Also, mit den "Fünf Freunden" hab ich's schon einmal versucht...
...jetzt würd ich sagen "Michel von Lönneberga" und hoffe es geht weiter mit der Lesekarriere des jungen Mannes.
liebe Grüße
D.M.
Also, mit den "Fünf Freunden" hab ich's schon einmal versucht...
...jetzt würd ich sagen "Michel von Lönneberga" und hoffe es geht weiter mit der Lesekarriere des jungen Mannes.
liebe Grüße
D.M.
Was soll man sagen...
Hatte das Buch schon länger im Regal, es jetzt geschnappt, und zu einem meiner Schüler mitgenommen. Schüler haben in unserer Zeit selten Leseschwierigkeiten. Wieso auch... Sie tun es ja einfach nicht.
Unangenehmerweise sollten sie aber lesen.
Und jetzt passiert’s: Man stellt also ganz kurz das Buch vor, liest ein paar Seiten, überlässt dem Buben dann das Buch mit den Worten "Schau mal ob's Dir gefällt" und geht ... ohne große Hoffnung, denn man probiert's ja nicht zum ersten Mal.
Aber siehe da... beim nächsten Besuch bekommt man das Buch zurück..., inklusive einer Inhaltsangabe und einer Diskussion.
Und die Bitte, wieder ein spannendes Buch mitzubringen.
Um was es geht:
Ganz einfach - um den Drachen Bavaricus, welcher in der Münchner Kanalisation lebt und ein ganz klein wenig verschnupft ist.
Na, da sag ich jetzt: endlich liest er - Mission erfüllt…
Richtig - unglaublich tolles Buch ----------------------------
"Halten Sie hier in Bangalore - und auch in anderen Städten und Dörfern Indiens - die Ohren offen, dann hören Sie die Unruhe, das Gerede, die Drohungen mit Aufstand. Männer sitzen unter Straßenlampen und deuten mit den Fingern zum Himmel. Werden sie alle sich eines Nachts vereinen - und den Hühnerkäfig zerstören?"
Aravind Adiga beantwortet die Frage - und er beantwortet sie mit "Nein". Indien sei kein Land für Revolutionen, Indien ist das Land für "Reich und Arm", für "Herrscher und Diener", klar strukturiert.
Balram arbeitet vorerst als 2. Fahrer seines Herrn, entledigt sich des 1. Fahrers und steigt so zu einer Vertrauensperson seines Arbeitgebers auf. Er fährt durch Delhi und es scheint, er fährt durch die ganze Welt. Und er gibt sich nicht zufrieden.
"Der Dichter Iqbal hatte so recht. Sobald man das Schöne in der Welt sehen kann, hört man auf, Sklave zu sein. (...) Würde man jedem armen Jungen Zeichnen und Malen lehren, es wäre das Ende der Reichen in Indien"
"Der weiße Tiger" zeichnet ein Bild des Indien von heute. Ein Sittenbild, das Kastensystem tief verwurzelt, Aufstiegschancen nur ohne Moral. Balram lernt von seinem Arbeitgeber, lernt wie man weiterkommt und schreckt auch vor Mord - und damit der Vernichtung seiner eigenen Familie - nicht zurück.
Dass das Ganze nichtsdestotrotz ein luftiges Stück großer Literatur ohne erhobenen Zeigefinger ist verdankt man dem Autor. Da sollte man sich noch auf Großes gefasst machen.
"Ich stand also neben dem großen Buchfeld. In der Nähe von Büchern, selbst wenn sie in einer fremden Sprache geschrieben sind, Exzellenz, fühlt man so eine Art elektrischer Spannung in sich aufsteigen. Das passiert einfach..."
Genau.
Stell Dir den freundlichsten Ort der Welt vor:
"In Golds Buchladen gab es ein enges, gemütliches Hinterzimmer, (...). Es herrschte ein anheimelndes Durcheinander. Bücher stapelten sich in den Regalen, auf dem Boden, auf dem Tisch. Zigarrenasche bedeckte aufgeschlagene Zeitungen. Überall standen Kaffeetassen, die niemand abwaschen wollte. Auf dem Fauteuil türmten sich Wäsche, Kochgeschirr, Zeitungen und allerhand Kleinigkeiten wie Schreibpapier, Zahnbürste, Rheumamittel und Faschingsmasken. Leicht stieß man sich irgendwo, und ein paarmal am Tag am Tag griff man in einen Fliegenfänger. In einer Ecke qualmte ein undichter Ofen, auf ihm bereitete Gold Tee und Kaffee."
