Beiträge von david moses w.

    Man bedankt sich ebenfalls...
    Hemingway's Ansehen hat bereits vor seinem Tod gelitten und dies nicht ganz zu Unrecht.
    Man muss sagen, dass nicht jeder seiner Romane ein Volltreffer war. Seine Kurzgeschichten allerdings (und vielleicht mag man hier auch The Old Man And The Sea zählen) sind unbestritten und mehr als lesenswert.
    Unbedingt empfehlenswert (und auch als kurze Stories zu lesen) wohl seine Erinnerungen an Paris. A Movable Feast


    So, jetzt könnte man noch Zeitungsartikel, Depeschen usw. dazunehmen und dann könnte man zu zählen beginnen.


    mehr als 49 - yes


    merci
    und
    liebe grüße
    d.m.w

    Ob Du wohl der A.P. Schlöglmeier bist?....Das wär ja ein Ding


    Joan : namen sind wohl schall und rauch und auch der schlöglmeier ist in dieser form nicht existent, auffallend und zu diesem thema passend ist wohl nur die namensgebung des andreas PANKRAZ schlöglmeier.
    denn Pankraz Buchser, ein "held" aus eben diesem, einem meiner lieblingsbücher "UNSCHLECHT" von herrn gerold späth.
    rapperswil extrem...
    auch als österreicher


    und das "paradies" auch (teilweise) am zürichsee


    liebe grüße
    david moses w.
    a.p.schlöglmeier
    mike

    Sonntag 3. Februar 2008, 18.30
    Stadtheuriger Neunkirchen
    Schießstättgasse 19
    A-2620 Neunkirchen



    A.P. Schlöglmeier
    liest aus
    "Über die Unbewohnbarkeit des Paradieses"
    ein zynisches Vergnügen


    Fritz Maywald
    liest aus
    seiner 2. Narrenreihe


    Man hofft auf zahlreiches Erscheinen der lieben Menschen von nah und fern, verbleibt mit lieben Grüßen und nur dem Besten im neuen Jahr.


    Liebe Grüße
    A.P. Schlöglmeier
    David Moses W.

    Es ist Lessing gelungen, eine Parabel der Menschlichkeit, der Toleranz, der Verbundenheit jedes Menschen mit dem Anderen, zu entwerfen. Er bedient sich dabei des Mittels des Theaters und bringt wahrscheinlich fast jedes Vorurteil seiner Zeit ins Gespräch und erschreckender Weise sind es dieselben Vorurteile, die auch heute aktuell sind. Es erscheint mehr als logisch, dass Lessings Nathan" zur Zeit des Dritten Reiches verboten war. Nathan ist - abgesehen von der nicht mehr zeitgemäßen Sprache - aktuell und zeitlos. Ein Meisterstück der Diplomatie und Überschreitung religiöser Vorurteile. Man muss hier wohl auch an die Aufklärer vergangener Epochen denken und egal aus welchen Motiven Lessing sein Werk verfasst hat, ohne Zweifel ist ihm Großes gelungen.


    pura vida
    d.m.w.

