Aber die gibts doch längst :grin
    z.B. hier: http://www.plaisirdamourbooks.de/


    ... auch wenn da die Cover etwas direkter Bezug auf den Inhalt nehmen :chen
    Hach, ich finde so Hypes immer wieder witzig, vor allem, wenn den Hype-Verkündern (grad hab ich eine höchst soziologisch-kulturwissenschaftliche Besprechung zum Buch auf Süddeutsche.de gelesen) komplett entgeht, dass das Thema seit zehn oder zwanzig Jahren schon präsent ist, nur eben in einer Nische.
    War aber beim Biss-Hype auch nicht anders...


    //Edit: Die Vorstellung allerdings, dass neuerdings 20% der Buchladenflächen für Mommy Porn reserviert werden, ist noch schlimmer, als wenn es sich um Biss-Klone handelt. Obwohl ... man weiß es nicht. Was jetzt schlimmer ist, meine ich.

    Inhalt (Klappentext):
    Für sein Land würde Leo Demidow alles tun. Für seine Familie würde er sterben. Die Suche nach dem, der sie zerstört hat, hält ihn am Leben.
    Und nur ein Mann kennt die Wahrheit: Agent 6


    Moskau 1950. Der schwarze amerikanische Sänger Jesse Austin besucht die Sowjetunion, um sein idealistisches Bild des Kommunismus zu überprüfen. Damit Austin nicht hinter die Kulissen des für ihn inszenierten Alltags schauen kann, wird ihm Geheimdienstoffizier Leo Demidow an die Seite gestellt. Doch trotz Leos Einsatz kommt es fast zum Eklat. Fünfzehn Jahre später reist Demidows Frau Raisa mit ihren beiden Töchtern nach New York, wo ein Konzert sowjetischer und amerikanischer Schüler für Entspannung im Kalten Krieg sorgen soll. Auch Jesse Austin wurde eine Rolle in dem Spektakel zugewiesen. Der Abend endet mit mehreren Toten, und nur ein Mann weiß, was wirklich geschah: Agent 6.
    Und eines Tages wird Leo ihn finden.



    Meine Meinung:
    Ich bin ein wenig gespalten, was dieses Buch angeht - weil es einerseits rasend spannende Passagen gibt und durch die extrem glaubwürdige Darstellung der Kalte-Krieg-Geheimdienste sich einem der Magen zusammenzieht vor Mitgefühl mit den Protagonisten. Andererseits verliert sich aufgrund der großen Zeitsprünge aber ab der Mitte ein wenig der rote Faden. Man verliert das Ziel aus den Augen, die Jagd auf den Mörder von Leo Demidows Frau. Das drückt m.E. das Leseerlebnis insbesondere im letzten Abschnitt etwas, wenn es darum geht, einen zu diesem Zeitpunkt 16 Jahre alten Mord aufzuklären.
    Ich habe erst im Nachhinein festgestellt, dass es bereits zwei Vorgänger zu diesem Buch mit dem gleichen Protagonisten gibt, habe 'Agent 6' also wie einen Einzelroman gelesen (was übrigens auch sehr gut funktioniert). Der Roman ist kein klassischer Krimi oder Thriller, sondern sehr eigenständig - gerade weil die Ideologien der 60er Jahre eine so starke Rolle spielen. Es geht weniger um vordergründige Action (die gibts natürlich auch), sondern vielmehr um das Innenleben der Figuren, um ihre Motivation und Triebkräfte und das Zerren zwischen persönlichem Wertesystem und ideologischer Zugehörigkeit. Das ist sehr faszinierend und macht auch einen Gutteil des Reizes bei diesem Buch aus.
    Die Gedankenwelt eines Leo Demidow, der als KGB-Agent anfänglich fest an die Richtigkeit seines Tuns glaubt, und die daraus erwachsenden Tragödien, die sich nur bis zu einem bestimmten Punkt rechtfertigen lassen, fesselt beim Lesen enorm. Das Gefühl der Ausgeliefertheit an ein Staatssystem, das auf unzählige Spione und eine aufgeblähte Geheimpolizei gründet, ist intensiv zu spüren und abgründig gut auf den Punkt gebracht.
    Dazu kommt, dass das Buch ausgesprochen gut und intelligent geschrieben ist. Irritierend fand ich zu Beginn, dass wörtliche Rede nicht als solche ausgezeichnet, sondern als Kursivstellung mit Anstrich am Anfang gekennzeichnet ist. Damit hatte ich als Leser bis fast zum Schluss das Gefühl, Gedanken statt Gesprochenes zu lesen. Das ist aber nicht dramatisch und man gewöhnt sich daran.
    Insgesamt würde ich die Lektüre durchaus weiterempfehlen, es ist ein lesenswerter Thriller mit viel Tiefe, exzellent recherchiert, dem auch gewisse Schwächen im zweiten Teil der Handlung keinen dramatischen Abbruch tun.



