How High We Go in the Dark - Sequoia Nagamatsu
Ein Virus, der im Permafrost eingefroren war wird bei einer Arktis-Forschungsexpedition freigesetzt und breitet sich bald weltweit aus. Der Roman wird episodenhaft erzählt, in kleinen Kurzgeschichten mit unterschiedlichen Protagonisten und einige Ideen sind auch richtig gut. So trifft der tödliche Virus vor allem Kinder und eine Geschichte spielt in einem Vergnügungspark speziell für Kinder im Endstadium, die dann quasi auf der Achterbahn in den Tod fahren.
Ja, Achterbahn... der Gefühle und genau das ist das für mich größte Problem mit diesem Roman. Der Titel hätte mich schon warnen sollen, denn hier wird vor allem die Menschlichkeit in den dunkelsten Momenten abgefeiert. Man möchte die Figuren umarmen, trösten, knuddeln... es ist nicht auszuhalten. Das ist emotional manipulatitiv, Elendspornographie, apokalyptische Erbauungsliteratur, die mit einer furchtbar dicken Schicht mit Leidenskitsch überzogen ist. Vielleicht liegt das aber auch an mir, ich fand z.B. den Film Interstellar aus ähnlichen Gründen furchtbar. Wer also gerne Science Fiction liest mit Hans Zimmer in Endlosschleife auf dem Kopfhörer, der mag das gut finden.
Hinzukommt, dass das Kurzgeschichten-Format nicht funktioniert. Sie haben alle exakt denselben Ton, ich konnte die Erzähler kaum auseinander halten (es fehlt die Polyphonie aus Cloud Atlas, mit dem dieser Roman auf dem Klappentext verglichen wird), und sie haben auch keine eigenständigen Spannungsbögen, als dass man einzelne Kurzgeschichten vielleicht losgelöst genießen könnte. Und das Argument der Autor hätte ja die Covid-Pandemie orakelhaft vorhergesehen, genauso wie zufällig hunderte andere Autoren wie z.B. auch Hanya Yanagiharas in To Paradise (nicht ganz zufällig auf Platz 2 meiner 2022 Flopliste), das kann ich nicht mehr hören. Das sind Ideen die seit Jahrzehnten und Jahren sehr beliebt sind (man denke nur an den ganzen Zombie-Hype in Filmen und Büchern vor ein paar Jahren). Die Dystopie wird mir hier zu platt und offensichtlich dargestellt, ohne jegliches Gespür für Figurenzeichnung oder Handlungsaufbau.