Beiträge von elwe

    Inhalt (Klappentext):
    Meisterdieb Michael St. Pierre wollte sein Handwerk nie wieder ausüben. Doch eine perfide Erpressung zwingt ihn dazu, sein Versprechen zu brechen. Er und seine Exfreundin KC Ryan sollen ein Tagebuch stehlen, dessen Inhalt eines der größten Geheimnisse der Geschichte birgt. Versagt einer von ihnen, muss der andere sterben. Der Weg führt Michael St. Pierre in die Unterwelt der chinesischen Triaden und zu einem Gegner, der alles daran setzt, Michaels Plan zu sabotieren ...



    Meine Meinung:
    'Die Legende der Dunkelheit' ist das erste Buch des Autors, das ich gelesen habe - ein Thriller um den Meisterdieb Michael St. Pierre, der schon in drei vorhergehenden Romanen Karriere gemacht hat.
    Michael, ein begnadeter Dieb, der mit seiner kriminellen Karriere abgeschlossen und ein erfolgreiches Sicherheitunternehmen aufgebaut hat, wird von seinem Freund Simon, einem Vatikanpriester der besonderen Art, um einen letzten Diebstahl gebeten: Er soll in einer Villa an der italienischen Küste ein geheimnisvolles chinesisches Lackkästchen entwenden, doch bei seinem Einbruch wird er Zeuge einer blutigen Auseinandersetzung. Offenbar sind noch eine Reihe anderer, wenig zimperlicher Parteien an dem Kleinod interessiert. Wenig später werden sowohl er als auch seine Freundin KC unter Druck gesetzt, zwei alte chinesische Artefakte zu stehlen, an denen das Überleben tausender Menschen hängen soll. Auftraggeber ist eine dubiose Geheimorganisation der US-Regierung. Von da an jagt eine Actionszene die nächste, Michael an einem Schauplatz und KC am anderen hetzen durch schillernde Spannungssequenzen, es zeigt sich nach und nach, dass mindestens doppelt so viele Player involviert sind, wie zuerst gedacht, von denen jeder einzelne jeden anderen aufs Kreuz legen will - und dabei fließt jede Menge Blut. Ganz nebenbei gilt es auch noch das Geheimnis der Artefakte zu lösen, was mit einem Exkurs in chinesischer Historie verbunden ist.


    'Die Legende der Dunkelheit' ist Hollywood-Popcorn-Action-Kino in Buchform. Wer tiefgründige Charakterzeichnungen, psychologische Kunstfertigkeit oder sonst eine tiefere Ebene sucht, wird enttäuscht sein. Die gibt's hier nicht, dafür aber knallbunte Action mit allerlei technischen Gadgets, wilde Verfolgungsjagden durch die Verbotene Stadt und andere spannende Örtlichkeiten, Explosionen und Schießereien und Handgemenge, chinesische Triaden und Autorennen auf Leben und Tod, ausgefeilte Hochsicherheits-Casino-Tresor-Einbrüche, Verrat und Gegenverrat und Gegengegenverrat. Vor allem zum Ende hin wird das gelegentlich ein wenig zuviel des Guten, um noch glaubwürdig zu sein, ganz zu schweigen von einer gewissen Verwirrung, die durch zig verschiedene Erzählperspektiven entsteht, die auch noch öfters mal mitten im Absatz wechseln. Mir persönlich war es zu dick aufgetragen - das gibt Abzug in der B-Note.


    Andererseits ist der Unterhaltungswert durchaus gegeben, wenn man weiß, was einen erwartet und auf diese Art von fröhlichen A-Team-Thrillern steht. Die Bösen haben eine tiefschwarze Seele und kriegen, was sie verdienen, die Guten haben meist einen flotten Spruch auf den Lippen und das Herz immer am richtigen Fleck. 'Die Legende der Dunkelheit' ist James-Bond-Sommerkino mit Spaßgarantie, wenn man auf Meisterdieb-Geschichten steht.
    Ich hatte aufgrund der Aufmachung einen etwas anspruchsvolleren Thriller erwartet und war deshalb etwas enttäuscht, aber das lag eher an der falschen Erwartungshaltung. Leute, die z.B. auf Clive Cussler stehen, werden das Buch bestimmt sehr mögen.



    (wacklige) 7 von 10 Eulenpunkten

    Das war ein absolut tolles Buch, das ich jedem empfehlen werde, der nicht bei drei auf den Bäumen ist.
    Elbereth - der Vergleich mit 'Otherland' hat sich mir auch aufgedrängt, und ja, vom Grundaufbau her ist es irgendwie vergleichbar. Allerdings viel kompakter als die gewaltige Otherland-Tetralogie, lange nicht so detailliert, was die virtuellen Welten angeht und auch nicht ganz so philosophisch. Dafür deutlich schneller, dynamischer und leichter wegzulesen.