    7 von 10 Punkten.


    - Elena

    Zitat

    Original von vingela
    Das Ende war zu schnell und zu einfach erzählt, war mit reichlich Zuckerguss überzogen, aber wer die Ward kennt, weiß, dass sie zum Schluss gerne sehr süß garniert. ;-)


    Das ist so etwas, was ich bei ihr nicht begreifen kann.
    Ich meine, gerade die Fallen Angels Reihe ist sehr erwachsen, und die Bücher haben richtig Tiefe, aber zum Ende kommt's mir immer vor, als hätte sie schnell fertig werden müssen, oder die Seiten wären ihr ausgegangen, und dann macht sie es sich oft sehr leicht, die Verwicklungen lösen sich auf geradezu wundersame Weise auf und eventuelle Unstimmigkeiten werden mit dem Zuckerguß zugekleistert. Ich bin so begeistert von den Büchern, aber diese Enden setzen immer einen kleinen Dämpfer und ich denk mir 'Ach nöööö. Warum??'
    Aber sonst fand ich diesen Teil auch sehr gut :wave

    --Nachtrag--
    Jetzt hat es mich doch gepackt und ich habe auch den Rest der Seiten noch quergelesen; deshalb noch eine Anmerkung:


    Eines der größten Probleme bei diesem Buch scheint mir zu sein, dass die Verpackung was anderes verspricht, als was eigentlich drin ist. Anhand des Klappentexts und der sehr genretypischen Covergestaltung vermutet man einen Auswanderer-Roman, also Historie vor exotischen Schauplätzen mit einer Liebesgeschichte.
    Was man allerdings bekommt, ist eine esoterisch angehauchte Zeittausch-Geschichte (ich weiß nicht, wie ich es besser bezeichnen soll): Vor allem im zweiten Teil des Romans spielen nämlich große Teile der Handlung in der Gegenwart, mit einem Pärchen, bei dem die Frau auf mystische Weise in einer Art Traumwelt mit Elisa in den 1890er Jahren auf Hawaii kommuniziert. Es scheint der Autorin außerdem ein Anliegen zu sein, die politischen Geschehnisse der damaligen Zeit, insbesondere frauenrechtliche Bemühungen der zu dieser Zeit unter Repressalien leidenden Königin, in den Fokus zu stellen. Im Ergebnis erhält man einen immer noch seichten Mix aus Esoterik und mystischer Kanaka-Naturheilkunde, jede Menge Händchenhalten zwischen der schönen Weißen und dem überraschend-intellektuellen Eingeborenen, etwas Feminismus und ein paar Happen über die schöne Landschaft Hawaiis und die Riten der Einheimischen.
    Sicher gibt es Leser, die das mögen, aber wer das Buch gekauft hat, um eine gut gemachte historische Saga zu lesen, wird irregeführt.

    Hi Jenks,
    naja, es ist ein 'Augen zu und durch' - Buch ;-) ... und jetzt nicht total schrecklich, nur eben stinkt es gegen die anderen Bände mächtig ab, weil Harry so massiv zum Beobachter degradiert wird.
    Auf der Positivseite ist zu vermerken, dass man ein paar neue Infos über seine Vergangenheit kriegt ... und die Auflösung am Ende ist tatsächlich sogar spektakulär, die macht einiges vom Ärgernis unterwegs wieder gut.
    Also, es ist nicht alles verloren :grin

    Mich konnte dieses Buch leider überhaupt nicht begeistern. Ich habe es mir gekauft, weil das Cover sehr schön ist, aber der Inhalt kann da leider nicht mithalten...