    Mit meinem Freund Haltschek verbindet mich eine alte innige Feindschaft. Bereits im Kindergarten war er derjenige, den ich für meine harmlosen Streiche auserkoren hatte. So klebte er manchmal an seinem Sessel fest oder wurde von jemandem für etwas verpetzt, was er niemals getan hatte. Er seinerseits revanchierte sich im Laufe seiner Karriere, indem er mir das hübsche Mädchen ausspannte, das mir die Ehre gab, als erster mit ihr ins Bett gehen zu dürfen.
    Über solche Kindereien sind wir zum Glück hinaus und ich erfuhr, dass Haltschek nächste Woche eine Ausstellung seiner Aquarelle plane.
    „Haltschek, alter Kumpel“, rief ich ihn an, „das freut mich aber...“
    „Du kommst doch nicht vorbei?“ fragte er etwas unsicher.
    „Aber sicher doch.“
    Damit war ich sicher, dass er bis zum Tag der Ausstellung nicht mehr schlafen würde. Haltschek hatte zu dieser Zeit einen sicheren Job im Aufsichtsrat einer Bank und gute Chancen auf ein politisches Amt. Die Malerei war nur ein Hobby und er nahm sich in dieser Sache selbst nicht ernst. Hier sah ich meine Möglichkeiten. Ich ging zu Hanninger, Feringer und Glasnitzer – alles Freunde meinerseits – mit dem unübertrefflichen Vorteil, dass Haltschek sie nicht kannte und weihte sie in meine Pläne ein. Die ganze Sache war nicht billig, aber was tut man nicht alles, um einem alten Feind einen Streich zu spielen. Und, wie gesagt, über die Kindereien von damals waren wir lange hinaus.
    Die Aufgabenverteilung sollte wie folgt aussehen: Hanninger sollte Haltscheks Bilder über alles loben und vielleicht das eine oder andere käuflich erwerben. Dann würde Feringer auftauchen und über den Ausdruck der Kunstwerke schwärmen, Haltschek einige Ausstellungen in großen Häusern und eine noch größere Zukunft versprechen. Den Rest hatte dann Glasnitzer zu besorgen. Er würde sich als Einkäufer einer New Yorker Galerie auszugeben haben und Haltschek als neuen Picasso bezeichnen. Glasnitzer ist in solchen kleinen Flunkereien perfekt und mein Plan schien mir ausgezeichnet. Ich ließ für die drei Visitenkarten drucken und übte mit allen Kunstfachausdrücke. Für das, dass die drei noch nie eine Kunstveranstaltung besucht hatten, machten sie sich ganz gut.
    „Welches soll ich denn kaufen?“ fragte Hanninger.
    „Das Schrecklichste“, sagte ich.
    „Und wenn er mir mein Geschwafel vom experimentellem Kubinismus nicht abnimmt?“ warf Feringer ein.
    „Haltschek ist ein Trottel“, beruhigte ich ihn.
    „Meinst du, dass er mir meine Visitenkarte abnimmt?“ sagte Glasnitzer mit zweifelndem Blick.
    „Wenn du gut bist, glaubt der Idiot dir alles.“
    Mit einer gewissen zufriedenen Schadenfreude legte ich mich am Tag vor der Ausstellung zur Ruhe.
    Um zehn Uhr Vormittag ging ich hin und hielt mich im Hintergrund. Ich bestellte Kaffee an der Bar und platzierte mich strategisch äußerst geschickt hinter einer Zimmerpalme. Hanninger hatte ich für kurz nach zehn bestellt und er war pünktlich und verwickelte Haltschek in ein langes Gespräch. Ich konnte sehen, wie er aufblühte und sie sich am Ende die Hand schüttelten. Ich winkte Hanninger zu mir und lud ihn auf ein Bier ein.
    „Wie ist’s gelaufen?“ fragte ich.
    „Er hat mir alles abgekauft. Und ich habe ihm ein Bild abgekauft.“
    „Welches?“ fragte ich.