Der gemütlichste Ort jedenfalls für den jungen Carl Haffner, der im Hinterzimmer der Buchhandlung das Schachspiel lieben lernt. Und das - Glavinic lässt es den Leser dieser spannenden Geschichte spüren - ist auch das Handicap des gutmütigen Helden. Er liebt das Spiel, nicht den Wettkampf. Erfolgreich spielt er sich in die Schachelite der Welt, geht seinen Weg, welcher ihm mehr durch seine Freunde als durch Ehrgeiz vorgezeichnet ist.
Vielleicht literarisch nicht das "Große Werk" Glavinics, von der Spannung, der Menschlichkeit und der Schilderung eines zutiefst in sich gefangenen Menschen allerdings ein Meisterstück.
Liebe Grüße
D.M.
Und man begebe sich auf Reisen…
Und man begebe sich mit offenen Sinnen auf Reisen…
Man lasse sich überraschen…
Der jetzige “profil“- Autor Rainer Nikowitz begibt sich gegen Ende des letzten Jahrhunderts auf Weltreise, sendet seine Beobachtungen wöchentlich an eine österreichische Zeitung und erst jetzt kommt das Ganze als Buch heraus. Ein Versäumnis? Ohne Zweifel! Denn wie der Held versucht, nur ja kein “Tourist“ zu werden, wie er dabei manchmal scheitert, sich selbst auf die Schaufel nimmt und trotzdem Beobachter der kleinen Geschichten bleibt, das lässt einen nicht kalt.
Begegnungen, Diskussionen, Kritik, Freundschaft…, auch Liebe… dies alles witzig verpackt, die Augen öffnend, dass Ausland nicht automatisch schlecht, jämmerlich und gefährlich ist. Dass man zufrieden sein kann ohne WC-Papier und Malariaimpfung. Rainer Nikowitz ließ und lässt den Leser teilhaben an den Schwierigkeiten eines Reisenden, an den Freuden, an der Verzweiflung und überhaupt am “Sehen“.
Jetzt Frage:
Natürlich kommt man gerne wieder nach Hause…, aber die Sehnsucht muss doch bleiben? Auch als inzwischen erfolgreicher Kolumnist.
– “Und dann?“
“Dann könnte ich mir einen alten Camper-Van kaufen und durch Australien ziehen. (…) Das wär doch was, oder?“
“Ja“, sagte ich. –
Man begebe sich auf Reisen.
Büchergärten und Wettermanipulationen
Man glaubt sich in einer griechischen Sage und erst mit der Zeit wird klar, dass es sich beim neuen Werk des Wiener Autors Kurt Leutgeb um etwas mehr als Modernes handelt. Da wird mit Stilmitteln und Sinnbildern gespielt, Namen werden dem Leser um die Ohren geschlagen, dass einem schier schwindelig wird. Und mit der Zeit und der Geduld öffnet sich ein umfangreiches, hochaktuelles und brisantes Werk.
“Jaja, die guten alten Zeiten, als man die Weltkriegsopfer noch in Millionen zählte, dachte Tokohylistes, während er sich zum Gebet bereitmachte.“
Jaja, Krieg wird geführt, Sieger gibt es keinen, das Leben geht weiter, egal, wie viele Opfer gebracht wurden, scheint eine der Aussagen zu sein. Und das Leben der Hauptprotagonisten führt durch eine skurrile, kuriose, bizarre und manchmal zum Lachen verführende Welt. Wenn nicht manches so bekannt vorkäme: Die “Besitzpartei“ und die “Auch-Besitzpartei“ teilen sich alles, die Medien manipulieren und schreiben im Sinne des Herausgebers, welcher wiederum im Sinne der jeweils gefälligen Partei schreiben lässt.
Und… sehr wichtig … die Wetterberichterstattung … denn: Das Wetter lässt sich in Kurt Leutgebs Buch manipulieren, wird für die Kriegsführung verwendet, aber auch schon mal dazu, einen ungeliebten Skiliftbetreiber in den Ruin zu treiben.
