Beiträge von Tiramisu

    Inhalt:


    Das jährliche Apfelblütenfest ist in vollem Gange, da steht plötzlich eine junge Frau vor Apfelbauer Jules und bewirbt sich als Haushälterin. Dabei ist die Stelle seit über 30 Jahren vakant, Jules hat das Stellenangebot nämlich als Kind in einen Apfelbaum geritzt, nachdem er seine Mutter auf tragische Weise verloren hat. Obwohl Lilou anfangs so gar nicht mit ihren Qualitäten als Haushälterin überzeugen kann, schafft sie es dennoch, die Probezeit zu bestehen und erobert nach und nach Jules Herz.


    Meine Meinung:


    Was sich anhört wie ein absolut unkompliziertes Wohlfühlbuch, entpuppt sich dann doch als überraschend tiefgründiger und bewegender Schicksalsroman. Während Lilou und Jules sich nach und nach zu einem Paar zusammenraufen, tauchen Probleme und schier unüberwindbare Hindernisse am Horizont auf, denen sich die beiden stellen müssen. Während Lilou dabei den temperamentvollen und impulsiven Anteil am partnerschaftlichen Leben verkörpert, ist Jules eher ein nachdenklicher, verschlossener und bisweilen auch melancholischer Typ. Das Aufeinanderprallen dieser extremen Charaktere macht einen großen Reiz aus und es ist dem Autor hervorragend gelungen, die unterschiedlichen Lebensentwürfe und -einstellungen darzustellen.


    Dabei verliert die Geschichte nie ihre Leichtigkeit, denn die Protagonisten dürfen trotz ihrer Probleme eine wunderschöne Zeit der Verliebtheit erleben; die französische Lebensart mit ihren Gaumengenüssen, begleitet von Cidre und Calvados, und die wunderbaren Landschaften der Normandie samt ihrer Atlantikküste tragen ihren Teil dazu bei, dass weder Figuren noch Leser in eine Stimmungstief abstürzen, wenn auch so mancher schöne Frühlingstag schon von bösen Vorahnungen überschattet ist.


    Der Sprachstil ist eloquent und beschwingt, ich fand ihn stilmäßig sehr schön zu lesen. Es ist dem Autor hoch anzurechnen, dass er es sich mit dem Ende der Geschichte auf keinen Fall leicht gemacht hat. Sie endet traurig aber schön, und das so hinzubekommen ist bestimmt nicht einfach gewesen. Auch am Ende verstärkte sich in mir nochmal das Gefühl, hier keinesfalls leichte Kost zu lesen, sondern einen Roman mit einer eindringlichen Botschaft, nämlich das Leben zu leben und zu genießen, solange noch Zeit dafür ist.


    8 von 10 Eulenpunkten


    Edit: Buchttitel im Threadtitel ergänzt. LG JaneDoe

    Karolina Dahl, Kriminalkommissarin beim LKA, hat einen vordergründig illustren Auftrag vor sich; sie soll undercover nach Sylt reisen und dort dem verdächtigen prominenten Bauunternehmer Jahnke nachweisen, dass seine Geldgeschäfte nicht mit rechten Dingen zugehen. Ihre Tarnung: sie ist Schriftstellerin und wird seine Biographie schreiben! Doch der eitle Jahnke hat keine Gelegenheit, ihr seine Geheimnisse zu offenbaren, denn kaum hat Kari Blom ihn unter ihrem neuen "Pseudonym" kennen gelernt, ist er auch schon tot - und sie gerät flugs in den Mittelpunkt der Ermittlungen.


    Meine Meinung:


    Sylt ist eine Insel, deren Faszination man sich kaum entziehen kann; sie hat so viele verschiedene Gesichter und Facetten zu bieten - genau so ist auch dieser Krimi aus der Feder von Ben Kryst Tomasson. Wenn mich anfangs vor allem der Schauplatz gelockt hat, so hat sich schnell im Laufe der Handlung das Gefühl eingestellt, hier einen richtig gut konstruierten und durchdachten Krimi zu lesen.


    Einen besonderen Reiz übte die doppelte Rolle der Hauptfigur Kari Blom aus; sie ist nicht nur verdeckte Ermittlerin in Sachen Geldwäsche, sondern gleichzeitig die Hauptverdächtige der Sylter Polizei im Mordfall Jahnke. Diese interessante Konstellation bringt eine Menge Nervenkitzel ins Spiel und lässt den Spannungsbogen von Anfang an rasant ansteigen; denn natürlich versucht Kari nicht nur ihren eigentlich Auftrag zu erfüllen und dabei die wissbegierige Schriftstellerin zu spielen, sondern begibt sich auf die Suche nach dem Mörder, um sich selbst zu entlasten und nicht etwa noch enttarnt zu werden.


    Auf Mördersuche ist natürlich auch die Sylter Polizei, die in Person von Jonas Voss und Hannah Behrends immer dicht hinter Kari her ist. Das Knistern zwischen Kari und Jonas fand ich erfrischend; es führt den jungen Kommissar direkt in den Konflikt, denn eigentlich sollte er mit seiner Hauptverdächtigen nicht flirten, sondern professionell umgehen. Sehr schön dargestellt! Auch Jonas' Privatleben fand ich sehr dezent und passend in die Handlung eingefügt.


    Aber auch andere Figuren passen perfekt ins Bild und bereichern das Angebot an Verdächtigen: der undurchsichtige Anwalt Marquard, die geschäftstüchtige Immoblienmaklerin Michelle und ihre fleissigen Gehilfen, Jahnkes dauerbesoffene Witwe... die Sylter High Society wird hier regelrecht vorgeführt. Besonders gut hat mir aber die Häkel-Mafia gefallen, ein Quartett aus handarbeitenden Witwen, die zum Sylter Urgestein gehören und Kari Blom den einen oder anderen Tipp geben können. Sie bringen ein wenig Augenzwinkern in die Geschichte, und für die eine oder andere Actionszene sind sie auch zu haben - eine nette Truppe.


    Aus all diesen Figuren und Komponenten hat der Autor einen wirklich lesenswerten Krimi gebastelt, dessen Auflösung clever eingefädelt und absolut unvorhersehbar ist. Die dichte Atmosphäre und das perfekt ausbalancierte Spiel von Logik, Spannung und Tempo machten mir das Lesen zum Genuss, nicht zu vergessen der griffige und feingeistige Schreibstil. Dazu noch das stimmungsvolle Setting - bei mir bleiben da keine Wünsche offen. Diesen Krimi könnte ich mir auch als Verfilmung gut vorstellen, selbstverständlich zur Krimi-Primetime am Sonntagabend.


    10 von 10 Eulenpunkten

    Inhalt:


    Die Schriftstellerin Nora Furtner gibt auf einer Lesung ihren Ausstieg aus dem Literaturbetrieb bekannt - und kurz darauf sterben sowohl sie als auch ihr Mann auf mysteriöse Art und Weise. Ein Fall für den Chefinspektor Viktor Grimm, der sich allerdings aufgrund einer persönlichen Verwicklung in den Fall außerstande sieht, die Ermittlungen aufzunehmen. Daher muss sein Freund Christian Grimm einspringen, um der Wahrheit auf den Grund zu gehen...


    Meine Meinung:


    Der stimmungsvolle Anfang des Kriminalromans gefiel mir recht gut; eine Autorenlesung unter freiem Himmel, ein erster Kontakt zu einigen der Hauptfiguren, Dramatik bei Noras Bekanntgabe, ihre Karriere zu beenden und in der gleichen Nacht noch der erste Mord - ein temporeicher und spannender Auftakt. Leider ging es nicht so weiter, aus verschiedenen Gründen fing ich ziemlich bald an mich zu langweilen.


    Da ich die Vorgängerbände von Christian Wolfs Bände nicht kannte, musste ich mich zunächst sehr darauf konzentrieren, die vielen Figuren kennen zu lernen und richtig einzuordnen. Christian Wolf und der Chefinspektor Viktor Grimm wohnen mit mehreren anderen Parteien in einer großen Villa, und sämtliche Mitbewohner erhalten im Laufe der Handlung eine Rolle. Noch dazu kommen Angehörige der Steyrer Polizei, Familienmitglieder der Furtners, Teilnehmer an der Lesung, so dass es eine Weile dauerte, bis ich einen Überblick hatte.