    Er deutete unauffällig auf ein abscheuliches Werk in Wandgröße, dass wohl etwas wie ein verunglücktes Experiment in grün darstellen sollte.
    „Was wollte er dafür?“
    Hanninger nannte mir den Preis und jetzt brauchte auch ich ein Bier.
    „Ja, ist denn der größenwahnsinnig...“
    Hanninger konnte mich gerade noch zurückhalten, ansonsten wäre ich wohl auf Haltschek eingestürmt und hätte seinen Kopf wohl an seinem grünen „Kunstwerk“ zertrümmert.
    „Beruhige dich“, sagte Hanninger, „du wolltest ihn auf die harte Tour fertig machen.“
    „Aber musst du gerade dieses grüne Ungetüm nehmen.“
    „Gib mir das Geld“, befahl er und ich bezahlte.
    Ich überlegte, ob ich für das Kunstwerk einen schönen Platz im Keller finden würde, oder, welchen Brennwert es wohl haben würde, entschied mich aber dann, es meiner Tante Berta zu schenken. Die kann ich sowieso nicht ausstehen.
    Hanninger verabschiedete sich zufrieden.
    „Hole dir das Ding am Abend ab“, grinste er, „bring es dir dann vorbei.“
    „Okay“, sagte ich, „und jetzt verschwinde.“
    Ich ging zu Haltschek und begrüßte ihn überschwänglich, sagte ihm, wie sehr ich seine Kunst bewunderte und gab mir alle Mühe, ihm nicht an die Gurgel zu gehen. Ihm kam meine Freundlichkeit etwas seltsam vor, aber er ließ sich dann doch überzeugen.
    „Und dieses grüne gefällt mir besonders gut.“
    „Tut mir leid, alter Freund, schon verkauft.
    Ja, an mich, dachte ich.
    „Aber du wirst doch deinen Job nicht aufgeben?“ fragte ich.
    „Bin ja nicht verrückt“, sagte er.
    Na gut, dachte ich, so weit bist du also noch nicht.
    Ich rief von der Bar aus Feringer an und sagte, er könne jetzt kommen.
    Feringer kam und sah aus, als wäre er einer Irrenanstalt entsprungen. Sein Anzug war ihm zu klein und die Hornbrille hatte nicht mal Gläser drin. Er sah aus wie Jerry Lewis im „zerstreuten Professor“. Ich stand gerade in Hörweite und ließ ein rotes Etwas auf mich wirken, als er Haltschek ansprach.
    „Sie sind der Künstler?“
    „Ja“, sagte Haltschek und musterte Feringer erst mal von oben bis unten. So etwas hatte er sicher auch schon ewig nicht mehr gesehen.
    „Darf ich mich vorstellen“, sagte Feringer, „Professor Dr. Willhelm Kunziger, Kunstsachverständiger der Republik.“
    „Aha“, sagte Haltschek.
    „Tja, wissen Sie, so etwas habe ich schon lange nicht mehr gesehen. Diese Farbenvielfalt, dieser Ausdruck, dieser moderne Mut zum Risiko in ihrer gesamten Vielfalt...“
    „Aha“, sagte Haltschek.
    „Sie stellen doch hoffentlich auch in großen Häusern aus?“
    „Ähh...“, sagte Haltschek.
    „Nicht?“ Feringer gab sich erstaunt und reichte Haltschek seine Karte.
    „Ich bitte Sie, lieber Freund, sich am Montag bei mir zu melden. Ich kann ihnen große Säle sichern, Kulturförderung und noch einiges mehr. Sie dürfen sich nicht mit einer Ausstellung wie dieser zufrieden geben. Haben Sie mich verstanden?“
    „Aha“, sagte Haltschek.
    Ich muss sagen, das hätte ich Feringer, alias Professor Dr. Kunziger nicht zugetraut. Haltschek war sprachlos und seine Brust schwoll an.
    „Zum Beispiel dieses“, der Professor deutete auf mein eben erstandenes grünes Unbild, „diese meisterhafte Farbgebung, ein wenig beeinflusst von Renoir, sehe ich das richtig?“
    Haltschek stand ratlos vor seinem Bild.
    „Aha“, sagte er nur.
