Beiträge von Tiramisu

    Mairedh : das ist doch ein toller Erfolg! Erstmal Hut ab vor dir, dass du den Schritt tatsächlich gegangen bist und das Veterinäramt informiert hast. Und ich bin positiv überrascht, dass die so schnell reagieren und auch tatsächlich Auflagen verhängt haben. Das hätte ich so nicht erwartet. Umso besser für die Pferde! Dass nun ein Umdenken stattfindet, ist ebenfalls als Erfolg zu verbuchen.


    Ich kann auch gut nach vollziehen, dass du unter diesen Umständen nicht weiter im Stall bleiben willst, auch wenn du nicht “enttarnt” wurdest. Aber ein ungutes Gefühl würde ja doch immer bleiben. Bestimmt findest du bald eine neue Reitbeteiligung mit besseren Vorzeichen.


    Ich habe auch im Moment eine Reitbeteiligung an meinem Pferd zu vergeben und hoffe, dass ich jemanden finde, der genauso engagiert und verantwortungsvoll ist wie du. :*

    Es gibt da inzwischen erste Schritte aus der Rechtssprechung; das Amtsgericht Starnberg hat 2012 eine Pferdebesitzerin verurteilt, die unter anderem ihre Pferde ausschließlich in Boxen gehalten hat und ihnen außer dem täglichen Training keinerlei freie Bewegungsmöglichkeit geboten hat. Die Pferdewelt hat darauf reagiert mit der traurigen Feststellung, dass damit 50 % der Pferdehaltungen in Deutschland verboten werden müsste. Dies einfach nur, damit du weißt, du liegst absolut richtig mit deinem Bauchgefühl.


    Das Veterinäramt einzuschalten ist natürlich ein echt harter Schritt, und führt erstmal nicht unbedingt zu einer Veränderung für die Pferde, wenn sie nicht in einem absolut desolaten Zustand sind. Dennoch ist es besser, als gar nichts zu tun.


    Ich an deiner Stelle würde weiter versuchen, auf die Pferdebesitzer Einfluss zu nehmen. Bei der Schilderung der Stallanlage drängt sich mir der Gedanke auf, warum man nicht aus dem Boxenstall einen Offenstall macht und die hauseigene Wiese als Auslauf verwendet. So haben die Pferde zwar kein Gras mehr und müssen übers Jahr komplett mit Heu versorgt werden, aber ihr Bewegungsbedürfnis würde bei dieser Lösung sehr einfach erfüllt werden. Ich vermute mal, dass man sich auch einiges an Einstreu sparen könnte - es gibt da ganz pfiffige Lösungen.


    Naja, und eine Bestandsverkleinerung wäre auch keine so schlechte Maßnahme, 8 Pferde für eine Familie erscheint mir doch ganz schön viel. Dass es gar nicht so einfach ist, auch nur einem Pferd gerecht zu werden, das siehst du ja selbst.


    Ich drücke die Daumen, dass du aus diesem Gewissenskonflikt gut rauskommst und zu einer optimalen Lösung für dich, die Pferde und die Pferdebesitzer beitragen kannst.

    Cristina Caboni - Der Zauber zwischen den Seiten


    Inhalt:


    Die junge Römerin Sofia befindet sich im freien Fall - ihre Ehe gescheitert, ihre Familie über ganz Europa zerstreut, sie alleine ohne Job in Rom. In dieser schwierigen Selbstfindungsphase stößt sie in einem Antiquariat auf ein altes Buch, das ziemlich ramponiert ist, aber aufgrund seines besonderen Einbands großen Eindruck auf Sofia macht. Als gelernte Buchbinderin macht sie es sich zur Aufgabe, das Buch zu restaurieren - und stößt dabei auf eine verborgene Botschaft.


    Diese stammt aus der Vergangenheit, von einer jungen Frau namens Clarice von Harmel, und deutet auf ein Geheimnis hin. Sofia begibt sich auf Spurensuche und reist durch halb Europa, um die weiteren zwei Bände des Romantikers und Philosophen Christian Fohr aufzuspüren, in denen sie weitere Hinweise vermutet. Unvermutet findet sie auf ihrer Schnitzeljagd einen Begleiter; der Graphologe Tomaso, der ebenfalls schwere Zeiten durchmacht, ist fortan an ihrer Seite.


    Meine Meinung:


    Gleich vorweg, mich konnte das Buch nicht restlos überzeugen. Die Geschichte ist auf zwei Zeitebenen angesiedelt und für mich war die Perspektive aus der Vergangenheit mit Clarice von Harmel und Christian Fohr eindeutig der stärkere und eindrucksvollere Part der Handlung. Eine junge Frau muss sich mit den engen Fesseln ihrer Zeit auseinandersetzen, gerät in tiefe Strudel, befreit sich aber daraus und macht ihr Ding, das las sich sehr unterhaltsam. Ich konnte mit Clarice jederzeit mitfiebern und fand in ihr einen interessanten Charakter, zumal ihre Profession als Buchbinderin ihrer Zeit sehr überzeugend dargestellt war.


    Dagegen kam ich mit Sofia äußerst schlecht zurecht. Selbstverständlich musste die Autorin sie am Anfang besonders schwach darstellen, damit sie im Laufe der Geschichte eine Entwicklungsmöglichkeit hat, aber mir war das eine Spur zuviel. Ihre Handlungen waren für mich nicht immer nachvollziehbar, ihre Interaktionen mit Ehemann, Verehrer und anderen fand ich nicht konsistent. Manche der Dialoge nervten mich regelrecht, weil sie so hölzern und dümlich daher kamen.


    Insgesamt war mir vieles an Sofias Handlungsstrang zu überkonstruiert; die Zufälle zu zahlreich, die Verknüpfungen viel zu sehr an den Haaren herbei gezogen. Daher bleibt eigentlich nur der Clarice-Strang, um zu punkten; und natürlich das Grundthema der Buchbindekunst, das sehr liebevoll und gewissenhaft behandelt wurde und richtig Spaß gemacht hat. Das hat mir einiges an Lesefreude gerettet, aber leider nicht alles. Daher fällt meine Bewertung auch sehr zurückhaltend aus.

