Beiträge von Tiramisu

    Inhalt:

    Eine Abschiedsrede für den langjährigen Mitarbeiter und künftigen Ruheständler des Eichamtes - aber Karl Dijk kommt nicht zu seinem eigenen Abschiedsfest. Und so sinniert sein Kollege über die gemeinsam erlebten Jahre, den Wandel der Zeit und die damit verbundenen Veränderungen in ihrer Arbeit, immer im Spiegel der vermeintlich festen Größen von Kilogramm, Meter und Grad.

    Meine Meinung:


    Ein interessantes Stückchen Literatur, was uns der niederländische Autor H.M. van den Brink da präsentiert. Sprachlich empfand ich den Roman durchwegs als Genuß, denn der Schreibstil ist elegant, präszise und ausgefeilt. Nach wenigen Seiten hatte ich mich schon regelrecht festgelesen.

    Das Thema ebenfalls ansprechend; die Grundidee, den Wandel der Zeit mit einer Person zu verknüpfen, die sich allen Veränderungen gegenüber verschlossen hat, fand ich sehr genial. Bestimmt könnte man die Handlung in jeglicher Branche ansiedeln, aber dass sich der Autor gerade das (niederländische) Eichwesen als Kulisse ausgesucht hat, ist ein genialer Schachzug. Denn gerade was die Maßeinheiten betrifft, könnte man doch meinen, dass diese unveränderlich gegenüber allen modernen Technologien bestehen - aber falsch gedacht, auch hier hält der Fortschritt Einzug, und wer nicht mit der Entwicklung auf dem Laufenden bleibt, wird zum Dinosaurier.

    Was zunächst mit dem ersten Tag der beiden Kollegen im beschaulichen Eichamt an der kleinen Gracht beginnt, wird in der Abschiedsrede der Direktorin für den Kollegen Karl Dijk fortgeführt und zu Ende gebracht, trotz dessen Abwesenheit. Sein Kollege hat sozusagen als Ghostwriter die Rede geschrieben, hört sie nun aus dem Mund der Direktorin und schweift unterdessen immer wieder in Gedanken ab, verfolgt das Ungesagte, das Ungeschriebene. So entspinnt sich ein ausgeklügeltes Konstrukt aus Gegenwart und Vergangenheit, aus dem sich nach und nach die Geschichte der beiden Kollegen mit all ihren Höhen und Tiefen heraus arbeitet. Während Karl Dijk sich und seinen unverrückbaren Prinzipien immer treu geblieben ist, hat sein Kollege doch sehr oft sein Fähnchen in den Wind gehalten, um beruflich weiter zu kommen.

    Für mich war die Lektüre trotz ihres ruhigen Erzählstils sehr spannend zu verfolgen. Umso trauriger bin ich darüber, dass das Ende etwas beliebig geraten ist. Ich hätte erwartet, dass es eine Erklärung für das Fehlen von Karl Dijk gibt, dass das offene Ende der beiden Kollegen irgendwie aufgearbeitet und zum Abschluss gebracht wird. Statt dessen empfand ich das Ende ziemlich surreal und hatte das Gefühl, dass es sich der Autor ein wenig zu einfach gemacht hat, indem er seinen Protagonisten in wirren Fieberträumen zurück lässt.

    Mein Fazit:

    Ohne den schwachen Schluss wäre das ein echtes Lesehighlight geworden, aber auch so kann ich es gerne an LeserInnen weiter empfehlen, die weniger handlungsorientiert lesen, sondern Freude an ruhigen, nachdenklichen Erzählungen haben und mit unvermittelten Zeit- und Gedankensprüngen innerhalb der Handlung gut zurecht kommen.

    Inhalt:

    Lilah wächst als Waisenkind bei ihrem Onkel und ihrer Tante im Dorf Grünweite auf, unweit vom Morgenwald. Der Morgenwald ist verzaubert und böse, ein verbotenes Terrain, weil es darin spukt. Eines Tages verschwindet Lilahs Freund Dorean im Morgenwald, nachdem er mit einem Mord in Verbindung gebracht wurde. Kurzentschlossen folgt sie ihm und gerät in den Bann des Morgenwaldes, in dem alles so ganz anders ist, als man es sich in Grünweite erzählt. Was hat es mit den geheimnisvollen Gefährtenbäumen auf sich, wie kann ein Baum gleichzeitig eine Bibliothek sein und wer hat im Morgenwald Feuer gelegt? Lilah gerät in eine Strudel von Ereignissen, der ihr kaum Luft zum Atmen lässt, und wird vor die Entscheidung gestellt, wo und mit wem sie künftig ihr Leben verbringen will.

    Meine Meinung:

    Überraschend anders, so hab ich diese Geschichte aus dem Bereich Romantasy empfunden. Atmosphärisch punktet die Autorin mit wunderbaren Bildern, die sie in ihrem märchenhaft-poetischen Sprachstil schildert, der mir vom Fleck weg gefallen hat. Im Mittelpunkt steht die Natur mit ihren Pflanzen und Tieren, der Wald als Gesamtes, besonders aber die Bäume als Individuen. Der Morgenwald wird als ganz besonderer Ort dargestellt und strahlt eine ganz eigene, mystische Stimmung aus, die mich in ihren Bann gezogen hat.

    Inmitten dieser Kulisse breitet die Autorin ihre Handlung aus und erzählt aus Lilahs Perspektive. Zunächst lebt Lilah in dem kleinen Dorf Grünweite und ist dort schon sehr naturverbunden; sie stellt Kräutermedizin her und streift deswegen oft über die Wiesen. Bald schon kommt der Bruch in der Erzählung, denn das Setting wechselt mitten in den Morgenwald hinein und wir erleben Lilahs Wandlung zu einem völlig anderen Menschen und Wesen. Diese Metamorphose ist sehr eindringlich und mitreissend geschildert; der phantastische Anteil des Romans entfaltet sich hier voll und die Magie des Morgenwaldes schillert in den buntesten Farben.

    Gleichzeitig steigt aber auch der Spannungsbogen an, denn Katharina Seck hat darüber hinaus eine konfliktbeladene Ausgangssituation geschaffen, die sich nach und nach auf einen dramatischen Höhepunkt zu bewegt. Mit viel Tiefgang lässt sie ihre Figuren agieren und reagieren, so dass man immer emotional mit ihnen verbunden ist, vor allem natürlich mit Lilah. Dass auch im Morgenwald nicht immer alles nur fröhlich zugeht, merkt sie sehr bald; es gibt durchaus auch Szenen, die sehr traurig sind und solche, in denen ich mit den Figuren bangen musste.

    Am Ende lautet die Botschaft, dass Toleranz, Mitgefühl und Verbundenheit wichtige Werte sind, mit denen ein friedliches Zusammenleben zwischen verschiedenen Kulturen ermöglicht werden kann - ein durchaus zeitgemäßes Thema, das hier inspirierend und innovativ verpackt wurde.

    Dieser gelungene Mix aus Mystik, Natur und Liebe in einem außergewöhnlich bilderreichen Schreibstil hat mich vollkommen überzeugt und ich empfehle das Buch gerne weiter an alle FantasyleserInnen, die gerne auf Krieg und Schlachtengetümmel verzichten.

    ISBN: 978-3-8090-2666-2


    Inhalt:

    Ameratasu Takahashi ist Japanerin und lebt in Amerika. Als Augenzeugin des Atombombenabwurfs über Nagasaki suchte sie räumlichen Abstand zu dem Ort, an dem sie dieses Trauma erfuhr und dabei ihre Tochter und ihren Enkel verlor. Aber auch in dem fernen Land lassen sie die Erinnerungen nicht los und sie lebt mit ihrer Trauer, abgekapselt und zurück gezogen. Da taucht eines Tages ein junger Mann auf, der behauptet, ihr Enkel zu sein. Er wurde gerettet und seine Spur verlor sich in den Wirren der Nachkriegszeit. Ameratasu kann es nicht glauben, aber aufgerührt durch diese Begegnung werden ihre ganzen Erinnerungen aufgewühlt. Schafft sie es, sich der Vergangenheit zu stellen und alle abgerissenen Fäden wieder zu verbinden?



    Meine Meinung:



    In diesem Buch kommen ganz viele Aspekte zusammen, die zusammen genommen ein rundes und eindrucksvolles Bild einer fernen Kultur und eines unvorstellbaren kollektiven Traumas ergeben, eingebettet in einen tragische Familiengeschichte. Japan und die Japaner sind mir fremd, daher war es für mich sehr interessant und aufschlussreich, dass die Autorin am Beginn eines jeden Kapitels eine kurze Abhandlung über japanische Denkart und Werte gesetzt hat. Diese feingeistigen Abschnitte dienen einerseits zur Einstimmung, aber auch zum Verständnis der Verhaltensweisen der verschiedenen Protagonisten im folgenden Kapitel.



