Beiträge von finsbury

    Nun wird`s langsam richtig spannend. Nick kommt an den Hof, und Gablé schildert das Gepränge dort sehr schön. Ein interessanter erzählerischer Schachzug, durch den Nick Zugang zu Insiderwissen bekommt, ist, dass er Anne Boleyns Bruder kennen lernt, der ihm recht zugeneigt ist.
    Ich habe mich bisher mit der Epoche Henrys VIII. nur oberflächlich beschäftigt, insofern finde ich es sehr spannend, einige Hintergründe zu erfahren und es macht Spaß, über den Gesandten des Kaisers zu lesen, und auch, welchen Einfluss letzterer damals hatte. Das deutsche Kaisertum ist ja wenig später zur Bedeutungslosigkeit verblasst, hier aber ist es noch ein "Global Player".
    Mary wird von Gablé bisher wirklich positiv dargestellt. Ich habe auch im Nachwort gelesen, dass die Autorin ein anderes Bild von Mary vermitteln will, als in den meisten Geschichtsbüchern dargestellt wird, allerdings ohne diese zu glorifizieren. Bin gespannt, wie ihre Schilderung der Königin weitergeht.

    Hke und andere schreiben, dass es erstaunlich ist, wie erwachsen sich Nick benimmt, obwohl er doch erst 14 ist. Da stimme ich zu, insbesondere, was die Szene mit Vater Ranulf angeht, aber man sollte auch bedenken, dass die Menschen damals viel früher erwachsen wurden als heute, weil man ihnen diese lange Adoleszenz, die wir Menschen uns heute gönnen, nicht zugestand. Die arbeitende Bevölkerung musste schon früh ran, aber auch die Adeligen wurden als Page oder Hofdame bzw. durch Heirat schon früh in die Pflicht genommen. Insofern kann ich Nicks Gedanken oft gut nachvollziehen, aber bei seiner Durchsetzungsfähigkeit hat Gablé wohl etwas übertrieben.

    Es hat leider lange gedauert, bis ich wieder schreiben konnte, weil ich a.V. in meinem Profil etwas verstellt hatte. Außerdem war ich im Urlaub und hatte sehr wenig Zeit zu lesen. Mit den ersten 100 Seiten bin ich aber schon länger fertig.Wie ihr oben schreibt, ist auch mir sehr stark aufgefallen, wie ähnlich sich die jeweiligen Anfänge der Waringham-Bände sind. Junge haut aus einer Art Erziehungsgefängnis ab, kommt nach Hause und reift an dem Geschehen, mit dem er sich dort auseinandersetzen muss.Dann geht's hinaus in die Welt und die große Politik. Da aber Gable das Geschehen spannend und mit einigem Dialogwitz präsentiert, machen die Waringhams immer wieder Spaß.

    Ich möchte auch mitmachen!
    Stand 28.06.2015 2/48 Büchern


    Inhaltliche Herausforderung 1/18


    3.1 … bei der eine Figur eine psychische Erkrankung hat/hatte oder sich in psychotherapeutischer Behandlung befindet/befunden hatte. (Beispiele für Erkrankungen: Depression, Zwang, Angst, Manie, Psychose …)
    3.2 … in dem eine Dreiecksbeziehung thematisiert wird.
    3.3 … das (wenigstens zum Teil) in Afrika spielt.
    3.4 … in dem ‚Zeit‘ eine Rolle spielt.
    3.5 ...in dem eine Figur einen (geheimen) Traum verwirklicht (und sei es auch nur für kurze Zeit).
    3.6 … in dem sich mindestens ein/e Protagonist/in verliebt.
    3.7… dessen Protagonist kein Mensch ist.
    3.8 … in dem eine Figur rote Haare hat.
    3.9 … das an einem Ort spielt, den du gerne mal bereisen möchtest oder an dem du bereits einmal warst.
    3.10 … in dem gekocht oder gebacken wird.
    3.11 … das (autobiografische) Anteile enthält.
    3.12 … in dem eine Flucht und/oder das Leben im Exil thematisiert wird
    3.13 … in dem Tee oder Kaffee eine Rolle spielt.
    Elizabeth Gaskell: Cranford - Eine Hauptfigurm, Miss Matilda Jenkyns, verarmt plötzlich und macht einen Tee-Handel auf gel. 06/15
    3.14 … über eine ganz besondere oder ungewöhnliche Freundschaft.
    3.15 ... in dem sich die Gefühle einer Person gegenüber ins Gegenteil verkehren.
    Beispiele: Liebe wird zu Hass, Verachtung zu Bewunderung, Missbilligung zu Akzeptanz.
    3.16 … bei dem mindestens eine Figur an einem Friedhof vorbeikommt oder diesen betritt. Jean Paul: Leben des vergnügten Schulmeisterlein Maria Wuz in Auental Der Ich-Erzähler selbst tritt am Ende ans Grab seines Protagonisten gel.04/16
    3.17 … ... in dem infolge von etwas Schlimmen dann doch etwas Gutes passiert.
    3.18 … in dem sich der Protagonist (wenigstens zeitweise) in Schule, Ausbildung, Studium, Weiterbildung, Fortbildung, Führerschein erwerben oder einer ähnlichen Lern- und Leistungssituation befindet.