    Inhalt:


    Abby Gordon organisiert eine Ausstellung über englische Entdecker aus dem 19. und 20. Jahrhundert. Dabei entdeckt sie ein Foto, das sie schwer beeindruckt - ein Forscher verabschiedet sich von seiner Geliebten. Als emotionaler Mittelpunkt der Ausstellung erregt das Bild durchaus Aufsehen - und plötzlich steht da Rosamunde Bailey, die Frau auf dem Foto. Abby erfährt die Hintergründe der Geschichte und macht sich gemeinsam mit dem Journalisten Elliot Hall auf die Suche nach weiteren Informationen über Dominic, den verschwundenen Forscher. Damit verdrängt sie ihren eigenen Liebeskummer, denn sie hat sich von ihrem Ehemann Nick getrennt und versucht, sich ein eigenes Leben aufzubauen. Doch je mehr sie über die tragische Liebesgeschichte von Dominic und Rosemunde erfährt, desto mehr gerät sie ins Zweifeln, ob ihre Entscheidung wirklich richtig war und ob sie nicht dabei ist, das kostbarste Geschenk leichtfertig aufzugeben, nämlich die wahre Liebe.


    Meine Meinung:


    Tasmina Perry hat sich mit diesem Roman eine sehr vielschichtige Geschichte ausgedacht, die sich flüssig lesen lässt und gut unterhält. Aufbauend auf zwei Zeitebenen, die miteiander abwechseln, bekommen die Leser zwei unterschiedliche Handlungsstränge, die geschickt miteinander verflochten sind. Ein Teil der Figuren taucht sowohl in der Vergangenheit als auch in der Gegenwart auf, so dass man sich ein Bild vom Verlauf ihres Lebens machen kann. Im Mittelpunkt steht aber Abby, die mir an und für sich ganz gut gefallen hat, ich fand sie nur eine Spur zu selbstmitleidig und unbedarft, ein hilfloser Spielball ihrer Umwelt. Im Laufe der Handlung gewinnt sie aber etwas an Selbstbewusstsein und Biss, jedoch weniger, als ich mir gewünscht hätte.


    Das Grundthema der Entdecker hat mich sehr angesprochen; es geht um ferne Länder und Kulturen, die noch unerforscht sind und um den Drang der Menschen, die Geheimnisse darum zu lüften. Gleichzeitig spielt ein ganz anderes Thema mit hinein, nämlich der aufkommende Kalte Krieg und Spionage, was ich so nicht erwartet hätte. Rückblickend betrachtet passte aber alles recht gut zusammen, und durch Abbys Recherchen sowohl im Archiv als auch vor Ort kommt viel Abwechslung in die Geschichte.


    Einen breiten Raum nehmen jeweils die vergangene Liebesgeschichte zwischen Dominic und Ros, aber auch Abbys persönliche Situation ein. Diese Themen werden sehr emotional geschildert, eine Prise Erotik findet auch ihren Platz in beiden Handlungssträngen. Die Auflösung am Ende ist sehr weichgespült und fast ein wenig unglaubwürdig, aber ich denke, die Autorin wollte es genauso haben. Mir als Leserin waren es ein paar Zufälle zuviel, aber letztendlich kann ich schon damit leben.


    Als Fazit bleibt: gute Unterhaltung für gemütliche Lesestunden, für anspruchsvolle LeserInnen vermutlichen einen Tick zu seicht.

    Paris zur Weihnachtszeit - der verschrobene und eigenbrötlerische Autor Gaspard soll hier ein neues Theaterstück schreiben und bekommt dafür von seiner Agentin ein schickes Haus angemietet. Es handelt sich um das Haus des verstorbenen Künstler Sean Lorenz, dessen Wirken und Leben hier immer noch präsent ist. Durch ein Versehen wird gleichzeitig auch die Polizistin Madeline in dem Haus einquartiert, was zunächst zu einigem Unmut führt. Da beide aber fasziniert von der Aura des Malers sind und unabhängig voneinander anfangen, in seiner Vergangenheit zu forschen, sind die Zwistigkeiten bald behoben und das ungleiche Paar begibt sich gemeinsam auf Spurensuche, über Länder und Kontinente hinweg.



    Meine Meinung:


    Das war wieder mal ein Musso nach meinem Geschmack! Ich empfand die Lektüre als rasante und unheimlich spannende Jagd, zum Teil Krimi, zum Teil Familiendrama, mit einem Ausflug in die Welt der Malerei.


    Die beiden Hauptprotagonisten werden sehr intensiv und eindringlich gezeichnet, was mir sehr gut gefiel. Der Autor hat um die beiden sehr ausgeklügelt Biographien gebastelt, die ihnen Tiefe verleihen und im Rahmen der Handlung immer wieder zum Tragen kommen. So stellt Gaspard einen ausgebrannten und von der Welt abgewandten Theaterautor dar, der langsam aber sicher dem Alkohol verfällt und seine unverarbeiteten Kindheitserlebnisse mit sich herum trägt. Madeline ist wohl eine Figur aus einem früheren Musso-Roman, die mir allerdings bislang unbekannt war; sie versucht mit ihrem früheren Leben als Polizeiermittlerin abzuschließen und muss mit einer gescheiterten Beziehung fertig werden, kein leichtes Unterfangen.


    Obwohl es zwischen Gaspard und Madeline eher Zoff als Knistern gibt, hat mir die Kombination aus beiden recht gut gefallen. Es gibt spritzige Dialoge, aber auch stille und entspannende Momente mit den beiden, und sehr oft wird auch gestritten. Dabei überraschte mich Musso mit einem ausgeklügelten Perspektivenwechsel, bei dem beide Hauptprotagonisten als Ich-Erzähler auftreten; der Großsteil des Romans ist allerdings im auktorialen Erzählstil geschrieben.


    Gaspard und Madeline bewegen sich also auf den Spuren des berühmten Malers Sean Lorenz, dabei erfahren sie einiges über seinen Werdegang als Graffiti-Sprayer und seinen kometenhaften Aufstieg als Maler der Moderne. Noch spannungsgeladener ist jedoch sein Privatleben und die schreckliche Tragödie in seiner Familie, über die er nie hinwegkommt. Nach und nach entdeckt das ungleiche Ermittlerpaar unglaubliche Dinge über Lorenz; und als sie dank ihres Scharfsinns drei unbekannte Bilder des Malers entdecken, dachte ich schon, das ist nun der Höhepunkt der Handlung. Aber es geht weiter und die Bilder entpuppen sich als Schlüssel zu einem noch viel größeren Geheimnis, das dem Leser am Ende den Atem stocken lässt.


    Interessant ist auch, dass dieser Roman aus der Feder von Guillaume Musso keine vermeintlich phantastischen Element enthält - dies ist ja schon oft sein spezieller erzählerischer Trick gewesen, dass man meint, man lese eine Phantastik-Roman und am Ende wird dann alles doch sehr real aufgelöst. Hier aber gar nicht, die Geschichte fühlt sich eher an, als ob ein Dan Brown die Finger mit im Spiel gehabt hätte - Symbolik, Schnitzeljagd, und sehr viele Zufälle spielen hier die Hauptrolle. Der Schluss war mir einen Tick zu weichgespült und fast ein wenig unglaubwürdig, aber ich mochte ihn trotzdem.