    Viktor Grimm klinkt sich zunächst aus dem Fall aus und verabschiedet sich in Richtung Kurort; so kommt es, dass vor allem Christian Wolf und ein junger Nachwuchsermittler im Mittelpunkt stehen, unterstützt von Mitbewohnern der Villa. Sie schmieden Pläne über das weitere Vorgehen, und mir kam es so vor, als ob das Pläneschmieden einen viel breiteren Raum einnimmt als deren Ausführung.


    Die Handlung wird vielfach gar nicht vom Leser selbst erlebt, sondern besteht oft lediglich darin, dass sich die Figuren gegenseitig über ihre Ermittlungsergebnisse berichten, und das in oft sehr hölzernen Dialogen. Diese Erzählweise fühlte sich für mich recht statisch an und sorgte dafür, dass sich kein richtiger Spannungsbogen aufbauen wollte. Dazu noch wird bei den konspirativen Treffen der Gruppe gerne in allen Einzelheiten beschrieben, was es zu essen gibt; ein nettes Detail, aber für den Fall völlig irrelevant und einer weiterer Ausbremser, was die Spannung betrifft.


    Im Laufe der Handlung betritt dann ein echter Bösewicht die Bühne - eine interessante Figur, denn der Mann erfüllt mehrere Funktionen gleichzeitig: böser Chef, Verbrecher - und am Ende Opfer. Leider lernt ihn der Leser wiederum nur aus Erzählungen kennen; als er zum ersten Mal tatsächlich in die Handlung eintritt, ist er auch schon tot. Schade um dieses Potential, ich hätte sehr gerne mal eine Szene mit ihm gelesen.


    Mittendrin taucht dann Viktor Grimm wieder auf, denn er muss sich dem Fall stellen, der unter Umständen auch seine Beziehung zu dem verdächtigen Psychotherapeuten David Gründler betrifft. Dafür verschwinden andere Figuren wieder in der Versenkung und ich fragte mich bei manchen der Mitwirkenden, was wohl aus ihnen geworden ist.


    Die Grundidee, der Auflösung des Falles eine literarische Komponente zu verpassen, fand ich ganz gut. Mehrere Figuren lesen das letzte Buch des Opfers in der Annahme, dort im Verborgenen das Muster zu erkennen, das zu den Morden geführt hat. Die verschiedenen Perspektiven der lesenden Ermittlunger brachten ein wenig Abwechslung in den Fall. Den Mörder am Ende mit psychologisch-literarischen Mitteln zu überführen, war für mich ein ganz neuer Ansatz, den ich innovativ und originell fand.


    Trotzdem war mir die Durststrecke zwischen dem gelungenen Auftakt und den temporeichen letzten Kapiteln viel zu lang. Über viele Passagen hinweg fand ich die Handlung schlicht langweilig und mühselig zu lesen. Schade, trotz guter Grundidee konnte mich dieser Krimi nicht überzeugen.


    4 von 10 Eulenpunkten

    Inhalt:


    Die SOKO "Grenzgänger" in München klärt vorrangig Verbrechen auf, in die Ausländer verwickelt sind. So ist es also kein Wunder, dass Hauptkommissar Wastlhuber der Fall von drei toten nigerianischen Flüchtlingen übertragen wird, die in einem Münchner Vorort aufgefunden werden. Noch mehr als die Störung seiner sonntäglichen Ruhe ärgert ihn aber, dass man seiner Truppe eine junge dynamische Kollegin aus Berlin zugeteilt hat - ein Skandal! Aber beim täglichen Weißwurstfrühstück und bei einer Weißbierhalben kommen sich Bayer und Preußin doch ein wenig näher, so dass die Auflösung des Falles mit vereinten Kräften in Angriff genommen werden kann...


    Meine Meinung:


    Ehrlich, nach den ersten zwei Seiten war ich kurz davor, meinen Reader auszuschalten - in die Ecke pfeffern konnte ich ihn schlecht. Was sich da an plumpen bayerischen Klischees schon nach wenigen Zeilen ansammelt, geht auf keine Kuhhaut. Bayern gegen Preußen, Buletten gegen Fleischpflanzerl, Weißbier gegen Weizenbier, all das weder augenzwinkernd noch sonst irgendwie witzig - da verging mir echt die Lust am Lesen. Und später soll dann das doch eher heikle Asylthema in diese Weißblaumalerei hineinspielen? Ich ahnte Schlimmes...


    Und wurde dann doch überrascht, so schlimm wie auf den ersten paar Seiten wurde es später dann doch nicht. Zunächst jedoch spielt der Autor vor allem auch mit dem Kontrast zwischen seinen Ermittlern, dem alteingesessenen Münchner Hauptkommissar Wastlhuber und seiner jungen dynamischen Berliner Kollegin Linda, wobei leider alle anderen vier Mitglieder der SOKO farblos bleiben. Später tritt diese Konstellation aber eher in den Hintergrund und die Handlung konzentriert sich auf den Fall. Nichts desto trotz, bei mir gibt das ein dickes Minus, auch was das Frauenbild betrifft.


    Umso sensibler widmet sich der Autor dem Thema der Asylproblematik. Hier wird erstaunlich viel Fingerspitzengefühl aufgewendet, was die Darstellung der Situation dieser Menschen betrifft. Auch scheint mir Ernst Obermaier hier genauestens recherchiert zu haben, denn er hat einige Einzelheiten aus dem Asylrecht, mit denen ich auch hin und wieder zu tun habe, korrekt dargestellt. Die Handlung macht auch ein paar kurze Abstecher nach Nigeria, um die Vorgeschichte der drei toten Nigerianer zu beleuchten; aber dieser Teil kam mir ein wenig unausgegoren und fast schon naiv vor. Ich kann mir nicht vorstellen, dass es bei Boko Haram so zugeht wie der Autor das beschrieben hat.


    Die Ermittlungen der SOKO Grenzgänger bringen Erstaunliches an Tageslicht; in diesem bayerischen Örtchen ist es gar nicht so beschaulich wie vermutet und wir stoßen plötzlich auf Drogenhandel, Politfilz, Heiratsschwindler und Neonazis. Letzteres wurde mir viel zu augenzwinkernd abgehandelt, das gefiel mir überhaupt nicht. Leider wird der Mordfall erst ein halbes Jahr später aufgeklärt, und das auch nur, weil der Wastlhuber ein echter Wadlbeißer ist und diesen Fall einfach nicht aus seinem Kopf bekommt. Die Auflösung fand ich glaubhaft und stimmig. Ja, so könnte es tatsächlich gewesen sein.


    Noch ein Wort zum Schreibstil. Er ist sehr einfach und trocken gehalten, was das Lesen zwar unkompliziert macht, aber von einem Lesegenuss will ich lieber nicht sprechen. Ein gewisser Wortwitz ist da, kommt aber für mich nicht immer zum Tragen. Befremdlich fand ich, dass der Autor in der Handlung auch noch Werbung für seine eigenen Bücher macht. Da geht eine Figur in die Buchhandlung und bekommt als Empfehlung den Reiseführer von Herrn Obermaier... das sollte wohl originell sein, kam bei mir aber nicht gut an.


    Dafür gäbe es von mir eigentlich nur eine sehr zurückhaltende Bewertung, da aber die Behandlung des Asylthemas in meinen Augen im grünen Bereich ist, was mir sehr wichtig ist, reicht es dann doch gerade noch für 6 von 10 Eulenpunkten.

    Ich denke, du hast letztendlich nichts versäumt. Man soll seine Lesezeit schließlich nicht vergeuden. :-)


    Wie gesagt, die Storyline war schon ganz gekonnt ausgedacht mit den ganzen Querverbindungen, aber die beste Idee hilft nicht, wenn der Autor die Erzählkunst nicht beherrscht und es nicht schafft, einen durchgehenden Spannungsbogen aufzubauen.