    Hier meine Meinung:
    Ready Player One ist zunächst einmal das, was viele Dystopien (vor allem im Jugendbuchbereich) zu sein versuchen, aber einfach nicht schaffen: Eine beklemmend glaubhafte und dadurch faszinierende Vision einer düsteren Zukunftswelt. Sodann ist es ein großartiges Stück Popkultur und eine wunderbare Reminiszenz an die Film-, Musik- und Spieleikonen der Achtziger und frühen Neunziger. Und schließlich ein absolut spannender Rollercoaster-Ride, eine berührende Geschichte, ein Stück nervenzerfetzender Detektivarbeit - und einfach alles, was ein richtig guter Roman sein sollte. Die beste Unterhaltung, die man sich vorstellen kann.
    Das Buch spielt in einer gar nicht fernen Zukunft, deren junge Generation in eine weltweite Energiekrise hineingeboren wurde. Die Regierungen sind schwach, Armut und Obdachlosigkeit weit verbreitet, zentrale Energieversorgung eine schwache Erinnerung aus vergangenen Jahrzehnten. Strom gewinnt man nun nur noch aus Sonnenkollektoren, der reicht natürlich vorn und hinten nicht, Reisen können sich nur noch sehr reiche Menschen leisten. Die Großstädte mit zuverlässigen Knotenpunkten ins Internet sind überfüllt, denn der größte Teil der Menschheit flüchtet sich vor dem allgegenwärtigen Elend in eine gigantische virtuelle Realität - OASIS. Die OASIS erlaubt dank Videobrille und haptischen Eingabegeräten, vom Handschuh bis zum Ganzkörperanzug, das vollständige Eintauchen in eine bessere Welt und besteht aus unzähligen, zehntausenden Planeten, ist durch stetige Erweiterung und Integration anderer Systeme zu einem Mix aus Lebens- und Lernwelt, Entertainmentkonsole und Multiplayer-Spielsimulation geworden. Da Reisen in andere Welten im echten Leben unerschwinglich ist, flüchtet man in der Virtualität an die romantischen Plätze der Erde. Der Grundzugang zur OASIS ist kostenfrei, deshalb können auch Leute wie Wade daran teilnehmen, ein neunzehnjähriger Junge, der bei seiner ungeliebten Tante in einem heruntergekommenen Trailerpark lebt und seine Computerausrüstung vor den Liebhabern der Tante verstecken muss, damit die ihn nicht beklauen. Wade geht in der OASIS zur Highschool, wie inzwischen Millionen anderer Kids auch. In seiner Freizeit ist er mit seinem Avatar Parzival ein sogenannter Jäger, d.h. er sucht nach dem ultimativen Rätsel des mittlerweile verstorbenen Schöpfers der OASIS, Hallidays Ei. Wer es anhand kryptischer Hinweise findet, erbt Hallidays gesamtes Milliardenvermögen und kontrolliert damit auch die Firma, die OASIS betreibt.
    Wade verbringt all seine Zeit damit, sich mit Hallidays Leben, Interessen, Lieblingsserien, Musik und Automatenspielen jener Zeit vertraut zu machen, denn irgendwo da drin befindet sie die Lösung des Rätsels. Doch er kommt für fünf Jahre ebenso wenig weiter wie alle anderen Jäger und auch die Firma 101, ein gigantischer Telekommunikationskonzern, der im Buch die raffgierigen und gnadenlosen Interessen einer rein profitorientierten Großindustrie verkörpert, ohne Rücksicht auf Verluste. 101 beschäftigt eine riesige Abteilung mit tausenden von Jägern, den sogenannten Sechsern, die ebenfalls nach dem Ei suchen. Als Wade halb zufällig den ersten von drei Schlüsseln entdeckt, die die Tore zum Ei öffnen, ändert das sein Leben schlagartig. Sein Name erscheint oben auf dem bis dato leeren Scoreboard, das mit Beginn des Wettbewerbs online ging und macht ihn plötzlich berühmt. Doch damit gerät er auch ins Fadenkreuz von 101, die nicht nur wissen wollen, wie er den Schlüssel gefunden hat, sondern ihn auch als unliebsame Konkurrenz ausschalten wollen - und Wade deutlich machen, dass Anonymität in der OASIS nur relativ ist...
    Ab hier beginnt ein äußerst fesselndes Katz-und-Maus-Spiel, eine wilde Jagd online und offline - und eine bunte Reise durch die Popkultur-Ikonen der Achtziger und Neunziger, die die Kulisse für Wades Abenteuer stellen.
    'Ready Player One' ist großartige Unterhaltung und ist zugleich auch sehr klug geschrieben. Man fiebert intensiv mit den Figuren mit, die in ihren Sorgen und Nöten ungemein authentisch rüberkommen. Man liebt die Helden und hasst die Bösewichter mit echter Leidenschaft. Neben allem Abenteuer gibt es auch eine subtile Ebene, in der es um Freundschaft geht, um Ehrgeiz und Leidenschaft und ganz menschliche Dinge und ganz allgemein um die Frage, was im Leben wichtig ist.
    Ein echtes Juwel von einem Buch und wirklich höchst empfehlenswert.

    Das Buch war ein Zufalls-Mitnahmefund im Laden, weil mir die ersten zwei Seiten so gut gefallen haben.
    Und was soll ich sagen? Ich war begeistert. Lange nicht mehr so viel Glück beim Spontankauf gehabt!


    Hier meine Rezension:
    Falcio, der ICH-Erzähler in BLUTRECHT, ist ein Greatcoat, Erster der reisenden Gesetzeshüter in einem Reich, das nach dem Mord am König wieder der Willkür und Grausamkeit seiner Herzöge anheim gefallen ist und in dem die Greatcoats mit ihrem Sinn für Gerechtigkeit nur wenig mehr als Ausgestoßene sind.
    Gemeinsam mit zwei Freunden - Kest, einem Meister der Klinge und Brasti, einem herausragenden Bogenschützen, streift er durch's Land, um den letzten, mysteriösen Wunsch seines Königs zu erfüllen. Er soll etwas finden, von dem er weder weiß, was es ist, noch wo es versteckt sein könnte und woran er die vage Hoffnung knüpft, das es helfen könnte, den alten Traum eines gerechten Landes doch noch zu erfüllen.
    Doch die Realität hat mit hochtrabenden Träumen wenig zu tun, denn erst einmal geht es ums nackte Überleben. Ein hochrangiger Händler, der die drei Greatcoats zu seinem Schutz angeheuert hat, wird ermordet, sein Tod ihnen angehängt. Fortan sind sie auf der Flucht und geraten vom Regen in die Traufe, als sie sich als Karawanenwächter verdingen und auf diese Weise in ein Herzogtum geraten, dessen Herrscher sich in einer alljährlichen 'Blutwoche' seiner Gegner entledigt.
    Falcio gerät mehr als einmal in heftige Konflikte zwischen Ideal und Vernunft und findet sich bald im Herzen einer Intrige, bei der auch auf den dritten Blick nichts ist, wie es scheint.


    Im Nachwort schreibt der Autor, dass er herausfinden wollte, was passiert, wenn man die Helden seiner Kindheit - Meisterkämpfer edlen Herzens, die ihre Schwerter für's Gute ziehen - in eine durch und durch boshafte, zynische und dunkle Welt setzen würde, in der Ehre und Ideal nur so viel wert sind wie der nächste Vorteil, den man daraus schlagen kann.
    Das Ergebnis ist fantastisch gut geschriebene Fantasy mit vielschichtigen Figuren, überraschenden Wendungen, einer sehr glaubwürdigen Welt, einer Menge Stoff zum Nachdenken und nicht zuletzt einem feinen schwarzen Humor, der genau die richtige Balance erhält, um zuviel Pathos entgegenzuwirken.
    BLUTRECHT liest sich vor allem frisch und lebendig, die Handlung ist wahnsinnig fesselnd, sehr kurzweilig, emotional aufwühlend und ganz allgemein geeignet, eine Nacht durchzuschmökern, weil man unbedingt wissen muss, wie es weitergeht.
    Tatsächlich ist es ein echtes Highlight im Fantasy-Regal, ein funkelnder kleiner Edelstein. Jeder, der beispielsweise Brent Weeks mag, wird auch dieses Buch lieben. Man sollte es sich auf gar keinen Fall entgehen lassen, denn in der drögen Landschaft der langweiligen Tolkien-Möchtegern-Kopien ist das mal wieder ein ganz großer Glücksgriff. Also unbedingt lesen - und wenn man am Ende vollständig der Sucht erlegen ist, kann man erfreut feststellen, dass ein Nachfolge-Band schon angekündigt ist, der kommt nämlich im Oktober.