    Der Sprachstil hat mir ausnehmend gut gefallen, weil er elegant ist und sich gleichzeitig federleicht liest, so dass das Lesen zum Genuss wird.


    Mein Fazit:


    Ein rasanter Musso mit steilem Spannungsbogen, ausgefeilten Protagonisten und sprachlich vom Feinsten - bitte mehr davon!

    Inhalt:


    Die Stadt Rapgar ist ein pulisierender, chaotischer Moloch aus vielen Völkern und Kreaturen. Obwohl hier täglich Verbrechen geschehen, befindet sich die Bevölkerung im Ausnahmezustand, weil ein besonders perfider Meuchelmörder für Angst und Schrecken sorgt. Till er'Cartya, Nachfahr einer alten Magierfamilie, gerät ins Visier der Verdächtigungen, als ein Mitglied der Herrscherfamilie umgebracht wird. Um seine Unschuld zu beweisen, muss er den Mörder finden. Auf der Suche nach dem wahren Täter begegnet ihm die geheimnisvollen und faszinierende Erin, die auf der Flucht vor einer Menge Leute zu sein scheint. Nach und nach kristallisiert sich eine wirklich ungeheuerliche Verschwörung heraus, die verheerende Folgen für Rapgar haben könnte....


    Meine Meinung:


    Nachdem mir die „Chroniken der Seelenfänger“ von Alexey Pehov so gut gefallen haben, war klar, dass ich bei diesem Buch ebenfalls zuschlage; noch dazu wo es sich um einen Einzelband mit abgeschlossenem Ende handelt und ich mich nicht auf endlose Wartezeiten bis zum nächsten Band einstellen musste. Alexey Pehov hat mit Rapgar eine neue Fantasywelt im viktorianischen Stil geschaffen, die grundsätzlich unter dem Genre Gaslamp-Fantasy eingeordnet werden kann. Die Atmosphäre ist düster-schaurig getroffen, die Stadt Rapgar konnte mich als Schauplatz sofort in ihren Bann ziehen.



    Ein wenig mehr Probleme hatte ich mit den vielen Volksgruppen. Sie werden anfangs nur als Schlagworte erwähnt, eine nähere Erklärung über ihr Aussehen und ihre Besonderheiten folgt erst im Laufe der Handlung. Das fand ich etwas schade, denn die unübersichtliche Flut von neuen Begriffen, ohne ein rechtes Bild davon zu haben, haben mir den Einstieg einigermaßen schwer gemacht. Aber wie gesagt, vieles klärt sich im Laufe der Lektüre.


    Gut vorstellen konnte ich mir von Anfang an den Hauptprotagonisten Till er‘Cartya, der mit einer tragischen Geschichte versehen ist, die nach und nach entschlüsselt wird. Die Handlung wird aus seiner Sicht in der Ich-Perspektive geschildert, was eine große Nähe zur Figur bringt. Auch schon bei Ludwig von Normayenne, der Hauptfigur aus den Chroniken der Seelenfänger, ist mir aufgefallen, dass dies eine der großen Stärken Pehovs ist - seine Hauptfiguren sind etwas ganz besonderes, perfekt ausgearbeitet und geeignet, die Leserschaft vom Fleck weg für sich einzunehmen. Auch Pehovs Faible für belebte Gegenstände kommt hier wieder zum Tragen und findet Gestalt u.a. in dem belebten Spazierstock namens Stephan, der ständig an Tills Seite zu finden ist und zur rechten Zeit seine zynischen bis erzürnten Kommentare von sich gibt. Der hat mir wirklich sehr viel Spaß gemacht!


    Die Handlung wird - von einigen wenigen Längen abgesehen - ständig vorangetrieben und bietet einen abenteuerlichen Mix aus Phantastik, Mystik und Krimi, was sich wunderbar weglesen lässt und beste Unterhaltung bietet. Lediglich der Tiefgang blieb etwas hinter meinen Erwartungen zurück, aber auch nur, weil ich den Vergleich zu den Seelenfängern hatte und weiß, dass Pehov hier noch so viel mehr zu bieten hätte. Natürlich muss man auch berücksichtigen, dass in der Kürze von einem Band nicht ganz so tief geschürft werden kann wie bei vieren, aber trotzdem möchte ich es erwähnt haben.


    Mein Fazit:


    Ein temporeicher, lesenswerter Genre-Mix mit hohem Unterhaltungswert für alle Phantastik-Fans!

    Inhalt:


    Das harte Leben der jugendlichen Fabrikarbeiterin Iris in der englischen Stadt Leeds im ausgehenden 19. Jahrhundert ist der Ausgangspunkt für diese kleine Gaslamp-Perle. Iris lebt nach dem plötzlichen Tod ihrer Mutter mit ihrer unleidlichen Großmutter auf engstem Raum in einem kleinen Zimmer und führt ein entbehrungsreiches, von harter Arbeit geprägtes Leben. Als sie im Nachlass ihrer Mutter eine Pferdefigur findet, ist das für sie ein großes Schatz, der den Weg in die Freiheit verheißt. Durch ihren Lehrer erfährt sie, dass es sich dabei um einen Springer aus einem Schachspiel handelt, und lernt in der Folge Schach. Mit seiner Unterstützung macht sich Iris auf und begibt sich auf die Spuren zurück in die Vergangenheit, nach Kettlewood Hall, wo ihre Mutter einst Dienstmädchen war. Dennoch wird sie von den Herrschaften dort nicht wie ein Dienstmädchen, sondern wie ein Familienmitglied behandelt, aber warum? Nach und nach findet Iris heraus, welches Geheimnis sich in den Spiegeln von Kettlewood Hall verbirgt, wer sie ist und welche Rolle sie spielt - vor allem in dem Schachspiel, das nun nach der Rückkehr des Springers wieder vollständig ist. Es beginnt ein aufregendes und schicksalsträchtiges Schachspiel, bei dem Iris einem mächtigen Gegner gegenübersteht, und bei dem jeder Zug über Leben und Tod entscheidet.


    Meine Meinung:


    Die Grundidee dieses Gaslamp-Romans fand ich großartig - die Verbindung aus Phantastik und Schach, das ist mir so noch nicht untergekommen. Dabei war es sehr hilfreich, dass ich zumindest einige Grundregeln des Spiels kenne, zum Beispiel welche Figuren welche Züge ausführen dürfen - dies ist ein wichtiger Aspekt der Geschichte, und ich denke, ohne diese Grundkenntnisse wäre ich etwas verwirrt gewesen.


