Beiträge von finsbury

    Das liest sich ja wie geschnitten Brot, dieser Roman! Ich hatte einen kleinen Hänger gleich im ersten Kapitel wegen der vielen Namen, aber als ich das überwunden hatte, konnte ich gar nicht mehr aufhören mit Lesen.

    Das Hobbes-Zitat am Anfang stimmt einen wirklich etwas düster, wie du Ellemir , oben schon schreibst, und hier am Anfang ist ja noch gar nicht abzusehen, wie es weitergeht. Von Joe wird im Prolog aus der Sicht der Dorfbewohner ja auch immer in der Vergangenheit gesprochen, was nicht unbedingt seinen Tod, aber doch wohl die Aufgabe des Dorfs als seinen Wohnort bedeutet.

    Die Rettung des Wals durch die gemeinsame Anstrengung aller Dorfbewohner empfinde ich auch wie viele von euch als Wohlfühlstelle, die einen an das Bessere im Menschen glauben lässt und sich stark abgrenzt von den Kapiteln, in denen Joe auf die eiskalte Finanzwelt zurückblickt.
    Ich finde das Buch so spannend, dass ich in einem Rutsch schon bis Seite 140 gelesen habe, weshalb ich jetzt hier erstmal nicht fortsetze.

    Wollen wir hoffen, dass sich die sinnvollen, umwelt- und menschenfreundlichen Entwicklungen durchsetzen. Je älter ich werde, desto pessimistischer bin ich aber in dieser Hinsicht. Ich glaube schon, dass sich die Menschheit irgendwann entweder dem Klimawandel anpasst oder diesen etwas abmindern kann, aber das wird wohl nicht ohne viel Leid und Konflikte abgehen.


    Wenn ihr hier Lust habt, vielleicht mal die "Bösen Philosophen" von Philip Blom zu lesen, würde ich da gerne mithalten. Historisch schließt sich dieses Buch recht gut an das hier Gelesene an.

    Der Austausch hat mir Spaß gemacht. Eine schöne Leserunde, wenn ich auch recht spät eingestiegen bin. Danke.

    Da hast du wohl Recht. Schade, dass nur wenige Leute solche Bücher lesen wie dieses oder sich anders mit dem beschäftigen, was dem Gedeihen der Menschheit insgesamt und mit ihr der Erde als unserem Lebensraum schon immer im Wege stand und heute mehr denn je im Wege steht.

    Ich bin nun fertig mit dem Buch. Den Epilog finde ich sehr bitter, aber leider auch sehr realistisch.

    Die zweite Hälfte des Buches , in dem es um den zweiten Teil der Kleinen Eiszeit im 17. Jahrhundert und die dortige sozioökonomische und kulturelle Entwicklung ging, hat mir noch besser gefallen. Das war einmal eine richtig gute Philosophiegeschichte, die sich im realen Umfeld erdet und die Wirkung darauf zeigt.

    Interessant ist die Weise, wie die Juden ihre Regeln interpretieren. Wie sie den Spagat schaffen zwischen der Pflicht der buchstabengetreuen Anwendung der Gesetze und den Gegebenheiten des Alltags.

    Den Abschnitt habe ich gerade gelesen. Eigentlich ist das doch auch schon irgendwie lustig und selbstironisch, wenn die Talmudisten bei der Auslegung des Gesetzes zum "eigenwilligen und ungehorsamen Sohn" selbst schreiben, dass es den bei ihrer Auslegung gar nicht mehr geben kann. Wer isst schon jeden Tag anderthalb Kilo nicht koscheres Fleisch und trinkt ein Fass italienischen Wein? Auch die Auslegung des "gehorcht unserer Stimme nicht" im Sinne, dass die Eltern den Jungen gleichzeitig mit den gleichen Worten und mit der gleichen Tonhöhe ermahnen müssen, damit der Tatbestand des Nichtdaraufhörens festgestellt werden kann, ist doch wirklich sehr buchstabengetreu. Aber alles, was der Menschlichkeit dient, ist in Ordnung, egal wie weit man es bei Beachtung religiöser Vorschriften herbeiziehen muss.

