Beiträge von JuHu

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    Original von -Christine-


    Diese Tatsache fand ich auch sehr interessant, zumal sie sehr widersprüchlich ist. Auf der einen Seite heilt er die Menschen, auf der anderen Seite tötet er sie. Aber ich denke, so ganz offiziell war der Henker gar kein Arzt. Die Leute haben sich wohl immer nur heimlich zu ihm geschlichen.


    Irgendwie habe ich im Hinterkopf so eine Erinnerung, dass es diese "berufliche" Verbindung öfter gab, da sich der Henker einfach mit der Anatomie des Menschen auskannte (auskennen musste) - zu einer Zeit, in der Obduktionen nicht erlaubt waren (wenn ich mich richtig erinnere) eine doch verständliche Verbindung.
    Außerdem stelle ich mir vor, dass der Henker damit seinen Verdienst etwas verbessern konnte, wenn gerade keine Hinrichtungen anstanden.

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    Original von Ruhrmaus
    Ein großer Teil dieses Abschnittes befasst sich mit dem Buch von Goldstein und vieles was wir dort erfahren ist schon im ersten Teil des Buches beschrieben worden. Das hätte man gut und gerne um die Hälfte, eher mehr, einkürzen können.


    So bekommt man auch die Buchseiten gefüllt.
    Punktabzug auf jeden Fall für diesen Teil des Buches.
    Ich habe mich wirklich durchquälen müssen.


    Ruhrmaus


    Da geht es mir genauso! :wave

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    Original von redator
    So ganz habe ich noch nicht verstanden, wie das mit der 2-Klassen-Gesellschaft der Proles (wie werden die im Deutschen genannt?) und der Partymember funktioniert.


    Die heißen im Deutschen auch Proles (von Proletariern)


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    Original von redator
    Ich überlege, ob ich da nicht freiwillig zum Prole werden würde.


    Den Gedanken hatte ich auch schon - aber das funktioniert wohl nicht :wave

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    Original von Clare


    Bei heiter habe ich wohl dieses Schild vergessen :achtungironie


    In meiner Vorstellung spricht die Stimme aus dem Televisor jeden nur persönlich an und ist auch nur von ihm zu hören, was schon schlimm genug ist. Sonst hätte Winston auch mal eine Bemerkung über andere hören müssen.


    Hallo Clare,


    Dein "heiter" hatte ich schon richtig verstanden. :wave
    Die Idee ist ja auch originell.


    Ich versuche zur Zeit mich zu erinnern, wie alt ich war, als ich "1984" zum erstenmal gelesen habe.
    Ich kann mich an meine Bestürzung beim Lesen erinnern, weiß, wie ich mich gefühlt habe, aber wann genau das war, kann ich nicht sicher sagen.
    Wahrscheinlich um 1984. ;-)
    Ich weiß allerdings noch, dass ich als Kind Befürchtungen hatte, den Fernseher einmal nicht mehr ausschalten zu können (also, dass der Ausschalteknopf nicht mehr funktioniert) - ich vermute, das hatte etwas mit diesem Buch zu tun. ;-)


    Ich habe gerade die Stelle mit der Namensnennung nochmal gesucht:


    "Smith!" schrie die giftige Stimme aus dem Televisor. "6079 Smith W.! Ja Sie meine ich! Tiefer bücken, wenn ich bitten darf! Sie bringen mehr fertig, als was Sie da zeigen. Sie geben sich keine Mühte. Tief-fer, bitte. So ist es schon besser, Genosse. Rühren, der ganze Verein, und alle mal herschauen!"


    Ich denke mir, sie bräuchte seine Nummer nicht zu nennen, wenn Winston wüßte, daß die Stimme in diesem Fall nur er selber hören kann.
    Später gibt es dann ein Lob für seine Bemühungen, auch mitten in den allgemeinen Anweisungen.
    Daß nicht beschrieben wird, daß er keine Bemerkungen über andere hört, muß ja nicht heißen, daß es die nicht gibt.
    Diese Frühsportszene wird - bisher - ja nur einmal beschrieben.