    Die Autorin baut eine wunderbar düster-melancholische Atmosphäre auf und schildert sehr anschaulich die Lebensbedingungen der einfachen Menschen zu Beginn der Industrialisierung, aber auch das Leben der Adelsschicht in einem englischen Herrenhaus. Über weite Strecken hinweg könnte das Buch auch historischer Roman durchgehen; aber dann kommt der fantastische Anteil dazu und lässt die LeserInnen in ein faszinierendes magisches Spiel eintauchen.


    Die Hauptfigur Iris mochte ich sehr; sie ist anfänglich als Opfer ihrer Lebenumstände gezeichnet, macht dann aber eine beeindruckende Entwicklung durch und wird in eine aktive Rolle als Akteurin gedrängt, in der sie sich nicht immer wohl fühlt - was mir sehr gut gefallen hat und für mich nachvollziehbar war. Dazu noch kommt eine Liebesgeschichte, die zwar für den Handlungsverlauf wichtig, aber nicht beherrschend ist; für mich war die Dosierung gerade richtig. Die Nebenfiguren sind liebevoll ausgearbeitet und sehr facettenreich geschildert, hier hat die Autorin offensichtlich sehr viel Mühe und Herzblut investiert.


    Im Mittelteil fand ich die Handlung ein wenig zäh; an manchen Punkten hätte ein etwas höheres Erzähltempo durchaus gut getan, zumal die gesamte Geschichte in einem einzigen Handlungsstrang aus der Ich-Perspektive von Iris erzählt wird. Dafür entschädigt die Auflösung, die ich fulminant und toll ausgeklügelt fand, und vor allem überhaupt nicht vorhersehbar. Ein solider Sprachstil ohne übertriebene Verschnörkelungen machte die Lektüre zu einem flüssigen Leseerlebnis, wobei ich den Start mit sehr vielen kurz aneinandergereihten Sätzen etwas holperig empfand; aber dies gab sich zum Glück bereits sehr schnell wieder.


    Mein Fazit:


    Ein intelligenter und ausgereifter Phantastik-Roman mit einem außergewöhnlichen Thema, der viele Phantastik-Fans begeistern dürfte!

    Und es stimmt... das könnte auch etwas für nicht- Fantasy- Leser sein, wenn sie ein wenig über den Tellerrand schauen wollen.

    Das sehe ich auch so, der Phantastikanteil ist nicht so dominierend in der Handlung. Interessanter ist doch, was das Einhorn mit den Menschen macht, und an diesem Punkt wirds eher psychologisch als phantastisch.

    Inhalt:


    Cass Lynch ist mit ihrer kleinen Jacht Chalida in Scalloway angelandet und besucht dort das Marine College, um ihr Kapitänspatent zu machen. Es ist Herbst und geht auf Halloween zu, so erscheint es nicht verwunderlich, dass die Menschen sich mit Hexenkulten beschäftigen und sich auf Halloween vorbereiten. Da findet ausgerechnet Cass eine Tote - ist sie Opfer eines Hexenzirkels geworden? Einige Hinweise deuten darauf hin, aber eigentlich sollte sich Cass ja auf ihr Studium konzentrieren und die Ermittlungen dem schottischen Kriminaler Gavin Macrae überlassen, zu dessen Einzugsbereich die Shetlandinseln gehören. Dennoch ist sie in den Fall verwickelt und beschäftigt sich mehr mit der Aufklärung, als ihr lieb ist - nicht zuletzt wegen des faszinierenden Kriminalpolizisten aus Schottland...


    Meine Meinung:


    Das ist nun schon der dritte Band um die segelnde Freizeitermittlerin Cass Lynch und ich hab mich damit gut unterhalten, wenn ich ihn auch nicht ganz so brillant wie die beiden Vorgängerbände fand. Die Autorin gibt mit diesem Fall einen interessanten Einblick in die shetländische Geschichte und Kultur, insbesondere was den Umgang mit Hexen und Hexenkulten betrifft. Das war für mich eine spannende Entdeckungsreise, gemeinsam mit Cass Lynch in der Bibliothek zu stöbern und den Erzählungen der Alteingesessenen zuzuhören. Überhaupt konnte mich das Setting ein weiteres Mal in seinen Bann ziehen; die Shetlands mit ihren zerklüfteten Inseln, felsigen Hügeln und nordisch-malerischen Küstenorten sind wunderbar skizziert und machen Lust auf Bilderschau im Internet, wenn nicht sogar auf eine Reise dorthin.


    Cass ist nach wie vor eine sehr gelungene Figur, die ganz unabhängig vom Kriminalfall Potential in ihrer Entwicklungsgeschichte hat. Spröde und zurückhaltend wie sie ist, mag ich sie trotzdem sehr gerne; wie ihre Psyche hier einfühlsam und tiefgründig gezeichnet wird, ist für mich ein ganz wichtiger Aspekt der Reihe. Diesmal erfahren wieder ein Stück mehr über ihre Weltumseglung, bei der ihr damaliger Liebhaber ums Leben kam, und auch die Familiengeschichte wird näher beleuchtet. Was ich etwas seltsam fand, war die Betonung ihrer Religiosität - ich kann mich nicht erinnern, dass in den letzten Bänden schon die Rede davon war, dass sie regelmäßig zum Gottesdienst geht.


    Ganz besonders schön fand ich die langsame Entstehung einer Art Beziehung zu Gavin Macrae. Es knistert ganz schön zwischen den beiden und die Autorin hat ein paar wunderbare Szenen auf See eingebaut, mit entsprechenden Romantikpotenial, aber nicht überfrachtet. Gerade der eigenbrötlerischen Cass wünscht man es doch, dass sie wieder einen Partner findet, der ihr ihre Freiheit lässt und sie nicht einengt. Genau das ist immer wieder Thema, und Gavin ist augenscheinlich der ideale Kandidat, der sich auf Cass einlassen könnte. Damit das Ganze nicht zu schnell und unkompliziert von statten geht, hat die Autorin den coolen Norweger Anders zurück kehren lassen, der nun ebenfalls wieder einen Platz in Cass‘ Herzen einnimmt. Sehr schön dargestellt, wie sich die Protagonisten im Dreieck bewegen und Cass im inneren Konflikt mit ihren Gefühlen ist. Das wird sicher noch ein paar Bände in Anspruch nehmen, bis hier Klarheit herrscht - wenn überhaupt. Mir hat dieser Teil der Geschichte jedenfalls am meisten Spaß gemacht.