    „Ich sehe schon, lieber Meister“, legte Feringer noch eines nach, „Sie legen keinen besonderen Wert auf meine Fachkenntnis. Da haben Sie ganz recht. Das macht einen großen Künstler aus. Ich hoffe, Sie melden sich bei mir. Eine Frage noch: Wie haben Sie dieses große Kunstwerk benannt?“
    Haltschek musste kurz in seinem kleinen Büchlein nachschlagen.
    „Grünes Unheil“, sagte er.
    Ich war kurz davor, einem Lachkrampf zu verfallen und konnte sehen, dass auch Feringer sich zurückhalten musste. Da hatte Haltschek doch tatsächlich Ironie bewiesen. Mich schauderte vor der Rache meiner Tante, wenn ich ihr das Ding schenken würde.
    Feringer verabschiedete sich von dem Mann, der jetzt überzeugt war, ein großer Künstler zu sein und der Mann, der glaubte, ein großer Künstler zu sein, versprach, am Montag anzurufen. Auch da hatte ich vorgebaut und auf Professor Dr. Kunzigers Karte war meine Telefonnummer. Ich würde ihm bei seinem Anruf den Rest geben. Vorerst musste ich aber noch Feringer gratulieren und lud ihn an der Bar auf ein Getränk ein. Von Haltschek hatten wir keine Störung zu befürchten. Der begutachtete seine Werke und war sehr beeindruckt von sich.
    „Wie war ich?“ fragte Feringer.
    „Ausgezeichnet.“
    „Kleinigkeit.“
    „Wo hast du denn diesen Anzug her?“
    „Hat mir mein Sohn geborgt.“
    Habe ich schon erwähnt, dass Feringer mein allerbester Freund ist. Wenn nicht, in diesem Moment war er es.
    „Jetzt noch Glasnitzer. Wenn der halb so gut ist, wie du, gibt er ihm den Rest. Da wächst der blöde Trottel bis an die Decke.“
    Glasnitzer kam kurz nach zwei und ließ sich erst mal eine Stunde Zeit um die Kunstwerke zu betrachten. Er arbeitete mit Lupe und machte sich Notizen, wie ich es ihm aufgetragen hatte. Ich konnte beobachten, wie Haltschek ihm aufgeregt dabei zusah. Jetzt hab ich dich entgültig, dachte ich und erinnerte mich an so manchen guten Streich, den ich Haltschek gespielt hatte. Das war mein Meisterstück. Er schlich sich langsam an Glasnitzer heran und blickte ihm über die Schulter.
    „Gefällt es Ihnen?“ fragte er vorsichtig.
    „Außergewöhnlich“, sagte Glasnitzer und ließ die Augen nicht von einem rosaroten Schandwerk, dass meinem grünen Elend in nichts nachstand.
    „Außergewöhnlich“, wiederholte Glasnitzer, „diesen Ausdruck habe ich erst einmal gesehen.“
    „Ja...“
    „Picassos frühe Phase. Phantastisch!”
    Meinen Sie?“
    „Meine ich, meine ich“, sagte Glasnitzer böse, „natürlich meine ich. Sie verstehen wohl nichts von Kunst?“
    „Ich hab’s gemalt“, sagte Haltschek nicht ohne Stolz.
    Glasnitzer drehte sich abrupt um und schien auf die Knie zu fallen. Wenn er das jetzt tut, dachte ich, bekommt er einen Extrabonus. Er tat es nicht, klopfte aber Haltschek anerkennend auf die Schulter.
    „Sie erlauben, dass ich „Meister“ zu Ihnen sage...“
    Haltschek blies sich auf.
    „Sie sind nicht der erste, der mir das heute sagt.“
    „Das glaube ich gerne. Sagen Sie, verkaufen Sie Ihre Werke.“
    „Tja...“
    „Was sind ihre Preise?“
    Haltschek verdoppelte die Zahl, die ich für das grüne Elend bezahlt hatte, und Glasnitzer brach in Gelächter aus.
    „Entschuldigen Sie, Meister“, sagte er, „aber Sie sind ja wohl verrückt.“
    Haltschek war beleidigt.
    „Zu teuer?“
    „Sie sind verrückt. Das Zehnfache würde ich verlangen.“