    Kleine Logikfehler offenbarten sich mir erst am Ende, zum Beispiel

    Zitat

    Original von Hati
    Magst du mir die PNen oder hier spoilern, weil dann verrätst dus ja nicht "richtig". Oder, wenn ich als blindes Huhn ein Korn finde mit diesem Spoiler - nick ihn ab:



    Das sind ja interessante Theorien :grin

    Zitat

    Original von Hati
    So richtig zu stören begonnen hat es mich, als das zwischen Grip und Shauna auf Diego Garcia dann in immer weitschweifendere Dialoge mündete...


    Stimmt, die Dialoge zwischen den beiden fand ich auch nervtötend.


    Wenn du am Ende nur noch quergelesen hast, hast du denn dann auch die Pointe des ganzen Werkes mitbekommen, nämlich Shaunas Identität? Ich fand das ziemlich an den Haaren herbei gezogen und wie schon erwähnt nicht ohne Logikfehler.

    Inhalt:


    Ernst Grip, seines Zeichens Personenschützer bei der schwedischen Königsfamilie, hat einen geheimnisvollen Auftrag zu erfüllen: auf einem Atoll im indischen Ozean sitzt auf einer geheimen Station ein Gefangener, über den niemand etwas weiß. Grip soll seine Nationalität und seine Identität herausfinden; aber was er erfährt, hat viel zu viel mit seiner eigenen Vergangenheit zu tun - und so muss er sich auf ein gefährliches Doppelspiel einlassen.


    Meine Meinung:


    Leider bin ich mit diesem Roman überhaupt nicht gut zurecht gekommen. Was sich zunächst als spannender Agententhriller präsentiert, ist leider eine ziemlich langatmige Geschichte mit kaum vorhandenen Spannungsspitzen, die das Prädikat Thriller nicht wirklich verdient.


    Im Prinzip baut der Autor auf drei Handlungssträngen auf, von denen einer die Rahmenhandlung in der Gegenwart ist - Ernst Grip reist von Stockholm in die USA und von dort aus auf das Atoll Diego Garcia, wo seine Aufgabe auf ihn wartet. Ein zweiter Strang behandelt Grips Werdegang in der Vergangenheit, und schließlich befinden wir uns auch noch in Thailand im Jahre 2004, kurz nach dem alles vernichtenden Tsunami. Über weite Strecken laufen diese drei Stränge zusammenhangslos neben sich her und keiner davon konnte mich richtig fesseln.


    Grips Privatleben ist geprägt von einer homosexuellen Beziehung zu einem Galeristen in New York, weswegen er sehr häufig von Stockholm nach New York fliegt und wieder zurück. Da sein Partner in Geldnöten ist, lässt er sich auf eine Zusammenarbeit mit einer Gruppe von Kunsträubern ein, die er berät. Das wars auch schon mit dem aufregenden Leben des Ernst Grip in New York. Die Geschehnisse in Thailand sind schon etwas interessanter; in einem Hotel findet sich eine Gruppe von Menschen, die als vermisst gelten und freiwillig nicht mehr zurück in ihr altes Leben zurück wollen. Sie treffen auf einen "Macher", der sie zur Rückkehr in die USA bewegt, um dort ein perfekt geplantes Verbrechen durchzuführen.


    Das alles wird in einem unverbindlichen Plauderton geschildert, der wenig Spannung aufkommen lässt. Langschweifige Ausführungen über Kunst, eher unerhebliche Details aus dem Sexualleben der Protagonisten, der typische Männerjargon auf dem Atoll, Grips unbeholfene Kontaktversuche zum Gefangenen, das alles wirkt nicht gerade wie aus einem Guss, sondern mehr episodenhaft und zusammenhangslos. Erst am Ende kriegt der Autor die Kurve und macht aus den Strängen eine komplette Geschichte, die für mich am Ende nicht ganz ohne Logikfehler ist - wobei man sagen muss, das Verwirrspiel ist schon ganz gut ausgedacht; es scheitert ganz einfach an der Ausführung. Was hätte wohl eine Alistair McLean oder ein Desmond Bagley aus der Story gemacht... aber gut, jetzt werde ich nostalgisch.


    So bleibt es bei einer durchschnittlichen Bewertung; der Roman ist weder Fisch noch Fleisch und auf gar keinen Fall verdient er das Prädikat Thriller. Amüsant fand ich, dass der Begriff "Der Schwede" im Laufe der Zeit immer mehr zum Running Gag wird, auf verschiedene Arten. Das hat mir auf eine schadenfreudige Art und Weise ziemlich viel Spaß gemacht, wenn auch der Autor diese unfreiwillige Komik so sicherlich nicht beabsichtigt hat.


    5 von 10 Eulenpunkten

    Inhalt:


    Cass Lynch ist ein Skipper - eine selbstbewusste junge Frau, die den Großteil ihres Lebens auf ihrer geliebten Jacht Chalida verbringt und sich ansonsten mit Jobs durchs Leben schlägt. Ihr erster richtiger Auftrag auf See ist die Verantwortung für ein restauriertes Wikingerschiff, das bei Filmaufnahmen auf den Shetland-Inseln eingesetzt werden soll. So führt dieser Einsatz Cass zurück auf ihre Heimatinsel, wo ihr Vater lebt und sie jeden Stein kennt. Aber kaum läuft es so richtig rund für sie, findet sie auf ihrem Schiff Stormfugl eine Tote! Und ausgerechnet auch noch ein wichtiges Mitglied der Filmcrew... jetzt geht es für Cass um alles, denn die Polizei ermittelt in alle Richtungen und auch sie selbst sowie ihre Familie geraten ins Visier der Ermittler.


    Meine Eindrücke:


    Es kommt nicht oft vor, dass mir ein Krimi so vom Fleck weg gefällt wie dieser. Hier stimmt einfach alles: Tempo, Spannungskurve, Erzählweise, Figuren, Auflösung. Der Fall wird aus der Ich-Perspektive von Cass erzählt, und ihre Person dominiert die ganze Handlung, die im übrigen nur aus diesem einen Handlungsstrang besteht. Erzählerisch gesehen besteht die erste Hälfte des Romans überwiegend aus Rückblenden auf Cass' bisheriges Leben, die sehr geschickt in ihre erste polizeiliche Vernehmung nach dem Mord eingewoben sind.


    Cass ist eine außergewöhnliche Protagonistin. Obwohl sie ein schwieriger Mensch ist, verschlossen und zurückhaltend, mochte ich sie auf Anhieb gerne. Sie lebt in ihrer eigenen Welt und verweigert sich dem Mainstream, indem sie sich auf ihr Boot zurück zieht. Warum das so ist, das wird im Laufe der Handlung aufgeklärt und ihre Figur erfährt in mancher Hinsicht eine wohltuende Entwicklung. Mir hat es besonders gut gefallen, die Welt des Segelns und der Shetlandinseln durch ihre Augen zu betrachten. Besonders nautisch interessierte Leser dürften daran ihre helle Freude haben.


    Neben dem nautischen Flair kommt auch noch die glamouröse Atmosphäre eines Filmdrehs dazu. Ich fand es sehr spannend, dem Filmteam dabei über die Schulter zu schauen und zu erfahren, wie es hinter den Kulissen so vor sich geht. Selbstverständlich hat die Autorin bei dieser Gelegenheit auch ein paar echt mondäne Figuren eingebaut, Diven, Regisseure, aber der eigentliche Star des Films ist natürlich das Schiff. Auch dieser Teil wird vorwiegend in Rückblenden geschildert, denn zum Auftakt des Krimis ist der Mord schon passiert und die Dreharbeiten stehen still.


    In der zweiten Hälfte der Handlung setzt Cass ihre Spürnase ein und ermittelt auf eigene Faust. Dies ist sie ihrem Schiff und ihrem Ruf schuldig, aber bald schon stellt sich heraus, dass sie noch viel mehr Gründe hat, den Mörder zu überführen. Ganz toll gelungen ist der Autorin der ermittelnde schottische Kommissar (mit Schottenrock!), der mich sehr beeindruckt hat. Die Verdächtigungen gehen in alle Richtungen und Cass hat jede Menge zu tun, um die Wahrheit ans Licht zu bringen.