    Insgesamt finde ich viele Ideen in diesem Buch schon beeindruckend, möchte hier nur einmal die Romanschreibmaschinen nennen.
    Die in der Literaturabteilung Beschäftigten arbeiten mit Schraubenschlüssel ;-)


    Hier werden gesellschaftliche Entwicklungen sehr zugespitzt beschrieben, was teilweise zum Nachdenken anregt und teilweise aber auch viele Fragen offen läßt.


    Mir fehlt eine Identifikationsfigur, gerne auch mit Ecken, Kanten und Unsicherheiten.
    Aber richtig nachvollziehen kann ich Winstons Denken und Verhalten nicht.
    Schon auf den ersten Seiten bin ich über seine Gewaltphantasien gegen das Mädchen mit der Schärpe "Jugendliga gegen Sexualität" erschrocken.
    Das fand ich schon massiv, auch die Begründung:


    "Er haßte sie ... weil er mit ihr ins Bett gehen wollte und daraus nie etwas werden würde"


    Sicherlich, diese Szene spielt während der "Zwei-Minuten-Haß-Sendung", also in einer Atmosphäre, in der zu Haß aufgestachelt wird - und zeigt damit, wie hier systematisch auch Haß untereinander erzeugt wird, aber sympathisch wurde mir Winston dadurch nicht gerade!

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    Original von Clare
    Der vielleicht einzige heitere Augenblick im Buch, die Stimme aus der TV-Wand, die einen persönlich mit Namen auffordert weiterzumachen und sich mehr anzustrengen...


    Heiter?
    Eher Fortsetzung eines Alptraums nach dem Aufstehen!
    Ich gehe davon aus, dass alle anderen diese "Namensnennung" auch hören (oder gibt es für jeden ein persönliches Programm im Televisor? Kann ich mir nicht vorstellen und habe ich auch nicht so verstanden. D. h. man wird vor aller Öffentlichkeit bloßgestellt!)

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    Original von Clare
    Die erschreckendste Szene in diesem Abschnitt war für mich der Feindwechsel mitten in einer Kundgebung, ja mitten in einer Rede. Und das Parteivolk stellt sich mit dem Redner zusammen sofort darauf ein, nahtlos. Plakate werden mangels Aktualität heruntergerissen, Namen ausgetauscht - es ist einfach unglaublich!


    Finde ich auch unglaublich - und das ist zur Zeit auch mein Problem mit diesem Buch:
    Es überzeugt mich nicht in dieser radikalen Darstellung ohne Zwischenstufen.
    Gut, vielleicht kann das alles funktionieren, weil die Menschen viel zu viel Angst haben um nicht selbst an diesen Fälschungen mitzuwirken, aber wozu der ganze Aufwand?
    Letztenendes scheint es sowieso keine Rolle zu spielen, gegen wen gerade Krieg ist.
    Und ich tendiere fast zu Julias Meinung, dass es diesen Krieg gar nicht gibt sondern Ozeanien die Bomben selbst abfeuert.
    Das würde auch erklären, warum sie anscheinend immer nur bei den Proles einschlagen.

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    Original von Clare


    Ich denke, Orwell wollte diese Isolation des einzelnen Menschen zeigen. Wie du schon sagst, was in den Köpfen der anderen vorgeht, wissen wir nicht, zumindest nicht an dieser Stelle des Buches :grin
    Unglaubwürdig finde ich persönlich diese Stelle nicht. Es gibt ja genug Beispiele aus der Geschichte, wo permanente Indoktrination Menschen verändert hat, wo sie gezielt nur mit ausgewählten Informationen gefüttert wurden und werden, wo sie zu willigen Mitläufern werden oder verrückt werden oder eben von der Bildfläche verschwinden. Es ist der Schrecken und die Kaltblütigkeit totalitärer Systeme, die Orwell uns hier zeigt.