Und wer jetzt noch nicht verwirrt ist, der erfährt auch noch, warum es „geschützte Büchergärten“ gibt, wie sich Wettermanipulation auf Skisprungkonkurrenzen auswirken, dass “in unseren Gärten am Nachmittag die Wahrscheinlichkeit steigt, dass uns stellenweise unsere Fahrräder umfallen“, alles vielleicht auch nur, weil “auf den Dikaiischen Inseln ein Fahrrad umgefallen ist“, warum es nicht schlecht ist, “Förster“ zu sein oder in Pornoproduktionen mitzuwirken.
Vielleicht muss man humoristisch ein wenig seltsam sein, dass einem beim Lesen eines solch im besten Sinne des Wortes “sinnVOLLEN“ Buches nicht das vielleicht erwünschte Lachen im Halse oder sonst wo stecken bleibt, einen Versuch ist es allemal wert.
Abschließend: Kurt Leutgeb “Das Wetter“ – komplex, Themen breit gefächert, skurril, aktuell – einfach lesen…
Na, wenn genehm mengt man sich in diese heftige Diskussion:
Gilles Leroy beschreibt aus EINER Sicht, kritiklos sollte man dem Buch also nicht gegenüberstehen. Thesen werden mit Tatsachen vermischt, da wird literarisch aufgearbeitet, da bleibt das Buch aber über die gesamte Zeit spannend, amüsant, unterhaltsam und anspruchsvoll. Scott wird als Charmeur beschrieben, gleichzeitig als schwacher Zeitgenosse, die Kämpfe des Paares sind von keiner Seite zu gewinnen, und so ist für den Leser dieses Buches einiges scheinbar klar, was nicht klar sein dürfte.
„Einige Wochen lang habe ich tatsächlich geglaubt, dass für Scott und mich vielleicht doch noch nicht alles verloren sein könnte“, schreibt Leroy und diese Hoffnung hatten wohl beide Teile des Paares. Anderes ist einfach zu einseitig und darum....
Fragen:
Hat Zelda eigentlich die Bücher des fabelhaften Scott Fitzgerald geschrieben?
Hmnnn… Zumindest nicht als Tatsache hinzunehmen.
War Zelda die treibende Kraft am Erfolg des Autors?
In „Alabama Song“ wird die Frage mit „Ja“ beantwortet, richtiger scheint aber – meiner Meinung – zu sein, dass Zelda mit ihrem „schwierigen Wesen“ auch tatsächlich „schreib-hindernd“ gewirkt haben muss.
Fitzgerald und Hemingway in homosexueller Beziehung?
Warum nicht, hier hat es mir als Leser aber nur tatsächliches Lachen verursacht.
Viele Thesen werden aufgestellt, alles HÄTTE so sein können, man sollte dieses – wie der Autor selbst schreibt – „fiktive Werk“ nicht hinnehmen, ohne sich über diverse andere Blickwinkel schlau zu machen.
Jedenfalls: hervorragende Literatur, die allerdings fast schmunzelnde Zweifel aufkommen lässt. Und…, ja…, um zu diskutieren gibt das Buch schier endlos Stoff.
Zweifellos die "anderen Seite":
E. Hemingway - Paris-ein Fest fürs Leben
Liebe Grüße
David
Es sei gesagt, dass mir das Buch von einem Freund empfohlen und geborgt wurde und ich trotzdem nicht im Sinn habe, die Freundschaft zu beenden.
Gründe gäbe es allerdings genug und man stellt sich die Frage, warum dieser Autor scheinbar ein wenig “Kult“ ist. Gut, vielleicht hat man nicht sein bestes Werk erwischt, aber an der “Story“ sollte es eigentlich auch nicht unbedingt liegen. Denn die wäre okay: Der Geheimagent, der den Papagei der Großmutter im Dschungel aussetzen soll. Gut. Und alles geht ja auch irgendwie weiter. Aber wenn man dann zum x-ten Mal liest, wie der Mond oder der Himmel oder die Sonne oder wer weiß was sonst noch gerade beschaffen ist, nämlich (Bsp.): “Über ihm war der Himmel wie eine riesige Fläche aus schwarzem Samt, die auf das Porträt von Jesus oder Elvis wartete“, dann hat man irgendwie genug. Und eigentlich schon lange. Aber es geht weiter. Auf jeder Seite: “Das Mondlicht hüllte ihn ein wie der Anzug eines Clowns – weit, kreidebleich, theatralisch –, mit flaumigen roten Fieberquasten als Knöpfen.“ Dass dann natürlich das Blut des Protagonisten noch ein “sentimentales Liebeslied“ singt ist auch schon ziemlich wurscht.