    Dabei spielen viele Nebensächlichkeiten plötzlich eine Rolle; ein Windpark, der gebaut werden soll und viele Gegner hat; die familiäre Situation der Ermordeten, der Sabotageverdacht innerhalb Cass' eigenem Team, ein Steinschlag während der Dreharbeiten, das Verhältnis ihres Vaters zu einem Mitglied der Filmcrew... das alles muss beleuchtet und hinterfragt werden. Dabei kommt Cass ganz schön herum und zeigt uns nebenbei ganz wunderbare Schauplätze auf den Shetlands - eine Liebeserklärung an Land und Meer.


    Die Auflösung am Ende ist stimmig, aber auf ihre Art und Weise auch banal. Cass setzt alle ihre Puzzleteile zusammen und hat am Ende einen Auftritt als Sherlock Holmes. Aber nicht nur der Fall ist am Schluß gelöst, auch ihren eigenen Konflikten stellt sich Cass und gibt ihrem Leben eine neue Richtung. Das hat mir richtig gut gefallen, und damit ist der Roman für mich nicht nur ein reiner Krimi, sondern sehr viel mehr. Ich empfehle das Buch gerne weiter an LeserInnen, die Spaß daran haben, wenn eine Geschichte nicht nur auf Tempo gebürstet ist, sondern sich langsam entwickeln darf und ihr Geheimnis erst nach und nach preis gibt. Und wer es gerne nautisch mag und Schottland liebt, der ist hier auch richtig.


    10 von 10 Eulenpunkten

    Die siebzehnjährige Edie befindet sich in einer schwierigen Lebenssituation und flieht regelrecht aus der Stadt aufs Land, in das beschauliche Örtchen Wasserruh inmitten des Spreewalds. Hier will sie gemeinsam mit ihrem Vater ein neues Leben in einem alten, einsamen Bauernhaus anfangen. Doch der geheimnisvolle Spreewald lässt Edie nicht zur Ruhe kommen; mit ihrer verborgenen Gabe, dem zweiten Gesicht, nimmt sie vieles wahr, was für sie unerklärlich ist. Und eines Tages lockt ihr Herzschlag einen jungen Mann aus dem Wald, der seit vielen Jahren als verschollen galt.


    Für die Dorfbewohner eine Sensation, ist die Rückkehr von Silas für seine Familie eher eine Belastung und für Edie ein Mysterium, das sie unbedingt aufklären will. Der junge Mann, der sich an nichts erinnern kann, hat seine Kindheit und Jugend in den Nachtschatten verbracht, im Reich des geheimnisvollen Erlenkönigs. Mehr und mehr fühlt sich Edie zu ihm hingezogen, immer unsicher, ob sie ihm tatsächlich trauen kann. Was hat er in den Nachtschatten wohl erlebt? Und will der Erlenkönig ihn zurück in sein Reich holen?


    Edie bekommt unerwartete Unterstützung in zweierlei Hinsicht; in der realen Welt hat sie ihre neuen Freunde Marischka und Addo, die ihr treu zur Seite stehen und sie erden. Außerdem lernt sie ihre Nachbarin Rodriga kennen, die ihr eine wertvolle Ratgeberin im Zusammenhang mit ihrer Gabe wird und ihr die Mythen und Legenden des Spreewalds näher bringt, denn sie scheinen der Schlüssel zu Silas Verschwinden und Wiederauftauchen zu sein.


    Trotzdem gerät Edie sehr bald in einen Strudel von Ereignissen, die sie zweifeln lassen, wer auf ihrer Seite ist - und die am Ende unmissverständlich den Weg in die Nachtschatten weisen...


    Wer an diese Geschichte rational herangeht, hat schon verloren; denn Tanja Heitmann ist eindeutig eine Autorin für LeserInnen einer phantastischen Lesart. Sie schafft es mit ihrem eindringlichen und poetischen Schreibstil wunderbar, Bilder und Stimmungen zu zaubern. Mich hatte sie damit schon auf den ersten Seiten an der Angel, und das schöne Lesegefühl blieb mir auch bis zum Ende.


    Auch mit den Figuren konnte ich sehr viel anfangen; sie sind lebendig und lebensecht, interessant und vielschichtig gezeichnet. Edie wird als Teenagerin dargestellt, die mit den typischen Problemen dieser Altersgruppe kämpft, zusätzlich zu ihrer ganz speziellen phantastischen Persönlichkeitsseite. Die zarte Liebesgeschichte zwischen ihr und Silas wird sehr einfühlsam erzählt, so dass die jugendliche Zielgruppe damit gut zurecht kommen sollte.


    Über was Schreibstil und Figuren aber nicht ganz hinweghelfen können, sind die kleinen Mängel im Plot. Tanja Heitmann lässt sich am Anfang sehr viel Zeit mit ihrer Geschichte und führt die LeserInnen wirklich intensiv in Edies Welt und die Geheimnisse der Spreewalds ein, das hat mir sehr gut gefallen. Deswegen hätte ich mir auch gewünscht, dass das Ende ebenso sorgfältig und ausführlich behandelt wird. Stattdessen wird hier plötzlich ziemlich Gas gegeben und die Auflösung des Rätsel ziemlich unelegant auf dem Silbertablett serviert. Unabhängig davon fand ich es ziemlich Klasse, wie sie die Geschichte enden ließ - aber ich hätte es eben gerne noch ein bisschen ausgeschmückter gehabt; so empfand ich die Handlung etwas unausgewogen im Verhältnis zwischen den ersten zwei Dritteln und dem letzten Drittel des Buches.


    Trotz dieses Kritikpunktes mochte ich das Buch über die ganze Länge hinweg sehr gerne und habe das Lesen sehr genossen. Eine klare Leseempfehlung für LiebhaberInnnen des Genres und LeserInnen, die gerne emotional und weniger rational lesen.


    8 von 10 Eulenpunkten

    Inhalt:


    Ein indonesischer Zigarettenbaron ruft auf dem Sterbebett immer wieder den gleichen Namen einer unbekannten Frau. Aus diesem Anlass begeben sich seine drei Söhne auf Spurensuche und forschen nach der Vergangenheit ihrer Familie, einer großen Zigarettendynastie. Die wechselvolle Geschichte Indonesiens seit dem 2. Weltkrieg wird dabei ausgebreitet, ebenso wie das Schicksal einzelner Protagonisten, die alle das eine verbindet: die Herstellung und der Vertrieb der ganz besonderen Nelkenzigaretten Indonesiens.


    Meine Meinung:


    Die Handlung bewegt sich auf zwei Zeitebenen; die drei Brüder Tegar, Karim und Lembas suchen nach den Spuren einer Frau namens Yeng Yah in der Jetztzeit, während in Rückblenden das Leben eben dieser Frau ab Geburt nachgezeichnet wird. Zunächst ist nicht klar, warum Pak Raja, der Vater der drei Brüder, auf dem Sterbebett nach ihr verlangt und wie ihre Geschichte miteinander verknüpft ist. Aber nach und nach legt die Autorin alle wesentlichen Geschehnisse dieser verwickelten Familiengeschichte frei.


    Dabei gibt es in beiden Strängen interessante Einblicke in die Geschichte Indonesiens, von der ich bis jetzt überhaupt nichts wusste. Von der Kolonialzeit über die Besetzung durch Holland, China und Japan über den Einfluss und das Schicksal des Kommunismus, dies alles war für mich Neuland. Trotzdem war ich froh, dass die Autorin diese Themen zwar wunderbar in die Handlung einflicht, aber keinen ausgeprägten Geschichtsunterricht erteilt. Dies wäre sicher zu Lasten der eigentlichen Geschichte gegangen, und wer das Thema vertiefen möchte, findet bestimmt genug Materialien dazu.