    Um der Handlung folgen zu können, ist ein aufmerksames Lesen dringend notwendig. Wir werden nämlich nicht nur mit der Rahmenhandlung um Ameratasu und Hideo konfrontiert, sondern in vielen Abrissen mit Ameratasus Erinnerungen, aber auch mit den Tagebucheinträgen ihrer Tochter Yuko und mit Briefen von Shige, einer weiteren handlungstragenden Figur. Dies im bunten Mix, so dass sich die verschiedenen Perspektiven kaleidoskopartig ineinanderfügen und auch wieder auseinander brechen. Auch die Chronologie ist nicht geradlinig, sondern springt losgelöst von Zeit und Raum durch die Jahre und Orte.



    Dabei enthüllt sich das Bild einer Familiengeschichte, die einerseits von traditionellen japanischen Werten geprägt ist, andererseits aber durch neuzeitliche Einflüsse und Denkweisen Konfliktpotential erhält. Der Bogen ist dabei sehr weit gespannt und die Geschichte schrammt geradeso an der Überfrachtung vorbei. Dennoch war es für mich sehr spannend, die verschiedenen Schicksale und Aspekte zu verfolgen. Im Mittelpunkt steht natürlich der Atombombenabwurf über Nagasaki, der sehr eindringlich und erschütternd geschildert wird, samt seiner Folgeerscheinungen. Aber auch das Leben der Geishas, die Verwicklung der Japaner ins Kriegsgeschehen und die Folgen für die Gesellschaft werden anhand von Einzelschicksalen ausgearbeitet.



    Die Autorin schafft es durch ihren ausgefeilten, präzisen und fast schon distanzierten Sprachstil, dass diese emotionsgeladene Geschichte niemals kitschig wirkt. Ihre Hauptfigur Ameratasu zeigt sie in allen Facetten; sie versucht nicht, sie besonders sympathisch oder bemitleidenswert darzustellen, sondern liefert eine ehrliche und manchmal auch harte Charakterzeichnung. Fast war ich erleichtert, als das Ende sich sehr rund und harmonisch präsentierte, bei all dem starken Tobak vorweg.



    Ich möchte das Buch als anspruchsvolle Lektüre auf einem hohen sprachlichen und erzählerischen Niveau weiter empfehlen, natürlich besonders für Japan-LiebhaberInnen, die daran sicher ihre Freude haben werden.

    Svea Linn Eklund - Nordlichtherzen

    • Taschenbuch: 368 Seiten
    • Verlag: Piper Taschenbuch (2. November 2017)
    • Sprache: Deutsch
    • ISBN-10: 3492312292
    • ISBN-13: 978-3492312295

    Inhalt:

    Mitten im isländischen Winter bereiten sich die beiden Schwestern Unnur und Hekla auf das Weihnachtsfest vor. Während die verträumte Elfenmalerin Unnur sich nichts mehr wünscht, als endlich den Mann ihres Lebens kennen zu lernen, hat Hekla durch einen harten Schicksalschlag das Thema Männer bereits abgeschlossen und widmet sich ihrem Leben als Wissenschaftlerin an der Uni in Reykjavik. Bei einem umstrittenen Straßenbauprojekt soll sie als Gutachterin für isländisches Kulturgut hinzugezogen werden. Diese Angelegenheit und das plötzliche Auftauchen mehrerer Pensionsgäste in Unnurs kleiner ländlichen Pension bringt jede Menge Trubel in das Leben der beiden Schwestern...

    Meine Meinung:

    Schon Titel und Cover lassen erahnen, dass es sich hier um einen waschechten Liebesroman handelt. Die Kulisse ist etwas ganz besonderes, nämlich ein abgeschiedenes Gehöft in den rauen und weiten Landschaften Islands, wo Lavaberge und Elfenhügel der winterlichen Gegend einen mystischen Touch geben - ein wahres Winterwonderland!

    Unnar und Hekla sind zwei sehr kontrastreiche Hauptfiguren; mir gefiel das sehr gut, wie sie sich unterscheiden und aneinander reiben, aber dennoch eine innige schwesterliche Beziehung pflegen. Gemeinsam haben sie ihre künstlerische Ader; Unnur als bildende Künstlerin und Malerin, Hekla als verkappte Songwriterin und Sängerin. Diese Aspekte fließen in die Handlung mit ein und bringen einen intellektuellen Hauch in die Handlung, was ich sehr passend fand.

    Beide sind Singles und gehen wiederum ganz unterschiedlich damit um; auch als dann plötzlich auch Männer ins Spiel kommen und ihre Gefühlswelt gehörig durcheinander gewirbelt wird. Die Autorin hat hier einen nette Verkettung von Zufällen und Verknüpfungen konstruiert - für mich allerdings war es etwas vorhersehbar und ich wurde auch zu keinem Zeitpunkt von irgendeiner Entwicklung überrascht. Die zuckersüße Auflösung ist vor allem für LeserInnnen mit viel Sinn für Romantik geeignet und war mir fast eine Nummer zu weichgespült.

    Dennoch war es eine unterhaltsame und kurzweilige Lektüre, die perfekt in die vorweihnachtliche Zeit passt und eine gehörige Portion Winter- und Weihnachtsstimmung verbreitet. Wer eine unkomplizierte Geschichte fürs Herz braucht und noch dazu auf nordische Stimmung steht, macht mit diesem Buch nichts verkehrt.

    Inhalt:


    Die Amerikanerin Samantha Whipple ist eine direkte Nachfahrin der drei Brontë-Schwester Charlotte, Emily und Anne. Von klein auf begleitet sie dieses Schriftstellertrio aus dem 19. Jahrhundert auf ihrem Lebensweg; von daher ist es nicht verwunderlich, dass sie nach dem Tod ihres Vaters in Oxford englische Literatur studiert. Gemeinsam mit ihrem Tutor Orville macht sie sich auf die Spurensuche nach geheimen Hinterlassenschaften der Brontës.


    Meine Meinung:


    Was in der Inhaltangabe sehr verlockend klingt, hat die Autorin leider grandios und auf der ganzen Linie vergeigt. Ich hab es selten so bereut, ein Buch bis zum Schluss durchgelesen zu haben, weil sie es an keinem Punkt geschafft hat, mich zu überzeugen.


    Das fängt an beim Sprachstil; der ist holperig und ungelenk, so dass ganz unabhängig von Inhalt die Lektüre nicht gerade ein Vergnügen ist. Es sei eingeräumt, dass dieser Umstand eventuell der Übersetzung angelastet werden muss, aber unterm Strich hat es für mich keinen Unterschied gemacht, ob das Buch schlecht geschrieben oder schlecht übersetzt ist. Der Sprachstil ist uneinheitlich; manchmal ist er hochgestochen und mit komplizierten Fremdwörtern insbesondere aus der Literaturwissenschaft gespickt, dann aber wieder umgangsprachlich und flapsig. Dialoge kommen mit einem seitenlangen Austausch von Einwortsätzen daher, was mir wirklich keinen Spaß gemacht hat; und auch grammatikalisch sind einige Unachtsamkeiten versteckt, die das Lektorat niemals hätten überstehen dürfen.


    Inhaltlich hat sich die Autorin einen nette Grundidee überlegt, die mich sehr gereizt hat. Die drei Brontë-Schwestern sind in meinen Augen interessante Persönlichkeiten, die einen Roman als Figuren sicherlich genug Stoff für spannende Unterhaltung bieten.


    Leider wurde das Thema regelrecht versiebt, indem zum einen Samantha als Hauptfigur in den Mittelpunkt gestellt wurde; aber: Samantha war für mich an keinem Punkt greifbar oder interessant. Ich konnte ihre Gedankengänge und Handlungen kaum nachvollziehen, weil sie in sich nicht konsistent waren. Ich hatte keine Vorstellung über ihren Tagesablauf, obwohl man sie als LeserIn doch über Wochen hinweg begleitet. Ihr Verharren in der Vergangenheit und ihre Unfähigkeit, mit ihrer Umwelt umzugehen, hatte schon etwas Krankhaftes an sich, so dass ich sie durchwegs mit einem unguten Gefühl betrachtete. Die zweite Hauptfigur Orville kam bei mir besser weg, dieser Protagonist hatte aber den Vorteil, dass er sehr geheimnisvoll geschildert wurde und man sehr viel in ihn hineininterpretieren konnte.


    Die Story selbst dümpelt lange Zeit vor sich hin, hat keinen linearen Aufbau und wirkt verworren. Viele Passagen erzählen in Rückblenden über Samanthas Kindheit, über ihren Vater und seine verqueren Vorstellungen von Erziehung und Lernen, aber auch von seiner unermüdlichen, fieberhaften Beschäftigung mit den Brontës. Daneben gibt es in der Gegenwart eine gute Portion Campusleben und vor allem literaturwissenschaftliche Diskussionen, die zwar hochambitioniert, in dieser Geschichte aber irgendwie fehl am Platz sind. Was für eine anstrengende Mischung! Die im Klappentext versprochene literarische Schnitzeljagd findet erst im letzten Drittel statt und hat - nach ein, zwei vielversprechenden Wendungen zwischendrin - am Ende eine banale, enttäuschende Auflösung.