Auch nicht verstanden hat man “Wenn das Licht einer Kerze darauf fiel, sah es aus wie ein Hauch von bläulichem Nebel, die Narbe eines Nagels von einer lange vergessenen Kreuzigung, der winzige Schatten einer Wandermotte.“ Ja…ähh…genau…
Persönlich glaubt man ja, dass Tom Robbins (zumindest dieses Buch) total missverstanden wird. Irgendjemand hat es mit Literatur verwechselt.
Ich merke, man kann beim Lesen dieses Werkes wirklich Aggressionen bekommen, bei mir hat es hervorragend funktioniert.
Und um im Stile von Tom Robbins zu bleiben: “Beim Lesen dieses Buches wirken Kräfte auf den Leser ein, wie wenn George Bush Jr. eine Rede zur Lage der Nation hält und eigentlich die ganze Welt meint, welche den Schatten eines noch zu erlegenden Pottwals wirft.“ Wer das jetzt auch verstanden hat und sich am Satzbau nicht stört, dem sei “Völker dieser Welt, relaxt“ ohne Vorbehalte empfohlen.
Mir geht’s jetzt auch besser, man entschuldigt sich bei allen Tom Robbins-Fans und das Werk wird schnellstens retourniert.
“Hört, was die Liebenden sagen: Es ist voller Widersinn. Aber spitz die Ohren und lauscht in die Tiefe, dann versteht ihr vielleicht, was sie meinen. Denn was sie sagen, ist oft etwas anders, als sie meinen.“
Michael Köhlmeiers Erzählung über den Fisch, der kein Fisch ist – “denn ein Walfisch ist nun mal kein Fisch“ – ist voller Weisheit und Demut. Die Dorfbewohner geben ihr einfaches Leben auf angesichts des Unfisches der Wünsche erfüllt. Da wird jeder angesteckt und will mehr vom Leben. Etwas zutiefst Menschliches geschieht, und auch der Pfarrer kann es nicht lassen und kann fliegen. Absurd? Ja, ganz bestimmt. Unwirklich? Nein, denn Märchen haben mehr denn je ihre Berechtigung. Wünsche werden erfüllt. Auch dem Bürgermeister, der sich einen Tennisplatz wünscht und diesen in schöner Hanglage auch bekommt. Unbespielbar. Absurd. Geistreich.
Und dann die Liebe zwischen Maria und Carl. So schön, so absurd, so real. Voller Widersinn.
Wie das Leben so spielt, auch in dieser märchenhaften Geschichte...
Eine kleine Erzählung - JA; eine wunderbare Sache - BESTIMMT.
Moral? Aber sicher.
Einfach nur lesen.
Liebe Grüße
“Am kahlen Baume
Fand sich des Nachts ganz heimlich
Der Schnee zur Kiefer“
Ryôta
Eva Gruber besieht sich den Fluss im oft zitierten “schönsten Tal der Welt“ aus ihrer eigenen Perspektive. Und das ist gut so und so ist das schönste Buch des Tals entstanden. Und ein Plädoyer für Freiheit und Kreativität obendrein.
Wunderbare Installationen der Ruhe und Phantasie.
Eigentlich – was soll man tun – ein unbeschreibliches Buch.
Jedenfalls unbeschreiblich schön.
Oder… wie Ernst Jandl sagt:
“Wolken ticken“
Wie ich sage:
“Alles vergänglich – der Fluss fließt“
Im Gegensatz zu Tom, habe ich die "Stadt der Sehenden" VOR dem hier oft zitierten "Stadt der Blinden" gelesen und hatte vielleicht nicht diese unermesslich hohe Erwartungshaltung.
Gut so, sagt man.
Denn...
Saramago's Roman ist eine wirklich zu Lachen komische und zum Weinen traurige Parabel, durchaus nachvollziehbar erscheint das Verhalten der Städter, denen es ganz einfach reicht, dass man auf ihrem Rücken große Politik spielt.
Mündige Bürger beginnen sich still zu wehren, gewaltloser Widerstand der dann auf die Hilflosigkeit der scheinbar so Mächtigen trifft. Eine wunderbare Idee und wunderbar ausgeführt.
Man sollte diesen Roman nicht als Nachfolger der "Blinden" sehen, obschon der Marketingtrick - anders mag man es nicht bezeichnen - ein durchsichtiger ist.