    Nicht-Inhaltliche Herausforderung 0/18


    3.19 … dessen Autor mit denselben Initialen in Vor- und Nachnamen beginnt. Hat der Autor einen Doppel-Nachnamen, kann sowohl erster als auch zweiter Nachname gezählt werden.
    3.20 … das von einem skandinavischen Autoren geschrieben wurde. Entweder dort geboren oder aktuell dort lebend.
    3.21 … dessen Hauptfigur einen Namen mit sechs Buchstaben hat.
    3.22 … das jemals auf der Spiegel-Bestseller-Liste stand.
    3.23 … das du blind für diese Aufgabe aus deinem SUB oder RUB gefischt hast.
    3.24 … das Lieblingsbuch eines Freundes/einer Freundin ist.
    3.25 … mit einem Personalpronomen im Titel.
    3.26 … dessen Cover überwiegend blau ist.
    3.27 … welches nicht dein Eigentum ist (Wanderbuch, Büchereibuch, Eigentum deiner Freundin, deines Freundes, deiner Eltern, deiner Kinder, etc.)
    3.28 … auf dessen Cover ein Kopf abgebildet ist.
    3.29 … dessen Titel aus mindestens 10 Silben besteht.
    3.30 … dessen Autor bei Erscheinen des Buchs nicht älter als 30 war.
    3.31 … in dessen Titel ein ‚y‘ vorkommt.
    3.32 … das dem Genre Jugendroman oder Young Adult zugeordnet werden kann.
    3.33 … dessen Geschichte mit dem ersten Band noch nicht fertig erzählt wurde.
    3.34 … das du bereits einmal gelesen hast.
    3.35 … das nach 2010 erschienen ist.
    3.36 … mit einer ungewöhnlichen Seitenzählung.


    Eulenherausforderung 0/5


    3.37 … das in einem (egal welchem) Lieblingsbuch-Lese-Event genannt wurde. Für die, die es nicht kennen: Dort schlägt jede Eule 3 seiner Lieblingsbücher vor, von denen eine andere Eulen dann einen Titel liest.
    3.38 … in dem jemand Ginger Ale trinkt.
    3.39 … das in einer der letzten beiden Challenges gelesen wurde.
    3.40 … in dem irgendwie eine Eule vorkommt/erwähnt wird oder auf dessen Cover eine Eule abgebildet ist (nicht als Verlagslogo!).
    3.41 … dessen Rezithread mehr als 25 Antworten hat.


    Spezial-Herausforderung 0/7


    3.42 … in dem dein (Real-)Name vorkommt. (Entweder Vor-oder Nachname). Du musst niemandem mitteilen, um welchen Namen es sich in dem Buch gehandelt hat.
    Falls das für deinen Namen sehr schwer ist, gehen auch Abwandlungen davon: Beispiel: wenn du Maria heißt, zählen Maria, Marie, Mary, Marianne …)
    3.43 … … mit einem Genre, das nicht in dein Beuteschema passt.
    3.44 ... in dem hinten Rezepte aufgeführt werden. (kein Kochbuch).
    3.45 … das (wenigstens zum Teil) in der ehemaligen DDR spielt.
    3.46 … das aus der Sicht von mindestens 5 Figuren/ Protagonisten geschrieben ist.
    3.47 … in dem ein umfangreiches Repertoire an handlungsrelevanten Figuren vorkommt (mindestens 20).
    3.48 … in dem folgende Gegenstände vorkommen: Ein Hut, ein Regenschirm, ein Handschuh.