    Jetzt war Haltschek wirklich beeindruckt und besah sich seine elenden Sachen zweifelnd. Hoffentlich war Glasnitzer nicht zu weit gegangen.
    „Hören Sie, Meister“, hackte er nach, „es tut mir in der Seele weh, wenn ein Jahrhunderttalent seine Begabung hier vergeudet. Kommen Sie zu mir nach New York, Sie werden berühmt und reich.“
    „Aber...“
    „Denken Sie nach, Meister, aber denken Sie nicht zu lange. Das „Museum for modern art“ kommt nicht jeden Tag auf Knien angekrochen.“
    Jetzt schluckte Haltschek wirklich und Glasnitzer übertrieb die Sache ja wirklich ein wenig. Es war an der Zeit einzugreifen. Ich bestellte zwei Bier und kam locker in den Saal getrabt.
    „Ein Bier für dich, alter Kumpel“, sagte ich locker und warf Glasnitzer einen bösen Blick zu.
    „Ja, das brauch ich jetzt“, meinte Haltschek und stellte mir Glasnitzer vor, „der hat mir gerade gesagt, ich sollte in New York ausstellen“, flüsterte er.
    „Aha“, sagte ich.
    „Ein Freund von Ihnen?“ fragte Glasnitzer Haltschek.
    „Na ja“, sagte Haltschek.
    „Natürlich“, sagte ich, „wir sind seit dem Kindergarten die allerbesten Freunde.“
    „Dann kennen Sie ja das außergewöhnliche Werk ihres außergewöhnlichen Freundes.“
    „Selbstverständlich. Haltschek war schon immer ein großes Talent. Hab ich dir das nicht immer gesagt...“
    „Nein“, sagte Haltschek.
    „Wie dem auch sei“, sagte Glasnitzer, „Sie nehmen den nächsten Flug nach New York, melden sich an dieser Adresse und dann werden Sie schon sehen.“
    Er überreichte Haltschek feierlich eine Karte, auf der ich aus einem einfachen irischen Pubs im Zentrum Manhattens den Art-Shop Nummer 1 gemacht hatte. Wenn er nach New York kommen sollte, würde er sich dort nur besaufen können, sonst nichts.
    „Was sagst du dazu“, fragte er mich, nachdem sich Glasnitzer verabschiedet hatte.
    „Also, ich verstehe ja nichts von Kunst, aber da haben dich ja anscheinend einige Leute ziemlich gelobt. Das muss schon was zu bedeuten haben.“
    „Tja, wahrscheinlich hast du recht.“
    Haltschek ließ in der nächsten Woche alles liegen und stehen, verschickte seine Werke um ein Heidengeld über den großen Teich und flog nach New York. Wenn ich jetzt gehofft hatte, er würde dort in der Gosse landen, oder zumindest frustriert zurückkehren, so habe ich mich geirrt. Er fand zwar den Art-Shop Nummer 1 nicht an der angegebenen Adresse, war aber so frech, sich sogleich an das „Museum of modern art“ zu wenden und fand einen durchgeknallten Atelierbesitzer, der seine Werke um einen Höllenpreis verkauft. Letztes Jahr wurde er von einer bekannten Zeitschrift zum „Künstler des Jahres“ gewählt und man sah Haltschek in jeder Szene-Zeitschrift. Dort schmuste er dann gerade wahlweise mit einem Top-Model oder einem Filmsternchen. Ich lud Hanninger, Fehringer und Glasnitzer ein, um ihnen zu sagen, was sie mir angetan hatten.
    „Wir haben aus diesem Trottel einen Star gemacht.“
    „Tja, wir verstehen eben etwas von Kunst“, sagte Hanninger.
    „Was ist mit deinem Bild?“ fragte Fehringer.
    „Der Trottel hat es seiner Tante geschenkt.“
    Das ist leider richtig. Meine Tante befindet sich zur Zeit auf einer Weltreise und wird erst im Mai wieder im Lande sein. Auf jeder Postkarte, die sie mir schickt, nennt sie mich ihren „Lieblingsneffen“ und bewundert mich wegen meines außergewöhnlichen Kunstgeschmacks.