    Schon bei ihrer Ankunft an der Küste der Hawaii-Insel Kauai kann die junge Elisa aus Hamburg ihren Blick nicht von dem gutaussehenden Hawaiianer Kelii wenden, obwohl sie doch bald einen wohlhabenden und standesgemäßen Ehemann unter den lokalen Zuckerplantagenbesitzern finden soll. Nach dem Tod ihres Vaters hat sie dieses Reise mit ihrer kränklichen Mutter angetreten, um auf der Plantage zu leben, die zur Hälfte ihnen gehört, bei ihrem Onkel und ihrer Tante. Doch noch bevor sie einen Fuß auf das Land setzt, wird sie von einem großen Hai angefallen, der ihr das Bein zerfetzt, und überlebt nur dank Kelii und seines Vaters mit einer großen Narbe.
    So beginnt 'Das Tal der Tausend Nebel', das den Leser ins Hawaii des Jahres 1850 entführen soll, und in dem die europäische Kolonialherrensicht auf die sinnenprächtigen Riten und Gebräuche der hawaiianischen Bevölkerung trifft. Ich sage 'soll', denn in ein fernes Land und eine andere Zeit entführt habe ich mich selbst nach der Hälfte der Lektüre noch nicht. Das liegt vor allem daran, dass dieses Buch so flach und klischeehaft beschrieben ist, dass es fast die Intelligenz des Lesers beleidigt.
    Elisa soll wohl als unabhängige junge Frau daherkommen, die sich - anders als ihre Geschlechtsgenossinnen, nicht für Mädchendinge interessiert, sondern es vorzieht zu zeichnen, sich für die den Männern vorbehaltenen Geschäfte zu interessieren, dabei klüger zu sein als jeder Mann und auch sonst jegliche (vor allem modische) Konventionen zu brechen.
    Das Problem ist, dass sie wirkt, als habe sie sich aus Versehen ins 19. Jahrhundert verlaufen, wenn sie nicht gerade wie Heidi auf der Alm durchs Gras hüpft. Weder die Sprache passt, noch die kulturellen Hintergründe und Ansichten. Obwohl die Gebräuche der Einheimischen interessant dargestellt sind und es ein paar schöne Naturbeschreibungen gibt, fehlt mir doch gänzlich das Flair der vergangenen Zeit. Selbst für Historie 'light' ist die Stimmung exorbitant schlecht eingefangen. Wenn Elisa so klug wäre, wie die Autorin behauptet, würde sie wohl die gesellschaftlichen Konventionen zu ihren Gunsten zu biegen wissen, oder - wenn sie denn kämpferisch ist, wenigstens mit Schmackes dagegen angehen. Sie aber jammert vor allem und tut nicht viel. Als Person wirkt sie unglaubwürdig, und das macht sie schnell uninteressant.
    Darüber finde ich das Buch nicht besonders gut geschrieben, die Sprache ist einfach und ohne Eleganz (die ich mir wiederum für einen solchen Roman wünschen würde), oft sogar plump und immer ohne Flair. Die Klischees springen einen leider an jeder Ecke an. Der edle Wilde, die stolze unabhängige und edelmütige Schöne, das unterdrückerische weiße Mannsvolk, die sittenstrengen älteren Frauen der Familie ... hier ist alles schwarzweiß, und zwar so sehr, dass man nicht weiß, ob man lachen oder weinen soll.
    Das einzig Gute am Buch scheint mir also das Coverbild zu sein, das ist wirklich gelungen und passt zu Hawaii.


    Ich muss zugeben, ich habe das Buch nicht bis zu Ende gelesen, falls es also im letzten Drittel eine fundamentale Wendung hinlegt, die ich hier nicht berücksichtige, so bitte ich um Vergebung. Ich bin aber der Meinung, dass ein Roman einen schon auf den ersten 50 Seiten in den Bann schlagen sollte und nicht erst ganz hinten.


    Also, wer gern in Sehnsuchtsgeschichten an exotischen Orten in fernen Zeiten versinkt, läßt wohl besser die Finger von diesem Buch. Es gibt so viele schönere und bezauberndere Bücher aus dem Genre, an die die Zeit nicht so verschwendet ist wie an dieses hier.

    Inhalt:
    Nachdem Chicagos Meistermagier Harry Dresden am Ende des Vorgänger-Bandes (Changes) erschossen wurde, findet er sich zu Beginn von 'Ghost Story' als Geist wieder. Aus einer seltsamen Zwischenwelt wird er zurückgeschickt nach Chicago, um seinen eigenen Mörder zu finden und um zu verhindern, dass dreien seiner Freunde ein schlimmes Leid geschieht.
    Dort angekommen, stellt er zunächst einmal fest, dass er als Geist sich weder in der Geisterwelt auskennt, noch in der realen Welt irgendetwas ausrichten kann. Denn er kann nichts berühren, seine Magie funktioniert nicht, und hören oder gar sehen können ihn nur die wenigsten Menschen. Zugleich aber wird er damit konfrontiert, dass in Chicago nun Chaos herrscht: Nachdem der Rote Hof der Vampire von ihm persönlich im Feldzug um die Sicherheit seiner Tochter ausgelöscht wurde, hat sich eine neue, noch schlimmere Bedrohung in dem entstehenden Machtvakuum eingenistet: Die Fomor.
    Chicago ist zum paranormalen Kriegsschauplatz geworden. Wütende Geister terrorisieren die Stadt, angeführt von alten Feinden Harrys, die dieser einst vom Leben in den Tod beförderte. Seine alte Polizeifreundin Murphy führt nun in Selbstjustiz Krieg gegen übernatürliche Widerlinge, und sein Lehrling Molly, die von der Schlacht gegen den Roten Vampirhof schwere psychische Traumata davongetragen hat, versucht mehr schlecht als recht, Harrys Erbe aufrechtzuhalten und in seinem Namen Schrecken zu verbreiten.
    Und Harry läuft entgültig die Zeit davon, als auch noch der einzige Mann entführt, der ihm helfen könnte, der kleine Geisterbeschwörer Mort...