    Wie ich schon im vorvorherigen Abschnitt bemerkte, ist Dahn ganz eindeutig szenisch begabt: Er wäre heute - mit deutlich anderen Ansichten - sicher auch ein guter Regisseur geworden oder jemand, der die Settings abstimmt: Der Auftritt Totilas zu seiner letzten Schlacht ist in hohem Maße kitschig, passt aber auch perfekt als Gegensatz zu Tejas letztem Auftritt: Beide sind große Helden der Goten, die sich aber völlig unterschiedlich inszenieren bzw. von Dahn inszeniert werden, der aber hier Anregungen aus dem Prokop aufnimmt und in die äußerste Apotheose steigert.
    Deshalb glaube ich auch, Zefira , dass er die Schicksale Cethegus' und Tejas bewusst parallel setzt, schließlich töten sie sich am Ende auch gegenseitig.
    Teresa , deinen Ausführungen kann ich aber auch gut zustimmen, danke übrigens für deren Ausführlichkeit und Kenntnisreichtum. Cethegus fasziniert Dahn, aber er liebt ihn nicht wie Teja: Also lässt er Cethegus in großartigem Abgang verbrennen, Teja hingegen in einer Art Auferstehung verklären.
    Was die Figur des Syphax angeht, scheint es mir allerdings, dass er nicht bei Cethegus bleibt, weil er von ihm abhängig ist bzw. dieser ihm das Leben gerettet hat, sondern ein wenig schildert Dahn Syphax Treue wie die Treue eines Hundes, ähnlich wie es für Mataswinthas afrikanische Dienerin gilt. Ich denke, hier frönt Dahn zeitgenössischen Vorurteilen des "edlen Wilden".


    Das Ende am Vesuv und mit der Schiffsentführung in den Norden schafft eine Art neuen Mythos: Es kann allerdings sein, dass Dahn hier mir nicht näher bekannte Motive aus dem Thidreks-Sagenkreis verwendet hat.


    Noch etwas zu Dahn und seine Stellung zum Christentum: Ziemlich eindeutig ist er nicht gläubig, denn alle seine echten Helden sind entweder heilig oder dem christlichen Glauben gegenüber gleichgültig wie z.B. Totila. Die gläubigen Christen haben nur dienende Rollen, und selbst Valeria wählt den von der Kirche nicht zu akzeptierenden Freitod.

    Cethegus ist doch eine historische Persönlichkeit, die Dahn auch in seinen historischen Schriften nennt. Er erwähnt ihn, als er die erfolgreiche Eroberung Roms durch Totila und dessen anschließende Verhandlungen mit Justinian schildert:
    "Jedoch Justinian ließ seinen Gesandten gar nicht vor und weigerte jede Antwort, denn am Hof von Byzanz arbeiteten mächtige Einflüsse gegen jeden Ausgleich mit den Goten: die Häupter der beiden Stände, die den großen Vorteil bei der Austreibung der ketzerischen Barbaren aus Italien hatten, der katholischen Priester und des römischen Adels, der Papst Vigilius (etwa 537-555) und der Patrizier und Konsular Gothigus (alias Céthegus)."
    (Dahn, Völkerwanderung, Kap. 2: Die Ostgoten)
    Das gehört parallel zu den Kapiteln, in denen Cethegus in Byzanz agiert.

    Nun bin ich mit diesem Buchabschnitt auch fertig.
    Manchmal ist die historische Wahrheit interessanter als der erdichtete heldische Tod in unserem Roman.
    Laut Dahns historischen Schriften ist Hildebad keineswegs bei einem Zweikampf mit dem scheinbaren Belisar gestorben, sondern so:


    "Wila, ein junger Gote, in dessen Abwesenheit der König die Braut einem anderen vermählt hatte, schlug Ildibad [=Hildebad], als er mit den Vornehmen beim Mahl saß, plötzlich mit einem Schwertstreich das Haupt vom Rumpf, dass es auf den Rumpf flog."