    Das Zeitalter des Mobilfunks ging bereits ins zweite Jahrzehnt, als auch ich den fabelhaften Einfall hatte, mein einfaches mobiles Funkgerät gegen ein günstigeres derselben Firma wechseln zu wollen. Hervorragender Einfall, dachte ich bei mir, hatte aber keine Ahnung, dass ich mich damit auf feindliches Gebiet wagte. Die so genannten „Handy-Anbieter“ sind zur Zeit zwar schnell im Anwerben neuer Kunden, auch das Abwerben bei anderen Anbietern funktioniert tadellos, bei der Betreuung bestehender Kundschaft gibt es allerdings noch einiges an Schwierigkeiten.


    Darum jetzt, das Tagebuch eines Bittstellers (gekürzte Fassung):


    Montag 10.32:
    Betreten des Shops des Anbieters und Vortragen des Wunsches meinen bestehenden „oberflächlichen“ Vertrags in einen „offiziellen“ mit monatlicher Abrechnung zu ändern.
    „Kein Problem, mein Herr“, sagt der äußerst nette Angestellte der äußerst netten Telekommunikationsgesellschaft und ruft erst mal meine Daten im Computer ab.
    „Losungswort?“ werde ich gefragt, kann mich aber nicht erinnern, jemals ein Losungswort ausgegeben zu haben. Darauf weise ich den netten Herrn hin, der macht aber darauf aufmerksam, dass er da sehr wohl ein Codewort im Computer hätte.
    „Könnte ich das dann auch wissen“, frage ich vorsichtig.
    „Tut mir leid, mein Herr, das sollten Sie schon selbst wissen...“
    Ich überlege, und sein höfliches – in wochenlangen Schulungen geübtes – Lächeln macht mich zusätzlich nervös. Zum Glück bin ich kein besonders phantasievoller Mensch und denke, dass das Zauberwort vielleicht dasselbe sein könnte, welches ich auch für meine Bankverbindungen verwende.
    „Hokuspokus vielleicht?“ frage ich vorsichtig.
    „Gewonnen!“
    Na, damit wäre diese Schlacht geschlagen.
    „Welches unserer Angebote wollen Sie nutzen?“
    Gute Frage. Welches Angebot will ich nutzen?“
    „Welches Angebot haben Sie zu machen?“
    Er knallt mir eine Broschüre vor die Nase, die an Unfang Krieg und Frieden nahe kommt.
    „Gibt’s da eine Leseecke?“
    „Sie brauchen nicht alles durchzublättern.“
    „Hab ich auch nicht vor.“
    „Sehr schön. Wir haben hier eine schöne Sache. Das Freizeit-Package mit Internet-Zugang, achtunddreißig SMS-Minuten pro Monat, Gipfelstürmer-Bonus und – falls Sie einen Partner haben – Ehe-Zusatzleistungen...“
    „Bin solo...“
    „Dann empfehle ich ihnen den Normal-Grundtarif ohne Zusatzkosten, dafür mit Mitleids- und Alleinsteherpartnervermittlungshilfe...“
    „Hört sich gut an.“
    „...und eine Stunde Sex-Hotline gratis.“
    „Super, gekauft.“
    „Schön, mein Herr, wollen Sie ein neues Handy?“
    „Kann ich mir das leisten?“
    „Aber mein Herr, natürlich können Sie sich das leisten. Wir erhöhen ihre Grundgebühr geringfügig, damit bekommen Sie von mir das neue Nokia ATC mit unbegrenztem Speicherplatz, Weckruf auch nachts und hundertachtundneunzig eingespeicherten Melodien...“
    „Quasi schon eine Juke-Box...“
    Die Krawatte des netten Verkäufers erzittert, weil er sich ein gequältes Lächeln abringt. Humor dürfte in den Seminaren kein Prüfungsfach sein.
    „Ähh..., ja.“
    „Nehm’ ich, klar.“
    „Sehr gut, der Herr, dann können wir ja den Vertrag machen.“
    „Eines noch, meine alte Rufnummer möchte ich behalten...“
    „Kein Problem!“
    „Und die Umstellung geht doch promt?“
    „Dauert nur Minuten. Und das Freischalten kostet Sie gar nichts.“
    „Ich erwarte nämlich in den nächsten Tagen einige wichtige Anrufe.“
    „Kein Problem, mein Herr, wie gesagt, alles eine Sache von Minuten.“
    „Gut.“
    Der Vertrag ist nach Vorlage des Reisepasses, eines Leumundzeugnis meines Arbeitgebers und einem Kontoauszug nur noch Formsache. Innerhalb von Minuten ist alles vollbracht und bereits um 15.48 bin ich stolzer Besitzer eines Nokia ATC mit allerhand Schnickschnack, den ich nie begreifen werde. Der Verkäufer verabschiedet mich mit seinem schönsten einstudierten Lächeln, und versichert, dass ich in den nächsten Minuten freigeschaltet werde. Das finde ich gut, denn am Abend will ich unbedingt in meiner Stammkneipe mit meinem Nokia ATC auftrumpfen.


