ZitatOriginal von Whisky
Wäre es nicht besser, Grausamkeiten so zu beschreiben wie sie tatsächlich stattgefunden haben? Ohne dabei blutrünstig zu werden.
Kommt die Frage für ein erstes Buchdrittel nicht zu früh?
ZitatOriginal von Whisky
Wäre es nicht besser, Grausamkeiten so zu beschreiben wie sie tatsächlich stattgefunden haben? Ohne dabei blutrünstig zu werden.
Kommt die Frage für ein erstes Buchdrittel nicht zu früh?
ZitatOriginal von Booklooker
Und dann hört sie die beiden nachts noch. Wie gut, dass sie sich keine Kammer mit denen teilen muss.
Ach ja, der Sex. Dünne Wände, man hört alles. Oder die liegen gleich alle im selben Raum, und Schwiegervattern hat Ohren wie Rhabarberblätter. Heute kann man über Sex alles lesen (aktuell in der Bild treiben sie es mit den Wichsanleitungen für die Frau wohl besonders widerlich), mit dem Reden Aug in Auge wirds schon schwieriger, und dass jemand geräuschmäßig etwas davon mitbekommen könnte, womöglich die eigenen Eltern, ist ein absolutes Unding. Da frage ich mich dann: Ist nicht die heutige Zeit die viel verklemmtere?
ZitatOriginal von Katerina
Es gibt detaillierte Aufzeichnungen darüber, wieviel an Wein da konsumiert wurde, und die lassen eigentlich keinen anderen Schluss zu.
Sowas gibts auch zu Essgelagen, da ist von Mengen die Rede, die man sich nicht vorstellen kann. Die müssen eigentlich ein paar Mal währenddessen gekotzt haben. Belinda Rodik beschreibt das in "Trimalchios Fest" sehr ... schön.
ZitatOriginal von Katerina
Ganz normaler alltäglicher Aberglaube.
Ja nu, dass man sich was um den Hals hängt und man ist unverwundbar, das klingt wirklich nicht normal, findet Lene ja auch. Ich mein, jeder hat son Zeug umhängen, aber jeder müsste auch von den Gefallenen wissen, wenn auch in dem Ausmaß vielleicht erst später ... da muss doch irgendwo im Hirnkasterl was aussetzen.
ZitatIch hätte da noch viel mehr Beispiele auf Lager gehabt, aber ich wollt's nicht übertreiben.
Och, hier kannst du dich ja austoben
Ich musste bei Julios Beschreibung spontan an so einen denken. Auch wenn die Farben gar nicht stimmen.
In diesem Abschnitt wird so richtig deutlich, warum der Contz Katerinchens Lieblingsfigur ist. Wenn er seinen Schmatz- und Potz-Tick nicht hätte (Pieu, was ist das?), könnt man den beiden doch glatt ein Happy End zutrauen. Sie glaubts am Ende ja auch. Und das ist dann auch so ne Stelle, wo man vor der Lebensechtheit der Figuren nur den Hut ziehen kann. Bei ihrem Gebet zur Frau Holle hatt ich ja schon wieder nen Kloß im Hals. Ach, Lenchen ...
Den Jobst mag ich auch. So eine treue Seele. Sogar der Vermieter ist "kein Unmensch", wenn er sogar auf eine Monatsmiete verzichten will, in solchen Zeiten.
Die Klassiker des Dreißigjährigen Krieges sind in dem Büchlein ja alle versammelt, hab ich den Eindruck. Schwedentrunk, "fest sein", Spießrutenlauf, Magdeburg ... *g*
Aber dass die Kerle damals so dumm waren, man möchts ja kaum glauben. Wahrscheinlich mussten sie sich den Quatsch mit den Nieren einreden, um nicht komplett durchzudrehen.
Lene kennt das Wort Zobelchen nicht? Hatte das noch eine andere Bedeutung?
Ein paar Stellen sind richtig zum Lachen. Etwa Jobst mit seinem Heiratsantrag: "Gewitter nochmal, ist das schwer." Oder die Oma, die haut ja auch immer schöne Dinger raus - der Wein zieht einem das Hemd in den Hintern.
Den Thiel Bröll hats doch bestimmt gegeben, oder?
