Robert Ludlum war ein großer Autor, aber die Ambler Warnung enthält leider nicht mehr viel von ihm
Das Buch beginnt mit "der Flucht von der Insel", wie sie bereits im Klappentext beschrieben wird. Von Nonstop-Action kann aber selbst auf diesen ersten 50 Seiten leider keine Rede sein.
Die Orte sind (soweit ich sie kannte) gut recherchiert und auch die thematischen Ausflüge in die Welt der Statistik (hier bringt der Autor einige Fallbeispiele) sind gut aufbereitet.
Über mehrere Seiten spannend und stellenweise sogar erfrischend witzig wird es, als Ambler auf Caston trifft. (Superheld und Buchhalter bilden ein Team) Das passiert aber erst irgendwann nach der Hälfte des Buchs.
Was auffällt, sind die vielen Wiederholungen. Ich denke, die (durchaus nette) Geschichte mit dem Schild und dem Speer kommt wenigstens fünfmal vor. Auch einige andere Details nutzen sich mit der Zeit ab und es gibt auffällige Parallelen zur Bourne-Serie.
Die Story läuft in Form von unzähligen Flashbacks ab, während Ambler sich langsam wieder an alles erinnert. Da Ambler in den Gesichtern der Menschen lesen kann, tut er das bei jeder Gelegenheit. Man erfährt dabei, was der Mann am Bahnhof zum Frühstück hatte, wieso die Frau vor dem Schaufenster keine Kinder will, etc. Nur leider haben diese Personen überhaupt nichts mit der Handlung zu tun sondern füllen einfach nur die (überflüssigen) Seiten. Und davon gibt es - bei allem Respekt dafür, wie detailliert sie geschrieben sind - mindestens 300. (Und selbst wenn man sie streichen würde, wäre der Hinweis auf Nonstop-Action noch anmaßend.) Die an sich spannende Grundidee wird damit regelrecht ausgebremst. Kaum kommt die Geschichte in Gang, ist auch schon der nächste Durchhänger vorprogrammiert.
Der Aufbau eines typischen Kapitels ist wie folgt: (Ich habe das Kapitel über "Davos" als Beispiel gewählt)
2,5 Seiten Beschreibung, wie der Ort aussieht (hochgelegen) daher
0,5 Seiten Beschreibung der Höhenkrankheit; diese erinnert an die Flucht
2,0 Seiten "Aufwärmen" der Flucht von der Insel; diese endet in
1,0 Seiten Beschreibung wie Davos "jetzt" aussieht dann folgen
1,0 Seiten Beschreibung wie das Hotel aussieht dort geht's weiter mit
2,0 Seiten Beschreibung des Hotelpersonals und schon sind wir bei
5,0 Seiten Wiedersehensfreude mit seiner Freundin...
Die Tippfehleranzahl ist durchschnittlich, die Übersetzung verwendet mitunter sehr antiquierte bis "frei erfundene" Ausdrücke.
Fazit: Nach 50 Seiten wusste ich, wer "der Böse" ist - das ist mir bei einem "echten Ludlum" noch nie passiert. Hier werden Ludlums literarische Reste verwertet, die allerletzten Manuskripte versilbert, damit der Verlag ein weiteres Buch bringen kann, obwohl Ludlum seit über 7 Jahren tot ist. Das hat dieser großartige Autor nicht verdient.