Dem Werk selbst wird dadurch unrecht getan, denn irgendwie ist Saramago's Satire fast Pflichtlektüre für den mündigen Bürger, der sich schließlich täglich auf der Nase herumtanzen lässt.
LG
David
Jacob und Wilhelm Grimm, die Biographen von Hänsel und Gretel. - Nach den Forschungsergebnissen von Georg Ossegg, besonders nach dessen Ausgrabungen im Spessart, sind wir nicht mehr in der Lage, ihre These von der Verbrennung der “Knusperhexe“ hinzunehmen; vieles spricht dafür, dass die Brüder die ganze Wahrheit über Hänsel und Gretel kannten, sie aus ethnischen Motiven aber weislich verschwiegen.
Georg Ossegg, Märchenforscher begibt sich auf die Suche nach den Spuren des bekannten Märchens, wird fündig und eine unglaubliche Verschwörung kommt ans Licht. Alles Lüge! … Alles Lüge? Ja, wenn es nach Hans Traxler geht.
Und der Beginn der Märchenforschung…
Was mag da noch kommen?
Nun, es wird angedeutet: Auch “Hans im Glück“ ist im Sinne der Moral umgedeutet.
Herrlicher Schabernack, ein Streich…, ein wissenschaftliches Buch…, fast zu perfekt gelungen – (wie die Erläuterungen am Ende der Reclam-Ausgabe zeigen).
Jedenfalls ein Mordsspaß, dieses kleine Meisterwerk der gepflegten Satire.
ZitatOriginal von Kernchen
Bisher habe ich noch kein Buch zweimal gelesen.
Nicht... - da entgeht Dir sehr viel.. Ja..
Liebe Grüße
David
"Und kenne ich diese Definition von Fisch und Fischer: Ein Stecken mit Schnur. Am einen Ende ein Wurm. Am anderen ein Idiot. Solchen Schwachsinn könne nur ein Engländer absondern. Wer fischt hier mit Wurm! Du nicht! Ich nicht! Niemand!"
Der gute Mann scheint Fischer zu sein und hat trotzdem nicht den Humor verloren. "Aufzeichnungen eines Fischers" ist voller Sprachwitz, Ironie und deutet die Abgründe Schweizer Kleinstädter an. Da sind viele Rapperswiler Kollegen weit gereist, manche kommen nur noch zu Besuch, einige (es scheint fast die Minderheit zu sein) sind hängen geblieben.
Diejenigen, die die Welt gesehen haben sind die Überlegenen, haben sich aber nichts von ihren Vorurteilen weggereist. Die Hiergebliebenen haben die einfachen Wahrheiten und Gerold Späth beschreibt all dies, deutet es oft nur an, lässt Freiheit für alles denkbare. Wenn da vom Stadtamt eine Bank zur Verschönerung des Ortsbildes aufgestellt wird, so sind dies nur einige Zeilen, die alles über die Arbeitsmoral sagen und voller Beobachtung sind.
Wenn man sich nach Irland begibt, so ist man Reisender und Beobachter. Und immer wird gefischt, und immer wird gefangen oder auch nicht. Dies scheint egal zu sein. Nicht egal ist, wenn man mit diesen kurzen Anekdoten die Welt beschreibt.
Merci für die Weisheit
Merci für die Weisheit, die niemals aufdringlich ist
Merci für den Blick
Man dankt für dieses erste Jahr und hat auch das Zweite schon durch...
Die Großmutter erzählt Geschichten.
Große Geschichten, Sagen, kleine Anekdoten, Märchen, quer durch die Bank. Geschichten aus dem Leben, aus dem Leben in einer alten Stadt.
Der Enkel, gerade aus Amerika zurückgekehrt, erinnert sich an die Spaziergänge, an die Geschichten der Großmutter, versucht die Plätze wieder zu finden. Wie soll das funktionieren? Es ist eine moderne Stadt geworden.
"Heute Nachmittag also im zweiten Bezirk. In der Praterstraße bin ich vor dem Haus gestanden, in dem der Kohlenhändler Augustin Glück mit seiner Frau und seinen drei Töchtern gewohnt hat. Sein Geschäftsportal gibt es natürlich nicht mehr."
