Ja, Reno Kassmann ist sicherlich ein Individualist; ein Individualist, der ein Buch über sein Leben, seine Person, seine Ansichten und Erfahrungen geschrieben hat, wobei die gewählte Sprache – dem sei zugestimmt – einfach, oft derb und direkt ist.
Doch ist sein Buch m. E. durch und durch geprägt von emotional, individueller Wahrnehmung – zwischen den Zeilen.
Nelly vertritt die Ansicht, dieses Buch würde denen, die das Leben weniger intellektuell (als sie) angingen, sicherlich Freude bereiten, sie selbst aber konnten die Reiseberichte nicht überzeugen, ihr fehlte Kartenmaterial, Erörterungen über u. a. Kultstätten-Besuche usw. Ich denke, damit wurde der Mangel des "überspringenden Funkens" in seinem Ursprung von ihr selbst benannt. Intellektualität.
Ich selbst habe mit Auszeichnung ein WiWi-Studium abgeschlossen, bin Steuerberaterin, wodurch ich im umgangssprachlichen Sinn schon als intellektuell gelte – was auch immer das sein mag. Zudem zählen zu meinen bevorzugten Autoren neben T. Mann, F. Dostojewski, S. Lenz u. a. M. Köhlmeyer, P. Hoeg und neuerdings auch G. Carofiglio; ich habe in meiner Freizeit Schiller, mit Begeisterung Sartre, Freud u. a. gelesen, auf meinem Nachttisch liegt bisweilen der Gracian – und zwischendurch begeistert mich z. B. Marshall Thomas "Das geheime Leben der Hunde", Zirngibls "Kalte Schnauzen, kalte Hände (…)" … und Kassmanns "Lebe deinen Traum (…)" – denn genau das macht Intellektualität - dem Wortstamm nach - aus, das Verstehen. Das Verstehen der Intension des Verfassers. Kassmann schreibt über sein Leben in der Sprache, in der es gelebt wurde, er beschreibt Situationen, wie er sie empfand, gekennzeichnet durch die Details, die er hervorhebt. Ihm geht es keineswegs darum, einen Reisebericht zu verfassen, Besuche von Kultstätten zu vertiefen o. Ä. – er schreibt über sein Leben, seine Erfahrungen und seine Emotionen, die nicht immer offen benannt, jedoch zwischen den Zeilen stets gegenwärtig sind.
Ja, mir hat dieses Buch durchaus Freude bereitet, ich nahm gern teil an den Reisen, den Erfahrungen, den Exzessen und den Emotionen; … dahingestellt sei nun, ob es an mangelnder oder eher an vorhandener Intellektualität lag.