    Nachdem ich also auf der ganzen Linie, nämlich vom Sprachstil, von den Figuren und von der Handlung enttäuscht bin, kann ich nur betonen, dass ich diesem Roman absolut nichts abgewinnen konnte und ihn auch niemandem weiterempfehlen werde.

    Inhalt:


    Norwegen im Sommer 1893: das Dorf Åsgårdstrand ist Anziehungspunkt für viele herrschaftlichen Familien aus Kristiana, die dort den Sommer verbringen müssen. Johanne, ein sechzehnjähriges einheimisches Mädchen, geht als Hausmädchen bei der Familie des Admirals Ihlen in Stellung und befreundet sich mit dessen Tochter Tullik. Diese beginnt eine leidenschaftliche Affäre mit dem Maler Edvard Munch, der als Außenseiter am Rande der Gesellschaft im Dorf lebt. Ein nervenaufreibendes Versteckspiel um eine Liebe jenseits der gesellschaftlichen Konventionen beginnt, und Johanne steckt mittendrin...


    Meine Meinung:


    Edvard Munch war mir vor allem wegen seines Bildes "Der Schrei" ein Begriff, ein Gemälde, das wohl niemanden kalt lässt und und das in der Neuzeit mehrfach Furore gemacht hat. Lisa Stromme widmet sich dem Menschen hinter dem Bild und spinnt eine ergreifende Geschichte um dessen Entstehung.


    Im Mittelpunkt steht dabei das Mädchen Johanne, das aus der Ich-Perspektive heraus die Rolle der Erzählerin übernimmt. Sie ist das "Erdbeermädchen"; dieser Name hat doppelte Bedeutung. Einerseits sammelt sie tatsächlich Erdbeeren und andere Beeren für die Sommerfrischler in Åsgårdstrand; andererseits ist dies auch der Titel eine Bildes des Malers Hans Heyerdal, für den Johanne als Kind Modell gestanden hatte.


    Johannes Familie, insbesondere ihre Mutter, sehen in ihr immer noch das kleine "Erdbeermädchen"; dabei ist sie im Begriff, eine junge Frau zu werden und hat durchaus ihre Geheimnisse. Da ist Thomas, der um sie wirbt und mit dem sie zum Tanz geht, unsicher, ob mehr darauf werden kann und darf. Aber auch Edvard Munch ist für Johanne kein Unbekannter; er erkennt ihr Potential, Kunst zu verstehen und auch selbst zu malen; dabei unterstützt er sie im kleinen Rahmen, materiell wie ideell. Selbstverständlich muss dies im Geheimen ablaufen, denn im Dorf ist Munch ein Verrückter und seine Bilder eine Schande, niemand, zu dem ein junges Dorfmädchen Kontakt haben sollte.


    Ganz anders ist das mit Tullik, der Tochter des Admirals. Sie versteht Munchs Kunst überhaupt nicht, ist aber gerne Modell für die verschiedensten Bilder, und stürzt sich schließlich Hals über Kopf in eine leidenschaftliche Liebschaft mit dem Maler. Johanne ist hierbei Beobachterin und vor allem Verbündete, denn Tullik braucht dringend Ausreden für ihre langen Abwesenheiten. Die beiden Mädchen bauen dabei ein Lügenkonstrukt auf und begeben sich in manche prekäre Situation. Ob das auf Dauer gut geht, wird hier natürlich nicht verraten.


    Munch selbst bleibt innerhalb der Erzählung als Mensch sehr blass, fast wie ein Mythos. Dennoch kommt seine Verstörtheit, seine absolute emotionale Hingabe an die Kunst, hinter der die menschlichen Beziehungen durchwegs zurück stehen müssen, sehr gut zum Ausdruck. Fast kann man sich vorstellen, wie er in seiner Unfähigkeit, seine Gefühle auszusprechen, dieses wahnsinnige Gemälde schafft und die abstrakt gemalte Figur für sich schreien lässt. Der Schrei zieht sich vor allem durch das letzte Drittel des Buches und nimmt eine wichtige Rolle ein.


    Lisa Stromme bedient sich in ihrer Erzählung eines eleganten, ausgereiften Schreibstils, der mir sehr gut gefallen hat. Es drängt sich beim Thema Malerei geradezu auf, dass die Sprache bildhafte Motive aufgreift und vieles mit Farben und Formen zu erklären versucht. Besonders schön fand ich die kapiteleinleitenden Auszüge aus "Zur Farbenlehre" von Johann Wolfgang von Goethe, die sehr treffend eingesetzt werden.


    Am Ende des Sommers darf man als LeserIn nicht erwarten, dass es irgendwelche ausgeklügelten Auflösungen gibt; der Sommer ist vorbei, die Sommerfrischler kehren zurück in die Hauptstadt und alles geht wieder seinen alten Gang. Was bleibt, ist der Nachhall einer Geschichte, die erschütternd und mitreissend gleichzeitig erzählt wurde; wie gemacht für LeserInnen, die weniger handlungsorientiert sind, sondern am inneren Erleben der Figuren interessiert sind und sich auf den Zeitgeist des 19. Jahrhunderts mit einem Schwerpunkt auf der Entdeckung der modernen Kunst einlassen möchten. Mir hat das Buch insgesamt sehr gefallen und ich bin überrascht, wie gut der Autorin die Verknüpfung dieses doch komplexen Themas mit einer guten Portion Unterhaltungswert gelungen ist.


    9 von 10 Eulenpunkten

    Inhalt:


    Raphaël Barthélémy ist überglücklich, hat er doch nach einer großen Enttäuschung seine große Liebe Anna gefunden. Als er jedoch mehr über ihre Vergangenheit erfahren möchte, konfrontiert ihn Anna mit einem schrecklichen Geheimnis und ist ab diesem Zeitpunkt unauffindbar verschwunden. Raphaël macht sich auf eine gefährliche und atemberaubende Spurensuche, die ihn von Paris nach New York führt. Dort findet er ein Puzzleteil nach dem anderen und erfährt, wer Anna in Wahrheit ist. Doch wird er sie zurück gewinnen?


    Meine Meinung:


    So richtig überzeugen konnte mich Guillaume Musso mit seinem neuesten Mix aus Thriller und Liebesgeschichte nicht. Den Anfang fand ich noch recht gelungen; das Setting Paris und später dann New York hat er sehr schön dargestellt, und der Start der Geschichte ist vielversprechend angelegt. Durch die Ich-Perspektive aus Sicht von Raphaël und der Erzählperspektive aus Sicht von Marc Caradec ist Abwechslung und Tempo geboten, für mich eine ungewöhnliche Leseerfahrung.


    Leider verliert sich der Autor ab ungefähr der Hälfte in seinen Perspektiven und die Erzählweise wird sehr unübersichtlich. Er verkünstelt sich damit, dass er fast allen beteiligten Figuren im Laufe der Handlung eine Ich-Perspektive einräumt, was mich doch sehr aus dem Lesefluss gebracht hat. Zwar weiß der Leser damit mehr als die handlungstragenden Figuren, aber das alleine konnte für mich die Sache nicht wett machen, für mich wirkte das wie eine Art Experiment. Leider geht dadurch die Nähe zu den Figuren völlig verloren, ich konnte mich kaum auf die Protagonisten einstellen.


    In der Handlung selbst gab es auch eine Dinge, die mich wenig begeistern konnten. Die Verflechtung von Annas Verschwinden mit einem Fall aus der Vergangenheit konnte ich ja durchaus noch nachvollziehen; dass dann aber die amerikanische Präsidentschaftswahl plötzlich eine wichtige Rolle spielt, das hat für mich überhaupt nicht gepasst. Spannend zwar, wie Musso dieses Thema darstellt und beleuchtet, aber einfach eine Nummer zu dick aufgetragen.


    Am Ende gibt es auch noch eine dicke Überraschung, die mir auch nicht so recht ins Bild passte. Die Geschichte endet abrupt und irgendwie unvollendet, und somit wirkt das alles nicht aus einem Guss. Schade, denn die Grundidee vom Anfang fand ich recht spannend und durchaus interessant. Was bleibt, ist ein seltsam verworrenes Spiel aus Politik, Verbrechenen und persönlichem Drama, das mich zwar streckenweise gut unterhalten hat, am Ende aber nicht überzeugen konnte. Schade, denn nach "Vierundzwanzig Stunden" hab ich mir von Guillaume Musso einen ähnlich brillanten Knaller erhofft. Vielleicht beim nächsten Buch wieder.


    5 von 10 Eulenpunkten

    Inhalt:


    Kari Blom ist zurück auf Sylt! Die verdeckte Ermittlerin soll in diesem zweiten Band wieder einmal inkognito einen Kriminalfall im Auftrag des LKA lösen; diesmal geht es um Kreditkartenbetrug. Doch kaum hat sie ihren Platz als Kassiererin in einem Feinkost-Supermarkt eingenommen, passiert ein Mord - und Kari, die eigentlich Karolina Dahl heißt, steckt mittendrin in einer brandheißen Mordermittlung. Kein Wunder, dass sie sofort wieder ganz oben auf der Liste der Verdächtigen steht und ins Visier der Sylter Polizei gerät. Wobei Jonas Voss, einer der Sylter Polizeibeamten, nicht nur aus dienstlichen Gründen ein Auge auf Kari geworfen hat...