Gibt es nicht mehr... Auch die geliebte Großmutter nicht mehr... klavierspielend... herzlich... offen... Aber doch gibt es die Großmutter... Manchmal ist man gezwungen, ein Buch zu schreiben... ein Buch voller Geschichten, voller Menschen mit all ihren Fehlern...
Dear Peter Henisch, it will be another beautiful summer here in Vienna. And it's such a beautiful book...
Ja, ein wunderbares Buch, aus dem man gar nicht genug zitieren kann.
"Oma möchte vorne fahren, Miki parkt aus, sie sagt: einmal hat Slavko für mich die Wohnung in Blumen gelegt, einmal hat er vor dem ZK, statt einer Rede, Rotkäppchen in einer eigenen Fassung vorgetragen, einmal hat er prophezeit, es kann nicht gut ausgehen, dass wir alle nur Ideale haben, aber keine Alternativen zu den Idealen, und einmal hat er darüber nachgedacht, mich zu betrügen, ich habe es an seinen Küssen geschmeckt."
Sasa Stanisic erzählt Geschichten, erzählte Geschichten, Geschichten des Großvaters, eigene Geschichten, der durchs Leben stolpernde Aleksandar macht Listen und sucht seine Asija, seine Liebe in den Wirren des Krieges...
"Ich nenne sie nicht Flüchtlinge, ich sage: Schützlinge. Sie haben ein Mädchen mit so hellem Haar beschützt, dass ich meinen Vater fragen muss, ob es für so ein Hell einen Farbnamen gibt.
Er sagt: Schön.
Ich sage: Schön ist keine Farbbezeichnung.
Schön und ihr Onkel mit dem gezwirbelten Schnurrbart essen mit uns im Keller. Ibrahim wartet, bis Schön mit dem Kopf auf seinem Schoß eingeschlafen ist und erzählt leise von ihrer Flucht. (...) Wir sind die Letzten aus unserem Dorf, Ibrahim überlegt kurz, wir sind die Letzten aus unserem Nichts."
Man erfährt, "wann etwas ein Ereignis ist, wann ein Erlebnis, wie Mister Hemingway und Genosse Marx zueinander stehen, was hinter Gottes Füßen gespielt wird und wofür sich Kiko die Zigarette aufhebt". Geschichten von Bildern, die nicht fertig gemalt werden, von der Großmutter, von der Tante Taifun, die gegen Carl Lewis läuft, Geschichten vom Fluss...
"Cika Hasan und Cika Sead angeln nicht aus Vergnügen, sie angeln nicht aus Lust am Kampf mit dem Fisch, sie angeln nicht weil sie Ruhe suchen, sie angeln nicht, weil man nichts Schlechtes denken kann, während man in der Drina angelt. Hasan angelt, weil er mehr Fische fangen will als Sead, Sead angelt, weil er mehr Fische fangen will als Hasan. Ich bin es, der aus all den anderen Gründen angelt, und weil mir gebratener Fisch schmeckt, und ich fange trotzdem mehr als die beiden zusammen."
Geschichten auch vom Fussballschiedsrichter, der im falschen Moment nach Hause kommt, Geschichten vom "Genossen Tito", Geschichten, wie richtig und falsch Geschichten sein können.
All dies könnte verworren sein, chaotisch und wirr. All dies ist einfach nur das eindringlichste Buch gegen Gewalt und für Menschlichkeit, welches man seit langem gelesen hat.
Man könnte endlos zitieren, lässt es aber gut sein. Nur einen noch...
"Viele Geschichten kennt Zoran nicht. Das kommt daher, weil ihm im eigenen Leben etwas so Unglaubliches passiert ist, dass er nichts mehr erfinden muss."
lg
david
Nicht gelesen - man hat es auch nicht vor -
jedoch durch die Medienpräsenz kommt man um die Dame nicht herum -
und unsympathisch ist sie wohl nicht -
warum als nicht den Erfolg einfach gönnen...
lg
d.m.
Großer Hemingway
Voller Ironie und mit dem Abstand von über 30 Jahren geschrieben - oder zumindest fertig gestellt - findet man hier einen Hemingway voller Ironie und manchmal auch mit Gefühl.