    Montag 21.13:
    In meiner Stammkneipe sind schon drei meiner allerbesten Freunde Besitzer eines Nokia ATC, und alle haben ein Problem: Sie können nicht telefonieren. Die armen Schweine. Sind noch nicht freigeschaltet. Stolz wähle ich Südamerika an und höre nur ein schrilles Pfeifen. Auch auf mich hat man vergessen. Zum Glück gibt es eine 24 Stunden-Serviceline meines Anbieters. Ich wähle und das Pfeifen nervt. Zum Glück steht nur zehn Gehminuten entfernt eine Telefonzelle, ich werfe die Münzen ein und wähle die 24 Stunden-Serviceline, die zur Zeit nur leider nicht besetzt ist. Das Tonband und Kool and the gang – die da so zur Auflockerung laufen – klären mich auf. „Serviceline ab acht Uhr früh!“ Wahrscheinlich 24 Stunden die Woche. Insgesamt! Beschließe, mich nicht aus der Ruhe bringen zu lassen, morgen ist auch noch ein Tag. Mein Nokia ATC in der Tasche bleibt stumm. Hoffentlich will mich niemand erreichen.


    Dienstag 09.34:
    Mache mich auf den Weg zur Telefonzelle. Gute Nachricht: Es gibt die Serviceline. Nach achtzehn Minuten Warteschleife kann ich bei Kool and the gang bereits mitsingen und werde von einer netten Stimme überrascht:
    „Mobilfunk-Serviceline – Sie sprechen mit Frau Rottensteininger – was kann ich für Sie tun?“
    „Ähh...“
    Das war mir jetzt zu schnell, was will ich eigentlich?
    „Ruf Sie später noch mal an.“


    Dienstag 11.28:
    Mir ist wieder eingefallen, was ich will. Freischalten! Nicht vergessen ... Freischalten! Diesmal nur zwölf Minuten Warteschleife.
    „Mobilfunk-Serviceline – Sie sprechen mit Frau Danzinger – was kann ich für Sie tun?“
    Diesmal überrascht mich das nicht.
    „Freischalten!“
    „Gerne, mein Herr, Ihre Rufnummer bitte?“
    Verdammt!
    „Ruf später noch mal an.“


    Dienstag 13.01
    Habe mir zuhause meine Rufnummer aufgeschrieben und trotte wieder zur Telefonzelle. Leider geht mir nach sieben Minuten Warteschleife das Kleingeld aus und ich muss wechseln. Abermals Warteschleife und ich beginne Kool and the gang zu hassen.
    „MobilfunkservicelineSiesprechenmitFrauWanzingerwaskannichfürSietun?“
    „Freischalten!“
    „Gerne mein Herr, Ihre Rufnummer bitte!“
    „Siebenzwölfdreiundzwanzigachtzehn.“
    „Danke, mein Herr, das Codewort bräuchte ich noch.“
    Das Codewort, das Codewort, da war doch was, gestern hab ich es noch gewusst, was war das noch gleich..., irgendwas mit Zauberei.
    „Habakuck“, sage ich.
    „Tut mir leid, mein Herr!“


    Dienstag 17.34:
    Habe mein Codewort eruiert und gespeichert.
    „MobilfunkservicelineSiesprechen...“
    „Freischalten – Siebenzwölfdreiundzwanzigachtzehn – Codewort Hokuspokus!“
    „Könnten Sie das wiederholen, mein Herr!“
    Ich wiederhole und werfe Münzen nach.
    „Ja, mein Herr, da gibt es ein paar technische Probleme. Bis morgen früh können Sie ganz bestimmt telefonieren. Wir haben alles eingegeben. Den Rest übernimmt der Computer.“
    „Könnten Sie mich nicht vorreihen.“
    „Tut mir leid, technisch nicht möglich, aber bis morgen früh ist alles freigeschaltet, machen Sie sich keine Sorgen.“
    „Danke schön!“
    „Gerne.“
    Befriedigt, mich durchgesetzt zu haben, begebe ich mich nach Hause. Na, mit mir können die das nicht machen.