    Und damit kommen wir schon zu dem Teil, der mir nicht so gefiel: der Kriminalfall an sich hat mich diesmal nicht so begeistert. Grundsätzlich hat Marsali Taylor sich da schon ein raffiniertes Konstrukt einfallen lassen, aber die Umsetzung hat für mich doch ein paar Mängel. Im Laufe der Handlung vermischen sich verschiedene Theorien über Tathergänge und zusätzlich die neuesten Ermittlungskenntnisse, so dass ich manchmal ganz schön auf dem Schlauch stand. Dazu noch kommt eine große Anzahl von Nebenfiguren, die ich nicht immer richtig einordnen und auseinanderhalten konnte, vor allem in den ersten zwei Dritteln des Buches. Dadurch, dass viele Szenen mit verkleideten Protagonisten geschildert werden, ist lange nicht klar, wer unter den Kostümen steckt - damit sind auch die unterschiedlichsten Tathergänge möglich, was mich total verwirrt hat. Mich würde es nicht wundern, wenn sich am Ende sogar ein paar Logikfehler eingeschlichen hätten, aber mir fehlt tatsächlich der Überblick, um das zweifelsfrei zu bestimmen. Die Auflösung hingegen präsentiert sich nach dem ganzen okkulten Gedöns erfrischend real und nachvollziehbar. So war ich am Ende dann wieder versöhnt mit dem Krimi an sich und konnte alle möglichen und unmöglichen Spekulationen abhaken.


    Mein Fazit:


    Ein Kriminalfall mit leichten Schwächen im Aufbau, der diese aber mit einem wunderbaren Setting, spannenden Einblicken in die Geschichte und Kultur der Shetlandinseln sowie gelungenen Figurenzeichnungen ausgleicht. Auf alle Fälle lesenswert!

    Der neunjährige Carsten Wollin erlebt einen Sommer im Nachkriegsberlin der 1960er Jahre und begleitet seinen Großvater gern auf dessen Besuchen im Café Kranzler. Der alte Wollin ist ein Charmeur der alten Schule und wickelt alle um den Finger, die mit ihm zu tun haben - nicht zuletzt seine Ehefrau und seine Geliebte, die sich den Schwerenöter zähneknirschend teilen, was bleibt ihnen auch anderes übrig. Carsten bewegt sich als geliebtes „Sonnenkind“ innerhalb dieser Familie, lässt sich verwöhnen und versucht allen zu gefallen. Mit seinem Bruder Stephan gründet er einen Jungs-Club und trifft Freunde, gerne wäre er ein wenig verwegener und wilder, kann aber nicht aus seiner Haut und bleibt Everybodys Darling. Nichts trübt diese glückliche Kindheit, bis der Großvater plötzlich eine niederschmetternde Diagnose erhält...



    Meine Meinung:


    „Das Sonnenkind“ ist in der Originalausgabe 2001 erschienen und wurde nun vom Aufbau-Verlag neu herausgegeben, in einer wunderbar hochwertigen Ausstattung - eine kleine Buchperle im Regal. Detlev Meyer hat den Roman bereits im Wissen um seinen bevorstehenden Tod angesichts einer Immuninfektion geschrieben und damit Rückschau auf seine Kindheit gehalten.


    Auch wenn die Erzählung auf den kleinen Carsten fokussiert ist, kommen doch die Perspektiven all der anderen Figuren ebenfalls zum Tragen, die wohl den Menschen in Meyers Kindheit ähnlich waren. Wir bewegen uns in einem sehr bürgerlichen Umfeld in Neukölln, in dem jeder versucht, so gut wie möglich vor den Nachbarn dazustehen, dunke Geheimnisse verschwiegen und gerne französische Begriffe verwendet werden, um die Vornehmheit der Familie zu unterstreichen. Die Doppelmoral des Großvaters, der noch dazu eine Nazi-Vergangenheit hat, das nicht bewältigte Kriegstrauma des Vaters, das hypochondrische Wesen der Großmutter, das alles wird zwar ganz schüchtern beschrieben, geht aber in dem augenzwinkernden Humor unter, der sich durch die ganze Geschichte zieht. Und schnell wird klar, es geht nicht darum, irgendetwas aufzuarbeiten; Detlev Meyer gönnte sich und den Lesern einen wehmütigen und verklärenden Blick zurück in die Vergangenheit, in die Tage seiner eigenen Kindheit.


    Besonders gut gefallen hat mir dabei, dass mehrere Generationen beleuchtet werden und jeweils deren ganz spezielle Lebenssituationen geschildert werden. Daher ist es ein bunter Mix an Themen, die durch die Familienverbindung untereinander verknüpft sind und die als Ganzes betrachtet die Phasen eines ganzen Lebens darstellen. So vertritt Carsten die Kindheit und deren spezielle Denkart, während sein Bruder Stephan an der Schwelle des Erwachsenwerdens steht und seine erste Liebe erlebt; die Generation der Eltern kämpft mit Altlasten und dem täglichen Leben, während der Großvater seinen letzten Lebensabschnitt auf seine eigene Art und Weise genießt. Er ist auch derjenige, der am Ende mit Siechtum und Tod konfrontiert wird. Durch dieses Konstrukt konnte der Autor sein eigenes Erleben auf verschiedene Figuren projezieren und sein Leben Revue passieren lassen.


    Der heitere Ton, der die ganze Handlung bis zum Ende durchzieht, macht das Lesen zum Vergnügen, nimmt so manchem bitteren Moment seine Schärfe. Detlev Meyer verzichtete auf Anführungszeichen in der wörtlichen Rede, was sich für mich zunächst etwas seltsam anfühlte beim Lesen. Mit der Zeit bin ich aber sehr gut mit dem Stil zurecht gekommen und wusste den Lesefluss zu schätzen, der sich durch diese Schreibweise zunehmend einstellte. Die Sprache selbst ist elegant und treffsicher, ohne übertriebene Verschnörkelung, was ich als sehr angenehm empfand. Ein Nachwort von Matthias Frings rundet die Geschichte ab und gewährt einen Blick in das literarische Schaffen des Autors.


    Mein Fazit:


    Dieses kleine, aber feine Werk jenseits vom Mainstream dürfte vor allem LeserInnen gefallen, die weniger handlungsorientiert lesen, sondern mehr Wert auf die tiefgründige Ausarbeitung der Figuren und einen feingeistigen Sprachstil legen. Wer sich für den Zeitgeist der 1960er im bürgerlichen Berlin der Nachkriegsjahre interessiert und überhaupt mit der Berliner Literaturszene vertraut ist, wird ebenfalls seine Freude daran haben. Ich hatte den Lesegenuss vor allem durch den heiter-melancholischen Ton, der „Das Sonnenkind“ zu einem emotionalen Leseerlebnis werden lässt.