    Meine Meinung:


    Der zweite Fall von Kari Blom hat mir wieder sehr gut gefallen. Ben Kryst Tomasson schafft es spielend, den Spannungsbogen kontinuierlich steigen zu lassen und seine LeserInnen zum Rätseln zu animieren. Dennoch ist es nicht ganz einfach, hinter das ausgefeilte Handlungskonstrukt zu blicken - das hat er sich wirklich gut ausgedacht und logisch umgesetzt.


    Der Reiz des Neuen ist diesmal allerdings überschaubar, denn die Handlung ist eine ziemliche Blaupause des ersten Teils. Die verdeckte Ermittlerin, die plötzlich selbst unter Verdacht steht und unter keinen Umständen ihre Identität preis geben darf, ist ein festes Element für den Aufbau der Geschichte.


    Aber auch die Umstände ähneln sich; war es im ersten Band der korrupte Bauunternehmer, so ist es diesmal ein Feinkostladen, in dem es nicht mit richtigen Dingen zugeht. Und während die Reichen und Schönen ihre Leckereien dort einkaufen, müssen die vom Leben weniger Begünstigten an der Kasse sitzen und die Regale einräumen. Auch die Unternehmersgattin ist wieder mit von der Partie, diesmal als Boutique-Besitzerin mit einem Hang zum Mondänen und einer Vorliebe für südamerikanische Sahneschnittchen. Und natürlich Jonas Voss, der alleinerziehende Vater und Polizeibeamte, der sich von Kari magisch angezogen fühlt, ein Figur, die ich sehr gerne mag. Nicht zu vergessen, auch die Häkel-Ladys sind wieder on Tour und bekommen einige Auftritte, die zuweilen recht dramatisch ausfallen.


    Dies alles liest sich wirklich sehr gut, dank einer geschliffenen Sprache, die mir richtig Spaß gemacht hat. Ein ausgefeilter Blick fürs Detail, nicht zuletzt für die wunderbaren Schauplätze auf Sylt, aber auch die düsteren Seiten der Insel, runden die Geschichte ab. Dennoch, so sehr ich die Lektüre genoss, es fehlte mir einfach ein kleines bisschen Kontrast zum ersten Band und an Überraschungen. Trotzdem würde ich mich natürlich sehr freuen, wenn Kari auch noch in einem weiteren Band ermittelt und wäre ganz bestimmt wieder dabei!


    8 von 10 Eulenpunkten

    Inhalt:


    Die Stadt Elantel ist eine Metropole in Zeiten des Umbruchs, beherrscht von Technik, Magie - und dem Recht der Gesetzlosen. Hier stoßen die ungleichen Helden und Ermittlern auf Seiten des Rechts Wax, Wayne und ihre Gefährtin Marasi auf eine dunkle Verschwörung, die ganz Elantel erschüttern kann. Und die Verbündeten machen sich daran, den Fall auf ihre ganz eigene Weise zu lösen...


    Meine Meinung:


    "Schatten über Elantel" ist der fünfte Band der Reihe "Die Nebelgeborenen" von Brandon Sanderson. Dabei handelt es sich von Band 1 bis 3 um eine Staffel, ab Band 4 beginnt eine neue Staffel, deren 2. Band nun mit diesem Buch vorliegt. Schon ein bisschen wahnwitzig von mir, gerade mit diesem Band in die Reihe einzusteigen, ohne dass ich zumindest rudimentäre Vorkenntnisse aus Sandersons Mistborn-Universum habe. Aber: das Exeperiment ist geglückt, ich hab mich auch als Neuling sehr wohl mit dem Buch gefühlt und fand es einfach genial.


    Sanderson schafft mit seinem abgefahrenen Genremix aus klassischer Fantasy kombiniert mit vorherrschenden Gaslamp/Steampunk-Elementen, Western und Mystery-Thriller eine ganz besonderes Lesegefühl. Trotz der ungewöhnlichen Mischung erscheint der Roman wie aus einem Guss; ich hatte beim Lesen nie das Gefühl, dass da irgendwas nicht zusammenpasst.


    Klar ist es von Vorteil, wenn man die Vorbände kennt, denn viele Ereignisse nehmen Bezug auf die Vergangenheit und die Figuren werden nicht neu eingeführt; der Autor ging beim Schreiben davon aus, dass Wax, Wayne & Co. bereits bekannt sind. Aber trotzdem bekam ich sehr schnell ein Bild von den Protagonisten und konnte mir einiges zusammen reimen, was wohl in den Vorgängerbänden schon passiert war. Wer hinsichtlich Spoiler empfindlich ist, dem empfehle ich, die Reihe bei Band 1 zu beginnen und die Reihenfolge einzuhalten. Mir macht es hingegen gar nichts aus, dass ich jetzt schon eine Ahnung habe, was in früheren Zeiten in Elantel so alles los war. Die verschiedenenen magischen Konzepte dagegen waren für einen Neuling schon eine Herausforderung; hier war ein Glossar am Ende des Buches recht hilfreich, aber ganz durchgestiegen bin ich trotzdem nicht. Kein Problem, denn die Handlung hat sich mir auch ohne dieses Wissen erschlossen.


    Die Geschichte ist eigentlich ein Mystery-Krimi; samt Polizeibehörde und mit Marasi einer Ermittlerin, die wir auf ihren detektivischen Streifzügen begleiten. Noch mehr Spaß macht es aber noch, Wax und Wayne als LeserIn zu begleiten. Diese beiden magischen Revolverhelden mischen das Etablishment auf und bieten eine ganz eigene Sicht auf Elantel. Während die Geschichte anfangs von spritzigen Dialogen und abenteuerlichen Verfolgungsjagden lebt, kommt zum Schluss ein tragische Note mit ins Spiel, die mich emotional völlig mitgerissen hat. Wahnsinn, wie der Autor da federleicht die Stimmungen wechselt und dabei nie eine ordentliche kriminalistische und zugleich phantastische Auflösung aus den Augen verliert.


    Mich hat Brandon Sanderson mit diesem Roman und seinem brillanten Schreibstil einmal mehr begeistert und fasziniert. Jetzt bin ich natürlich angefixt und werde so bald wie möglich auch die Bände 1 - 4 lesen, und gegen einen Band 6 hätte ich natürlich auch nichts einzuwenden. Ein klare Empfehlung an alle Fantasy-Fans; für mich sind die Bücher von Brandon Sanderson das Beste, was die phantastische Literatur aktuell zu bieten hat.


    10 von 10 Eulenpunkten

    Als ich vor einigen Jahren die letzten Seiten der Reihe "Das Geheimnis der großen Schwerter" gelesen hatte und den Buchdeckel zufrieden zuklappte, hätte ich mir nicht vorstellen können, dass Tad Williams die Welt von Osten Ard nochmal aufleben lässt und eine Fortsetzung schreibt. Aber er hat es getan! Und nach langer Ankündigung hatte ich nun "Das Herz der verlorenen Dinge" auf dem Lesetisch und konnte erneut in diese großartige Fantasywelt eintauchen.


    Dabei macht Tad Williams gleich mal deutlich, dass es keinen lauwarmen Aufguss der bisherigen Bände gibt, sondern dass er uns durchaus etwas Neues bieten möchte. Mit dieser für seine Verhältnisse kurz und temporeich gehaltene Novelle setzt er zwar chronologisch unmittelbar nach Ende der "Nornenkönigin" ein, bietet seinen LeserInnen aber diesmal eine gänzlich neue Perspektive, nämlich die der Nornen selbst.


    Isgrimnur und seine Rimmersmänner samt Verstärkung aus dem ganzen Reich vertreten die bereits bekannten Figurengruppierugnen, ergänzt durch etliche Neulinge. Sie verfolgen die Weißfüchse nach ihrer Niederlage bis zum Schicksalsberg, um sie vollends zu vernichten. Tad Williams eröffnet in einem zweiten Handlungsstrang den Blick aus Sicht der Nornen, die auf diese Art und Weise ein eigenes und nicht mal so abstoßendes Profil erhalten - wo sie doch bisher ausschließlich nebulös-böse dargestellt wurden. Diese Abkehr von der Schwarz-Weiß-Malerei der ersten vier Bände ist eine vielversprechende Entwicklung und macht noch zusätzlich Lust auf die kommenden Bücher.


    Überhaupt muss man "Das Herz der verlorenen Dinge" als kleinen Appetithappen verstehen; es geht sehr temporeich zu und Tad Williams verliert sich nicht in den opulenten, ausufernden Beschreibungen, für die er bekannt ist. Man könnte der Geschichte eine gewisse Oberflächlichkeit vorhalten, muss aber den Kontext sehen; hier soll wirklich nur der Anschluss geschaffen und der neue Blickwinkel eröffnet werden. Mit diesem Wissen kam ich auch gut zurecht mit der Lektüre, hoffe aber schon auf eine größere Ausführlichkeit in den Folgebänden.