    Yuros und Antiopia - zwei Kontinente, dazwischen ein Ozean. Yuros wird vom Rondelmarischen Kaiserreich mit seinen übermächtigen Armeen dominiert, die herrschende Clique hat um ihre Verfügungsgewalt über Magie (die sie 'Gnosis' nennen) eine Religion erschaffen. Antiopia, der exotische Widerpart, ist die Heimat vieler, uneiniger Königreiche und zweier miteinander verfehdeter Religionen, in deren Namen eine Menge Blut vergossen wird.
    Der Ozean kann nur mit magischen Windschiffen überquert werden kann, oder über eine gewaltige Brücke, die alle zwölf Jahre für zwei Jahre aus den Fluten auftaucht. Die nächste Mondflut, die die Brücke freigeben wird, ist nur noch wenige Wochen entfernt. Legionen des Rondelmarischen Kaiserreichs stehen bereit, Antiopia mit Krieg zu überziehen, sobald die Brücke begehbar ist.
    Von hier aus entwickeln sich verschiedene Handlungsstränge, die zunächst noch nicht viel miteinander zu tun haben, aber auf die eine oder andere Weise alle mit dem großen Ganzen verwoben sind:
    Da ist Ramita, eine Händlertochter, die an den mächtigsten Magier ihrer Zeit verheiratet wird, der mit ihr Kinder zu zeugen hofft, die der Welt irgendwie den Frieden zurückgeben sollen. Ramitas Geliebter Kazim wird unter dem Eindruck seines Liebeskummers von einer Sekte fanatischer Gotteskrieger angeworben, die Ramitas Ehemann tot sehen wollen - und lässt sich zum willigen Werkzeug ausbilden.
    Dann haben wir den jungen Alaron, der mit seiner Abschlussarbeit der Wahrheit über eine gigantische Verschwörung um das heiligste Artefakt des Rondelmarischen Magierklerus erschreckend nahe kam und darauf seinen Titel nicht erhält - aber der Spur unbedingt weiter nachgehen will.
    Schließlich Elena, einst Spionin in rondelmarischen Diensten, nun der jungen Königin Cera auf Antiopia aus Liebe und Loyalität ergeben. Ceras Reich ist ein Schlüssel beim Versuch, rondelmarische Vorherrschaft auf dem Kontinent zu zementieren, und Elena hat Ceras Leben um einen hohen Preis vor den Angriffen ihres früheren Meisters Gurion retten können. Doch die Bedrohung ist noch lange nicht abgewendet - im Gegenteil. Und Gurion bereitet seinen Gegenschlag an gänzlich unerwarteter Stelle vor.
    'Am Ende des Friedens' - der zweite Band der deutschen Übersetzung - ist eigentlich die zweite Hälfte des ersten Bands im englischen Original, das vermutlich aus Gründen des Umfangs geteilt worden ist. Das merkt man deutlich, denn wo der erste Band seine Zeit brauchte, um so etwas wie Spannung aufzubauen, ist dieser zweite Teil fast von Anfang an packend und lädt zum Mitfiebern ein. Die Dinge geraten schnell und gnadenlos in Bewegung, es folgt eine Wendung auf die nächste, viele unerwartet. Die Figuren gewinnen an Profil und Tiefe und damit auch an Sympathie. Man nimmt tatsächlich Anteil an ihrem Schicksal, und da der Autor sie nicht schont, überschlagen sich die Ereignisse umso dramatischer.
    Ich gebe zu, nach dem ersten deutschen Band war ich unschlüssig, in welche Richtung dieses Epos sich entwickelt. Nach diesem zweiten Teil bin ich nun sehr positiv überrascht und meine, dass das hier auf jeden Fall große, lesenswerte, sehr epische Fantasy ist - die gelungene Verknüpfung mehrerer Einzelschicksale mit einem großen, weltumspannenden Konflikt. Es gibt derzeit eine Menge Bücher, die von sich behaupten, sie seien 'für Fans von Game of Thrones' - dieser Auftakt hier könnte es tatsächlich schaffen, eine ähnlich epische und vielschichtige Geschichte zu erzählen. Einziger Wermutstropfen ist für mich der Weltentwurf: Die Anlehnung an unsere real existierende Welt, jedoch in Fantasy-Namen gekleidet, mutet mitunter bemüht und ein bisschen bizarr an. Es ist recht offensichtlich, dass Kultur und Religion des Rondelmarischen Kaiserreichs und des ganzen Kontinents Yuros einem mittelalterlichen Europa unter Einfluss des Christentums und mit großer Lust auf Kreuzzüge ins heilige Land entsprechen, und dass Antiopia nach dem Vorbild Asien modelliert ist. Die beiden großen Religionen entsprechen bis hin zu priesterlichen Riten und dem Aussehen (bzw. Nicht-Aussehen) ihrer Götter dem Hinduismus (mit seinem Zentrum in einem Land, das Indien entspricht) und dem Islam - bei dem auch eine fanatische Sekte religiös getriebener Gotteskrieger nicht fehlen darf. Dazu wird man mit einer Vielzahl von Namen bombardiert, bei denen man auch nach 800 Seiten noch nicht sicher ist, auf welchem Kontinent oder in welcher Religion oder wo auch immer sie eigentlich hingehören.
    In dem Moment allerdings, in dem man sich als Leser den Schicksalen der Protagonisten nähert, in denen es um menschliche Intrigen und Sehnsüchte und Unsicherheiten geht, da findet dieses Buch zu wirklicher Größe. Da stören auch die vielen albernen Bezeichnungen nicht mehr, denn die Charaktere und ihre Verwicklungen wissen so sehr zu fesseln, dass man alles andere vergibt.
    Aus diesem Grund bekommt das Buch - zusammen mit Band 1 - auch eine klare Leseempfehlung und volle Wertung. Denn hier erwartet einen wieder einmal richtig epische, gut durchdachte, emotional packende Fantasy, bei der man sich die Nägel vor Spannung auf den nächsten Band abknabbern möchte. Ich rate zu zwei Dingen: Erstens, unbedingt den ersten Band vorher lesen - und dann unmittelbar mit diesem hier weiterzumachen, denn die Story geht nahtlos weiter. Und zweitens, habt Geduld. Vor allem beim ersten Band. Die ersten zweihundert Seiten oder so sind zäh, die Namen verwirrend, die Figuren erscheinen einem zunächst fremd. Aber das ist es wert, in diesem zweiten Band wird man belohnt.
    Ach ja, die Cliffhanger am Ende sind tödlich ;)

    Ich wollte 'Kind 44' schon ewig lesen - aufmerksam geworden bin ich auf den Autor eigentlich durch 'Kolyma', was der Nachfolgeroman zu Kind 44 ist; danach habe ich dann den dritten Band gelesen - und jetzt endlich den ersten.
    Wobei ich rückblickend sagen muss, dass das kein Problem ist, da die Romane in sich geschlossen sind und in unterschiedlichen Lebensabschnitten des Protagonisten spielen.



