Das Ende der Geschichte ist schnell erzählt:
Der gute Joshua wird ebenfalls verhaftet, aber Spence - zur rechten Zeit zur Stelle und mit dem nötigen Bargeld ausgestattet - holt ihn wieder raus. Toni beschließt, den Banker Andi zu heiraten, weil sie "nicht mehr will", zumindest was die Plantage angeht. Der Kreole schlägt Reed in Notwehr zusammen und erschießt ihn schließlich, so dass Spence nicht mehr seine geplante Rache nehmen kann, auf die er sich mit Training etc. gezielt vorbereitet hat. Dafür nimmt er den Kreolen mit sich, weil der völlig neben sich steht. Es gibt noch einige Mißverständnisse, dann sehen sich Spence und Toni wieder, und am Schluss taucht die Indianerin wieder auf, um Spence (und dem Leser) noch einmal die Legende zu erklären. Dann reitet Spence mit Roscoe in den Sonnenuntergang und die Indianerin ist zufrieden, weil jetzt alles wieder im Einklang ist.
Tja, was soll ich sagen? Am Ende werden alle Handlungsstränge zusammengeleimt. Der Abschnitt enthält wieder mehr Tempo, obwohl es oft etwas seltsam hin und her geht. Großen Raum erhalten wieder die Geschehnisse um Reed und Roscoe.
Erstaunt hat mich, dass Toni nach weniger als einem halben Jahr in einem plötzlichen Anfall von Torschlusspanik dem braven Andi das Ja-Wort geben will. Nachdem sie Spence die ganze Zeit als ihre große Liebe deklariert hat, empfinde ich das als ziemlich wankelmütig. Zwar hat sie inzwischen begriffen, dass mit ihm letztlich nichts anzufangen ist, aber mal mit dem einen und dann wieder mit dem anderen rumtun, kennzeichnet sie für mich weder als starken Charakter noch besonders klug (auch wenn das immer wieder betont wird). Auch halte ich es für unglaubwürdig, dass eine alleinstehende Frau im 18. Jahrhundert mit einem unehelichen Kind schwanger geht und alle das ganz selbstverständlich hinnehmen. Meines Wissens wurden die Frauen zu dieser Zeit in allen westlichen Zivilisationen in einer solchen Situation von der Gesellschaft geächtet. Goethes Gretchen geht nicht umsonst ins Wasser.
Parallel dazu werden Spences Motivationen noch einmal erläutert, wobei das Hauptaugenmerk des Abschnitts nach meinem Empfinden nicht auf seinem Wiedersehen/Auseinandersetzung mit Toni liegt, sondern auf seinen Racheplänen. Dass er zurück in Charles Town nicht sofort Toni aufsucht, obwohl er von ihrer Schwangerschaft weiß (was bei seiner Abreise eigentlich nicht klar rauskam), und auch nicht, als er von der geplanten Ehe mit Banker Andi erfährt, spricht für sich.
Ich interpretiere den Schluss jedenfalls so, dass Spence und Toni letztlich doch nicht zusammenkommen, weil er ist, wie er ist und sie das nun auch endlich begriffen hat. (Wie sagte Rhett Butler zu Scarlett über Ashley Wilkes so schön: Er ist eine taube Nuss, so taub, dass nicht einmal du davon satt wirst.) Auf diesen letzten paar Seiten wird nun diese etwas merkwürdige Kehrtwende eingeleitet, vermutlich um noch ein bisschen Drama, ähnlich wie bei GWTW, in die Lovestory zu bringen.
Schließlich lässt Toni nach Andi und nicht nach Spence schicken. Spence zieht mit dem Kreolen auf seine eigene Plantage und damit hat es sein Bewenden. Doch noch der Beginn einer wunderbaren Freundschaft.
Das Grundproblem des Buches sehe ich darin, dass es etwas sein will, was es nicht ist, und mit dem Klappentext und Cover völlig falsche Vorstellungen weckt. Die Plantage und die Südstaaten nehmen höchstens ein Viertel des Buchs in Anspruch, der Rest ist die Story des geisteskranken Mörders Reed, der Charakterstudie Spencers und der Versuch, damit historische Begebenheiten und Settings zu verweben. Was der Roman meiner Meinung nach definitiv nicht ist, ist ein Südstaatenepos. Und das ist es auch, was mich - neben den langatmigen Szenen, blassen Figuren, Gewalt- und Perversions-Zurschaustellung, sprachlichen Entgleisungen, Fehlen eines Handlungsstrangs zum Mitfiebern - beim Lesen regelmäßig auf die Palme gebracht hat.