    Die Figuren sind jedenfalls alle sehr gelungen; mit Porto haben wir ein neues Gesicht auf Seiten der Rimmersmänner, das sicherlich noch eine wichtige Rolle spielen wird. Und mit der charismatischen Generalin Suno'ku, dem weisen Baumeister Yaarike und dem "Mondkalb" Vijeky sind auch bei den Nornen Figuren im Spiel, mit denen man mitfiebern kann. Die schlachtenlastige Handlung ist geprägt von Kriegslisten und Intrigen, von Belagerungen und Heldentaten, gewürzt mit einer guten Portion Horror.


    Ich war sehr zufrieden mit diesem Wiedereinstieg in die Welt von Osten Ard und freue mich schon sehr, wenn es demnächst weiter geht mit "Die Hexenholzkrone", das in der deutschen Fassung in zwei Bänden erscheint. Bestes Lesefutter für hungrige Fantasy-Fans, ich bin auf jeden Fall dabei.


    10 von 10 Eulenpunkten

    Inhalt:


    Liv Lammers ist neu bei der Flensburger Kripo und fängt gerade an, sich einen Namen zu machen. Da führt ein Mordfall sie auf ihre Heimatinsel Sylt zurück, die sie nach einem Bruch mit ihrer Familie verlassen hat. Eine junge Frau wurde auf grausame Art und Weise ermordet, und die Ermittlungen führen Liv und ihre Kollegen in alle möglichen und unmöglichen Ecken von Sylt. Wie tief ist Livs Neffe in den Fall verwickelt, der mit dem Opfer eine enge Beziehung pflegte? Und was hat der Surflehrer Boy Buhnsen damit zu tun, der im übrigen eine nicht unwichtige Rolle in Livs Vergangenheit zu spielen scheint?


    Meine Meinung:


    Sabine Weiss ist bekannt für ihre historischen Romane; hier hat sie sich an ein neues Genre gewagt. Ich finde, der Einstieg in die Spannungsliteratur ist ihr recht gut gelungen.


    Mit Liv Lammers hat sie eine interessante Ermittlerfigur geschaffen, die sich durch ihre Unerfahrenheit abhebt. Dass sie als geborene Sylterin auf der Insel ermittelt, schafft eine ganz persönliche, vertraute Atmosphäre. Ihre persönlichen Verwicklungen in den Fall und die Verknüpfung mit der Inselgesellschaft geben der Handlung Dimension und Pfiff.


    Überhaupt ist das Setting sehr hübsch, aber Sylt ist nun mal auch eine ganz besondere Insel und bietet damit der Autorin die Möglichkeit, viel Lokalkolorit mit einzubauen. Dabei sind aber nicht nur die Reichen und Schönen im Mittelpunkt, auch Sylts Schattenseiten mit illegalen Schwarzarbeitern aus Osteuropa und deren erschütternde Lebensbedingungen werden kontrastreich beleuchtet.


    Der Fall selbst ist klassisch aufgebaut, ein Who-done-it mit einigen falschen Spuren, die die Ermittlungen in verschiedene Sackgassen führen, was die Spannung aufrecht erhält und die LeserInnen mitfiebern lässt. Am Ende kommt dann noch eine Portion Action ins Spiel und bringt viel Nervenkitzel, das war mir dann fast ein bisschen zu dick aufgetragen; kann man aber durchaus so machen.


    Wer gute Krimi-Hausmannskost mit Unterhaltungsgarantie und einem interessanten Setting sowie nicht allzu klischeehaften Ermittlern sucht, macht mit "Schwarze Brandung" garantiert nichts verkehrt. Sollte es weitere Fälle mit Liv Lammers geben, würde ich ganz sicher wieder zugreifen.


    8 von 10 Eulenpunkten

    Inhalt:


    Im Rahmen eines Austauschprogramms kommt das Mädchen Velvet aus Brooklyn in einen idyllischen New Yorker Vorort zu Ginger und Paul, die kinderlos sind. Aus einem zweiwöchigen Ferienaufenthalt wird eine jahrelange Verbindung und Velvet lebt fortan in zwei Welten. Ihr trostloses Leben im Armenviertel gemeinsam mit ihrer alleinerziehenden Mutter und ihrem jüngeren Bruder steht im krassen Kontrast zum Reichtum der weißen Gastfamilie. Hier ist ein Reitstall in der Nachbarschaft, und fortan bestimmen die Pferde Velvets Leben, vor allem aber eine schwierige, verdorbene Stute, an der ihr Herz hängt. Allen Schwierigkeiten zum Trotz geht Velvet ihren Weg und versucht, die Herausforderungen des Lebens zu meistern.


    Meine Meinung:


    Mary Gaitskill pflegt einen eigenwilligen und anspruchsvollen Schreibstil, der dem Leser einiges abverlangt. Sie erzählt ihre Geschichte ausschließlich aus verschiedenen Ich-Perspektiven, die oft von Seite zu Seite wechseln und jeweils ihren eigenen Sprachstil bekommen, je nachdem welche Figur gerade dran ist. So muss man sich sowohl auf die sehr geschliffene, ausgereifte Sprache einer Künstlerin und eines Professors einstellen, als auch auf eine eher ungelenke, holperige Jugendsprache aus einem bildungsfernen Lebensraum.


    Ich empfand diesen ständigen Perspektivenwechsel teilweise als recht anstrengend, nichts desto trotz war ich aber auch fasziniert von der Möglichkeit, eine Szene mehrfach aus verschiedenen Blickwinkeln erzählt zu bekommen. Der Text will also erarbeitet werden und ist auf keinen Fall leichte Unterhaltung. Da sich diese Erzählweise wirklich konsequent durchs ganze Buch zieht, empfand ich an so manchen Stellen durchaus Längen.


    Inhaltlich begleiten wir die Protagonisten über mehrere Jahre und verfolgen ihre Entwicklung. Durch die Ich-Perspektive besteht eine große Nähe zu den Figuren; der Schwerpunkt der Erzählung liegt auf ihrem inneren Erleben und ihren Gefühlen. Hauptsächlich kommen dabei Ginger, die weiße Pflegemutter, und Velvet, das dunkelhäutige Mädchen aus Brooklyn zur Sprache. Der Kontrast zwischen ihnen scheint unüberwindbar, und da man als LeserIn ihre innersten Gedanken kennt, weiß man auch, wie weit die beiden tatsächlich voneinander entfernt sind, wie verschieden im Denken. Dennoch, es besteht ein inniges Band zwischen den beiden, das sich bis zum Schluß nicht ganz erklären lässt.


    Bei Ginger scheint es eine Art Obsession sein, ein Ausgleich ihrer Kinderlosigkeit und ein Verarbeiten eines Verlustes, nämlich den ihrer jüngeren Schwester, die sie zu Velvet hinzieht. Velvet dagegen scheint vor allem von den Pferde angezogen zu sein, und scheint Ginger bisweilen als Mittel zum Zweck zu benutzen. Velvets Beziehung zu den Pferden fand ich sehr faszinierend, da sie rein gefühlsmäßig agiert und fast ausschließlich intuitiv mit den Tieren umgeht. Insofern waren die Pferdeszenen tatsächlich meine Lieblingsszenen, weil sie funktionieren.


    Ebenfalls sehr gut hinbekommen hat die Autorin die Entwicklung vom Kind zur jungen Frau; das innere Erleben der Pubertät, die Verwirrung über die eigene Veränderung, die ersten Erfahrungen mit dem anderen Geschlecht, das alles ist sehr eindringlich dargestellt. In Kombination mit dem harten Leben im Armenviertel, mit einer Mutter die sie ständig schlägt und kaum Nestwärme bieten kann, fand ich es sehr erschütternd zu verfolgen, wie Velvet sich dabei fühlt. Aber genau wie sie sich weiterentwickelt und reift, wächst auch die Beziehung zu "ihrem" Pferd, der verdorbenen Stute, die sie am Anfang nicht mal anfassen, am Ende aber sogar im Springparcours reiten darf. Hier hat die Autorin ganz bewusst Parallelen zwischen Mensch und Tier anklingen lassen, was für mich stimmig war.


    Ich empfehle das Buch gerne weiter an LeserInnen anspruchsvoller Lektüre, die mit mehreren Ich-Perspektive zurecht kommen und sich auch an einer paar Längen im Text nicht stören. Wer Freude an psychologisch ausgerichteten Romanen hat und auch ein wenig pferde-affin ist, wird bestimmt nicht enttäuscht.