    'Kind 44' hat mir nicht nur sehr gut gefallen, sondern mich wirklich berührt - hier nun meine Rezension dazu:


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    'Kind 44' spielt im stalinistischen Russland ein paar Jahre nach Ende des 2. Weltkriegs, in einer von ständigem Mangel und unsäglicher Armut durchsetzten Gesellschaft, die in stetiger Angst vor dem allmächtigen Staat und seiner Geheimpolizei lebt.
    Leo, der charismatische Protagonist aus 'Kind 44' ist ein sowjetischer Kriegsheld und Offizier des MGB, der Geheimpolizei. Er lebt das Leben eines vorbildlichen Sowjetbürgers, der alles richtig gemacht hat. Er sieht gut aus, ist mit einer schönen und intelligenten Frau verheiratet, die von Beruf Grundschullehrerin ist, seine Position erlaubt es ihm, seine Eltern in einer Wohnung unterzubringen, die sie nicht mit drei anderen Familien teilen muss.
    Leos Job besteht im Aufspüren und Verhaften von Gegnern des Systems, und er ist Idealist. Er tut seine Arbeit aus Überzeugung. Er glaubt, dass der MGB durch Angst und Einschüchterung die Grundlagen für eine bessere Gesellschaft legt. Er glaubt daran, dass das System meistens unfehlbar ist, dass es keinen Zweifel daran geben darf und dass deshalb jeder, auf den der Schatten eines Verdachts fällt, auch schuldig sein muss. Er lebt als Privilegierter unter Menschen, die schon am nächsten Tag verhaftet und mit einem Zwangsgeständnis zu 25 Jahre Gulag verurteilt werden können - nur weil ein verzweifelter Nachbar, denunziert vielleicht von einem missgünstigen Kollegen, unter der Folter Namen von Mitverschwörern nennen sollte.
    Echte Ermittlungsarbeit ist nicht gefragt, denn die Sowjet-Ideologie Stalins besagt, dass es im Ideal des Kommunismus keine Verbrechen mehr gibt, da die Menschen ja nun alle glücklich und in Lohn und Brot seien. Aus diesem Grund werden Morde als Unfälle deklariert oder bekannten Unruhestiftern oder Geisteskranken in die Schuhe geschoben, da diese als 'Abnormale' das ideologische Konstrukt nicht bedrohen.
    Leo gerät jedoch selbst ins Schleudern, als er damit beauftragt wird, einen Kollegen beim MGB zu beruhigen, der behauptet, sein kleiner Sohn sei ermordet worden. Der Junge wurde nackt mit dem Mund voller Rinde und schweren Verletzungen auf den Bahngleisen gefunden, doch die Ideologie schreibt vor, dass es ein Unfall gewesen sein muss.
    Leo hegt Zweifel an der offiziellen Version, und sein Untergebener Wassili, der ihn zu Sturz bringen will, um selbst aufzusteigen, nutzt die, um ihn in Misskredit zu bringen...
    Als Leo sich plötzlich auf der anderen Seite wieder findet, beginnt er die Staatsdoktrin und sein eigenes Tun zu hinterfragen, und das Bedürfnis, als Sühne für Gerechtigkeit zu sorgen, wird stärker als sein Überlebenstrieb.


    'Kind 44' ist ein ganz außergewöhnliches Buch, das nicht nur die Härten und Entbehrungen des stalinistischen Russland schmerzlich intensiv zum Leben zu erwecken weiß, sondern auch tief in die menschliche Seele schaut.
    Die Mordermittlungen und das Katz-und-Maus-Spiel zwischen Leo und seinen Feinden sind rasend spannend, aber viel faszinierender sind die moralischen Abgründe, die Entscheidungen, die die Menschen in diesem Buch treffen und die Gründe dafür. Sogar die, die man hassen will, kann man verstehen. 'Kind 44' ist nicht von klischeehaften Hochglanz-Figuren bevölkert, sondern von echten Charakteren, von Menschen, die ein hartes Los mit mehr oder weniger innerer Stärke aushalten, und die manchmal Dinge tun, die abscheulich sind, und dann wieder Dinge, die wahre Größe erfordern.
    Dieses Buch ist einer der besten und tiefgründigsten Romane, die ich in den letzten Jahren gelesen habe. Es unterhält nicht nur perfekt, sondern regt auch zum Nachdenken an und hallt noch lange nach.


    Empfehlung - nicht nur für Krimi-Fans - und zehn Eulenpunkte.

    Inhalt (nach Amazon):
    The game is afoot! London's geniuses are being picked off by a vicious killer, and Emma Bannon, a sorceress in the service of the Empire, must protect the next target, Archibald Clare. Unfortunately he's more interested in solving the mystery of the murders than staying alive ...In a world where illogical magic has turned the Industrial Revolution on its head, Bannon and Clare will face dark sorcery, cannon fire, high treason and the vexing problem of reliably finding hansom cabs in the city.



    Meine Meinung:
    'The Iron Wyrm Affair' ist der erste Band einer neuen Steampunk-Ermittlerserie um die Zauberin Emma und den Mentath (am besten zu übersetzen mit 'Logiker') Clare, der in einem alternativen Steampunk-London spielt, das hier Londinium heißt.
    Emma hat innerhalb der Zauberer-Hierarchie einen hohen Rang inne und dient Victrix, der Incarnation des Geistes Britannia, die es als neue junge Königin nicht leicht hat, sich selbst zu behaupten. Während ihrer Abenteuer wird sie vom ebenso geheimnisvollen wie kampfversierten Mical beschützt, seines Zeichens ein 'Schild' der Zauberin, d.h. es ist seine Aufgabe, für ihre Sicherheit zu sorgen. Die Beziehung zwischen den beiden geht jedoch sehr viel tiefer und hat eine Menge Vergangenheit, die aber nur sporadisch angerissen wird - das ist auf jeden Fall einer der spannenderen Fäden im Buch, bei dem man im nächsten Band auf eine stärkere Gewichtung hofft.
    Emma muss einer Verschwörung auf die Spur kommen, die ganz Britannia in den Untergang reißen könnte - und der Schlüssel dazu scheint Clare zu sein, einer der letzten noch lebenden Logiker in Londinium, nachdem all seine Kollegen ermordet wurden. Warum? Niemand weiß es - auch das ein Teil des Rätsels. Clares Charakter erinnert an eine extreme Form von Sherlock Holmes - er kann keinem Rätsel widerstehen, Unlogik treibt ihn in den Wahnsinn und er ist darüber hinaus sehr exzentrisch mit autistischen Zügen. So finden Emma und Clare zusammen - und versuchen nun gemeinsam ihre Widersacher aufzuspüren.


    'The Iron Wyrm Affair' ist ein Fantasy-Thriller im Steampunk-Gewand, mit jeder Menge Verwicklungen und ordentlich Action an sehr coolen Schauplätzen, die die Autorin meisterhaft in Szene zu setzen weiß und bei denen man sich wünschte, es gäbe eine Verfilmung. Das Buch ist überwiegend spannend und hält bei der Stange; allerdings sollte man sehr sattelfest im Englisch sein, um Spaß an der Lektüre zu haben. Das Vokabular ist deutlich anspruchsvoller als die durchschnittliche englischsprachige Genre-Literatur; insbesondere dadurch, dass der Stil teilweise sehr stark auf vikorianisch-altertümlich getrimmt ist und von Slang durchsetzt, der für einen Nicht-Muttersprachler zumindest gewöhnungsbedürftig ist.
    Das macht die Lektüre mitunter anstrengend und führt auch dazu, dass man die eine oder andere Wende nicht mitbekommt.
    Ansonsten ist das interessanterweise ein Buch, bei dem die Nebenfiguren den beiden Hauptcharakteren die Show stehlen. Emmas Schildwächter Mical ist jemand, über den man wahnsinnig gern mehr erfahren möchte und der jede Szene bereichert. Fast ebenso cool ist der italienische Assassine Valentinelli, den Emma zum Schutze von Clare anheuert und der so charismatisch und auch witzig ist, dass er ein Buch für sich allein verdient hat.