    Das wäre doch eine saftige Szene gewesen, aber Ildibads Handlungsweise war für Dahn dann doch wohl zu unschön.


    Was mir gut gefallen hat, obwohl es nahe am Kitsch liegt, ist die Szene, in der Teja zum ersten Mal gregorianische Gesänge hört:


    "Ich hörte es einmal, abends, im Dämmerlicht in der Basilika St. Peter. Die Vorhänge der Kirche waren zurückgeschlagen, das Abendlicht flutete träumerisch herein, die Kerzen am Altar gaben ihren roten Schein dazu, Weihrauchwolken zogen duftend dazwischen und unsichtbare Priesterknaben sangen mit hellen Stimmen aus der Krypta."


    Hier zeigt sich Dahn wieder als großer Schilderer, der wunderbar Bilder in den Kopf malen kann.

    Nun habe ich den zweiten Teil über Witichis mit dem melodramatischen Ende des Königs und seiner zwei Frauen beendet. Hier hat übrigens Dahn mehr Geschichtsklitterung als sonst betrieben. Laut Wikipedia wurden sowohl Witichis als auch Mataswintha nach Byzanz gebracht und dort ehrenvoll behandelt. Mataswintha heiratete dort auch Germanus. Übrigens geht Dahn auch in seiner historischen Abhandlung auf das weitere Schicksal der beiden nicht ein, obwohl er die gleichen alten Quellen wie die Wiki-Artikel angibt.
    Aber zum Erzählen wars so mie im Roman natürlich viel dramatischer und romantischer!
    Es gibt auch ein paar Parallelen in der Personenkonstellation. Denr Kerkerwächter von Witichis, der zwei Kämmerchen am Turm bewohnt, erinnert mich an den Torwächter in Neapel mit seiner schönen Tochter, deren Part in der Szene hier Rauthgundis übernimmt. Beide sterben für den Mann, den sie lieben und beide Wächter erliegen auch.
    Hildebad hat Dahn wohl kein eigenes Buch gönnen wollen, zu kurz war seine Regierungszeit wohl.

    Das Buch hat viele gute Seiten (im doppelten Sinne des Wortes :-)),aber natürlich ist es auch ein Zeichen der unreflektierten Ideologie seiner Zeit, dem Zeitalter der Nationalstaaten und insbesondere hier die Phase der Reichsgründung und des Kriegs gegen Frankreich 1870/71.


    Das muss man sagen dürfen, auch wenn es Spaß macht, den Roman zu lesen.


    Auch mir geht es so wie dir, maikaefer , ich mag trotz ihrer ideologischen Verirrungen Werke einiger Autoren, die sogar offen mit den Nazis sympathisiert haben, wie z.B. viele Gedichte von Gottfried Benn, die ich für das Schönste halte, was in deutscher Sprache geschrieben wurde. Aber man muss eben solche Leute differenziert sehen und sich über die schönen Stellen freuen, aber auch hervorheben, was einem bedenklich scheint. Auch wenn Dahn sich vielleicht von den Nazis distanziert hätte, vertritt er einige nationalchauvinistische Ansichten, die gefährlich sind. Ich meine, dass gerade in einer Leserunde auch dafür Platz sein muss, so etwas zu bemerken.


    So, nun aber zurück nach dem Roman: Nach meiner Lesepause steige ich wieder ein in dem Moment, wo die Goten unter Witichis den letzten Versuch machen, Rom einzunehmen.
    Interessant finde ich die umtriebige Gestalt des Syphax: Er ist seinem Herrn Cethegus treu ergeben und hat keinerlei Probleme mit dessen Charakter. Im Gegensatz zu Cethegus' anderen Getreuen scheint dieser für seinen Sklaven auch aufrichtige Zuneigung zu empfinden bzw. hält ihn für besonders wertvoll, z.B. als er ihn während des Ansturms der Goten wegschickt mit einem Auftrag, der ihn aus der Gefahrenzone wegbringt.
    Dass Witichis Syphax gegenüber so leichtgläubig ist, erstaunt mich, es passt nicht zu seiner ansonsten gezeigten Wohlüberlegtheit.

