Ich glaube nicht, dass diese Diskussion jetzt in eine langweilige Diskussion darüber abdriften sollte, ob es Gott gibt oder nicht. Obwohl man daran sehr schön sehen könnte, dass das eben auch nur wieder eine Diskussion zwischen verschiedenen unbeweisbaren Dogmen ist, bei der sich die Kontrahenden am Ende verbal die Köpfe einschlagen.
Hier geht es um die Frage, ob Religion die Ursache gewalttätiger Konflikte und Kriege und insbesondere des Israel-Palästina-Konfliktes ist.
Tom
: Welche wirklichen Argumente kannst du dafür nennen, dass die kausale Reihenfolge so ist, wie du sie darstellst, dass also Religion die Ursache von Konflikten ist, und nicht möglicherweise doch eher so aussieht, wie man bei der gleichen vorliegenden Korrelation zwischen religiösen Einstellungen und gewalttägigen Auseinandersetzungen auch annehmen könnte: Konflikt zwischen Gruppen führt zu verstärktem Zusammenhalt innerhalb der Gruppen, wodurch der Fanatismus steigt und somit auch der religiöse Fanatismus als Abgrenzungsmerkmal zur anderen Gruppe? Wie kannst du so sicher sein, dass der religiöse Fanatismus z.B. der Palästinenser und der Israelis die Ursache und nicht etwa die Folge von Konflikten ist?
Meinst du nicht, dass in einem Gebiet wie Gaza der religiöse Fanatismus zwangsläufig ansteigen muss, als Folge der extremen Lebensumstände dort?
Hälst du es für abwegig, dass eine friedliche Lösung, z.B. indem man den Palästinensern die Gründung eines eigenen Staates erlaubt, möglich wäre, solange hier verschiedene Religionen nebeneinander existieren müssen? Warum? Selbst für das friedliche Zusammenleben von Juden und Moslems gibt es viele Beispiele, sogar dort in Israel/Palästina. Wie kommst du auf die Idee, dass es diesen Menschen aufgrund ihres Glaubens nicht möglich wäre, friedlich miteinander zu leben?
Hat es religiöse Gründe, dass man den Palästinensern keinen eigenen Staat zugesteht? Meinst du nicht, dass es eher damit zu tun haben könnte, dass Israel sich das "Recht", gelegentlich mal ein paar weitere Stückchen vom Palästinensergebiet zu annektieren, nicht verbauen möchte? Und dass möglicherweise, um die Zustimmung der gläubigen Bevölkerung für diese Politik zu erhalten, religiöse Motive vom heiligen Land und ähnlichem in den Vordergrund geschoben werden?
Was ist mit den Gegenbeispielen, die genannt werden, für Konflikte, in denen Religion ganz offensichtlich keine oder nur eine untergeordnete Rolle spielt? Du marginalisierst sie einfach, weil sie nicht in dein Erklärungsschema passen. Diese Gegenbeispiele sind aber ein deutlicher Hinweis darauf, dass deine Annahme möglicherweise nicht so stimmig ist, wie sie auf den ersten Blick aussieht, und die Zusammenhänge vielleicht ganz anders aussehen.
Und es gibt nicht nur die Gegenbeispiele von grossen gewalttätigen Konflikten ohne religiösen Hintergrund, es gibt auch viele Gegenbeispiele davon, wie Menschen mit verschiedenen religiösen Ansichten friedlich miteinander leben. In der Regel dann, wenn bestimmte konfliktfördernde Umstände nicht gegeben sind, die diese Menschen sonst um begrenzte Ressourcen streiten und aufeinander losgehen lassen würden, wobei sich hierbei aufgrund der ethnozentrischen Bewusstseinsstufe Gruppen zusammentun, das können religiöse sein, es können aber genauso ideologische, nationalistische, ethnische Gruppen sein.
Was sagst du zu meinem Vorwurf, dass deine Unterteilung in "Vernünftige" und "Religiöse" genauso einen unnötigen Keil zwischen die Menschen treibt und genauso eine gruppendynamische Komponente hat wie jede andere Trennung zwischen Gruppen von Menschen, ob diese jetzt Religion, Ideologie, Hautfarbe oder sonstwas als Grundlage hat? Warum muss man mit dem Finger auf eine Gruppe zeigen und ihr die Schuld zuweisen? Natürlich, wirst du sagen, weil es so "ist". Aber genau das sagen die anderen ja auch. Alle glauben, im Besitz einer Wahrheit zu sein, und jeder, der eine andere Ansicht hat, ist der Feind und schuld an allem Übel. Jeder schafft es, sich seine Realität so zurechtzubiegen, dass sie in dieses Schema passt.
Man kann diese Gruppendynamik sehr gut an der Entstehung von bestimmten Gruppierungen wie der Giordano-Bruno-Stiftung, der GWUP, den Brights oder der FSM-Bewegung erkennen, wo sich Leute, die eine bestimmte Weltanschauung haben, zusammenschliessen, um gegen Leute, die andere Anschauungen haben, vorzugehen und allgemein versuchen, die Menschen von ihrer Anschauung zu überzeugen (man könnte auch sagen: missionieren). Sieht man diese Leute in Talkshows sitzen (sie sind dort gern eingeladene Gäste), dann bemerkt man schnell denselben fanatischen Eifer, die emotionsgeladene Argumentationsweise, das Lächerlich- und Schlecht-Machen der Andersdenkenden, die man sonst von religiösen Fanatikern kennt.
Warum drückst du dich z.B. beleidigend aus, indem du z.b. Propheten als "Analphabeten in der Wüste" diffamierst, hälst du das wirklich für so eine ausgewogene und gar nicht von persönlicher Voreingenommenheit gefärbte Position? Meinst du nicht, dass hier deine Ressentiments durchschimmern, die sich gar nicht so sehr von denen unterscheiden, die ein Moslem eventuell gegen einen Juden oder ein Christ gegen einen Atheisten hegt?
Du schimpfst auf die religiösen Dogmatiker, aber ich habe den Eindruck, dass du selber einer sehr dogmatische Einstellung hast, die mehr oder weniger immun gegen jedes Gegenargument zu sein scheint.