    Inhalt:


    Es sind Sommerferien - Juna freut sich auf die schulfreie Zeit, die sie vor allem mit ihrem Pferd Merlin, ihrem Freund Linus und dessen Stute Fairy verbringen möchte. Durch eine Zeitungsannonce stoßen Juna und Linus auf ein verlockendes Angebot: bei einem Pferdecasting kann man sich und sein Pferd präsentieren, um in einer Pferdeshow aufzutreten. Die beiden nehmen die Herausforderung gemeinsam mit ihren geliebten Vierbeinern an und befinden sich bald gemeinsam mit zahlreichen anderen Pferd-Reiter-Teams in einem abenteuerlich-mysteriösen Waldcamp, wo sie und ihre Pferde schwierige Aufgaben zu erfüllen haben - und nicht wie gedacht, Kunststücke vorführen dürfen. Langsam aber sicher zeigt sich, dass diejenigen Teilnehmer weiter kommen, die eine intensive Verbindung zu ihrem Pferd haben und dadurch ihre Aufgaben sicher und gelassen erfüllen können. Als die Teams mit ihren Pferden einen tiefen Graben überwinden, erwartet sie eine magische Welt mit vielen Überraschungen...


    Meine Meinung:


    Das war ein rasantes Lesevergnügen, ich hatte die Story innerhalb kürzester Zeit gelesen - vor allem deshalb, weil ich sie gar nicht mehr aus der Hand legen wollte. Sina Trelde hat diese Geschichte für die Zielgruppe der 12- bis 15jährigen LeserInnen veröffentlicht und sich der Themen angenommen, die Jugendliche in diesem Alter beschäftigt.


    Im Mittelpunkt stehen natürlich erwartungsgemäß die Pferde. Mit Juna und Merlin hat sie ein wunderbares Protagonistenpaar geschaffen - das Pferdemädel, das als Tochter einer Trainerin auf einem Reiterhof aufgewachsen ist und nichts als Pferde im Kopf hat, gemeinsam mit ihrem Araberwallach Merlin, der Schimmel mit der noblen Ausstrahlung, der mit ihr durch dick und dünn geht. Ihnen zur Seite stehen Linus und Fairy, der Nachbarsjunge indonesischer Abstammung, der seine etwas unelegante Stute vom Kirmes gerettet hat und seitdem eine ganz besondere Beziehung zu ihr hat.


    Die beiden erleben als Teilnehmer der Pferdecasting-Show Cassiopeia spannende Abenteuer und müssen mehrfach über sich hinaus wachsen. Hier ist nicht nur reiterliches Geschick gefragt, sondern Einfühlungsvermögen und Vertrauen in die Bindung zum Tier. Ich fand das sehr unterhaltsam, wie die Autorin ihre Figuren buchstäblich auf Trab hält und ihnen eine Herausforderungen nach der anderen vorsetzt. Wobei ich hoffe, dass sich aus der jugendlichen Leserschaft niemand berufen fühlt, das alles auszuprobieren...


    Das Konstrukt der Handlung verlagert sich nach eine Weile in eine vermeintlich phantastische Welt, in der es eine Mission zu erfüllen gibt - ich fand das sehr interessant, wie ich hier ein wenig an der Nase herumgeführt wurde und nicht genau wusste, ist das nun Fantasy oder nicht? Diese und andere Fragen halten den Spannungsbogen hoch und werden von der Autorin raffiniert und nachvollziehbar aufgelöst. Und unterdessen verpackt sie Themen wie Freundschaft und erste Liebe geschickt, einfühlsam und unaufdringlich, was bei der jugendlichen Leserschaft sicherlich gut aufgenommen wird, ebenso wie die Verknüpfung eines Castings mit dem Pferdethema. Darüber hinaus lässt sich für mich ein gesunder Pferdeverstand der Autorin aus den Zeilen herauslesen, was mir natürlich besonders gut gefallen hat.


    Mein Fazit:


    Ein toller Pferderoman, der spannende Unterhaltung von der ersten bis zur letzten Seite garantiert, mit wunderbaren Pferdeszenen und überraschenden Entwicklungen, flüssig zu lesen und ein Pageturner für jugendliche Pferdefans.

    Inhalt:


    Ein Journalist und Schriftsteller verbringt den Sommer in Madrid, während die ganze Stadt verlassen scheint - alle sind in Urlaub, einschließlich seiner eigenen Frau. Das mehrstöckige Haus, in dem er wohnt, ist verlassen - so erscheint es fast wie eine Einladung, als er den Schlüsselbund der ebenfalls abwesenden Concierge einfach so im Treppenhaus liegend findet. Er verschafft sich Zugang zu den Wohnungen seiner Nachbarn und entdeckt langjähriges und sorgsam gehütete Geheimnisse. Könnte dieses Wissen auch der Stoff zu seinem neuen Roman sein, für den er bisher noch nicht die zündende Idee hatte?


    Meine Meinung:


    Carlos del Amor, was ich zunächst für ein höchst albernes Pseudonym für einen Liebesroman gehalten habe, ist der Name eines der bekanntesten Fernsehmoderatoren Spaniens, der vor allem in Sachen Kultur unterwegs ist. Mit diesem Debütroman hat er nun den Schritt vollzogen, zu den Kulturschaffenden zu zählen und sie nicht nur zur interviewen.


    Leider habe ich mich mit den 236 Seiten aus del Amors Feder ziemlich schwer getan. Wir begleiten den Ich-Erzähler, dessen Namen wir über die gesamte Handlung hinweg nicht erfahren, in die verlassenen Wohnungen seiner Nachbarn. Abwechselnd mit seinen Entdeckungen wird aus Perspektive der Nachbarn ihre Geschichte erzählt; kurz und bündig, eine Lebensgeschichte auf wenigen Seiten. Dieser häufige Perspektivenwechsel sollte zwar eigentlich eine temporeiche Geschichte verheißen, mir kam es aber seltsam behäbig und zusammenhanslos auch vor, wie der Autor seinen Plot aufbaut. Die meiste Zeit hatte ich das Gefühl, es plätschert einfach alles so dahin.


    Inhaltlich nervte mich dieser Voyeurismus des Ich-Erzählers mehr und mehr. Es widerte mich zusehends an, wie er da die intimsten Geheimnisse seiner Nachbarn ausspäht, getrieben wie ein Süchtiger nach Informationen, Klatsch und Tratsch. Zwischendurch gibts dann ein paar philosophische Weltbetrachtungen, ein wenig Literaturklatsch.... wie aus einem Guss wirkt das Ganze wahrlich nicht.