    Im dritten Teil unserer Lektürerunde nutzt Dahn auch wieder die geschichtlichen Gegebenheiten (Heirat Witichis' mit Mataswintha) hemmungslos für romantische Umwege zum historischen Resultat: Mataswintha wird enttäuscht durch Witichis' Vernunftheirat mit ihr und zieht deshalb alle Register, um die gotische Herrschaft in Italien zu zerstören. Das macht das Ganze natürlich für uns um so "haptischer".


    Es geht hier wieder sehr ums Volk und die Treue zu ihm. Wie Hildebrand seinen Enkel exekutieren lässt, weil der, der Erziehung und Einstellung nach Römer und auch biologisch zur Hälfte, sich auf die Seite der Römer stellt, das ist schon starker Tobak und hat den Chefideologen der Nazis bestimmt gut gefallen. Tut mir Leid, dass ich da manchmal so drauf rumhacke, aber solche Stellen stoßen mir schon bitter auf.


    Übrigens bin ich ab morgen ein paar Tage in Urlaub und will mich nicht mit dem dicken Wälzer belasten. Ich lese dann ab Sonntag darin weiter.


    Viel Spaß, @maikäfer, mit dem Normannen in Italia, ist ja gar nicht so weit weg von unserem Thema.

    Zitat

    Original von Zefira
    Ich kann dazu sagen, dass Gothelindis' Schicksal - als ich im Alter von etwa elf das Buch zum ersten Mal las - mich bewegt und gerührt hat. Amalaswinthas mutwilliger Wurf der Schere hat ihr Leben auf einen Schlag zerstört; Amalaswintha hat ihr alles genommen, und außer Eutharich, den sie nicht behalten durfte, hat nie jemand Mitgefühl für sie empfunden. Mir hat sie einerseits leid getan, andererseits empfand ich eine gewissen Achtung vor ihr. Mit ihreer kompromisslosen Rachsucht, die sogar Theodahad Angst einflößt, ist sie letztlich kaum weniger standhaft als die gotischen Helden, nur ist ihr Heldentum fehlgeleitet.


    Da würde ich dir zustimmen, gerade im Kontrast zu dem geldgierigen Opportunisten Theodahad wirkt das so! Gothelindis hat durchaus antike Größe: ich könnte sie mir gut als Titelgestalt einer griechischen Tragödie, wie z.B. Medea, vorstellen.

    Nun bin ich auch über Kapitel 60 hinaus: Es geht bei mir langsam, weil der Roman für mich Erstlektüre ist und wir außerdem im Moment renovieren, da fall ich abends ins Bett und komm kaum mehr zum Lesen.
    Aber nun zum Roman: Die Handlung bleibt spannend und immer mehr wichtige Personen kommen ums Leben: Theodahad, seine Frau, Miriam, Valerias Vater ... .
    Cethegus fährt eine interessante Doppelstrategie gegen Goten, Kirche und Byzantiner.
    Witichis als neuer König ist eine makellose Lichtgestalt und trifft kluge politische Entscheidungen.
    Übrigens durchaus modern, dass Dahn immer wieder die Schauplätze wechselt, bevor ein Erzählabschnitt zu Ende geführt ist.

    Entschuldigung,


    ich habe mich um mindestens 50 Seiten verzählt, hab jetzt aber alles mit dem Gutenberg-Text abgeglichen.


    Bin also noch mitten drin im zweiten Abschnitt und möchte jetzt auch mal was Lobendes schreiben:


    Das Ende von Amalaswintha könnte auch ein Jussi Adler Olsen nicht dramatischer gestalten. Die Szene hat mich wirklich sehr an diesen Krimiautor erinnert. Das gesuchte technische Setting (mit den Mitteln der damaligen Zeit), die psychologische Motivierung Gothelindis und das beobachete Opfer im verschlossenen Raum, das ist allererste Thrillersahne und für das 19. Jahrhundert durchaus modern, wenn auch nicht singulär.


    Wie du, Teresa , im nächsten Abschnitt schreibst, rührt Gothelindis Schicksal schon und wirft einen weiteren negativen Schein auf Amalaswintha, die ihren doch ziemlich folgenreichen und gemeinen Anschlag auf ihre damalige Rivalin anscheinend vergessen/verdrängt hat und für vernachlässigbar hält.