    Meine Meinung:
    'Ghost Story' bricht mit den bisherigen Traditionen der Serie - es ist ein Experiment. Für den Mut gebührt dem Autor Respekt. Die Frage ist allerdings, ob dieses Experiment funktioniert, und ich muss sie für mich eher mit 'Nein' beantworten.
    Zu Beginn des Buches wabert Harry hilflos und weitgehend unbemerkt in der Luft herum, zurückgesetzt auf Null, ein blutiger Anfänger, der weder weiß, was er tun soll, noch mit seinen Anstrengungen auch nur irgendetwas ausrichtet. Denn in der Geisterwelt ist er ein blutiger Anfänger, und auf die reale Welt kann er so gut wie keinen Einfluss nehmen. Das degradiert ihn für den größten Teil der Handlung zu einem Beobachter, der nach Schatten schlägt und lakonisch kommentiert.
    Es ist schwierig für mich als Leser, dass sich dieser Zustand bis fast zum Ende des Buches nicht ändert. Harrys erzwungene Passivität fängt irgendwann an, fürchterlich zu nerven. Man liest Action und Ereignisse, die stets anderen widerfahren, obwohl man doch den Magier selbst in der Hitze des Gefechts sehen möchte. Die Szenen dazwischen sind angefüllt mit Rückblenden in die Jugend des Magiers, in seine Zeit bei Justin Du Mourne, was für ein paar Seiten unterhaltsam ist, doch nichts am großen Problem dieses Buches ändert: Es gibt keinen echten Protagonisten! Der Held beobachtet nur und fliegt ein bisschen in der Gegend herum, und andere schlagen seine Schlachten (die sich dabei nicht einmal besonders clever anstellen). Er sinniert und hadert mit sich selbst und schwelgt in vergangenen Erinnerungen, aber nie kommt wirklich Spannung auf. Und selbst der Humor, der typisch für diese Serie ist, erscheint hier irgendwie gedämpft, nicht ganz auf der Höhe. Harry wird zum Maulhelden, statt aktiv ins Geschehen einzugreifen.
    Ganz ehrlich, ich habe nach zwei Dritteln bis zum Schluss weitergeblättert (was ich noch NIE bei einem Harry Dresden Buch getan habe, um mir die Spannung nicht zu verderben), weil ich wissen wollte, ob er wenigstens am Ende wieder der alte wird, in Fleisch und Blut neu ersteht.
    Wäre ich nicht ein eingefleischter Fan, ich hätte 'Ghost Story' nach der Hälfte der Lektüre abgebrochen.
    So muss ich leider sagen, dieses Experiment war keine Ruhmesstunde des Autors, und ich warte einfach sehnsüchtig auf den nächsten Band, der hoffentlich zu alten Tugenden zurückfindet.


    Wer die anderen Bände gelesen hat, wird wahrscheinlich nicht umhin kommen, auch diesen zu lesen - und sei es nur, um nicht den Faden zu verlieren, wenn es danach weitergeht.
    Wer Harry Dresden noch nicht kennt, aber damit liebäugelt, einen Blick zu riskieren, sollte auf gar keinen Fall zu diesem Buch greifen, denn neben der Tatsache, dass es in seinem Unterhaltungswert gegenüber allen anderen Bänden der Serie massiv abfällt, ist es wahrscheinlich komplett unverständlich, wenn man nicht die anderen Bücher gelesen hat.


    Sorry Harry, Du hattest auch schon bessere Tage.
    See you soon back in better shape ;)


    Edit: Ich habe den deutschen Titel und die dazugehörige ISBN eingetragen, damit die Ausgabe auch über das Verzeichnis zu finden ist. LG JaneDoe