Von einer Skala von 1-10 würde ich 5 vergeben. Ich hatte hohe Erwartungen, da ich viel Gutes über den Roman gehört hatte. Die Rahmenhandlung an sich war gut, jedoch hätte man viel mehr daraus machen können. Es haben mich an der ganzen Geschichte zu viele Punkte gestört, als dass ich mehr als eine mittelmäßige 5 vergeben könnte.
Konkret meine ich folgende Punkte:
Emilys Gründe für den Selbstmord warenzu unschlüssig. Ihr Selbstmord war ja eigtl das Hauptthema. Ihre Gründe und ihr Charakter insgesamt hätten viel besser durchleuchtet werden müssen. Sie wollte Chris und ihren Eltern nicht mitteilen, dass sie Chris nur als einen Art Bruder liebt und nicht als Mann/Partner. Lieber wollte sie sterben, als die Erwartungen anderer nicht zu erfüllen. DAS erscheint mir zu sehr an den Haaren herbeigezogen. Chris wäre schon eines Tages darüber hinweg gekommen, wenn sie Schluss gemacht hätte. Und ihre Eltern hätten sicher auch kein riesen Problem damit gehabt, solange ihre Tochter glücklich ist. Gerade ihr Vater Michael schien mir immer sehr verständnisvoll.
Ein weiterer Beweggrund Emilys zum Selbstmord: Die Schwangerschaft. Aber: Wieso hat sie das Kind nicht abgetrieben, anstatt sich gleich tot zu schießen?! Irgendwann ca in der Mitte des Romans hatte sie einen Termin zur Abtreibung, hat den verantwortlichen Gynäkologen aber total panisch vertrieben, weil dieser ihr zwischen die Beine greifen musste, um die Abtreibung vorzunehmen. Diese Panik rührt wohl von dem Missbrauch, der ihr in der Toilette als Kind widerfahren ist. Okay. Aber sie hätte genauso gut zu einer FrauenärztIN gehen können, um die Abtreibung vorzunehmen. Dann hätte sie ja wohl nicht so reagiert wie bei dem männlichen Arzt? Wie gesagt, ihre Selbstmordgründe insgesamt wirken einfach zu überzogen und/oder wurden einfach nicht anschaulich genug beschrieben.
Chris ist in meinen Augen total unverständlich damit umgegangen, als er von Emiliys Selbstmordplänen erfuhr. Letzten Endes hat er diese akzeptiert und ihr sogar die Waffe besorgt. Allein das ist lächerlich. Wenn man jemanden so sehr liebt, wie Chris Emily angeblich liebt, würde man dieser Person sicherlich nicht unter solchen Umständen zur Tötung verhelfen und dies einfach so akzeptieren. Auch die Tatsache, dass Emily ihm nie erzählt hat, weshalb sie sich überhaupt umbringen will, hat er ohne weiteres so hingenommen. Er hätte viel mehr Entsetzen und Neugier diesbzgl zeigen müssen.
Noch im gleichen Monat, in dem Emily stirbt, hat Chris Geburtstag und sitzt mit seiner Familie am Geburtstagstisch und isst Kuchen. Wo bleibt da denn die Trauer? ich hatte erwartet, dass er total sauer auf den vorbereiteten Geburtstagstisch reagieren würde, dass ihm einfach der Sinn nicht nach Geburtstag feiern steht. Aber er hat mitgemacht. Die Liebe seines Lebens hat sich wenige Wochen zuvor vor seinen Augen erschossen, ein schreckliches Erlebnis. Und kurz darauf nimmt er an seiner kleinen Geburtstagsfeier teil? Irgendwie hat mir so insgesamt die Trauer von Chris gefehlt.
Jordans Auftreten vor Gericht war so klischeehaft, wie man es sich nur vorstellen kann. Genauso treten die Anwälte auch in amerikanischen Serien vor Gericht auf, immer einen coolen Spruch auf den Lippen.
Diese Anziehung am Ende zwischen Gus und Michael habe ich nicht verstanden. Was wollte Picoult damit erreichen?
Insgesamt fand ich den Roman auch etwas zu langatmig, man hätte locker 100-200 Seiten kürzen können. Ich hab viel geschrieben, aber vllt hat der ein oder andere Lust, sich zu meinen Gedanken zu äußern.