    Sehr intensiv dagegen und detailliert geht Ratih Kumala auf das Thema Zigaretten ein. Die Zigaretten sind in diesem Buch allgegenwärtig; es geht um ihre Herstellung, ihren Geschmack, ihre Verpackung, ihre Vermarktung und vieles mehr. Auch ich als Nichtraucherin konnte mich durchaus für das Thema begeistern lassen, vor allem weil die indonesischen Nelkenzigaretten ein ganz besonderes Genussmittel sind und das Leben der Protagonisten komplett bestimmen.


    Während die Figuren der Rückblende noch dabei sind, sich ein kleines aber sicheres Auskommen durch die Zigarettenherstellung zu verschaffen und ihre Zigaretten noch per Hand herstellen, sind die drei Brüder der Jetztzeit bereits in dritter Generation Inhaber eines Zigarettenimperiums mit Fabriken und einem großen Namen. Die drei sind sehr interessante Figuren, da sie sehr unterschiedlich gezeichnet sind, und es immer wieder zu Reibungen zwischen ihnen kommt. Der leichtlebige Lebas und der verantwortungsbewusste Tegar haben mir mit ihren spritzigen, kontroversen Dialogen sehr viel Spaß gemacht; und Karim als Dritter im Bunde hatte meist die Aufgabe, ausgleichend auf die beiden anderen einzuwirken. Ihre Spurensuche gleicht einem Roadmovie durch die indonesischen Landschaften, immer auf der Spur der Zigaretten.


    Die Antwort auf all ihre Fragen liegt aber in der Vergangenheit, und darin liegt auch der Hauptaugenmerk des Romans. Ich fand es sehr spannend, Idroes Moeria auf seinem Weg vom einfachen Arbeiter bis zum anerkannten Zigarettenproduzenten zu begleiten. Welche Rolle dabei seine Tochter Dasiyah spielt, warum sie "Zigarettenmädchen" genannt wird und was sie letztendlich mit der Familie Djagad zu tun hat, das wird hier nicht verraten.


    Ratih Kumala hat auf vergleichsweise wenigen Seiten eine wunderbar verwickelte und ausgeklügelte Familiensage geschaffen, die sich durch den federleichten, eleganten Schreibstil sehr schön lesen lässt. Das außergewöhnliche Setting und das faszinierende Thema der Zigarettenherstellung verleihen der Geschichte eine würdigen Rahmen. Mir hat es sehr viel Freude gemacht, diesen besonderen Roman aus der Werkstatt der Culturbooks zu lesen; übrigens die erste Printausgabe dieses bislang rein auf ebooks ausgelegten Verlags. Mit dem indonesischen Glossar und einigen kurzen geschichtlichen Abrissen wird der Roman ergänzt und manche Unklarheit, insbesondere bei der Namensverwendung, ausgeräumt.


    10 von 10 Eulenpunkten

    Inhalt:


    Der annurische Kaiser ist tot und sein Thron unbesetzt. In den Wirren der politischen Intrigen und Bedrohungen von außen versuchen seine drei Kinder Adare, Kaden und Valyn ihren Weg zu gehen und das kaiserliche Erbe zu erhalten. Während Adare eine Pilgerreise antritt und dabei überraschend eine völlig neue Rolle innerhalb des annurischen Reiches gewinnt, sieht sich Valyn dem wilden Stamm der Urghul gegenüber, von dem er nicht weiß, ob Freund oder Feind. Kaden dagegen betritt die magischen Pfade der Kenta und schließt unerwartete Allianzen, um schließlich das ganze annurische Kaiserreich auf den Kopf zu stellen... dabei haben es die drei Geschwister mit einem uralten Feind zu tun, der kaum zu bezwingen ist.


    Meine Meinung:


    Während ich beim ersten Band ein paar Startschwierigkeiten hatte, ging es diesmal von Anfang an richtig zur Sache und ich konnte von der ersten Seite an mitfiebern. Es geht nahtlos mit den Ereignissen aus Band 1 weiter und Brian Staveley hat der Geschichte eine gute Ausgangsposition für das Weiterspinnen der Ereignisse verpasst.


    Diesmal fand ich die Aufteilung der drei Handlungsstränge sehr gelungen; es kam niemand zu kurz und im letzten Drittel wurde sogar noch ein spannender vierter Strang eingeführt. Es kommt zu spektakulären Begegnungen zwischen den Figuren, aber im Prinzip bleibt der Autor seiner dreigeteilten Erzählweise treu und steigert mit seinen cliffhangerartigen Übergängen permament das Tempo und die Spannung.


    Inhaltlich konnte er mich mit völlig unerwarteten Wendungen und einiges sehr innovativen Entwicklungen überzeugen und zum Staunen bringen. Auch meine ich, dass diesmal nicht ganz so grausame Szenen vorkommen wie im Band 1, wobei natürlich schon immer noch genug Blut fliesst, das sollte gesagt sein. Die Figuren werden sehr schön beleuchtet und wir erfahren genug von ihrem Innenleben, um ihre Entwicklung verfolgen zu können und ihre Handlungen nachvollziehen zu können. Sie haben Entscheidungen zu treffen, die sehr folgenreich für ein großes Volk sind und dementsprechend machen sie es sich nicht einfach. Dass zwischen den Geschwistern eine große Distanz besteht und der Leser sie so viel besser kennt, wie die drei sich gegenseitig, macht das Lesen nochmal eine Tick interessanter.


    Mit seiner griffigen, wort- und bildgewaltigen Sprache hat Brian Staveley mir ein tolles Leseerlebnis beschert. Da die verschiedenen Völker und Begriffe mir nun schon ein Begriff waren, fühlte ich mich davon nicht so erschlagen wie im ersten Band. Im Gegenteil, inzwischen hab ich das Gefühl, das Who-is-who des annurischen Kaiserreiches ganz gut zu beherrschen; das ist auch gut so, denn der Band 3 dieser Reihe mit dem Titel "Thron der Götter" ist schon angekündigt und wird ganz sicher auf meinem Lesetisch landen.


    9 von 10 Eulenpunkten

    Inhalt:


    Wir befinden uns im 17. Jahrhundert; Catarina da Silveira, uneheliche Tochter eines portugiesischen Adligen, lebt abgeschieden auf der Zuckerrohrplantage ihres Onkels in Brasilien. In ihrer Unerfahrenheit lässt sie sich auf den Engländer Jeremy Glanville ein, der durch einen Sturm gezwungen ist, die brasilianische Küste anzulaufen. Was sie für Liebe hält, war für Jeremy nur ein Abenteuer - schließlich wartet in London seine Verlobte auf ihn. Das kleine Liebesabenteuer bleibt aber nicht ohne Folgen, und so sind die vorgezeichneten Lebenspläne plötzlich völlig aus der Bahn geworfen.


    Meine Meinung:


    Wo Laila EL Omari draufsteht, ist auch Laila El Omari drin. Die Autorin präsentiert uns ein weiteres Mal ein opulente Liebesgeschichte mit viel Irrungen und Wirrungen in einem historisch-exotischen Setting. Diese Kulisse machte für mich vor allem und in erster Linie den Reiz aus, das Buch zu lesen.


    Die Beschreibung der tropischen Orte mit ihrer vielfältigen Natur, den Farben, Gerüchen und Geräuschen, ist der Autorin wunderbar gelungen. Dabei ist neben Brasilien auch London ein Schauplatz des Geschehens, wodurch ein toller Kontrast entsteht, der sehr anschaulich heraus gearbeitet wird; zum Beispiel wenn eine brasilianische Sklavin erstmals englischen Boden betritt und ihr Eindrücke angesichts der grauen, düsteren Atmosphäre geschildert werden. Aber auch die Szenen auf See haben mir aufgrund ihrer anschaulichen Darstellung sehr gut gefallen.


