Inhalt:
Die Natur ist nicht nur einfallsreich, wenn es um schöne Dinge wie Pfauenkleider oder Vogelgesänge geht. Auch beim Töten hat sie im Laufe der Evolution eine erstaunliche Fantasie entwickelt. Etwa beim Schützenfisch, der die Mangrovengrille auf seinem Speiseteller liebt, sie aber mit einem gezielten Wasserstrahl erst von den Bäumen holen muss. Oder bei der Bolaspinne, die nicht nur den Geruch weiblicher Nachtfalter exakt nachbildet, um Nachtfaltermännchen in ihre Nähe zu locken, sondern diese auch noch mit einem selbst gewebten Lasso einfängt wie Cowboys ihre Kühe.
Anhand von zahlreichen Morden erfahren wir nicht nur alles über die bizarrsten Täter-Opfer-Konstellationen der Evolution, sondern auch alles Wissenswerte über Ernährung, Fortpflanzung, Paarung und Lebensraum der Protagonisten. Und warum das Opfer keine Chance hat — egal, ob das Verbrechen am Nordpol, in Südostasien, Afrika oder Europa geschieht.
Meine Meinung:
Gleich vorab: Der Begriff „Mord“ dient mehr dem dramaturgischen Effekt anstatt einer Zweckgebundenheit. Selbstverständlich will der Autor keiner Tierart verbrecherisches Verhalten unterstellen. Und doch ist es nun mal die Wahrheit, dass der Erfolg einer räuberisch lebenden Tierart im Überlebenskampf der Natur wesentlich davon abhängt, wie geschickt und effektiv sie ihre Beute zu töten vermag.
Vom erstaunlichen Einfallsreichtum der Fauna, wenn es darum geht, neuartige Tötungsmechanismen auszutüfteln, handelt dieses Buch.
Jedem Raubtier und seiner Beute ist dabei ein eigenes Kapitel gewidmet, in dem die jeweilige Jagdtechnik detailliert beschrieben wird. Dabei bringt der Autor einerseits biologisches Fachwissen an, andererseits frönt er aber auch der literarischen Prosa und vermenschlicht die Tiere zwecks Veranschaulichung der Situation gerne. Dies geschieht oft mit einem Augenzwinkern, wenn z.B. Ameisenmännchen als Proleten bezeichnet werden. Auf trockene Wissenschaft muss sich der Leser also nicht einlassen.
Der unterhaltsame Erzählstil hält die Spannung in jedem Kapitel hoch, selbst wenn es einmal nicht viel Neues zu erfahren gibt. Die Jagdtechnik des madagassischen Fingertiers war mir beispielsweise bestens bekannt, aber sie wird hier so packend beschrieben (aus Sicht der erbeuteten Larve!), dass die Langeweile bei der Lektüre keine Chance hat.
Neben besonders aufwendigen oder erstaunlichen Jagdmethoden werden auch solche Jäger vorgestellt, denen man ihre Hinterlist gar nicht zutrauen möchte, wie etwa das putzige Eichhörnchen, welches sich gerne mal das eine oder andere Vogelküken greift.
Zu guter letzt enthält das Buch ein sehr ausführliches Quellenverzeichnis, sodass auch die Ortung von weiterführender Literatur kein Problem ist.
Fazit: Sehr empfehlenswert für alle, die mehr darüber erfahren möchten, wie die tierischen Mörder unseres Planeten beim Beutefang nicht nur scharfe Krallen oder spitze Schnäbel einsetzen, sondern auch Steppenbrände legen, 200 Dezibel laute Wasserstrahlen verschießen und sogar das Gehirn ihrer Opfer übernehmen.