    7 von 10 Eulenpunkten

    Inhalt:


    Nach einem schweren Schicksalsschlag verschlägt es die New Yorker Schuhdesignerin Tess samt ihrem Sohn Robbie ins beschauliche Touristenörtchen Montauk an der amerikanischen Ostküste. Hier will sie zur Ruhe kommen und ihr Leben neu ordnen, vor allem aber wieder Zugang zu ihrem gehörlosen Sohn finden, der den Tod seines geliebten Vaters nur sehr schwer verarbeiten kann. Die beiden leben sich ganz allmählich in ihrer neuen Umgebung ein, erfahren immer wieder Rückschläge in ihrem Bemühen, zueinander zu finden, und finden unerwartet Unterstützung in dem Segler und Meeresforscher Kip. Er nimmt die beiden an Bord und macht sie mit seinem Forschungsobjekt, dem ganz besonderen Wal Benny bekannt und lässt sie magische und faszinierende Stunden auf dem Meer verbringen. Aber erst ein aufwühlendes und hochdramatisches Ereignis zeigt Tess und Robbie auf, dass sie zusammen gehören und dass das Leben weitergeht...


    Meine Meinung:


    Die Grundidee des Romans ist zwar nicht außergewöhnlich neu, aber in Kombination mit dem gelungenen Setting an der amerikanischen Ostküste hätte der Stoff Potential für eine durchaus interessante, spannende und unterhaltsame Geschichte bieten können. Hat er aber leider nicht, wie ich zu meinem Leidwesen feststellen musste; die Umsetzung ist der Autorin Barbara J. Zitwer leider ziemlich missglückt.


    Dabei hätte ich mich durchaus an den Schreibstil gewöhnen können, der nicht linear, sondern eher szenenhaft aufgebaut ist und vor allem durch tolle Bilder von Landschaft, Meer und Küste besticht. Vor allem die Szenen auf dem Meer, in den der Wal Benny vorkommt, haben eine ganz besonderen Charme und Zauber, dem ich mich nicht entziehen konnte.


    Umso anstrengender wurde es dafür an Land. Hier stimmt ganz vieles nicht; die Figuren sind nicht durchgehend glaubwürdig aufgebaut, es hakt hinten und vorne an ihrer Entwicklung. Tess und Robbie haben ein schwieriges Verhältnis zueinander, was natürlich ganz viel Stoff für Konflikte bietet. Anfangs hab ich ihr nicht immer stimmiges Verhalten als Stilmittel interpretiert, verwendet, um nachher die Konflikte aufzulösen - das passiert aber bis zum Schluß nicht. Auch gibt es einige Nebenfiguren, mit denen ich nicht zufrieden war; sie wurden sorgfältig aufgebaut und dann irgendwo auf halber Strecke verloren, so hab ich es empfunden.


    Dazu noch gibts es sehr viele Unstimmigkeiten und sogar Fehler, die eigentlich schon vor der Veröffentlichung auffallen hätten müssen; wenn schon nicht der Autorin, dann doch dem Lektorat. Trotzdem hab ich das Buch über weite Strecken weg ganz gerne gelesen und über manches hinweg gesehen. Richtig versemmelt hat die Autorin die Geschichte dann für mich ganz am Ende. Die dramatische Auflösung auf wenige Seiten gequetscht und mit völlig unglaubwürdigen Szenen versehen; eine völlig unerwartete Entwicklung, die ganz schlecht vorbereitet war und daher überhaupt nicht mehr in die Story passte; ein nicht nachvollziehbarer Sinneswandel bei den Figuren, um dann in ein offenes, aber glückliches Ende hineinzusteuern - nein, mit diesem Ende kann man mich nicht überzeugen.


    Leider kann ich diesen Roman wirklich nicht weiterempfehlen, er gehört dringend überarbeitet und hätte dann durchaus das Potential für eine schöne Geschichte. Aber so funktioniert das gar nicht, schade drum!


    4 von 10 Eulenpunkten

    Danke für die Info, Buchdoktor! Das freut mich sehr für Julia Lange und ihr Buch.


    Inzwischen habe ich einige Stimmen gehört, die "Irrlichtfeuer" nicht so gerne mochten, aber ich hab auch im Rückblick immer noch eine sehr hohe Meinung von dem Roman.

    Inhalt:


    Anstatt den Eignungstest für das College zu machen, zieht Merritt um die Häuser und betrinkt sich. Schließlich hat für sie alles keinen Sinn mehr, seit ihre geliebte Großmutter und deren edles Reitpferd Noble nicht mehr auf der Welt sind. Als ihre Eltern die Notbremse ziehen und sie in eine pferdegestützte Therapieeinrichtung bringen, lernt sie das ehemalige Rennpferd Big Red kennen. Auch er ist ein Außenseiter und kommt in seinem Pferdeleben mit niemandem klar. Aber nun haben die beiden sich gefunden und bilden ein unschlagbares Team, das bei den Turnieren an der Ostküste der USA abräumt. Ist nun die Welt der beiden plötzlich wieder im Lot?


    Meine Meinung:


    Was sich zunächst wie eine unterhaltsame Geschichte aus einer heilen Pferdewelt anhört, entpuppt sich ganz schnell zu einem anderen, viel schwierigeren Stoff.


    Die Geschichte wird abwechslungsweise aus der Sicht von Merritt und aus der Sicht von Red in der Ich-Perspektive erzählt. Ein heikles Unterfangen, wie ich finde; denn aus der Ich-Perspektive eines Tieres zu erzählen, schließt immer auch mit ein, dass das Tier in seinem Denken vermenschlicht wird. Auch in Reds Gedanken vermischen sich ganz pferdetypische Komponenten mit menschlichen Gefühlen und Interpretationen; da es aber wirklich gut gemacht ist, kann ich diese Erzählweise trotzdem akzeptieren. Faszinierend ist es allemal, was diesem verkorksten Pferd durch den Kopf geht und wie es sich an diesen einen Menschen seines Herzens hängt, wie es Pläne schmiedet und Gewissensbisse hat.


    Bei Merritt tat ich mich viel leichter; sie ist eine gescheiterte Teenagerin mit gebrochenem Herzen und einer schweren Last im Gepäck. Dass ihre Eltern nicht an sie heran kommen und ein sehr distanziertes Verhältnis zu ihrem Kind haben, macht die Sache nicht leichter. Daher steht im Vordergrund der Geschichte die genaue Kartographie ihrer Psyche. Als sie in der pferdegestützten Therapieeinrichtung "Good Fences" untergebracht wird, verstärkt dies natürlich noch diesen Aspekt, denn dort sind weitere problembelastete Jugendliche untergebracht, deren Geschichte wir erfahren.


    Als sie sich mit Red anfreundet und dank ihrer bereits vorhandenen Reitkenntnisse als einziger Mensch mit ihm vernünftig arbeiten kann, gibt es einen Bruch in der Handlung; plötzlich steht die Turnierszene im Mittelpunkt, und Merritt und Red bestreiten eine Prüfung nach der anderen. Dieser Pferdeteil der Geschichte hat mir gut gefallen, ist sehr anschaulich und unterhaltsam geschildert, ein echtes Highlight für alle Pferdemädels. Auch ein gutaussehender junger Mann taucht auf und verwirrt Merritt auf die eine oder andere Weise, aber das gehört ja schließlich dazu. Die erste Liebe, Unsicherheiten im Umgang mit dem anderen Geschlecht, Herzklopfen und Schmetterlinge im Bauch.... eigentlich alles gut, oder?


    Doch so einfach hat es die Autorin sich und den LeserInnen nicht gemacht. Probleme werden nicht einfach weggeritten, weder bei Menschen noch Pferden. Und so wird die Handlung schwieriger, tiefer, düsterer, nachdenklicher, trauriger. Kein einfacher Stoff, noch dazu für das jugendliche Zielpublikum, für die das Buch gedacht ist. Es gibt auch kein weichgespültes Ende, sondern es bleibt vieles offen, viel Stoff zum Nachdenken und auch der kleine Hintergedanke, ob die Autorin vielleicht sogar an eine Fortsetzung gedacht hat. Weil, interessieren würde es mich schon, wie die Geschichte weitergeht.


    Eine faszinierende, bittersüße Geschichte um Pferd und Mensch, bei der mich zwar nicht alle Pferdeszenen restlos überzeugen konnten, die mich aber trotzdem in ihren Bann gezogen hat. Wer bei einem Pferdebuch nicht nur Unterhaltung und heile Pferdewelt sucht, sondern bereits reif genug ist, auch mit einem anspruchsvolleren Stoff zurecht zu kommen, dem empfehle ich "Dark Horses" gerne weiter. Der Verlag empfiehlt das Buch für LeserInnen ab 13 Jahren.


    9 von 10 Eulenpunkten

    Inhalt:


    Für Roxy läufts nicht rund; ihre Versetzung ist gefährdet, ihre Freundinnen zicken rum und mit ihrer Mutter hat sie ebenfalls Krach. Da erscheint ihr die Reise in die USA zu ihrem ihr bislang unbekannten Vater doch viel verlockender, als die Ferien mit Mams und ihrem neuen Freund auf den Malediven zu verbringen. Aber wo ist sie da nur gelandet? Die öde Prärie Wyomings und die einsame Pferderanch ihres Vaters ist nun wahrlich kein Ort, um einer genervten Teenagerin Ablenkung zu verschaffen, und doch... zwischen all dem Mist und den kaputten Zäunen und gefährlichen Pferden findet Roxy ganz allmählich Gefallen an dem Landleben. Außerdem ist da noch Cale, der umwerfend gut aussehende Pferdepfleger, der sich um sie kümmert, und schließlich Hot Coffee, ein unberechenbarer Hengst, der Roxy auf wundersame Art und Weise zu vertrauen scheint.