    Die Geschichte von Catarina und Jeremy ist geprägt von vielen Missverständnissen, Wirrungen und Zwängen der damaligen Zeit. Ich war mir dabei bewusst, dass die Historie hier in erster Linie als Bühne dient und die Protagonisten in ihrem Verhalten an unsere Zeit und unser Rollenverständnis moderat angepasst sind. Dennoch konnte ich mir sehr gut vorstellen, mit welchen Problemen sie zu kämpfen hatten. Besonders hervorheben möchte ich dabei Catarinas Bemühungen um die Sklaven auf der Plantage. Sklaverei war damals eine Selbstverständlichkeit und der Umgang mit ihnen wird sehr eindringlich geschildert, da warten auch einige sehr bedrückende Szenen auf die LeserInnen. Dennoch ist es erfrischend zu sehen, wie Catarina sich um sie bemüht und sich ihre Menschlichkeit nicht nehmen lässt.


    Andererseits ist sie sehr naiv, vor allem was den Umgang mit dem anderen Geschlecht betrifft - aber dadurch ergibt sich ja erst die ganze Geschichte. Jeremy dagegen war für mich ein sehr blasser Charakter, der zuerst gar nicht gut wegkommt und erst am Ende ein wenig Substanz gewinnt, hier konnte ich also ein kleine Entwicklung ausmachen. Die Wirrungen zwischen beiden sind vorprogrammiert und an manchen Stellen auch vorhersehbar. Nichts desto trotz hat Laila El Omari auch für dieses Paar nach einigen theatralischen Auftritten ein versöhnliches und glaubhaftes Ende gefunden.


    Die historischen Ereignisse des 17. Jahrhunderts, vor allem der Kampf zwischen den Kolonialmächten um die Vorherrschaft in Brasilien sind Thema der Handlung, aber nicht übermäßig präsent. Die Details werden erwähnt, aber nicht vertieft, so dass ich mir ein grobes Bild machen konnte, ohne dass das Ganze in Geschichtsunterricht ausartete. Gut dabei fand ich die Zeitleiste am Ende des Buches, die mir ab und zu auf die Sprünge half, ebenso das Personenregister.


    Was noch zu erwähnen wäre, sind die gelegentlichen Bezüge auf den Roman "Der Duft der Muskatblüte", der sich um die Vorfahren von Catarina, Jeremy und ihren Familien dreht. Diesen hatte ich noch nicht gelesen und stolperte daher über manche Bemerkung hinsichtlich der Vergangenheit. Kein Problem, aber wer sowieso vorhat, beide Bücher zu lesen, sollte dies vielleicht in der richtigen Reihenfolge tun.


    Mein Fazit: "Die Farbe der Pfefferblüte" hat mir gut gefallen und mich gut unterhalten. Ich mag nach wie vor den unkomplizierten und bildhaften Schreibstil von Laila El Omari, und empfehle das Buch gerne weiter an LeserInnnen, die gerne opulente Liebesschmöker in historischer Kulisse lesen.


    8 von 10 Eulenpunkten

    Klappentext:


    Zwanzig Jahre zuvor führte die gefürchtete Generalin Cobalt Zosia ihre Truppen in den Krieg gegen die düsteren Horden des verfeindeten Imperiums. Zosia blieb unbesiegt, und als es keine Ehrung mehr zu gewinnen und kein Territorium mehr zu erobern gab, zog sie sich ins Hinterland zurück, in der Hoffnung, dass ihre Legende im Lauf der Geschichte verblassen und sie selbst vergessen würde. Doch nun wird das Dorf, in dem sie sich versteckt hat, Schauplatz eines grausamen Verbrechens. Es ist an Zosia, Rache zu üben, und so zieht sie gemeinsam mit einstigen Verbündeten gegen einen unberechenbaren Feind und eine ganze Armee, die unter einem seltsamen, altbekannten Banner marschiert...


    Meine Meinung:


    Um es vorweg zu nehmen, dieses Buch ist das schlechteste, was ich seit langem gelesen habe und ich bin froh, dass ich es endlich zur Seite legen kann. Allerdings stellte ich soeben fest, dass die Amazon-Beschreibung plötzlich neben dem Titel auch noch das Attribut "Das scharlachrote Imperium, Band 2" in der Beschreibung trägt; hab ich also ohne es zu wissen einen 2. Band gelesen??? Das würde so manches erklären. Vermarktet wurde das Buch aber als "Fantasy-Debüt" und "Auftakt zu einer neuen Reihe" - falls es sich also nicht um einen Irrtum handelt, dann ärgert es mich umso mehr, dass ich zugegriffen habe.


    Entsprechend groß war meine Verwirrung während der Lektüre. Die Figuren werden gar nicht richtig eingeführt und anfangs wusste ich gar nicht, mit welchen Wesen ich es zu tun hatte, geschweige denn konnte ich mir ein Bild davon machen. Ich fühlte mich regelrecht hineingeworfen in die Ereignisse und konnte keinen roten Faden in der Handlung ausmachen. Mit der Zeit taten sich dann Längen auf, die mir bei 900 Seiten schier unüberwindbar erschienen.


    Dazu noch ist die Geschichte sehr brutal und außerordentlich blutrünstig, womit ich gar nichts anfangen kann - ich bin eher eine Leserin, die sich über subtile Sprachbilder freut und lieber das eigene Kopfkino startet, als in allen Einzelheiten erzählt zu bekommen, wie man seine Feinde verstümmelt. Entsprechend gefiel mir auch der Sprachstil überhaupt nicht - er ist derb und rustikal, bedient sich gerne der Fäkalsprache und hat mir das Lesen ziemlich vermiest. Anfangs machte ich noch einen gewissen Wortwitz aus, der sich aber leider nicht durchsetzen konnte.


    Insgesamt hat mich das Buch an keinem Punkt überzeugt und ich werde auf keinen Fall noch einmal zu einem Werk dieses Autors greifen, der ja unter Pseudonym schreibt und angeblich eine bekannte Größe im Literaturbetrieb sein soll. Ich kann nur vermuten, dass sich da jemand unter dem Deckmantel der Fantasy einige literarische Freiheiten nehmen und sich so richtig austoben wollte - aber: Fantasy geht anders, auch hier haben die Leser einen Qualitätsanspruch und möchten ernst genommen werden.

    Inhalt:


    Das Mädchen Kalinka befindet sich mitten in den Kriegswirren des 2. Weltkriegs in der Ukraine und ist völlig auf sich alleine gestellt, da ihre Familie komplett ausgelöscht wurde. Da trifft sie auf den Tierpfleger Max, der im Naturschutzgebiet Askania-Nowa über eine Herde der seltenen Przewalski-Pferde wacht. Auch sie bleiben vor den Kriegsgräueln nicht verschont, aber bevor die Deutschen auch noch das letzte verbliebene Zuchtpaar der Wildpferde ausrotten kann, macht sich Kalinka mit den beiden auf und flieht Richtung Front.


    Meine Meinung:


    Das Buch lässt mich sehr zwiespältig zurück. Es hat mir ein paar schöne, spannende Lesestunden beschert, andererseits hat sich manches sehr seltsam angefühlt. Es ist ein Jugendbuch, das musste ich mir immer wieder vor Augen führen, um nicht mit der falschen Erwartungshaltung heran zu gehen.


    Es ist dem Autor ganz gut gelungen, die Kriegssituation reel darzustellen, ohne dabei allzu viele Gewaltsszenen einzubauen. Das ist absolut jugendkonform, für mich hat es sich aber streckenweise seltsam verharmlosend angefühlt. Am ehesten konnte mich dieser Punkt am Ende überzeugen, als ein Bombardement geschildert wird - da kamen die Schrecken des Krieges in einer zerstörten ukrainischen Stadt am ehesten herüber.


    Mit den Figuren hatte ich auch ein paar Problemchen; Kalinka war mir sehr sympathisch, in manchen Situationen aber schon wieder zu abgebrüht und clever. Für Jugendliche mag das aber ok sein, mitfiebern kann man mit diesem Mädchen auf alle Fälle und ihre Zivilcourage als Vorbild nehmen. Ansonsten war ich zufrieden mit der Darstellung der Erwachsenen, die erfreulicherweise nicht eindimensional gut oder böse gezeichnet sind, sondern in ihrer Auseinandersetzung mit dem Krieg und seinen Folgen ambivalent erscheinen.