Die Jahre in Paris - als wir sehr arm und sehr glücklich waren" - werden beschrieben. Episoden aus dem Leben eines jungen Menschen mit der Frechheit sich in einer Stadt wichtig genug zu machen um die Aufmerksamkeit der amerikanischen Künstlerkolonie zu wecken. Ein aufstrebender, vorerst erfolgloser Schriftsteller, der sich und seine Familie mit seinem Job als Korrespondent einer Kanadischen Zeitung mehr schlecht als recht über Wasser hält, der nichtsdestotrotz versucht das Leben der Boheme" zu genießen, der den Stierkampf in Pamplona und das Skifahren in Schruns für sich entdeckt, all dies wurde selten eindrucksvoller beschrieben.
Und zwischen diesen Geschichten das dauernde Streben nach Erfolg und Anerkennung, die Verrücktheiten der Pariser Kolonie, die Liebe zu seiner ersten Frau Hadley, das Beschreiben seines erfolgreichen Freunds Scott Fitzgerald, dies alles mit einer gewissen Boshaftigkeit abgearbeitet und beschrieben, schließlich hatte Hemingway mit vielen seiner Freunde aus Pariser Zeiten bereits gebrochen.
Man kann dieses Buch als teilweise zusammenhängende Kurzgeschichten lesen - und dies ist ohne Zweifel Hemingways Metier - oder auch als Schilderung einer vergangenen Zeit als eine gewisse (gewiss nicht biedere) Unschuld in der Pariser Luft lag.
Auf dem Deckblatt las ich den grimmig sarkastischen Titel:
Mein Leben als Fälschung.
Schwör mir, dass du es nicht verbrennst.
Was ist es?
Die menschliche Seele, sagte er.
Ich dachte, er machte sich über sich selbst lustig. Was erwartete ich? Mit Sicherheit kein Kunstwerk.
Mit Sicherheit ein Kunstwerk, Peter Careys Führen auf falsche Fährten. Was hier ein letztes Zusammentreffen der beiden Rivalen, des Philosophen Christopher Chubb und seiner "Erfindung" Bob McCorkle ist, gilt für das gesamte Buch: Die menschliche Seele! Da wird ergründet, erforscht, ermittelt, analysiert..., besser gesagt: Es wird versucht zu ergründen!
Da hetzt die Herausgeberin einer Literaturzeitschrift einem längst verjährten Literaturschwindel hinterher - nicht so sehr aus Interesse, mehr aus Eigennutz und Gewinnsucht - stößt dabei auf ein großes Werk und scheint die Geschichte dahinter zu erfahren.
Scheint zu erfahren...
Denn...
...was wird ihr erzählt...?
Die Wahrheit? Eine Sicht der Wahrheit? Der nächste große Betrug?
Große Literatur, die Peter Carey hier "dokumentiert", nicht immer einfach zu verfolgen, oft wechselt der Blickwinkel..., die Wahrheit..., man bleibt verwirrt.
Und nicht umsonst stellt Carey ein Zitat aus Mary Shelleys "Frankenstein" dem Buch voraus..., denn ein Monster scheint auch Chubb erfunden zu haben, ein Ungeheuer zerstört sein Leben, eine Jagd durch Australien und Asien ist die Folge, immer große Lyrik im Kopf, immer auch Verzweiflung.
Immer seiner Wahrheit zu folgen ist vielleicht auch eine der vielen Aussagen des Buches, auch wenn sie dich am Ende verrückt - zumindest verwirrt - zurücklässt.
Was soll man sagen:
DER literarische Abenteuerroman...
Na..., da ist man einer Meinung...
- war auch beim Schreiben nicht unsperrig...
liebe Grüße
on the other hand...
muss gesagt werden:
"Man distanziert sich. Vorsorglich sei gesagt, dass wohl alle Anspielungen und als Tatsachen dargestellte Ereignisse dieses Buches auf reiner Fiktion beruhen. Weder ist es möglich, auf diese – an Unmoral und Verwerflichkeit kaum zu überbietende Art – durchs Leben zu schreiten, noch sind die Gegebenheiten dafür gegeben. Weder sich in diesem Machwerk scheinbar als Politiker, Geschäftsmänner, Mediziner, Geistliche und andere ehrenwerte Persönlichkeiten tarnende Individuen, sind im wirklichen Lebensraum etwas anderes, als sie tatsächlich standesgemäß zu sein haben: Verehrenswerte, edle und vertrauenswürdige Mitglieder der Gesellschaft. Sollte ein anderer Eindruck entstehen, so ist dieser auf höchster Ebene verwerflich und weder erwünscht noch wünschenswert."
Genau...