Klappentext und Beschreibung versprachen ein historisches Epos mit großen Gefühlen und einem interessantem zentralen Konflikt in einem ebenfalls interessanten Setting. Das Cover ist ansprechend und unterstützt diesen Eindruck. Der Inhalt des Buches wird diesen Versprechungen jedoch leider nicht gerecht.
So betrifft der im Klappentext umrissene und vielversprechende Klappentext nur etwa die ersten 200 Seiten und wird innerhalb kürzester Zeit unproblematisch gelöst. Klappe zu, Affe tot, Braten im Ofen, "Held" nach Europa, und ab da nimmt die Geschichte ihren ungebremsten Lauf Richtung Krimi mit Splatter-Elementen.
Dies ist meines Erachtens das Hauptproblem des Buchs: Die Erwartung des Lesers wird nicht erfüllt; stattdessen driftet die Geschichte in Richtung Psychothriller und spart nicht mit ausführlichen Beschreibungen grausamer Misshandlungen und menschlicher Perversionen. Plantage und Südstaaten sind nur rund ein Drittel des Buchs lang Schauplatz der Handlung. Der überwiegende Teil beschäftigt sich mit William Spencers Aufenthalt in London, einer Schiffsüberfahrt, der Suche nach einem schizophrenen Serienmörder und den Aktivitäten diverser Nebenfiguren. Mit der Romantik ist es nicht weit her, statt dessen bemüht sich die Autorin, Psychogramme von Menschen mit erheblichen seelischen Traumata zu erstellen und Anspruch durch die Aufbereitung historischer Begebenheiten in langatmigen, informationsüberfrachteten Dialogen zu generieren. Dies ist das zweite Defizits des Buchs. Die Geschichte folgt einfach keinem klaren Handlungsstrang, sondern schweift immer wieder zu "Nebenkriegsschauplätzen" ab, die die eigentliche Handlung unnötig ausbremsen. Kontinuierlich entstehen dadurch Längen, die das Lesen zusätzlich erschweren. Eine rigorose Kürzung inklusive Streichung einiger Handlungsstränge hätte dem Buch mehr als gut getan.
Als drittes Manko wären die farblosen Figuren zu nennen. Insbesondere die Hauptfiguren vermögen keinerlei Sympathie zu wecken, ihre Handlungsweisen sind nicht nachvollziehbar, vor allem die Heldin Antonia ist blass, naiv und furchtbar passiv, obwohl fortwährend das Gegenteil behauptet wird. Der "Held" Spencer dagegen fast schon bis zur Karikatur patriarchalisch, rechthaberisch und rücksichtslos. Diese Figur schien mir besonders auf den ersten Seiten wie ein Abziehbild des britischen Colonel William Tavington aus dem Film "Der Patriot" (2000). Die Ähnlichkeiten sind frappierend, fast so, als ob diese Figur die Inspiration und das Buch eine weitschweifige Fan Fiction ist.
Als Viertes habe ich die Sprache zu bemängeln, die an vielen Stellen gewollt geschwollen ist, an anderen Stellen aber sehr zeitgenössisch und dadurch unfreiwillig komisch wirkt, etwa wenn die Figuren einen Nachtclub gehen, Obduktionsberichte auftauchen und von Teamleitern die Rede ist. Dies sowie zahlreiche Anachronismen und nicht zeitgemäße Verhaltensweisen der Figuren nehmen der Story jegliche Überzeugungskraft. Im Grunde könnte die Geschichte überall vor jeder beliebigen kriegerischen Auseinandersetzung spielen: dem Krimkrieg, dem Boxeraufstand, der russischen Revolution, dem Vietnamkrieg - you name it.
Auch Lebensgefühl, Zeit, Land oder Leute wurden in diesem Buch für mich nicht lebendig oder greifbar. Das Buch ist wie ein großer Eintopf, in den alles mögliche geworfen wurde, von Indianerlegende über Kindesmisshandlung, Homosexualität, Agrarwissenschaft bis hin zu Voodoo-Mystik. Eine große Romanze oder aber persönliche Entwicklung von Figuren sucht man hingegen vergeblich.
Sinn und Zweck der Erzählung sind mir bis zum Schluss nicht klar geworden. Denn die Geschichte dümpelt wirklich von Etappe zu Etappe, ohne zu fesseln oder in irgendeiner Weise zu unterhalten. Das Ende soll wohl tiefgründig sein, erschien mir jedoch irgendwie völlig belanglos.
Den erläuternden Anhang halte ich für überflüssig. Gute Belletristik überzeugt durch eine schlüssige Geschichte und benötigt keine Alibi-Fußnoten.
Um es kurz zu machen: Das Buch war für mich eine einzige Enttäuschung und ein Ärgernis. Trotzdem möchte ich der Autorin zugute halten, dass sie sprachliches Talent besitzt und sich sicherlich nach Kräften bemüht hat, ein brauchbare Geschichte abzuliefern. Ich denke aber, dass sie sich möglicherweise in einem anderen Genre, z.B. im Bereich Thriller oder Wirtschaftkrimi, besser zurechtfinden würde.
Wer einen Südstaatenroman voll Farbenpracht, Historie, Liebe und Leben sucht, wird mit der "Plantage" jedenfalls sicherlich nicht glücklich. Mit Werken von Mitchell oder Bristow hat dieses Buch nämlich allenfalls gemeinsam, dass es die Buchstaben des Alphabets verwendet.
Definitiv kein Lesetip.