Ich denke, der Inhalt des Buchs würde zutreffender wiedergegeben, wenn der Klappentext wie folgt lauten würde:
Charles Town, South Carolina, kurz nach dem amerikanischen Unabhängigkeitskrieg. Während das Land sich langsam von den Auszehrungen des Krieges erholt, kommt es zu einer Reihe seltsamer Mordfälle. Die Opfer sind grausam verstümmelt, Hinweise auf den Täter gibt es nicht. Als die junge Witwe Antonia den schwer verletzten Soldaten William Marshall bei sich aufnimmt und gesundpflegt, ahnt sie nicht, dass dieser das einzige überlebende Opfer des offenbar geisteskranken Mörders ist. Erfüllt von Racheplänen macht sich Marshall nach seiner Genesung auf den Weg nach England, wo er dem gewaltbereiten Roscoe begegnet, der in enger Beziehung zu seinem Peiniger steht. Inzwischen macht Antonia eine furchtbare Entdeckung, die sie in tödliche Gefahr bringt, das nächste Opfer zu werden.
Als Titel wäre vielleicht "Die Bestie von Elverking" treffend.
Der Schwerpunkt der Geschichte lag für mich eindeutig bei der Geschichte um den gestörten Algernon und seinen Freund sowie bei William Marshall Spencer. Alles andere, vor allem die so betonte Liebesgeschichte, die zugegebenermaßen anfangs doch Raum einnahm, scheint im im Gegensatz dazu wie Beiwerk. In jedem Fall hätte dem Buch eine Kürzung von ein paar hundert Seiten bestimmt gut getan.
Nachdem ich zuvor schon mehr als genug Faux-pas' und sprachliche Merkwürdigkeiten breitgetreten habe, will ich das an dieser Stelle nicht noch einmal tun. Ehrlich gesagt fällt es mir auch schwer, nach einer solchen Odysee dem Ganzen noch etwas Humorvolles abzuringen. Dass die vorhergehenden Postings einen sehr ironisch-spöttschen Beiklang haben, liegt daran, dass so viele Aspekte der Story derart hanebüchen waren, dass ich sie weder nachvollziehen noch ernst nehmen konnte. Es ist sehr viel erfreulicher, wenn ein Buch gut unterhält und man eine Menge Positives dazu sagen kann.
"Die Plantage" war für mich leider ein wahnsinnig zäh zu lesender Roman, der mich außerordentlich enttäuscht hat, da die Handlungsbeschreibung sehr vielversprechend klang. Die Geschichte ist aber weder Fisch noch Fleisch, will zuviel von allem sein: Schmachtfetzen, historisches Epos, Charakterstudie, Sittengemälde, Reißer, Psychothriller. Im Grunde blieb es für mich trotz aller ausführlichen Recherche und historischen Versatzstücken eine relativ moderne Geschichte in historischer Verkleidung.
Allein aus dem Ausgangskonflikt der Hauptfiguren hätte man eine Menge machen und problemlos 500 Seiten füllen können. Stattdessen verliert sich die Geschichte in zahlreichen Nebenkriegsschauplätzen und schwenkt schließlich nahezu in ein anderes Genre um.
Das Tragische an der ganzen Sache ist, dass die Autorin wirklich zu schreiben versteht und über einen riesigen Sprachschatz verfügt, dies aber nicht mit der Geschichte in Einklang bringen kann. Ich könnte mir gut vorstellen, dass die Verfasserin interessante Wirtschaftsthriller oder Krimis schreiben könnte, die in der Gegenwart spielen.
Als Fazit zu diesem Buch bleibt mir lediglich zu sagen: "Die Plantage" ist so wenig Südstaaten-Roman wie "Anna Karenina" ein Abenteuer-Roman.
Wer großes Südstaaten-Kino in Buchform lesen möchte, sollte zu
"Vom Winde verweht"
"Tiefer Süden"
"Fackeln im Sturm"
"Charleston"
oder ähnlichem greifen. Es gibt viele Romane, die Land, Leben und Leute im alten Süden einfach wunderbar wiederauferstehen lassen.