    Erschüttert war ich von dem Ausmaß der Judenpogrome in Osteuropa zu der hier dargestellten Zeit: 100 000 Tote bei einer sehr viel geringeren Bevölkerung als heute, das ist schon auch hier eine frühe Form des Völkermordes.

    "Das eherne Zeitalter" habe ich nun auch abgeschlossen. Mir ist vorher zwar bewusst gewesen, dass die Niederländer im 17. Jahrhundert eine große Handelsmacht waren, aber ihre auch sozioökonomisch-philosophische Vorreiterrolle war mir so nicht klar. Gut finde ich immer wieder, wie Blom die Epochenparadigmen an Individuen verdeutlicht. Dabei hat mir auch die Bildanalyse des Stillebens von Maria van Osterwijk besonders gefallen. Schade, dass das Buch keine Farbtafeln hat. Das wäre durchaus hilfreich. Wieder habe ich einiges dazugelernt über den Merkantilismus und einige mir bisher kaum bekannte Philosophen. Manchmal ärgere ich mich ein wenig über nicht ganz saubere logische Bezüge, z.B. im Kapitel über den Offizier im Ruhestand, wo es zu Beginn nicht verständliche Zahlenwerte gibt, oder bei Gassendi und Fludd, wo die Bezüge auch manchmal unklar sind. HIn und wieder hätte auch ein Mehr an Synonymen nicht geschadet, da es hin und wieder auffällige Adjektivdoppelungen gibt. Aber das ist wirklich Nebenbei-Meckerei. Der Erkenntnisgewinn durch dieses Buch ist für mich als Nicht-Historiker durchaus beträchtlich.

    Inzwischen habe ich das erste Kapitel "Gott hat uns verlassen" gelesen und finde gut, dass Blom hier mit Zitaten aus zeitgenössischen Dokumenten arbeitet. Insgesamt bin ich über die Zusammenhänge und Auswirkungen durch die obengenannte "Kulturgeschichte des Klimas" schon recht gut informiert. Aber ich habe mich gefreut, im Zusammenhang mit dem Klima von John Dee, Giordano Bruno und Montaigne zu hören. Besonders Montaigne könnte sich eventuell zu einer Folgelektüre entwickeln.


    Die einleitende Bildbetrachtung gefällt mir auch sehr gut und motiviert zum Weiterlesen.

    Großartig, dass ihr das Buch hier lest. Ich bin gerade an der "Kulturgeschichte des Klimas" von Wolfgang Behringer, der auch ein Drittel des Buches der Kleinen Eiszeit widmet, wobei er diesen Begriff großzügiger auslegt und damit die Zeit vom 14. bis zum Ende des 19. Jahrhunderts meint. Behringer ist kein Klimaforscher, sondern Historiker. Insofern zeigt er auch die Konsequenzen der Abkühlung für Wirtschaft, Kultur und Gesellschaft auf. Ich habe noch ca. 40 Seiten im Behringer zu lesen, dann ist auch bei mir der Blom dran. Ich habe letztes Jahr diese beiden Bücher zusammen gekauft, weil ich einen Kunstthriller gelesen hatte, in dem es um einen Brueghel ging, der ein WInterthema zum Inhalt hatte. In diesem Zusammenhang wurde auch die Kleine Eiszeit erwähnt.

    Für 4.3 Ein Buch mit einem interessanten ersten Satz habe ich Robert Seethaler: Ein ganzes Leben gelesen.


    Hier kommt der gekürzte Satz:


    Zitat

    An einem Februarmorgen des Jahres neunzehnhundertdreiunddreißig hob Andreas Eger den sterbenden Ziegenhirten Johannes Kalischka, [...] von seinem stark durchfeuchteten und etwas säuerlich riechenden Strohsack, um ihn über den drei Kilometer langen und unter einer dicken Schneeschicht begrabenen Bergpfad ins Dorf zu tragen.


    Da werden einerseits schon viele W-Fragen (hallo Schule :wave) beantwortet und gleichzeitig wird eine große Spannung aufgebaut, weil man wissen will, was mit den beiden passiert. Durchaus gelungener Romananfang!