    Alles in allem lesenswert und einer der besseren Vertreter des Genres. Es kommt meiner Meinung nach nicht ganz an Saintcrows Jill Kismet und Dante Valentine Serien heran, aber bereitet immer noch viel Vergnügen.

    Das hier ist eins der lustigsten Bücher, die ich je gelesen habe.
    Zum Brüllen komisch, trotzdem intelligent geschrieben und an den richtigen Stellen sogar berührend.



    Klappentext:
    Als Max eines Nachts aufs Klo muss, sitzt da schon wer und sagt nur: «Hi!» Es ist Naddi, die entsetzlich distanzgeminderte erste Freundin von Sohn Konrad. Naddi liebt Kinder und will selbst möglichst viele. Der achtzehnjährige Konrad ist ihr erotisch vollkommen ausgeliefert - für Max Zeit zu handeln! Nur leider hat er keine. Allabendlich muss er seinen alten Herrn, Pflegestufe zwei, ins Bett bugsieren. Seine besten Jahre hatte Max sich anders vorgestellt. Und dann passiert auch noch die Sache mit der reizvollen türkischen Kollegin im Fahrstuhl... Lebensprall, komisch, und ein bisschen weise - ein hinreißender Roman über Glück und Grauen des Familienlebens.

    Zitat

    Original von Twomix
    Ansonsten kann ich dir noch die Leandros-Serie von Rob Thurman nahelegen...


    Danke für den Tipp, die kannte ich auch noch nicht. Hab mir jetzt gleich mal den englischen ersten Band bestellt ... der Einstieg las sich gleich sehr vielversprechend. Und die deutschen Übersetzungen scheinen auch nur noch gebraucht zu haben zu sein.

    Zitat

    Original von Hati
    Ich möchte das um die Frage ergänzen, ob es solche Bücher auch mit männlichem Hauptprotagonisten gibt? :help


    Na klar :-)
    Unbedingt empfehlenswert ist die Harry Dresden Serie von Jim Butcher - Harry Dresden ist der allerobercoolste, das Böse mit unkonventionellen Mitteln bekämpfende Magier von Chicago.


    Ebenfalls recht gut finde ich die Nightside Serie von Simon R. Green, auch wenn sie nicht ganz an Harry Dresden ran kommt - aber der Magier-Detektiv dort ist auch ziemlich cool.

    'A wanted man' hat wieder die klassischen Zutaten aller Jack-Reacher-Thriller: Reacher, der brillante Ex-Militärpolizist ohne Hemmungen, wenn's ans Grobe geht, wird irgendwo im Nirgendwo des mittleren Westens in einen Kriminalfall hineingezogen, der harmlos beginnt und in einer Beinahe-Katastrophe endet.
    Das Buch beginnt damit, dass Reacher versucht, mitten in der Nacht nahe einer einsamen Kleinstadt ein Auto anzuhalten, das ihn in Richtung Chicago mitnimmt. Dank einer gebrochenen Nase sieht er furchteinflößend aus, so dass es ihn fast selbst überrascht, als ein Wagen mit zwei Typen und einer Frau anhält - die drei scheinen dienstlich unterwegs zu sein, vielleicht auf dem Rückweg von einem Firmenevent.
    Doch nach kurzer Zeit entdeckt er Unstimmigkeiten und als sie eine Polizeisperre passieren, die alle Fahrzeuge checkt, fragt er sich, ob er womöglich nur deshalb mitgenommen wurde, um einem Suchprofil zu entgehen.
    In der gleichen Kleinstadt wird währenddessen nach den Mördern eines unbekannten Mannes in einer Pumpstation gefahndet, die mit einem gestohlenen Wagen geflohen sind.
    Und während die Nacht weiter fortschreitet, kalkuliert Reacher, ob es machbar wäre, in einem fahrenden Wagen zwei Ziele auszuschalten... aber das ist natürlich nur der Anfang.


    'A wanted man' ist spannend und unterhaltsam - und man muss dem Autor hoch anrechnen, dass er es auch im 17. Roman der Jack Reacher Serie noch schafft, eine aufregende, überraschende und wieder neue Story zu erzählen. Dennoch fällt das Buch gegenüber anderen Reacher-Romanen ein wenig ab: Die Handlung ist weniger stringent und packend, das Finale wirkt etwas aufgesetzt und hat nichts von der zwingenden Logik, die andere Reacher-Stories auszeichnet.
    Dennoch sind das nur kleine Abstriche in der B-Note. Das Buch ist immer noch ein sehr guter Thriller und kann wie alle anderen Reacher-Romane auch gelesen werden, ohne dass man die Vorgänger kennt.


    Empfehlung für alle HardBoiled-Thriller-Fans.
    Acht Eulenpunkte.

    Klappentext:
    Rigus ist die schönste Stadt der Dreizehn Lande, ein glitzerndes Juwel, das von vornehmen Herren und edlen Damen bevölkert wird. Doch wo strahlendes Licht ist, ist auch tiefster Schatten. Und wer die Wahrheit sucht, wird Tod und Verderben finden … Wer seinen Weg unbedacht wählt, gelangt auf den schmutzigen Seitengassen von Rigus in die gefürchtete Unterstadt. Hier herrschen Sünde und Gewalt, Drogen und Geld sowie die mächtigsten Herren des Verbrechens. Der Patron hat einst als Agent gegen sie ermittelt, doch längst ist er einer von ihnen geworden: abgebrannt, drogensüchtig und auf der Flucht vor seinen eigenen Verfehlungen. Aber dann geschieht ein Mord, dessen Aufklärung ihn nicht mehr loslässt und bis in die höchsten Kreise von Rigus führt. Ein verräterisches Spiel beginnt, bei dem der Patron nicht nur die gesamte Unterstadt gegen sich aufbringt, sondern von seiner eigenen ruchlosen Vergangenheit eingeholt wird.