    Meine Meinung:


    Dieser Pferderoman ist zugeschnitten auf ein jugendliches Zielpublikum ab 12 Jahren und hat aber auch mir als Erwachsene sehr gut gefallen. Kyra Dittmann hat für ihre Geschichte ein faszinierendes Setting gewählt; die unendliche Weite der Prärie ist in wunderbar lebendige Bildern eingefangen und wecken das Fernweh.


    Mit der Hauptprotagonistin Roxy, die aus der Ich-Perspektive erzählt, konnte ich mich sehr schnell anfreunden. Zunächst lernen wir sie und ihre Probleme in Deutschland kennen, bevor es ab nach Wyoming geht und sie plötzlich mit einem ganz anderen Leben konfrontiert wird. Amüsant, wie sie anfangs immer noch versucht, die Unnahbare zu geben und vor allem durch ihr perfektes Styling und Make-up aufzufallen. Das kann natürlich nicht gut gehen, wenn man zum Ausmisten verdonnert wurde, und so kommt es zu unfreiwillig komischen Szenen, bei denen sich Roxy mehr als einmal blamiert.


    Mit Tieren hat sie überhaupt nichts am Hut, aber natürlich ändert sich das sehr schnell. Mehr aus Zufall als gewolllt freundet sie sich mit Hot Coffee, einem unberechenbaren Hengst an und gewinnt sein Vertrauen. Diese Pferdeszenen hab ich anfangs mit viel Skepsis gelesen, war dann aber sehr positiv überrascht, mit wieviel Einfühlsvermögen und Authenzität die Autorin diese Passagen gestaltet hat. Roxy ist kein Wunderkind, das plötzlich aus dem Nichts heraus zur Pferdeflüsterin wird, und Hot Coffee wird nicht vermenschlicht, sondern verhält sich genau so, wie das ein Pferd tun würde. Dafür ein riesengroßes Lob!


    Mit Cale kommt auch noch eine weitere Komponente mit ins Spiel, nämlich das erste Verliebtsein, die Unsicherheit gegenüber dem anderen Geschlecht und gleichzeitig der unwiderstehliche Drang, dem anderen zu gefallen. Sehr schön dargestellt und herzerfrischend zu lesen, wie Roxy hin- und hergerissen ist, wie sie sich um Cale bemüht und gleichzeitig Distanz zu wahren versucht, was natürlich nicht gelingt.


    Alleine damit wäre eigentlich die Handlung schon unterhaltsam genug, aber Kyra Dittmann hat das Ganze auch noch mit einem Pferdekrimi verknüpft, der dafür sorgt, dass der Spannungsbogen kontinuierlich ansteigt und Roxy noch mehr Gefühlschaos erlebt und erleidet. Sie und Cale bekommen einen Gegenspieler, der als Bereiter auf die Ranch kommt und mit den Pferden ziemlich roh umspringt; von seinem verdächtigen Verhalten ganz zu schweigen. An diesem Punkt ist die Handlung etwas durchschaubar; aber am Ende wächst Roxys über sich hinaus und sorgt in einem atemberaubenden Showdown dafür, dass das Gute siegt und die Bösen nicht ungeschoren davon kommen.


    Mein Fazit: ein wunderbarer Pferderoman mit hohem Unterhaltungswert, der Spannung, Liebe und Pferdeabenteuer auf eine rasante Art verbindet und Garant für ein paar schöne und Lesestunden ist. Da mir auch die Pferdeszenen durchwegs gefallen haben und der Schreibstil unkompliziert und flüssig zu lesen war, hat sich "Dark Horse Mountain" die Höchstwertung verdient.


    10 von 10 Eulenpunkten

    Inhalt:


    Die Führer der freien Reiche sind verzweifelt - der dunkle Fürst Camorra schickt sich an, die ganze Welt zu versklaven und sich dabei dunkler Mächte zu bedienen. Ein Hoffnungsschimmer sind drei Siegelträger, die laut einer uralten Prophezeiung das Blatt zum Guten wenden können. Aber bis dahin ist ein wirklich weiter Weg, denn die drei Auserwählten haben eigentlich ganz anderes im Sinne, als die Welt zu retten.


    Meine Meinung:


    So richtig glücklich war ich mit diesem Fantasyroman nicht. Die Geschichte wurde wohl ursprünglich in drei Teilen als ebook veröffentlicht und nun als überarbeitete und gekürzte Fassung in einem Teil herausgebracht. Ich finde, das merkt man deutlich und ich hatte ganz oft beim Lesen das Gefühl, dass mir gerade ein entscheidendes Stück der Handlung fehlt.


    Insbesondere am Anfang ging es mir so; den fand ich furchtbar holperig und beinahe hätte ich das Handtuch geworfen. Eine Häufung sprunghafter und unvermittelter Perspektivenwechsel zwischen den zahlreichen Handlungssträngen machte mir das Lesen unangenehm und verhinderte, dass ich einen Überblick über die Protagonistengruppen bekam. Erst nach gut 300 Seiten fangen die Stränge an, sich zu vereinen, und ab da gings mir deutlich besser mit dem Buch - aber was für eine lange Durststrecke!


    Auch der Sprachstil hat mich nicht gerade begeistert. Viele der Sätze, besonders im ersten Drittel, enden mit drei Punkten und bleiben offen - in so gehäufter Form verleidet mir dieses Stilmittel das Lesen doch beträchtlich. Manche Sätze fühlen sich grammatikalisch völlig falsch an, hier hätte ich mir ein gründlicheres Lektorat gewünscht. Auch manche Logikfehler hätten sich dadurch bestimmt vermeiden lassen, wenn zum Beispiel eine Figur plötzlich ein Schwert in der Hand hält, das da gar nicht hätte sein dürfen. Im Laufe der Lektüre hatte ich aber das Gefühl, diese Punkte verbessern sich zunehmend und die Autorin hat sich mit der Zeit "eingeschrieben".


    Die Stärken des Romans sind seine Figuren und sein Unterhaltungswert. Liane Sons hat eine griffige und nicht allzu komplexe Story zu Papier gebracht, so dass ich mich spätestens ab dem Mittelteil recht gut unterhalten fühlte. Die Geschichte ist zwar ziemlich kriegs- und schlachtenlastig, dennoch reichlich mit Emotionen gefüllt und man hat als LeserIn reichlich Gelegenheit, mit den Figuren mitzufühlen und ihre Entwicklung mitzuverfolgen.


    Besonders viel Spaß hat mir das Zusammenraufen der drei Siegelträger als Hauptprotagonisten gemacht; hier ist zwar einiges überzeichnet - die zickige Prinzessin, die sich ihr Kleid nicht schmutzig machen will, der ungehobelte und unnahbare Krieger, der sich einen Dreck um die Befindlichkeiten seiner Begleiter schert und der Weise aus dem Elfenbeinturm, der erstmals mit dem Leben in der Wildnis konfrontiert wird. Diese Kontraste bieten Konfliktstoff und einen hohen Schmunzelfaktor; wobei ich manches fast schon als unfreiwillig komisch empfand, aber wie gesagt, der Unterhaltungswert ist damit gesichert. Weitere Figuren betreten die Bühne und bekommen ihre Geschichte sozusagen auf den Leib geschneidert, was rückblickend recht gut gelungen ist.


    Der phantastische Anteil der Geschichte ist anfangs überschaubar, nimmt aber im Laufe der Handlung immer mehr zu. Ein schlüssiges magisches Konzept fehlt allerdings komplett, so dass man hier sehr viel Freiraum für eigene Interpretationen hat. Dagegen ist die mystische Komponente der vier Siegel im Vordergrund und dominiert vor allem den Schlußteil. Außerdem werden LeserInnen mit einer romantischen Ader gut bedient und können sich auf mehrere kleine Liebesgeschichten innerhalb des großen Ganzen freuen.


    Mein Fazit: Ich fand den Roman ist nicht wirklich schlecht, aber auch nicht wirklich gut. Dank des zunehmenden Unterhaltungswertes und der gut ausgearbeiteten Figuren hab ich ihn bis zum Schluss gelesen, aber was Sprache, Stil und Plot anbelangt, ist da noch ganz viel Luft nach oben.


    4 von 10 Eulenpunkten

    Inhalt:


    Als die unglücklich verheiratete Lieselotte vom Unfall ihrer Mutter erfährt, macht sie sich sofort auf den Weg von Kassel nach Frankfurt, um ihr beizustehen. Aber was erzählt man einem Komapatienten in den langen Stunden am Krankenbett? Lieselotte macht sich auf die Spurensuche, um ihre Mutter mit Erinnerungen aus ihrem Leben zu unterhalten. Dabei stellt sie fest, dass sie ihre Mutter kaum kennt und dass es in ihrer Vergangenheit ganz schön turbulent zuging; ihre Mutter war eine der ersten Frauen, die fliegen lernten - und endlich kommt sie auch ihrem angeblich im Krieg gefallenen Vater auf die Spur...