    Die Isolation des einzelnen Menschen ist ein gutes Stichwort.
    Vielleicht ist es auch ein Fehler, mich zu stark - und aus der heutigen Sicht - auf dieses Science-Fiction-Elemente der quasi täglichen Umschreibung der alten Zeitungen zu konzentrieren.
    In der heutigen Zeit würde ein Autor das wahrscheinlich mit Informations- und Reizüberflutung beschreiben, da braucht nichts mehr umgeschrieben werden, da verschwindet auch so viel im "Gedächtnisloch".

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    Original von Zwergin


    Dafür gibt es dann "Doppeldenk", womit die rechtschaffenden Genossen es schaffen, die fälschungen der Zeitungen komplett zu verdrängen, oder sich einzureden, dass es sich um Tippfehler handelt, die ausgemerzt werden müssen. Obwohl ich mir nicht vorstellen kann, wie man es schafft, sich seine Gehirnwindungen so zu verknoten...


    Winston schafft es ja auch nicht.
    Er scheint da aber der einzige zu sein.
    Gut, wir kennen die Innensicht der meisten anderen Personen nicht, aber der Roman ist für mich an dieser Stelle nicht glaubwürdig und überzeugend.

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    Original von evelynmartina


    Zur Propaganda gehört neben TV und Radio die Verbreitung von Parolen durch Zeitungen und Bücher. Wo sie allerdings hier zu finden sind, bleibt für mich auch unklar.


    Eben!
    Es wird ein riesiger Aufwand betrieben, um (alte) Zeitungen umzuschreiben, die anscheinend niemand hat und liest.
    Und es sind sehr viele Menschen an diesen Aktionen beteiligt, d. h. die wissen eigentlich alle, was abgeht.


    Das Buch ist eine extreme Zuspitzung, die ich als nicht durchgehend schlüssig empfinde.

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    Original von mankell
    [quAber da allgemein bekannt ist, was bei einer bestimmten Tätigkeit geschieht bzw. welche Konsequenzen daraus erwachsen, ist es halt de facto verboten.


    Hallo mankell,


    es kann eigentlich immer alles passieren, und es bleibt auch alles wenig fassbar.
    Manche Menschen verschwinden einfach, niemand weiß, ob sie noch leben.
    Es gibt allerdings auch öffentlich Hinrichtungen.


    Es wirkt auf mich fast, als wäre es egal, ob jemand Tagebuch schreibt oder wegen eines "Gedankenverbrechens" "vaporisiert" wird.


    Abwehr scheint es keine zu geben, die Proles lassen sich auf den Boden fallen und suchen so etwas Schutz (und auch Winston, dem selber der entsprechende "Instinkt" fehlt, die herannahende Bombe zu bemerken, wird von einem Prole dazu aufgefordert - also scheinbar keine Feindschaft, kein Hass der Proles gegenüber den Parteimitgliedern.)


    Ich denke, Du hast Recht und die Menschen sind inzwischen einfach abgestumpft, nach Jahrzehnten des Krieges.
    Die Auswirkungen der Bomben scheinen auch einigermaßen begrenzt zu sein, allerdings ist auch von Atombomben die Rede, die hat es aber wohl eher in früheren Zeiten gegeben.


    Stimmt, manchmal wird einfach etwas behauptet, ohne nähere Erklärungen.
    Wenn die Zeitungen ständig umgeschrieben werden:
    Wo werden die überhaupt gedruckt und gelesen?
    Sollten nicht in manchen Haushalten Exemplare davon zu finden sein?
    Da würde ich es überzeugender finden, wenn die ganzen Informationen nur über den Televisor kämen, ohne Aufzeichnungsgeräte könnte dann am nächsten Tag niemand mehr beweisen, dass heute etwas anders behauptet wird als gestern.

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    Original von mankell
    Lediglich der Entschluß, überhaupt Tagebuch zu schreiben (was ja verboten ist) entstand spontan.


    Es ist nicht direkt verboten, ich zitiere einmal aus der mir vorliegenden Ausgabe:


    "Nun war er im Begriff, in Tagebuch anzulegen. Das war nicht illegal (nichts war illegal, da es ja keine Gesetze mehr gab), aber falls es herauskam, war er so gut wie sicher, daß es mit dem Tode oder zumindest fünfundzwanzig Jahren Zwangsarbeitslager geahndet werden würde."