    Was mich sehr enttäuscht hat, sind die Pferdeszenen, und davon fast alle. Die Przewalski-Pferde mögen zwar intelligente Tierchen sein, aber was der Autor ihnen da auf die Fahnen schreibt, ist einfach Quatsch. Sie werden vermenschlicht, indem ihre Gedanken wiedergegeben werden, sie denken logisch und verhalten sich keinesfalls wie Wildtiere in Gefahr. Mit denen kann man vom Fleck weg reiten und lassen sich anspannen, sie steigen freiwillig in Züge und bewältigen Treppen - das geht für mich gar nicht, auch und gerade nicht in einem Jugendbuch. Damit kann ich den Roman eigentlich nicht mehr für voll nehmen. Interessanterweise ist auch noch ein Hund mit im Spiel, und den hat der Autor eigentlich recht gut getroffen. Seine Verhaltensweisen kann ich jederzeit abnicken, offenbar hat der Autor also doch ein gutes Gespür für Tierszenen. Umso enttäuschender, dass dies mit den Pferden nicht klappt.


    Was soll ich nun für ein Fazit ziehen? Die Geschichte von Kalinka und ihrer Flucht mit den Wildpferden hatte durchaus ihren Reiz und auch der Schreibstil mit seinen schönen Sprachbildern hat mir ganz gut gefallen, ebenso die winterliche Atmosphäre; aber das Buch hat für mich durch die oben genannten Kritikpunkte an Glanz verloren. Wer an diesen Punkten mal Fünfe gerade sein lassen kann, der kann es sicherlich damit versuchen, wer aber Wert insbesondere auf authentische Tierszenen legt, der wird bestimmt enttäuscht sein.


    6 von 10 Eulenpunkten

    Simona Ahrnstedt - Die Erbin


    Inhalt:

    David Hammar ist ein aufsteigendes Finanzgenie in der Stockholmer Geschäftswelt. Er plant den größten Coup seines Lebens: die feindliche Übernahme des alteingesessenen Konzerns Investum, einem Wirtschaftimperium. Damit will er seine ärgsten Feinde, die Familie de la Grip aus dem schwedischen Hochadel, komplett vernichten. Als er sich mit der Tochter des Hauses Natalia de la Grip trifft, um sie für seine Zwecke einzuspannen, geschieht das Unerwartete: er entwickelt Gefühle für sie, die auch erwidert werden.


    Meine Meinung:


    Mir hat es sehr viel Spaß gemacht, dieses Buch zu lesen. Die Autorin benutzt die schwedische Finanz- und Adelswelt als Kulisse für diese verzwickte Liebesgeschichte, und ich hab mich damit sehr gut unterhalten gefühlt.


    David ist die interessantere Hauptfigur, da zwei Herzen in seiner Brust schlagen und er sich in seiner Konfliktsituation zerrissen fühlt, noch dazu mit einem schrecklichen Geheimnis aus der Vergangenheit belastet. Natalia war mir dagegen ein wenig zu glatt geraten; sie ist in allem, was sie tut, perfekt und ein Gutmensch durch und durch. Erfolgreich im Job, gut aussehend ohne eitel zu sein, immer ehrlich und geradlinig, loyal zu ihrer Familie, nicht versnobt trotz ihrer Abstammung... ihr hätte ein kleiner Makel nicht geschadet, um sie interessanter zu machen.


    Daneben überraschte mich die Autorin mit einigen sehr schön gezeichneten Nebenfiguren, die fast schon eine eigene Geschichte verdient hätten. Die superreiche, erfolgreiche aber einsame und gefühlskalte Asa, ihr Konterpart Michel, seines Zeichens Davids Geschäftspartner und Freund, der sie für sich gewinnen will und dabei unsichtbare Mauern überwinden muss. Die Familie de la Grip, deren Mitglieder sehr unterschiedlich sind und die die Handlung mitbestimmen. Das alles ergibt einen tollen Mix aus Familiendrama, Finanzkrimi und Liebesgeschichte, der mich nie gelangweilt hat.


    Die Autorin erzählt aus verschiedene Perspektiven und gibt dadurch Einblicke in die verschiedenen Persönlichkeiten der Figuren. Was ihr sehr gut gelungen ist, sind die erotischen Szenen, von denen überraschend viele vorkommen. Sie sind sehr sorgfältig ausgearbeitet und abwechslungsreich, kommen schon zur Sache, aber ohne pornographisch zu werden. Ich muss allerdings zugeben, dass der Roman nicht ganz ohne Klischees auskommt, was mich persönlich nicht gestört hat, aber es soll erwähnt werden. Sprachlich fand ich den Roman eher durchschnittlich.


    Am Ende punktet die Autorin mit einer schlüssigen, wenn auch überraschenden Auflösung, die mir gut gefallen hat. Leider hat sie sich im Schlußteil mit Gefühlsduselei sehr zurück gehalten, wohl um das Ganze nicht so kitschig ausklingen zu lassen. Ich hätte aber durchaus noch ein wenig Kitsch an dieser Stelle vertragen.


    Insgesamt fand ich den Roman sehr ansprechend und empfehle ihn LeserInnen, die gerne romantisch/erotische Liebesromane lesen, ein paar Klischees vertragen und auch dem Setting in der schwedischen Finanzwelt nicht abgeneigt sind - für Fans von Michelle Raven & Co. Ich freue mich schon auf den zweiten Band dieser Reihe, der sich dann um ein anderes Familienmitglied der de la Grips drehen wird.


    8 von 10 Punkten

    Inhalt:


    Auf einer schottischen Insel vor Glasgow lebt der 11jährige Michael mit seiner Familie; wir schreiben die 1980er Jahre und die Gesellschaft ist geprägt von Arbeitslosigkeit und wirtschaftlicher Schieflage. Als Michaels Mutter eines Abends verletzt und verstört nach Hause kommt, ist nichts mehr wie früher. Ab sofort prägen Geheimnistuerei und Zwistigkeiten innerhalb der Familie den Alltag, und Michaels Leben verliert seine Unbeschwertheit.


    Meine Meinung:


    Zunächst musste ich mich in die Erzählweise der Autorin einlesen, denn die Welt aus dem Blickwinkel eines 11jährigen Jungen zu erleben, ist für mich einerseits ungewöhnlich, andererseits musste ich auch viel zwischen den Zeilen lesen, um die Geschichte hinter der Geschichte zu begreifen. Rückblickend kann ich aber sagen, dass dieser Spagat der Autorin sehr gut gelungen ist.


    Wir erleben mit Michael, wie die Erwachsenen mit einer Extremsituation, einem Schicksalschlag, umgehen. Er soll möglichst von den Ereignissen ausgeschlossen und vor dem Wissen bewahrt werden, aber wie das so mit einem aufgeweckten Jungen ist, natürlich bekommt er mit, dass etwas Furchtbares mit seiner Ma passiert ist und reimt sich im Laufe der Zeit nach und nach das Wesentliche zusammen, clever wie er trotz seiner kindlichen Art ist.


    Die Auflage, über nichts zu reden und über allem Stillschweigen zu bewahren, bringt Michael in ein Netz aus Lügengespinsten, das sich vor allem über seine Freundschaften erstreckt. Man spürt beim Lesen direkt das Unwohlsein, dass sich über einen längeren Zeitraum auf Michaels Leben legt. Gleichzeitig erleben wir seine erwachende kindliche Sexualität mit und seine Interaktionen mit den Mädchen und Jungen in Schule und Nachbarschaft, die durchaus auchmal derb sind.


    Dass Schweigen und Lügen keine Lösung sind und wie sehr Michael unter dieser Situation leidet, müssen die Eltern auf dramatische Art und Weise erfahren. Als alles ans Tageslicht kommt, erfährt die Handlung eine Wendung. Die Autorin hat es sehr schön dargestellt, wie sich die Konfliktsituation langsam auflöst und zum Guten wendet. Manches war mir in dieser Phase des Buches zwar ein bisschen dick aufgetragen und das Ende fand ich sogar ein wenig arg weich gespült, aber gefallen hat es mir trotzdem recht gut.