    Im Tod darf sie dennoch noch einmal Größe gewinnen und Gothelindis darf uns wieder von Gesicht und Charakter her hässlich erscheinen.

    Diese dreißig Kapitel habe ich nun auch hinter mir. Das Ganze entwickelt sich zu einem riesigen Intrigenspiel, in das immer mehr Personen eingreifen, nun auch der byzantinische Kaiser Justinian, seine Gattin, ihr Gesandter Petros, Theodahad und Gotelindis.


    Dagegen stehen die Lichtgestalten Mataswintha (ganz "Weib": bloß Liebe und Heim, keine Politik, kein Machtstreben) und Totila sowie aber auch der verzichtende Ziehsohn von Cethegus, Julius, diesem kontrastiv gegenübergestellt.


    Interessant, dass die Bösen häufig, nicht immer, auch äußerlich missraten sind: Ich glaube nicht, dass dies aus Quellen überliefert ist (vielleicht mit Ausnahme Justinians und Theodoras, wobei ersterer meiner Meinung nach durchaus differenziert dargestellt wurde, zumindest in der einleitenden Vorstellung, als die Handlung nach Byzanz wechselt). Eine ziemlich holzschnittartige Methode.
    Die historischen Fakten scheinen aber weiter im Groben richtig dargestellt und spannend ist die Story allemal.

    Nun habe ich die ersten dreißig Kapitel hinter mir.


    Das kontrastive Schreiben scheint den ganzen Roman zu durchziehen, wieder sehr auffällig bei der Szene auf Herzog Witichis Landgut mit seiner fleißigen Frau Rauthgundis, die ihr Haus und ihren Hof sauberer hält als es je römische Sklaven könnten - die schwäbische Kehrwoche lässt grüßen - und die zu grundehrlich und den "Welschen" zu feind ist, als dass sie es am Hof in Ravenna aushielte. Kurz danach beobachten wir junge Römer, die sich bei einer Orgie um den intriganten Cethegus scharen und halt- und gewissenlos ihrer Sinneslust frönen. Auch im Kleinen liebt Dahn die Schwarz-Weißmalerei, wenn er die römischen Sklaven auf Witichis Landgut die Tiere quälen lässt, während die guten Goten zuerst die Tiere versorgen und erst dann an sich denken.


    Tja, warum les ich das weiter? Weil Dahn andererseits ein ungeheures, detailgenaues Bild einer Zeit schafft, über die es auch heute noch kaum historische Romane gibt. Allein das oben erwähnte Gelage ist so aufwändig geschildert, dass man meint, mit an der Tafel zu sitzen. Überhaupt sind die Römer in dem Roman bisher die interessanteren Personen, weil sie nicht idealisiert werden.


    Übrigens gönnt er sich einige dichterische Freiheiten, obwohl er diese Epoche genauestens studiert hat.
    Ich lese parallel zum Roman jene von Dahns historischen Schriften, die sich auf die gleiche Epoche beziehen.
    Auch darin erkennt man den voreingenommenen Germanenfreund, aber er ist auch ein gründlicher Quellenkenner und gibt diese durchaus so wieder, dass man die Ereignisse von mehreren Seiten sieht.
    Zu den dichterischen Freiheiten:
    Athalarich ist laut Dahn zum Zeitpunkt des Todes seines Großvaters deutlich jünger als die Romanfigur, erst acht Jahre. Aber das passte natürlich nicht für die ergreifende Kamilla-Geschichte.
    Auch ist es nicht Athalarich, der wieder stärker die Goten an den Hof holt, sondern diese trotzen Amalaswhinta ab, dass ihr Sohn, den sie zuvor stark "römerisierend" erzogen hatte, nun mit jungen Goten umgeben wird. "Diese aber verderben den Jüngling alsbald mit allerlei Ausschweifung und hetzen ihn gegen die Mutter auf, ihr die Herrschaft zu entreißen."
    Im Roman wird daraus eine Phalanx von altehrwürdigen und erfahrenen Goten, die den jungen König beraten.


    Ansonsten stimmt aber das Dargestellte bisher, soweit ich es ermitteln konnte, mit den historischen Ereignissen meist überein.