ZitatOriginal von Katerina
Zum einen liegt das an dem indischen Spielfilm, den ich mal vor Jahrzehnten gesehen habe. (Ich bilde mir ein, ich hätte bei der Kosakenbraut schon mal davon erzählt.) Da trat eine Bäuerin auf und hustete. Oh, dachte ich, die macht es nicht mehr lang. Die hustete aber einfach nur, und in der nächsten Szene war sie wieder gesund. Ich weiß, dass mich das damals ungeheuer beeindruckt hat. Ich, noch Ewigkeiten von irgendwelchen Schreibambitionen entfernt, dachte damals: oh, das darf man? Etwas erzählen, das wie im richtigen Leben einfach so ist und nicht gleich zu irgendwas führen muss?
Ich weiß nicht, ob du das beim Bräutlein schon mal erzählt hast. Aber du hasts anlässlich von Martins Blasenentzündung mal erzählt. Ich überlege noch, ob "sexuell neugieriger Schwiegervater" wirklich noch in diese harmlose Kategorie gehört. Oder doch schon an der "Gewehr an der Wand wurde nie abgefeuert" kratzt. Die Überraschung ist auf jeden Fall auf deiner Seite.
ZitatOriginal von Katerina
Ja, ab und zu geht es mit mir durch, da mein ich unbedingt, irgendwas muss die Welt wissen. Schlechte Angewohnheit, das. Ich arbeite dran.
Das Dran arbeiten meint hoffentlich, noch mehr solche Stellen zu zaubern. (Na, wir wollen nicht übertreiben, auch der schönen Sätze kann es zu viel werden.)
ZitatOriginal von Bouquineur
Auch hier wieder im Trend. Nennt sich pucken.
Da hätt mich nun auch interessiert, wie sowas wieder aufkommt. Aber lt. Tante Wiki hat der Pucksack mit dem Pucken wenig zu tun.
ZitatOriginal von Katerina
Ja, das wäre so der Klassiker gewesen. Und genau das wollte ich nicht. Vielleicht noch den bigotten Schwiegervater, der sie sexuell belästigt. Nee, genau weil man damit rechnet, verschwindet der so schnell.
Warum hast du ihn so eingeführt? Doch nicht nur, damit du hinterher dem Leser eine Nase drehen kannst
ZitatOriginal von Katerina
Hej, gerade fällt mir ein: es gibt zumindest in manchen Geschäften den "Hochzeitstisch", wo man Dinge kaufen kann, die das Brautpaar sich gewünscht hat. So weit weg ist das alles nicht ...
Die sind aber auch ziemlich zum Fremdschämen.
Der Abschnitt hat ja jede Menge Bräuche und Aberglauben, wo man sich an den Kopp greift und denkt, hä? Beim Hexenglauben und rund um das, was Els passiert, ist das kaum nachvollziehbar. Allein dass der Haushalt für "Unterbringung" und weiß der Geier was noch aufkommen musste. Richtig kurios wirds dann bei der Geburt. Sind die alle ohne Zungenband herumgelaufen?
Das mit dem Weiberspeck ist ja noch nachvollziehbar. Warum ein Schuster einen Vogel braucht, hab ich wieder vergessen Und wieso darf kein Stuhl mit Lene (ups, Lehne) in der Werkstatt stehen? Damit die Buckel schön krumm über der Arbeit bleiben?
Eigentlich mag ich den Contz in diesem Abschnitt sogar ein bisschen. Immerhin kann er sogar lachen. Er steckt halt drin in dem, was er gelernt hat, und kann nicht aus seiner Haut. Aber manchmal versucht ers ja. Und dass er abhaut und was Eigenes macht, kann ich richtig gut verstehen. Er weiß halt nicht, wie man sinnvoller aufbegehrt.
Ich liebe die Stelle, wo der Vater sagt, die einzige Hexe, von der er weiß, liegt neben ihm im Bett. So eine eklige Gewitterziege.
Und bei der Eröffnung, dass Lene keine Kinder mehr kriegen kann (voller blödsinniger Aberglauben, aber DAS weiß die Hebamme?), dachte ich, na, wassn Glück, wer will sowas womöglich nochmal durchmachen. Aber sie hat ja praktisch ihre Daseinsberechtigung als Ehefrau verloren. Neenee, fiese Zeiten.
S. 171, die Dinge, die nicht ausgesprochen werden dürfen - das ist wieder so ne beneidenswert geniale Timm'sche Stelle.
ZitatOriginal von Booklooker
Er hat schliesslich ungewollt die falsche Frau geküsst. Ich glaub nicht, dass er das nie bemerkt hat. Es küsst doch nicht jeder gleich.... Oder kann man das bei Zwillingen nicht so sagen?