    Am Ende macht der Ich-Erzähler aus seinem Wissen einen Roman, ohne zu ahnen, dass er dadurch irgendwann mit der Wahrheit konfrontiert wird. Dieser Teil der Erzählung konnte mich dann schon eher erreichen; das literarische Konstrukt innerhalb der Handlung und seine Wirkung hat mich mehr interessiert als die Passagen zuvor, und irgendwie funktioniert der Schluss dann auch ganz ordentlich. Trotzdem empfand ich die Geschichte als ausnehmend schwach konstruiert, dazu noch kommt auch der Schreibstil recht unspektakulär daher.


    Mein Fazit:


    Dieser Roman konnte mich aufgrund seiner Belanglosigkeit nicht überzeugen - den muss man wirklich nicht gelesen haben.

    Quendel - Caroline Ronnefeldt


    Inhalt:


    Das Hügelland, ein beschauliches und gemütliches Fleckchen Erde, auf dem sich das Volk der Quendel breit gemacht hat und dort in Ruhe und Frieden lebt - wäre da nicht der Wald Finster, der seinem Namen alle Ehre macht und in den sich noch kaum jemand hinein getraut hat. Ausgerechnet dorthin zieht es Bullrich Schattenbart, seines Zeichens leidenschaftlicher Kartograph und bestrebt, auf seinen Karten diesen weißen Fleck auszufüllen. Nur: er kommt von seinem Ausflug nicht mehr zurück! Seine Freunde und Nachbarn machen sich auf den Weg in den Finster, um ihn zu retten und erleben die schrecklichste Nacht ihres Lebens, ebenso wie die beiden Nachbarn Pirmin und Fendel, die sich aus ganz anderen Gründen in die gefährliche Zone begeben.


    Meine Meinung:


    Schon Cover und Namen dieses Schmökers lassen unvermittelt an Tolkiens Hobbits denken, und diese Assoziation trifft auch zu 100 % zu. Schon beim ersten Satz hatte ich das Gefühl, ich bin im Auenland und treffe auf Bilbo und Frodo Beutlin. Sowohl die Atmosphäre als auch der Sprachstil sind perfekt getroffen, so dass man fast annehmen könnte, der große Meister hat diesen Roman selbst geschrieben. Aber nein, das Buch stammt aus der Feder von Caroline Ronnefeldt, und ich empfand es beileibe nicht als abgekupfert, vielmehr als liebevolle und wohldurchdachte Hommage an Mittelerde. Noch dazu ist das Buch in seiner aufwändigen Ausstattung ein wahres Schmuckstück im Bücherregal.


    Die Handlung beschränkt sich auf einen Tag im Leben der Quendel, aber dies ist eben ein ganz besonderer Tag, an dem unerwartete und schreckliche Ereignisse eintreten. Verschiedene Protagonistengruppen werden zunächst ausführlich eingeführt, was mir sehr viel Spaß gemacht hat; die detailreichen Beschreibungen der Örtlichkeiten, der Gewohnheiten und des Alltagslebens der Quendel schaffen wunderbare Bilder und auch die augenzwinkernd erzählten Eigenheiten und Macken der Quendel empfand ich als sehr unterhaltsam.


    Es bleibt jedoch nicht bei dieser absoluten Wohlfühlatmosphäre. Caroline Ronnefeldt lässt ihre Protagonisten langsam aber sicher in einen Schauerroman erster Klasse eintreten, der mit vielen Elementen und Mythen des Genres spielt. Schon alleine der finstere Wald ist ein absoluter Gruselort, aber damit ist es nicht getan. Die Figuren müssen sich mit gefährlichen Mooren, unheimlichen Wesen, fliegenden Wölfen und dunklen Grabkammern auseinandersetzen; kaum ein Gruselszenerio, das dabei nicht bedient wird. Diese Wendung bringt ordentlich Thrill und Action in die Handlung, so dass sie, obwohl nur an einem Tag stattfindend, trotzdem sehr temporeich und dynamisch wirkt.


    Das einzige, was man dem Roman vorwerfen kann, ist das offene Ende. „Quendel“ ist nicht in sich abgeschlossen, im Gegenteil; die Handlung endet mit einem absolut fiesen Cliffhanger. Das an sich würde mich nicht stören, aber im Vorfeld wies nichts darauf hin, dass es sich um den ersten Band einer Reihe handelt, und auch über eine Fortsetzung schweigen sich die Websites von Verlag und Autorin hartnäckig aus. Diese Kritik geht also ans Marketing und nicht an das literarische Produkt an sich, deswegen auch kein Punktabzug. Ich hoffe jedenfalls auf eine zeitnahe Fortsetzung auf gleichem Niveau.


    Mein Fazit:


    Eine klare Leseempfehlung an alle LeserInnen der High Fantasy und speziell an Tolkien-Fans - wer Spaß an den Hobbits und an Mittelerde hatte, wird sich hier wie zuhause fühlen und sich an dem ausgefeilten, poetischen Sprachstil erfreuen, ebenso an den gelungenen Figuren und dem zunehmenden Gruselfaktor.

    Inhalt:

    In einer nicht näher benannten arabischen Großstadt am Meer lebt Alif, ein junger Hacker, dessen Leben bisher ohne nennenswerte Höhepunkte verlief und der von seinen außerordentlichen Fähigkeiten am Computer ganz gut leben kann - bis er sich in eine Frau aus gutem Haus verliebt. Durch ihre Hände erhält er ein außergewöhnliches Buch, das der Schlüssel zur Veränderung der gesamten Informationstechnologie und damit ein großes Machtinstrument zu sein scheint. Damit hat er plötzlich mächtige Gegner aus den Reihen der faschistischen Regierung gegen sich, aber auch Hilfe in Gestalt einer viel älteren und mysteriösen Daseinsform wird ihm zuteil, nämlich der Dschinn. Eine abenteuerliche Flucht aus der Stadt ins Dschinnland nimmt ihren Lauf...

    Meine Meinung:

    Ausgezeichnet mit dem World Fantasy Award als “Bester Roman des Jahres” versprach dieses Buch eine außergewöhnliche Lektüre zu werden, zumal das Setting mitten im arabischen Frühling mal etwas ganz anderes ist als die üblichen Fantasywelten. Trotzdem tat ich mich ziemlich schwer damit und war zeitweise nahe dran, es abzubrechen.

    Das liegt vor allem an dem holpringen Start, der sich für mich über nahezu das erste Drittel des Buches zog. Ich kam vor allem mit Alif als Hauptprotagonist überhaupt nicht klar; seine weinerliche, wehleidige Art und sein egoistisches männliches Denken taten mir regelrecht weh beim Lesen. Gut, dass er von Anfang an in der cleveren Dina eine weibliche Figur zur Seite gestellt bekam, die Leserinnen wie mich bei der Stange halten, sonst wäre das echt schief gegangen.