    Im zweiten Erzählstrang versetzt uns die Autorin in das Jahr 1935 und erzählt die Geschichte aus der Perspektive von Lieselottes Mutter Amelie, die als junges Mädchen nur das Fliegen im Kopf hat und mit ihrer Freundin Johanna gemeinsam in Berlin eine Karriere als Berufspilotin beginnen will. Ist dies an sich schon ein wahnwitziger Plan, weil Frauen erst die ersten Schritte auf dem Weg zur Emanzipation machen, so kommt ihnen der neue, von den Nationalsozialisten geprägte Zeitgeist völlig unpassend in die Quere, und mit was Amelie auf keinen Fall gerechnet hat: die Liebe ebenfalls.


    Meine Meinung:


    Das Erzählkonstrukt, eine Geschichte auf zwei Zeitebenen zu präsentieren und zwischen den beiden hin und her zu wechseln, ist beleibe nicht neu, funktioniert aber hier bestens und sehr ausgewogen. Clarissa Linden erzählt ihre Geschichte unaufgeregt und verzichtet auf übertriebene dramaturgische Effekte, was mir sehr gut gefallen hat. Sind doch alleine durch die Handlung bereits genug Emotionen mit im Spiel, weil viele große Lebensfragen aufgerührt werden und die Protagonisten vom Schicksal gezeichnet werden.


    Der Hauptaugenmerk liegt auf der Rolle der Frauen, in beiden Strängen. Amelie und Johanne wagen sich mit der Fliegerei an ein Feld, das im Jahr 1935 vor allem den Männern vorbehalten war. Es gibt zwar einige Pionierinnen der Luftfahrt, die auch als große Vorbilder für die beiden dienen. Aber mit der Machtergreifung durch Hitler und die NSDAP wird die aufkeimende Emanzipation der Frauen im Keim erstickt und die beiden müssen sich des öfteren anhören, dass sie lieber heiraten und kleine Arier zur Welt bringen sollen. Was natürlich für beide nicht in Frage kommt, schließlich haben sie sich als Berufspilotinnen zur Ausbildung bei den Bücker-Werken in Berlin beworben.


    Dieser gemeinsame Plan schweißt die Frauen zusammen, so dass in dieser Freundschaft kein Platz für etwas anderes übrig zu sein scheint und die Beziehung der beiden lange Zeit die Handlung prägt. Solange, bis dann ein Mann die Bühne betritt - ab da wird es insofern interessant, dass ein Schatten über der intensiven Mädchenfreundschaft liegt, Entscheidungen getroffen werden müssen und Lebensträume sich verschieben, was eine gehörige Portion Konfliktpotential mit sich bringt. Sehr schön lässt die Autorin uns dabei in das Innenleben ihrer Protagonisten blicken und ihre Entwicklung transparent werden. Noch dazu kommen die Einflüsse des dritten Reiches, die im Laufe der Zeit nicht nur ferne Politik sind, sondern in das Schicksal der einzelnen Figuren eingreifen.


    Im Kontrast dazu steht im anderen Strang Lieselotte in den 1970er Jahren, die zwar vom Dritten Reich und vom Krieg kaum etwas mitbekommen hat, dennoch aber keine emanzipierte Frau ist, sondern unglücklich verheiratet mit Eduard, der sie als Putzfrau und Vorzeigeobjekt, nicht aber als eigenständige Persönlichkeit mit eigenen Wünschen und Vorstellungen sieht. Als LeserIn kann man sehr schön mitverfolgen, wie der Unfall ihrer Mutter sie aus ihrer Lethargie reißt und sie zu einem Umdenken und letztendlich zu einer Neugestaltung ihres Lebens zwingt. Ihre Spurensuche, die raffiniert mit dem anderen Strang verknüpft ist, lässt Amelies Leben im Nachhinein erahnen und bringt Antworten auf Lieselottes viele Fragen.


    Außerdem steht ihr noch Marga zur Seite, eine unkonventionelle, quirlige Nachbarin, die Lieselotte immer dann den nötigen Schubs gibt, wenn sie zaudert. Diese Figur hab ich sehr gerne gemocht, steht sie uns Frauen der heutigen Zeit doch sehr viel näher als die verhärmte Lieselotte, die mir anfangs in ihrer Lebensunfähigkeit doch sehr fremd war. Aber selbstverständlich macht auch Lieselotte eine Entwicklung durch und gewinnt im Laufe der Handlung an Stärke und Profil. Das Ende hat mir sehr gut gefallen; es ist ein versöhnliches Ende, ohne zu sehr weichgespült zu sein, für mich gerade richtig.


    "Unsere Hälfte des Himmels" ist ein Buch, dass mich sehr beschäftigt und auf verschiedene Arten zum Nachdenken gebracht hat. Es ist vor allem ein Buch für und über Frauen, da es sich intensiv mit Frauenthemen beschäftigt. Es ist ein Buch über Freundschaft und über das, was Freundschaft nicht sein sollte. Es ist ein Buch über den Traum vom Fliegen und über die Emanzipation, über eine schwierige Mutter-Tochter-Beziehung, eine tragische Liebe und über das Ende einer Ehe. Es ist auf vielerlei Arten emotional, aber an keinem Punkt kitschig - ich hab es sehr gerne gelesen und hoffe, dass es noch viele LeserInnen findet.


    9 von 10 Eulenpunkten

    Der vermögende Matthias Endesfelder verbringt einen luxeriösen Tauchurlaub in Malaysia und lernt dort die Schweizerin Darlene kennen. Sie ist als Empfangsdame in seinem Hotel angestellt, hat aber eigentlich ein ganz anderes Ziel; nämlich ihren im Dschungel auf Borneo verschollenen Bruder aufzuspüren. Mats, der seines mondänen Lebens mehr und mehr überdrüssig ist, finanziert ihr die Expedition und begleitet sie mit dem Gefühl, endlich einmal etwas Sinnvolles zu tun. Worauf er nicht vorbereitet ist: mit der Expedition stimmt so einiges nicht.


    Da Darlenes Bruder mit den Ureinwohnern lebte und sie zum Protest gegen illegale Brandrodung und Ausbeutung des Landes durch die Holz- und Palmöl-Mafia ermutigte, sind mächtige und skrupellose Menschen am Werk, die sich einmischen. Als Darlene entführt wird und Mats gezwungen werden soll, ein Stück Dschungel im Gegenwert seines kompletten Vermögens zu erwerben, gerät seine geordnete Welt ziemlich aus den Fugen. Es folgt ein Verwirrspiel, bei dem plötzlich alles auf den Kopf gestellt wird und Mats niemandem mehr trauen kann.


    Zugegebenermaßen habe ich mich bislang noch nie mit der Thematik der Holzmafia und der Palmölindustrie auf Borneo befasst; umso interessanter fand ich die Einblicke, die man mittels dieses Öko-Thrillers erhält. Erschreckend, wie Politik und Wirtschaft hier über Leichen gehen und die Belange der Ureinwohner völlig außer acht lassen. Stellvertretend dafür stehen im Buch die Stämme der Penan und der "Luft"; letztere heißen so, weil sie sich sozusagen in Luft auflösen, sobald ihnen jemand auf der Spur ist. Dadurch entsteht auch das intelligente Wortspiel, das im Titel enthalten ist; es verschwinden die "Luft" und mit ihnen Darlenes Bruder James.


    Dieser wiederum hat ebenfalls ein reales Vorbild, nämlich den Schweizer Bruno Manser, der jahrelang im Urwald Borneos lebte und dort auf bislang unerklärliche Weise verschwand. Ich hatte auch von ihm noch nie etwas gehört und die Lektüre nun zum Anlass genommen, mich mit dieser faszinierenden Person und seinem Lebensweg zu befassen. Dies allein machte den Roman zu einer lohnenden Lektüre.


    Abstriche gibt es allerdings bei der literarischen Aufbereitung; diese fand ich nicht ganz so gelungen wie die inhaltlichen Aspekte. Während mir die ersten Etappen der Expedition in den Dschungel noch ganz gut gefielen, fand ich mich zusehends in einem Verwirrspiel gefangen, das nicht immer logisch erklärt werden konnte und manchmal mit sehr plumpen Erklärungen aufwartete. So richtig funktionierte die Geschichte für mich bis zum Schluß nicht, und auch die Spannung baute sich nur sehr mühsam auf, zumal sich die Figuren nicht immer glaubwürdig verhielten.


    So kann ich dem Roman zwar einerseits hinsichtlich seiner Wissenvermittlung und intensiven Aufbereitung dieses interessanten Themas loben, andererseits ist da aber noch einiges an Luft nach oben, was Unterhaltungswert, Spannung und Figuren betrifft.


    6 von 10 Eulenpunkten