    Michael auf diesem kleinen, schwierigen Stück Lebensweg zu begleiten und die Welt, aber auch sein Inneres aus seiner Perspektive zu sehen, war ein interessantes und manchmal auch emotionales Leseerlebnis. Mich hat Lisa O'Donnell mit ihrer Geschichte überzeugt, wenn auch nicht durchgehend mitgerissen.


    8 von 10 Eulenpunkten

    Die Augsburger Privatdetektivin Dr. Lara Gropius ermittelt in ihrem ersten Fall. Ein verschwundener alter Mann soll gefunden werden, und sie begibt sich auf Spurensuche. Dabei stellt sich heraus, dass der Fall nicht ganz so einfach ist wie es auf den ersten Blick aussieht und dass die Antwort in der Vergangenheit zu suchen ist. Mit Unterstützung ihrer beiden Exkollegen von der Kripo kommt sie dem Kraken immer näher und muss sich nebenbei noch mit ihrer dementen Mutter, ihrem chaotischen Sohn und einer geheimnisvollen Gruppe von Gegenspielern beschäftigen.


    Die Stärke dieses Kriminalromans liegt eindeutig nicht in spektakulären Actionszenen und blutigen Verbrechen, sondern in seiner psychologischen Ausrichtung. Mir hat es sehr gut gefallen, wie Lara sich langsam und bedächtig ihrem Zielobjekt, dem verschwundenen Augsburger Seniorunternehmer Harald Demuth nähert und die verschiedenen Aspekte seines Lebens beleuchtet. Während sie anfangs seinen Gewohnheiten und Kontakten nachgeht, konzentriert sich ihre Spurensuche später mehr und mehr auf seine Vergangenheit, und hier liegen auch die Antworten auf die vielen offenen Fragen.


    Außerdem darf sich Lara mit einer Truppe von Neonazis herumschlagen, die sie beschatten und nicht aus den Augen lassen. Dass ihr Privatleben nur am Rande gestreift wird, fand ich in diesem Fall angebracht, denn im Mittelpunkt sollte doch der Fall stehen. Nichts desto trotz hat sie als ehemalige Akademikerin und ehemalige Kriminalbeamtin eine interessante Biographie. Ihre Exkollegen Tuchy und Jo sind eine angenehme Erscheinung und mischen als Nebenfiguren in dem Fall mit - so ist auch immer Tuchfühlung mit der Polizei gegeben, was in Sachen kriminaltechnische Ermittlungen so einige Vorteile für Lara bringt.


    Im Laufe der Handlung fließen die Schilderungen des verschwundenen Demuth aus Gegenwart und Vergangenheit mit ein, die dazu beitragen, das Puzzlespiel zu vervollständigen. Ihn bei seiner Reise zu begleiten führt dazu, dass man als LeserIn in verschiedene stimmungsvolle Settings eintauchen kann; so geht es zum Beispiel an den Gardasee, aber auch an die Ostsee, was ich als eine sehr gelungene Abwechslung empfand. Besonders die Auflösung des Falles, bei der sich alle Handlungsfäden verdichten und zusammengeknüpft werden, hatte mit einer sturmgepeitschten Ostsee und einem windumtosten Leuchtturm eine perfekte Bühne für große Szenen.


    "Die Stunde des Kraken" hat mich mit der ruhigen, bedächtigen Erzählweise des Autors und einer sehr durchdachten, am Ende auch erschütternden Handlung überzeugt. Wer bevorzugt zu unblutigen Kriminalromanen greift und gerne mit den Protagonisten auf Spurensuche geht, vielleicht sogar bevorzugt mit Bezügen zum Dritten Reich, der kann hier nichts verkehrt machen.

    Inhalt:


    Wie rettet man eine verlorene Welt? Stürme peitschen das Land und die Geister der Menschen vergehen in einem Wahnsinn, der sich wie eine Seuche verbreitet. Dass die verborgenen Fähigkeiten der jungen Kyndra Vale der Schlüssel zur Zerstörung und gleichzeitig zur Rettung des Landes Mariar sein könnten, ahnt noch niemand ... Bei der Zeremonie zum Eintritt in die Gesellschaft der Erwachsenen geschieht etwas Unvorstellbares: Ein heiliges Artefakt zerbricht unter der Berührung der jungen Kyndra. Kurz darauf verwüstet ein Sturm ihr Dorf und die Bewohner geben dem Mädchen die Schuld an all dem Unglück. Die Situation droht zu eskalieren – bis zwei Fremde auftauchen und Kyndra mit Kräften, die seit Jahrhunderten nicht mehr gewirkt worden waren, in Sicherheit bringen. Gemeinsam fliehen sie zu der versunkenen Festung Naris, doch hier erwarten sie Intrigen, Fanatiker und Rebellen. In den unterirdischen Hallen findet Kyndra aber auch ihr wahres Ziel, und sie muss Verrat und Wahnsinn bekämpfen, um sich letztlich ihrem Schicksal zu stellen.


    Meine Meinung:


    So richtig vom Hocker hat mich der Auftakt zu dieser Fantasy-Trilogie nicht gehauen. Ausgangspunkt bildet das Initiationsritual der jungen Kyndra, bei dem alles schief geht. Kyndras Leben wird aus der Bahn geworfen und dank zweier geheimnisvoller Fremder gelingt ihr die Flucht vor den erbosten Dorfbewohnern. Fortan ist unklar, ist sie auf der Flucht, oder ist sie eine Gefangene? Nach einer abenteuerlichen Reise werden im geheimnisvollen Naris viele Geheimnisse gelüftet und Kyndra erfährt ihre wahre Herkunft und Bestimmung.


    Der Anfang in Kyndras beschaulichem Bergdorf hat mir recht gut gefallen - eine eher mittelalterliche Atmosphäre mit rauen Menschen, die sich abends nach harter Arbeit in zünftigen Schenken vergnügen. Kyndra unterscheidet sich durch ihren Hang zum Lesen und Träumen von ihren Mitbewohnern, und so kommt sie schon frühzeitig mit dem Land Acre in Berührung, einem fiktiven Kontinent mit vielen Wundern.


    Nach dem Eklat bei ihrer misslungen Initiation ist sie mit den beiden geheimnisvollen Fremden Nediah und Brégenne unterwegs, dieser Teil gefiel mir auch sehr gut. Für mich gehört das Reisen durch ferne Länder obligatorisch zu Fantasy-Romanen und hier hat die Autorin meine Geschmack voll getroffen; es geht zunächst zu Pferd in unwegsames Gelände, später dann sogar mit Luftschiffen weiter. Kyndra entwickelt sich hier nicht großartig weiter, sondern versucht sich in der Fremde zurecht zu finden. Zum ersten Mal in einer großen Stadt, die Erfahrung des Reisens, ihre Sehnsucht nach zuhause, ihre ungeschickten Versuche, sich abzusetzen, das alles fand ich sehr stimmig und glaubwürdig.


    Der Einstieg der Handlung in die Welt von Naris stellte für mich daher einen Bruch in der Handlung dar. Ab sofort geht es in erster Linie um Machtkämpfe eines jahrhundertealten Ordens, um magische Konzepte, die zwar sehr ausgeklügelt sind, aber auch ziemlich umständlich erklärt werden. Lange Abschnitte konzentrieren sich auf Vorgänge in der Vergangenheit, die sich nur sehr langsam erschließen und den Bogen zur Gegenwart spannen. Kyndras Entwicklung macht Quantensprünge, die für mich nicht immer nachvollziehbar und ganz schön dick aufgetragen waren. Besonders der Showdown am Ende fühlte sich für mich seltsam sperrig an. Die Autorin setzt einen gut platzierten Schlußpunkt unter die Handlung, lässt aber genug offene Fragen, um eine Fortsetzung anzupeilen.


    Leider konnte mich insbesondere dieses letzte Drittel des Buches nicht mehr überzeugen. Da auch der Sprachstil nicht herausragend ist, sondern eher nüchtern und zurückhaltend, werde ich diese Reihe sehr wahrscheinlich nicht weiter verfolgen. Für den gelungenen Auftakt und einen soliden Mittelteil gibt von mir es immerhin noch eine durchschnittliche Bewertung.