    Auch der Sprachstil stieß bei mir auf wenig Begeisterung. Ob dies nun der Übersetzung geschuldet oder ob der Originaltext schon so sperrig ist, machte für mich nach einer Weile keinen Unterschied, ich fand es einfach nur mühsam zu lesen. Zum Glück flutscht die Sprache besser, sobald ein wenig mehr Action ins Spiel kommt, aber bis zu diesem Zeitpunkt musste ich schon eine lange Durststrecke durchstehen.

    Wie durch ein Wunder platzt plötzlich der Knoten und ich befand mich in einer rasanten und fulminanten Story, die endlich funktioniert und einen steilen Spannungsbogen aufweist. Der Genremix aus Thriller, Mystery und Computerkrimi wirkt frisch und innovativ, die politischen und religiösen Einflüsse auf die Handlung bringen einen philosophischen Ton in die Geschichte. Den phantastischen Anteil fand ich sehr gelungen, den die Autorin greift nicht auf altbekannte, abgedroschene Motive zurück. Vielmehr schafft sie eine völlig neue Perspektive auf bekannte Phantastikwesen wie die Dschinn, Ifrit, Dämonen und Flaschengeister, verknüpft ihre Existenz wiederum mit der islamischen Religion und ihren Mythen, so dass das Ganze plötzlich wie aus einem Guss erscheint.

    Die Entwicklung, die Alif und seine Begleiter über die Handlung hinweg durchmachen, wirkt glaubhaft und schlüssig. Am Ende ist er nicht mehr der weinerliche Waschlappen, sondern ein gestandener Mann, der Rückgrat beweist und als Held der arabischen Revolution hervorgeht. Diese Wandlung geht ganz sachte Schritt für Schritt voran, so dass ich es als Leserin gut nachvollziehen konnte. Interessante Details aus der arabischen Kultur bereichern die Geschichte und sorgen für die passende Atmosphäre.

    Mein Fazit:

    Schade für den verpatzten Anfang, ohne diesen hätte dieser Roman ein echtes Highlight werden können. Trotzdem empfehle ich ihn gerne an experimentierfreudige PhantastikleserInnen weiter, auch an Fans von Mystery-Thrillern; aber mit dem Hinweis, sich vom ersten Drittel nicht abschrecken zu lassen und dranzubleibend, es lohnt sich!

    Inhalt:

    Der kalabrische Bauer Claudio Bianchi lebt sein einsames Leben auf einem Einsiedlerhof in den Bergen, grantelt vor sich hin und beschäftigt sich mit seinem Land und seinen Tieren. Eines Tages geschieht etwas Unfassbares: ein Einhorn taucht in dem Weinberg hinter seinem Haus auf. Und in Claudios Leben ist plötzlich nichts mehr wie vorher.

    Meine Meinung:

    Peter Beagle ist bekannt für seinen Roman „Das letzte Einhorn“, ein Klassiker der phantastischen Literatur. Auch weit weniger bekannte Romane aus seiner Feder habe ich schon gelesen, zum Beispiel „Das Zauberhaus“. Umso überraschter war ich angesichts dieser Neuerscheinung, die wiederum das Thema Einhorn behandelt und von Klett-Cotta in der deutschen Übersetzung herausgegeben wurde. Schon alleine die Aufmachung dieses Buches verdient ein großes Lob, vor allem das wunderbare Cover, das sehr gut zum Inhalt passt und ein echter Hingucker ist.

    Sprachlich empfand ich die Lektüre als Hochgenuss. Der ruhige Erzählstil mit seiner feingeistigen und poetischen Wortwahl traf genau meinen Lesenerv; und bei dieser Gelegenheit geht auch ein großes Lob an den Übersetzer Oliver Plaschka, der den Ton der Geschichte perfekt getroffen und in die deutsche Sprache transportiert hat.

    Inhaltlich erkannte ich ebenfalls den Stil von Peter Beagle wieder. Er setzt nicht unbedingt auf spektakuläre und opulente Szenen, sondern lässt seine Geschichte viel mehr in kleinen Begebenheiten sich entwickeln. Dazu zählen Dialoge, aber auch genaue Beobachtungen des alltäglichen Lebens; sehr bald hatte ich ein Bild von Claudio Bianchi, der sich aus dem Leben und aus der Gesellschaft weitestgehend zurück gezogen hat. Seine Bemühungen, sich die Menschen vom Hals zu halten und sich eher den Tieren, noch lieber aber seinen selbstverfassten Gedichten zu widmen, haben mich auf eine melancholische Art und Weise berührt.

    Das Einhorn bedeutet eine Zäsur in seinem Leben - plötzlich ändert sich alles, sowohl zum Guten als auch zum Schlechten. Berührt durch das magische Fabelwesen, rückt er plötzlich in den Fokus von vielen Menschen und muss sich mit ihnen auseinandersetzen. Dass damit auch eine neue Liebe, aber auch Feindschaften entstehen, muss er aushalten und verkraften. Außerdem sieht er sich gezwungen, sich mit seiner Vergangenheit auseinander zu setzen, wodurch zwar alte Wunden aufgerissen werden, aber auch heilen.

    Das Einhorn ist dabei über die gesamte Handlung hinweg gar nicht so sehr präsent; ab und zu knabbert es zwar an den Blättern in Bianchis Garten, viel mehr dient es aber ein Symbol für das magische Wunder der Liebe, die Claudio erlebt. Die Handlung erfährt am Ende sogar noch eine tüchtige Portion Action; aber selbst die empfand ich nicht als Bruch im Konzept. Peter Beagle versteht es perfekt, die Geschehnisse zu verschleiern und trotzdem einen eindeutigen Ausgang der Geschichte zu liefern; aber auch, der spekulierfreudigen Leserschaft Stoff zum Nachdenken über die Symbolkraft des Einhorns zu geben und Parallelen der realen und phantastischen Handlungsebene aufzudecken.

    Dass das Setting in Kalabrien angesiedelt ist, wirkt ebenso überraschend wie genial. Die süditalienische Atmosphäre ist wunderbar getroffen und ich hatte das Gefühl, nirgendwo anders hätte dieser Roman seinen Schauplatz haben können. Auch die Nebenfiguren konnten mich vollkommen überzeugen, und insbesondere Claudios Tiere hatte ich sehr schnell ins Herz geschlossen, denn sie sind sehr lebensecht und individuell gezeichnet.

    Mein Fazit:

    Ein brillantes Stückchen Lektüre aus der Feder des Altmeisters der phantastischen Literatur - das darf man sich als Fan des Genres einfach nicht entgehen lassen!