    Diese Willkür stelle ich mir noch wesentlicher belastender vor als klare Verbote.
    Es gibt keine Gesetze, keine Regelungen - nur die Angst vor dem was möglich erscheint.

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    Original von bücherwurm2612
    Da ist es wirklich besser ein Prole zu sein und, wie du schon gesagt hast, arm zu sein, fast keine Konsumgüter zu haben bzw. insgesamt wenig zu haben, anstatt ständig beobachtet zu werden und alle Regeln wirklich streng einzuhalten.


    Wirklich mehr Konsumgüter scheinen die Parteimitglieder auch nicht zu haben, wenn ich da nur an die Rasierklingen denke!


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    Original von bücherwurm2612
    Nur werden die Gebiete von den Proles immer wieder mit Bomben beworfen, da lebt man dann halt auch in ständiger Todesgefahr.


    Stimmt, die Bomben werden immer nur dann beschrieben, wenn sich Winston in den Gebieten der Proles aufhält.
    Ich frage mich allerdings, wie das in einem Krieg so funktionieren soll?

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    Original von Nala
    Das einzige was mir bisher nicht so gefällt ist, dass innerhalb nur weniger Zeilen soviel Informationen erzählt werden. Das ist manchmal fast ein bisschen viel aufeinmal. Findet ihr nicht??


    Das finde ich irgendwie passend zur beschriebenen Situation.
    Dieses "viel aufeinmal" spiegelt doch gut die beschriebene Atmosphäre wieder.
    Ständige Berieselung durch den Televisor und gleichzeitig dauernd mögliche Beobachtung sowohl durch den Televisor als auch durch alle Menschen um einen herum - da gibt es kaum eine Gelegenheit zum Entspannen und Durchatmen.
    Nachrichten und Neuigkeiten sind kaum veröffentlicht, schon werden sie umgeschrieben, wobei keine der vielen Fassungen wirklich der Realität entspricht.
    Viele Informationen prasseln aufeinmal auf Winston ein und müssen verarbeitet oder auch ignoriert und verdrängt werden.

    Auf Jane Eyre bin ich neulich durch Zufall wieder gestoßen und zwar beim Lesen von "Orangen sind nicht die einzige Frucht". ;-)
    Ich finde es immer besonders interessant, wenn in Büchern von der Lektüre der Protagonistinnen berichtet wird - hier faszinierte mich vor allem, wie die Leserin mit dem Ende von "Jane Eyre" umging.
    (Wenn man "Jane Eyre" nicht gelesen hat, versteht man die Anspielung in den "Orangen" sicherlich nur unvollkommen)

    Ob ich dieses Buch noch mal lesen sollte?
    Ob ich dieses Buch noch mal lesen möchte?


    Es ist eines der wenigen Bücher, bei denen ich mich noch genau daran erinnere, wie ich mich fühlte, als ich die letzte Seite beendet hatte, ich erinnere mich richtig fotografisch, auch daran, an welchem Ort das war.


    Es ist schon sehr lange her, ich war damals noch relativ jung - ob es daran lag? Sicherlich nicht nur daran!


    Bin schon gespannt auf eure Kommentare dazu!

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    Original von dilan
    Hmm was is den an den Hörbüchern für Binde den so besonders? also ich meine sind das nich auch ganz einfache Hörbücher für jeden mann? oder sind die irgendwie anders als die normalen cd die mann überall findet?


    Ich habe mich in diesem Semester bei einem Literaturkreis für Blinde, Sehbehinderte und Sehende angemeldet.
    Bei den Gesprächen am Rande habe ich dort erfahren, dass bei den Hörbüchern für Blinde auch Klappentext etc. mit vorgelesen wird. Das fand ich sehr interessant, ich hatte mir vorher dazu auch noch keine Gedanken gemacht.

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    Original von churchill
    Ja, bin dabei ...


    Sollten die Programmunterlagen nicht jetzt irgendwann versandt werden? :gruebel


    Hallo churchill,


    ich habe die Unterlagen inzwischen, Du auch? :wave


    LG


    JuHu