    Meine Meinung:
    Wo fange ich an, bei der Besprechung eines Buches, das zwar nicht grottenschlecht ist, aber auch so weit von 'gut' entfernt, dass ich mich (wieder einmal) in dreierlei Hinsicht ärgere: Weil ich schon wieder nur trauriges Mittelmaß aus dem Fantasy-Regal gegriffen habe, weil ich meine Zeit damit verschwendet habe, diese nichtssagende Geschichte zu Ende zu lesen und weil der Autor all sein Potential sinnlos verschossen hat, statt was draus zu machen.
    'Der Herr der Unterstadt' ist eine typische Diebsgesindel-Fantasy-Story: Der (Anti-)Held eine so schnoddrige wie verkrachte, aber unter der rauen Schale irgendwie gutherzige Unterwelts-Existenz, der Schauplatz die Slums einer nicht näher charakterisierten Fantasy-Stadt, Mord und Totschlag und wildes Gefluche gibt's reichlich.
    In dieser Art von Setup spielen ein paar wirklich erstklassige Fantasy-Romane (z.B. recht unterhaltsam - 'Unter Dieben' von Douglas Hulick, die großartigen Locke Lamora Romane von Scott Lynch oder die atemberaubend gute Schatten-Trilogie von Brent Weeks). 'Der Herr der Unterstadt' schafft es leider nicht mal ansatzweise in diese Liga, so sehr er sich auch bemüht.
    Es ist im Gegenteil ein ziemlich vorhersehbares Kabinettstück mit einem großmäuligen Helden, der vergeblich versucht, cool und witzig zu sein, aber doch nur wie ein Sprücheklopfer wirkt, der sich immer mit mehr Glück als Verstand und vor allem dank seiner zahlreichen Freunde durch die Story hangelt. Obwohl der Autor ihn mit einer durchaus spannenden Vergangenheit ausgestattet hat, nimmt man ihm die behauptete Coolness leider nie ab. Die bemüht schnoddrige Gossensprache (das Buch ist aus der ICH-Perspektive erzählt) wirkt da auch eher kontraproduktiv und fängt ab der Hälfte an, gewaltig zu nerven.
    Unser Held also ist nach eigener Darstellung ein hässlicher, von seinem eigenen Stoff abhängiger, durchschnittlich wehrhafter Drogenhändler, der früher mal Ermittler bei einer Polizei-Spezialeinheit war und noch früher Offizier in der Armee. Als ein kleines Mädchen misshandelt und tot aufgefunden wird, lässt er sich mehr oder weniger aus Gutherzigkeit darauf ein, nach dem Mörder zu suchen und kann bald nicht mehr zurück, weil ihm sonst alle möglichen Unerquicklichkeiten drohen. Auf den ersten Kindesmord folgen bald noch mehr, es scheint besonders gefährliche schwarze Magie im Spiel und die Spur führt ganz nach oben. Unser Held pöbelt und torkelt und lügt und flüchtet sich also durch die Geschichte, ist dabei so eloquent wie ein Kühlschrank und tappt in ziemlich jede Falle, was ihn nicht übermäßig intelligent dastehen lässt. Die Auflösung des Falls ist dann auch keine Überraschung, auch da ist die Luft also schon sehr früh im Buch raus.
    Leider kann es auch die Kulisse nicht reißen - von der im Klappentext viel beschworenen Faszination der Stadt Rigus ist im Text wenig zu spüren. Tatsächlich habe ich selten einen Fantasyroman gelesen, der so ausgesprochen atmosphärelos daherkam. Man ahnt vage, dass das Ganze eine Art Steampunk-Setting ist, eine Mischung aus Mittelalter und früher industrieller Revolution plus Magie. Aber wirklich vorstellen konnte ich es mir nie.


    Fazit - noch ein farbloser Titel im Fantasy-Regal, den man lesen kann oder auch nicht. Wenn gerade nichts anderes zur Hand ist, erfüllt er wohl seinen Zweck, denn handwerklich ist er solide gemacht und es gibt sehr viel Schlimmeres zu kaufen. Aber sollte das ein Kriterium für die Auswahl des Lesestoffs sein? Dass es Schlimmeres gibt? Also, die, die nach Schurken-Fantasy sucht: Lest lieber Scott Lynch, oder Brent Weeks, oder Douglas Hulick, da habt ihr mit Sicherheit mehr davon.


    5 Eulenpunkte.
    :wave

    Meine 2014er Leseliste:


    JANUAR
    1. Among Thieves (Unter Dieben) - Douglas Hulick (8/10)
    2. Nameless: A tale of beauty and madness - Lili St. Crow (7/10)
    3. Die Brücke der Gezeiten: Ein Sturm zieht auf - David Hair (7/10)


    FEBRUAR
    4. Graveyard of Memories - Barry Eisler (5/10)


    MÄRZ
    5. The Circle - Dave Eggers (10/10)
    6. Der Herr der Unterstadt - Daniel Polansky (4/10)
    7. A Wanted Man - Lee Child (7/10)


    APRIL
    8. The Iron Wyrm Affair (Bannon&Claire1) - Lilith Saintcrow (7/10)
    9. Engelsjagd - Andrea Gunschera (9/10)
    10. Schwingen aus Stein - Ju Honisch (7/10)
    11. Kind 44 - Tom Rob Smith (10/10)

    Anmerkung: Ich beziehe mich hier auf die englische Ausgabe - Among Thieves.



    Drothe lebt in Ildrecca, der Hauptstadt eines Imperiums, das von einem quasi-unsterblichen Kaiser regiert wird - der sich durch Wiedergeburt in drei möglichen Personen immer wieder erneuert. Seine Schwester geht als Baroness am Hofe ein und aus, Drothe aber ist ein Mitglied der Unterwelt; als Informationsbroker fängt er Gerüchte, Neuigkeiten und Geheimnisse auf und verkauft sie weiter, hat aber nebenher auch den einen oder anderen Deal mit dem Schmuggel von Artefakten am Laufen. Er ist gerissen und kann sich, wenn es sein muss, auch mit der Klinge seiner Feinde erwehren, aber wenn's hart auf hart kommt, verlässt er sich auf die Hilfe seines Freundes Bronze Degan, einem exzellenten Schwertkämpfer und Mitglied des ältesten und angesehensten Söldnerordens der Stadt.
    Drothe ist gerade hinter einem imperialen Artefakt her, das ihm ein eigentlich verbündeter Schmuggler aus unbekannten Gründen vorenthalten will. Die Suche katapultiert ihn binnen kürzester Zeit in eine Verschwörung, deren Ausmaße sich nicht einmal ansatzweise abschätzen lassen. Plötzlich trachten ihm mehrere Assassinen nach dem Leben, sein Artefakt weckt nicht nur in der gesamten Unterwelt Begehrlichkeiten, sondern auch bei den Elitetruppen des Kaisers und zu allem Überfluss braut sich auch noch ein Krieg zwischen zwei Unterweltbossen zusammen, in den er mitten zwischen die Fronten gerät.



    Ich habe die englische Fassung gelesen, und nach einem kurzen Blick in die deutsche Version fürchte ich, dass leider viel von der Leichtigkeit und dem Sprachwitz des Originals in der Übersetzung verloren geht. Eine Empfehlung also gleich zu Beginn: Wer kann, sollte sich das englische Original zu Gemüte führen.
    'Among Thieves' ist auf jeden Fall ein sehr unterhaltsames Abenteuer, eine Mischung aus Mantel-und-Degen-Action, Schatzsuche und Rätselraten um uralte Legenden und jeder Menge Galgenhumor, wie man sie eben nur in Unterwelt-Stories findet. Ich würde das Buch am ehesten mit Scott Lynchs hervorragenden 'Lügen des Locke Lamora' vergleichen, auch wenn es da nicht ganz herankommt. Trotzdem ist es deutlich besser als das mittelmäßige Fantasy-Grundrauschen, das seit Jahren die Regale beherrscht - und ein durchaus empfehlenswertes Lesevergnügen.


