OT: Abra
Text vom Buchrücken meiner Ausgabe:
'Joan Barfoot, 1942 geboren, hat seit ihrer Schulzeit als Journalistin für kanadische Zeitungen gearbeitet. "Eine Hütte für mich allein" wurde in Kanada als bester Erstlingsroman ausgezeichnet. Abra zieht in eine verlassen Hütte, weit weg von den Menschen, denn manchmal muß eine Frau etwas Verrücktes tun, um bei Sinnen zu bleiben. Ihr Mann: "Was ist passiert? Warum hast du uns einfach im Stich gelassen? War dir egal, was du uns antust damit, den Kindern, deinen Eltern? Oder mir?" Ihre Tochter: "Du bist die egoistischste Person, die mir je begegnet ist. Nie möchte ich so unmenschlich werden wie du. Du bist verrückt"
Abra selbst: "Ich sah mir an, was ich angerichtet hatte, als ich euch verließ und hierherkam, und dachte, ich habe einen Nervenzusammenbruch gehabt. Aber dann begriff ich, daß ich nichts Schlimmeres getan hatte, als die Scherben aufzuheben und neu zusammenzusetzen." '
Dieses Buch hat mich sehr beeindruckt.
Eine Frau, die konsequent einen eigenen Weg verfolgt, sich trotz aller damit verbundenen Schwierigkeiten in eine einsame Hütte zurückzieht und sich dort mit harter körperlicher Arbeit ein einfaches Auskommen ermöglicht.
Die Beschreibungen dieses einsiedlerischen Lebens hat mich etwas an das Buch "Die Wand" von Marlen Haushofer erinnert, nur dass sich dort die Protagonistin ihr Leben, abgeschnitten von den Mitmenschen nicht selbst ausgesucht hat und es für sie auch keine Möglichkeit gab, daran etwas zu ändern.
Ganz anders bei Abra: Sie sucht die Einsamkeit, hält allerdings auch losen Kontakt zu Nachbarn und Händlern.
Zunächst hatte ich erwartet, in den Schilderungen ihres Ehe- und Familienlebens eine Ursache für den Wunsch nach Abstand zu ihrer bisherigen Umgebung zu erfahren, aber so eindimensional ist diese Geschichte nicht.
Ihre Versuche, diese Entscheidung Mann und Tochter zu erklären (die sich beide trotz oder auch wegen ihrer Verletztheit sehr bemühen, die Hintergründe zu verstehen) scheitern - wahrscheinlich ist es einfach unmöglich, so eine extrem abweichende Lebensweise zu vermitteln.
Sehr berührt hat mich in diesem Buch wie Abra die Menschen ihrer Familie extrem verletzt und vor den Kopf stößt, um ein ihr angemessenes Leben zu führen.
Ist das nicht immer wieder die Tragik im menschlichen Leben, dass wir andere, auch ungewollt, verletzen (müssen), bei dem Versuch, den eigenen Weg zu gehen?
Die andere Frage, die sich mir nach dem Lesen dieses Buches stellt ist: Wieviel Einsamkeit, wieviel auf sich selbst zurückgeworfen sein braucht/verträgt ein Mensch?
Am Ende des Buches steht nochmals eine große Entscheidung für Abra an: Wird sie in ihrer selbstgewählten Abgeschiedenheit bleiben oder öffnet sie sich wieder für engere Beziehungen zu anderen?