Aus der Amazon.de-Redaktion
Gustavo Pedrolli ist glücklich. Sanft liegt der stellvertretende Leiter der Pädiatrie in einem Krankenhaus in Venedig an den Rücken seiner Frau geschmiegt im Bett, etwas entfernt schlummert sein kleiner Sohn. Pedrolli stört es nicht, dass der Junge eigentlich nicht sein leiblicher Sohn ist, dass er ihn illegal gekauft hat von einer Frau, die ihr Kind nicht haben wollte und das Geld brauchte, dass er ihn an den Behörden vorbei „adoptiert“ hat, indem er ihn als seinen eigenen, unehelichen Sohn ausgegeben hat. Aber dann steht plötzlich eine vermummte Spezialeinheit der Polizei in seinem Zimmer und richtet Pedrolli so übel zu, dass er für eine lange Zeit nicht mehr sprechen kann. Und dann wird ihm auch sein geliebter Sohn genommen, unwiederbringlich verschleppt in ein Waisenhaus.
Woher kommt das Kind? Warum ist die Polizei dermaßen brutal gegen den „dottore“ vorgegangen? Welche Rolle spielt der zwielichtige Apotheker, bei dem die Ermittler verdächtige Akten über seine Kunden finden? Und warum zeigt Pedrollis Frau keinerlei Gefühlsregung, als man sie über „ihr“ Kind und sein Schicksal befragt? In seinem sechzehnten Fall Lasset die Kinder zu mit kommen steht Commissario Brunetti vor allerlei Rätseln, denen er in altbewährter Manier nachzugehen versteht. Dabei versteht es die US-amerikanische und in Venedig lebende Bestseller-Autorin Donna Leon einmal mehr, auch das Privatleben des Commissario Revue passieren zu lassen -- bis hin zum „offenen“, und dennoch runden Ende, das Pedrolli (und Brunetti) einmal mehr verstummen macht.
Vielleicht ist Lasset die Kinder zu mit kommen Leons bisher routiniertester Roman. Zweifellos hat das Buch einige Längen, die den Leser in Versuchung setzen, die ein oder andere Seite in Erwartung der Lösung des Falls zu überblättern. Und trotzdem ragt Brunettis sechzehnter Fall aus der großen Zahl der Krimineuerscheinungen psychologisch klar heraus. Routiniert erzählt zwar, aber über weite Strecken brillant und spannend. -- Stefan Kellerer, Literaturanzeiger.de
Ich kann keine sehr objektive Meinung zu dem Buch schreiben, denn ich bin bekennender Leon/Brunetti Fan.
Dieses Mal gibt es keinen Mord, keine furchtbare Gewalttat sondern es geht "nur" um ein illegal adoptiertes Kind. Ein Kind, das die Mutter nicht haben wollte und verkauft wurde. Dieser Junge wird mitten in der Nacht seinen Adoptiveltern aus den Händen gerissen und der Jugendwohlfahrt übergeben. Bei dieser Carabiniereaktion wird der Vater verletzt und deshalb kommt auch Commissario Brunetti ins Spiel.
Die Sorge um den Jungen, den verletzten Vater, die distanzierte Mutter beschäftigen Brunetti sehr und deshalb versucht er weiterhin den Fall zu lösen, obwohl sich, so scheint es, keiner mehr um diesen Fall kümmern mag.
Wann beginnt man Vater zu sein bzw. Vater zu werden? Diese Frage stellt sich Brunetti hier häufiger. Wann wäre es nicht schmerzhaft gewesen seine Kinder zu verlieren? Würde es einen Unterschied machen, wenn er erfahren hätte, dass seine Kinder gar nicht von ihm wären?
Es ist die Menschlichkeit, die ich an Brunetti mag. Es ist die Normalität, die er versucht aufrecht zu erhalten, in Augenblicken, wo es ihm fast das Herz zerreisst. Die Familie, die manches Mal ein wenig zu schön ist um wahr zu sein. Die Kollegen, die ihn immer wieder überraschen und unterstützen, sind mir auch sehr ans Herz gewachsen.
Alles in allem finde ich "Lasset die Kinder zu mir kommen" einen ausgesprochen guten Krimi, wenn auch die Lösung leider recht realisitisch ist und mich deshalb traurig gemacht hat.