    Das Buch ist wirklich spannend geschrieben, und zwar buchstäblich ab der ersten Seite. Immer neue Desaster lenken den Weg des Helden wieder und wieder in andere Richtungen. Die Handlung bleibt stets unvorhersehbar und hält einen als Leser bei der Stange.
    Die Story wird in der ICH-Perspektive aus Sicht von Drothe erzählt, amüsant und mit viel Augenzwinkern, auch wenn es oft rau zur Sache geht. Vor allem die Actionszenen sind wirklich gut und spannend geschrieben. Ich persönlich hätte mir einen Tick mehr Heldenhaftigkeit vom Protagonisten erhofft - in den zahlreichen Scharmützeln kommt er eigentlich immer nur deshalb mit heiler Haut davon (und oft nur reichlich angekratzt), weil er entweder Glück hat, oder jemand wie sein Freund Bronze Degan zur Stelle ist, um ihn rauszuhauen. Das ist ein kleiner Nervfaktor, der zwar die Spannung erhöht (ab der Hälfte des Buches ist man sich wirklich bei keinem einzigen Zusammenstoß mehr sicher, ob der Held den überhaupt noch überlebt), aber einen auch händeringend wünschen lässt, dass Drothe doch ausnahmsweise auch mal ein Messerwurf gelingen möge.
    Ein großer Pluspunkt sind die Schatzjagd und die sich schrittweise entwickelnde Hintergrund-Story, die immer größere und immer schattenhaftere Player enthüllt, die die Fäden zu ziehen scheinen, sich dann aber wiederum als Marionetten einer noch höheren Macht entpuppen. Man fühlt sich unwillkürlich zum Miträtseln angehalten.


    'Among Thieves' ist leichte und unkomplizierte, nichtsdesdotrotz aber sehr spannende Fantasy-Kost. Kein episches Meisterwerk, aber mit so lockerer Feder geschrieben, dass das Lesen einfach Spaß macht und ausgezeichnet unterhält.
    Acht Eulenpunkte.

    Hallo JackHaaf,


    als wirklich herausragend gute ScienceFiction zu dem Thema kann ich Dir die SciFi-Titel von Richard Morgan empfehlen.


    Es gibt von ihm u.a. eine Trilogie um den Elite-Soldaten Takeshi Kovacs, die drei Romane spielen chronologisch zwar nacheinander, man kann sie aber auch unabhängig voneinander lesen.


    Das Unsterblichkeitsprogramm (eng. Altered Carbon)
    Gefallene Engel (Broken Angels)
    Heiliger Zorn (Woken Furies)


    Die Bücher spielen in einer Zukunft, in der der Mars bereits kolonisiert ist und die dortigen Ausgrabungen Relikte einer verschwundenen, viel weiter fortgeschrittenen Zivilisation ans Tageslicht befördert haben, die es der Menschheit (oder vielmehr den Konzernen, die dieser Zeit alles beherrschen) ermöglichten, auch andere Welten zu besiedeln. Vor allem im zweiten Roman - Broken Angels - geht es unter anderem auch um die Frage, was diese Mars-Bewohner wirklich waren, wo sie nun sind und wie sie untergehen konnten.
    Rasend spannend und unglaublich gut geschrieben, die Bücher sind großartige Zukunftsvisionen, Gesellschaftskritik, Actionthriller und Ferne-Welten-und-Technologien-Entdecken-Abenteuer in einem.


    Wenn Du kannst, würde ich Dir empfehlen, die englischen Originale zu lesen, da einiges vom Wortwitz und der erzählerischen Brillianz in der Übersetzung verloren geht.



    Ansonsten gibt es als Einzelroman von ihm noch Skorpion (engl. Thirteen), der spielt ein paar hundert Jahre früher, zu diesem Zeitpunkt hat die Menschheit gerade mal angefangen, den Mars zu besiedeln.
    Auch das einer der besten Thriller, die ich je gelesen habe, plus grandioses SciFi-Setting, einfach sehr gut durchgedacht.



    :wave Elwe

    'Ein Sturm zieht auf' - der 1. Band der 'Brücke der Gezeiten' ist der Einstand zu einem neuen Fantasy-Epos, das zwar hier und da Schwächen aufweist, aber auf eine Epik und Größe skaliert ist, wie ich sie zuletzt vor vielen Jahren beim Lesen der ersten Game of Thrones - Bände erlebt habe.
    Die Story ist in einer fiktiven Welt angesiedelt, deren Kulturen sehr eng nach dem Vorbild unserer Welt modelliert sind. Zwei Kontinente sind von einem schier unpassierbaren Ozean getrennt. Yuros, beherrscht von dem mächtigen rondelmarischen Kaiserreich, ist dem christlichen Abendland nachempfunden, nur dass der Heilsbringer der dortigen Religion Corineus heißt. Auf ihn geht die Erschaffung einer Elite mächtiger Magier zurück, auf die sich praktisch die gesamte kaiserliche Macht stützt, vor allem ihr militärischer Arm.
    Der andere Kontinent, Antiopia, ist morgenländisch gefärbt und erinnert an die Schilderungen orientalischer Städte zu Kreuzfahrerzeiten. Hier leben an islamische und indische Kultur angelehnte Völker, dazwischen finden sich ein paar rondelmarische Händler und Soldaten. Die Passage zwischen den Kontinenten kann nur durch Windschiffe überbrückt werden, eine Reise, die mehrere Wochen dauert. Doch alle 12 Jahre taucht für kurze Zeit eine magische Brücke aus dem Wasser, die die Landmassen miteinander verbindet. Und jedesmal bedeutet dieses Ereignis Krieg, denn die rondelmarischen Armeen nutzen die Gelegenheit, um auf die andere Seite zu marschieren und die Grenzen des Kaiserreichs mit Blut und Feuer auszuweiten. Um sicherzustellen, dass dieser Feldzug nach den zwei vorhergehenden Fehlschlägen ein Erfolg wird, brüten die Berater der Kaiserinmutter eine Intrige aus, die damit beginnen soll, dass ein einflussreicher gemäßigter König auf Antiopia samt seiner Familie ermordet wird.
    In diese Welt setzt der Autor eine Reihe großer Konflikte zwischen Herrscherhäusern, Volksgruppen und ganzen Reichen, die das Leben der Protagonisten beeinflussen.


