Liwadija, so heißt der unverhoffte Ruhepunkt im Nomadenleben von J., einem kubanischen Schmuggler, der sich in den Grenzgebieten des zerfallenden Sowjetimperiums komfortabel eingerichtet hat. Nach seiner fieberhaften Jagd dem blanken Gewinn hinterher, bei dem seine Ware – von Mammutzähnen über Nachtsichtgeräte bis zu einem überaus seltenen Schmetterling – immer kleiner, immer wertvoller wird, hat es ihn in das Seebad auf der Krim verschlagen, wo er vor den Trümmern seiner letzten und gewagtesten Transaktion steht: eine Frau und ihre Seele zu schmuggeln. Die junge Russin W. ist ihm vor dem »Saray«, einem Nachtclub in Istanbul, begegnet; Eiskunstläuferin sei sie. Als er merkt, daß sie ihn aufs Glatteis führt, ist es zu spät: schon ist der so kühl berechnende J. überredet, W. aus dem Bordell zu entführen, heim nach Rußland. Die abenteuerlich opernhafte Rettungsaktion endet abrupt im Hafen von Odessa, als W. grußlos verschwindet. In Liwadija sinnt er nun darüber nach, wie sehr er sich diesmal getäuscht hat – bis überraschend der erste Brief von W. eintrifft. Sechs weitere folgen. Sind es Liebesbriefe? Eine ganz andere Frau tritt J. darin entgegen, und jetzt heißt es, ihr den alles klärenden Liebes- und Offenbarungsbrief zu schreiben, die Geschichte seines bewegten Schmugglerlebens zu erzählen. Einen Brief, für den er sich erst einmal Verstärkung bei den großen Briefwechseln der Weltliteratur holt. Mit schimmernder Selbstironie, wunderbar genauer Beobachtungsgabe und immer wieder verblüffend changierenden Bildern ist der Erzähler J. seinen Gefühlen auf der Spur – und der Seele einer Frau, so schwierig einzufangen wie ein Schmetterling.
OVP
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