    Mittwoch 08.54:
    Heute kann ich telefonieren. Denke ich. Den Weg zur Telefonzelle schaffe ich in zehn Minuten.
    „Mobilfunkserviceline...“
    „Ich bin nicht freigeschaltet“, flehe ich.
    „Wann haben Sie sich denn angemeldet?“
    „Welchen Tag haben wir?“
    „Mittwoch!“
    „Dann Montag.“
    „Ja, das Freischalten kann bis zu achtundvierzig Stunden dauern.“
    „Das ist aber neu?“
    „Durchaus nicht, mein Herr.“
    „Ich erwarte einige dringende Anrufe.“
    „Tja mein Herr, ich werde versuchen, Sie vorzureihen.“
    „Dachte, das wäre technisch nicht möglich.“
    „Aber selbstverständlich ist das möglich. Schließlich sind wir sehr stolz auf unser Kundenservice. Bis heute Mittag sind Sie freigeschaltet.“


    Donnerstag 14.32:
    Habe den Vormittag damit verbracht, einen Antrag zu stellen, die Telefonzelle direkt vor mein Haus zu versetzen. Man verspricht, zu sehen, was man da tun kann.
    „Mobilfunkservice...“
    „Ich hab keine Lust mehr zu warten.“
    „Ihre Rufnummer bitte!“
    „Hab ich vergessen und ihr könnt mich am Arsch lecken.“
    „Aber mein Herr, geringfügige technische Probleme. Sind Sie der Hokuspokus?“
    „Ich glaube...“
    „Nun, mein Herr, in manchen Fällen dauert die Freischaltung bis zu zweiundsiebzig Stunden.“
    „Was Sie nicht sagen...“
    „Der technische Dienst arbeitet auf Hochtouren.“
    „Das tun Kool and the gang auch.“
    „Ha, ein toller Witz mein Herr, ganz hervorragend, den werde ich mir merken.“
    Humor ist die Sache der Telekommunikationsbranche nicht, sagte ich das schon.


    Wenn mich in den nächsten Wochen jemand erreichen will, soll er die Serviceline der Mobilfunkfirma meines Vertrauens anwählen. Ihr seid dann bei Frau Rottensteininger, Danzinger, Wanzinger, Hohensalzer oder bei Fräulein Gingling. Besonders ans Herz gewachsen ist mir auch Frau Konrad. Sie informierte mich, dass in einigen wenigen Fällen das Freischalten aus technischen Gründen erst nach einem halben Jahr möglich wäre. Kunden, die so lange durchhalten, bekämen dann aber einen Super-Extra-Treuebonus gutgeschrieben. Ich liebe die Frauen der Serviceline. Lauter nette Damen mit eigenem Humor. Nächste Woche habe ich ein Date mit Fräulein Gruber. Mein Nokia ATC habe ich im Garten vergraben. Besichtigung des Grabsteins von Mo-Fr 8-18 Uhr. Anmeldungen unter meiner Serviceline.

    Guten Tag!


    man erlaubt, als neues mitglied dieses forums, sich kurz vorzustellen. als gespaltene persönlichkeit verwendet man david moses w. als einen seiner namen. warum jetzt dieser..., nun, man weiß es nicht.
    selbst sieht man sich dem recht des menschen auf freie meinung verpflichtet.
    hochachtungsvoll grüßt man, verbeugt sich, freut sich und hofft auf eifrigen austausch von meinungen.


    pura vida
    d.m.w.