    Da haben wir zuerst Alaron, Student an einer Magierschule in einer ehemals aufständigen Provinz von Yuros, der nicht nur von seinen arroganten Mitstudenten getriezt wird, sondern sich mit der These seiner Abschlussarbeit um Kopf und Kragen zu bringen droht. Dann Elena, eine erfahrene Assassinin und Magierin, die von ihrem rondelmarischen Meister und Ex-Liebhaber als Leibwächterin in der Familie des besagten antiopischen Königs platziert wurde. Als sie den Befehl erhält, ihre Schutzbefohlenen zu töten, wird sie stattdessen abtrünnig und entscheidet, sie zu beschützen, um einen hohen Preis. Und schließlich gibt es noch Ramita, ein Mädchen vom anderen Ende des antiopischen Kontinents, die gegen ihren Willen an einen uralten Magier verheiratet wird - den Mann, der die Gezeitenbrücke über den Ozean einst erschaffen hat und der dringend Nachkommen braucht, um ein schreckliches Unheil zu verhindern. In diesem ersten Band wird um jede dieser Personen her eine eigene Story erzählt; sie haben noch nichts oder nur wenig miteinander zu tun. Und hier kommen wir zu einem kleinen Problem dieses Buches: Es ist so überbordend voll gestopft mit Informationen, Orten, Namen und Legenden, dass man tatsächlich sehr konzentriert lesen muss, um nicht alles durcheinanderzubringen - und letztlich wohl am besten damit fährt, sich einfach treiben zu lassen und zu hoffen, dass die entscheidenden Details bei Gelegenheit noch mal aufgefrischt werden. Da Ramita, Alaron und Elena jeweils im Herzen einer der drei unterschiedlichen Kulturen beginnen, kommt jeder mit seinem ganz eigenen Satz an Namen, Städten, Herrscherhäusern, Göttern, Historie und kulturellen Feinheiten. Zudem wird die Handlung oft nicht nur aus Sicht der Protagonisten erzählt, sondern noch aus einem Dutzend weiterer Perspektiven. So schlüpfen wir beispielsweise bei Ramita für ein paar Kapitel zusätzlich noch in die Sichtweisen ihres Vater, ihres Bräutigams und ihrer besten Freundin. Jeder einzelne der Hauptfigurenstränge bringt genug Details und Personen mit, dass er für ein eigenes Buch ausgereicht hätte. Dennoch schreitet die eigentliche Handlung eher schleppend heran, da der Autor wirklich viel Erzählzeit auf die Ausschmückung seiner Welten verwendet. Das führt dazu, dass man mitunter fünf oder zehn Seiten einfach schräg überblättert, wenn zum Beispiel in minutiösen Details die Hochzeitsvorbereitungen Ramitas beschrieben werden. Dagegen fällt achtzigseitiger Tolkiens Anfang aus dem Herr der Ringe mit epischen Beschreibungen der Knöpfe auf Hobbitgewändern fast schon rasant aus ;)


    Nichtsdesdotrotz ist die Story aber spannend, und nachdem sie ab der Hälfte des Buches an Fahrt aufnimmt, weiß sie wirklich zu fesseln. Der Autor (bzw. sein Übersetzer) hat außerdem eine schöne Sprache, die sich angenehm lesen lässt und die Längen wieder verzeihlich macht. Man ahnt auch, dass die Geschichte episch angelegt ist und wirklich gut durchdacht - und wenn sich das, was sich hier andeutet, in den Folgebänden erfüllt, könnte es eine große und kraftvolle Saga werden, in der die Geschicke einzelner Menschen mit denen ganzer Welten geschickt und emotional verwoben werden. Hier haben wir wieder einmal Protagonisten, bei denen über die Story hinweg eine wirkliche Entwicklung stattfindet und mit denen man fiebern kann (oder ihnen manchmal eine reinhauen möchte - aber das gehört ja auch irgendwie dazu). Vor allem die Magierin Elena ist eine aufregende und charismatische Gestalt, die zu faszinieren weiß. Alaron ist der Prototyp des anfangs lieben und naiven Burschen, der Ungerechtigkeit von der Welt erfährt und sich irgendwann erhebt, weil es genug ist. Und Ramita ... tja, ein liebes, duldsames Mädchen, aber ich hoffe auf Überraschungen.
    Hat man sich einmal darauf eingelassen, macht die Lektüre wirklich viel Spaß. Die Tiefe und Vielschichtigkeit der Hintergrundstory entfaltet nach und nach ihren Zauber und macht viel Lust auf den zweiten Band (bei dem es sich offenbar um die zweite Hälfte des englischen Originals handelt - das Buch wurde bei der Übersetzung geteilt).


    Diskutieren kann man über die Art und Weise, wie das Fantasy-Universum realweltlichen Vorlagen nachempfunden ist. Die Namensschöpfungen liegen oft nahe beim Klang tatsächlicher Orte, Götter usw., das wirkt mitunter irritierend. Vor allem bei den Vorlagen für die Kulturen auf dem Kontinent Antiopia wird schnell klar, dass es sich dabei um Indien mit seinen hinduistischen Tradditionen und um islamisch geprägte Gesellschaften wie im mediterranen Raum handelt. Details wie dieses, dass ein verschmähter Bräutigam sich daraufhin von den örtlichen Fudamentalisten als heiliger Krieger anwerben lässt, um in die Intifada, ähm ich meinte, Blutfehde einzutreten und zur Not als Märtyrer zu sterben, auf den im Jenseits singende Jungfrauen warten, erscheinen zu offensichtlich klischeehaft.


    Im Gesamteindruck wirkt das Buch aber sehr positiv auf mich. Es hat Potential, ist spannend und sorgfältig durchdacht, es ist intelligent und trotzdem unterhaltsam geschrieben. Angesichts der traurigen Wüste, die man in den Fantasyregalen der letzten 2 oder 3 Jahre oft vorfindet, ist es ein echter Sonnenstrahl. Es schürt in jedem Fall Vorfreude auf die Fortsetzungen und ich würde es jedem Fantasy-Fan empfehlen, jedoch unter dem Vorbehalt, dass er er für die ersten dreihundert Seiten Geduld mitbringen sollte. Aber es lohnt sich.

    Klappentext:
    Die Mondflutbrücke liegt tief unter der Ozeanoberfläche. Aber alle zwölf Jahre erhebt sie sich aus den Fluten und verbindet die beiden Kontinente Yuros und Antiopia. Zweimal schon hat Yuros seine Armeen von Kriegern und Magiern über die Brücke geführt, um das Nachbarreich zu unterwerfen. Jetzt naht die dritte Mondflut, und der Westen rüstet sich zum finalen Schlag. Aber es sind drei unscheinbare Menschen – ein gescheiterter Magie-Schüler, eine Spionin und Mörderin, die ihr Gewissen entdeckt, und ein einfaches Marktmädchen –, die über das Schicksal der Welt entscheiden werden …


    Zwar bin ich noch nicht über die ersten 100 Seiten hinaus, aber - endlich mal wieder ein Fantasy-Titel, der episch, stimmungsvoll und gut durchdacht scheint und darüber hinaus auch noch mit lebendigen Charakteren bevölkert ist.
    Bisher stimmt das Leseerlebnis mich zart euphorisch.
    Nachdem ich mit meinen letzten 10 Fantasy-Neuentdeckungen mal mehr, mal weniger ins Klo gegriffen habe, könnte das hier tatsächlich mal wieder was sein ...

    Oh je, ich kann mich auch nicht entscheiden und gehe auf eine Top5 Liste:


    Das Dorf der Mörder von Elisabeth Herrmann
    Nashville oder Das Wolfsspiel von Antonia Michaelis
    Black Man von Richard Morgan
    Broken Angels von Richard Morgan
    König der Dunkelheit von Mark Lawrence

    Ich habe mir vorgenommen, Bücher, die mich schon im ersten Viertel langweilen und/oder nerven, in Zukunft abzubrechen und gleich der Bibliothek zu schenken, statt mich weiter durchzuquälen, obwohl ich meine Zeit mit schöneren Dingen zubringen könnte.
    In 2013 hatte ich von 52 gelesenen Büchern 15, die für mich unter Flop fallen, das ist ziemlich viel. Und bestimmt nochmal 15 Stück, die ich nur so lala fand, also eigentlich auch Zeitverschwendung.
    Das muss sich ändern :chen