Das war ja nur auf dem Fest. Würd ich einfach unter "angeschickert" verbuchen. Und unter "Dramaturgie".
Huch. Das hab ich tatsächlich überlesen. Ich gehe in mich.
ZitatOriginal von Katerina
Is bassiert. War doch kaum was drin ...
Danke. Hätt ich gewusst, dass du booklookers Passwort hast, hätt ich dich gleich gefragt
ZitatOriginal von Tereza
Und das liebe Lenchen könnte ich momentan packen und schütteln. Wie kann sie nur so doof sein, einen Mann zu heiraten, der ihr nicht nur gleichgültig sondern geradewegs unsympathisch ist. Ihr Vater gibt ihr ja immerhin die Möglichkeit, nein zu sagen. Aber wer jung und unglücklich ist, macht sich eben leichtfertig das Leben kaputt.
Sie hat sich wohl ganz nüchtern gesagt, was ich hab, hab ich (ein Heim in der Nähe von Clara), und was sonst noch kommt, kann auch nicht schlimmer sein, die große Liebe ist ja eh weg. Damals hatte man doch eh keine richtige Wahl.
Katerina, was war denn nun am Schuhmacherhandwerk so nicht-ganz-ehrenhaft? Verrätst dus noch? *g*
ZitatOriginal von Booklooker
Ich mag ihn nicht... Der scheint der Herzensbrecher in der Gegend zu sein... Sowas mag ich ja schon mal gar nicht
Ich glaub, der kapiert sowas überhaupt nicht. Will wissen, wie die Welt so geht, aber keine Antenne dafür, was sich direkt neben ihm bei den Weibsleuten so abspielt.
Wenn Gnädigste ihren Posteingang a wengle leeren würde ...
ZitatOriginal von Katerina
Etwas sagt mir, dass Gnädigste gewaltige Probleme damit haben werden, dieses Gedicht zu übersetzen.
Äh ...
Zitat
Das ist wirklich was uralt Heidnisches. Frau Holle (die Holde) war die Gattin Wotans und mutierte erst später zur Märchenfigur.
Was meint später? Nach der Romanhandlung?
Wotans Gattin hat sich dann aber lange gehalten.
Awwer vergess mer jetzt net die Sach mit dene Schuh, gell.
ZitatOriginal von Charlie
Ich fuerchte jetzt schon, dass ich - auch beim dritten Lesen - nicht viel mehr zur Leserunde werde beitragen koennen als: Find ich toll, find ich toll, find ich toll.
Das geht mir allerdings auch so.
Zitat
Ausserdem haette ich dabei hoellische Angst: Geraet mit der eine Traeger nervig, so nervt die Leser das ganze Buch
Na toll, jetzt macht sie mir Angst. Ich hab beim nächsten doch auch nur eine.
ZitatDiese Geschichte geht gar nicht anders. Die muss Lene erzaehlen und niemand als Lene.
Ich gebe zu, dass ich bei der winzigen Stelle, wo die Lene-Perspektive verlassen wurde, richtig traurig war. Ich mag auch nur bei Lene bleiben. Katerina, ich meinte die Szene S. 62/63. Aber jetzt, beim nochmaligen Angucken, ist das gar nicht so klar, weil von "der Mutter" die Rede ist, könnte also durchaus aus Lenes Sicht geschildert sein. Nur tritt sie da halt nicht auf.
ZitatOriginal von Booklooker
Aber diesen Velten kann ich gar nicht ab.... Das war mein erster Eindruck....
Nicht? Wieso? Der ist doch puschelig.
Contz so einen kleinen, unauffälligen Tick an die Hand zu geben, um ihn abstoßend zu finden, ist ja wahnsinnig geschickt. Allerdings find ich Geschmatze auch widerlich. Würd er dauernd die Nase hochziehen, könnt ich womöglich das Buch nicht lesen.
ZitatOriginal von Katerina
Ja. Mehr dazu werde ich einem späteren Thread schreiben.
War die winzige Szene aus Muddis (oder auktorialer) Sicht vorher schon drin?
O Gott, hoffentlich werde ich jetzt nicht dauernd fragen, war das schon, war das nicht.
Z.B. dass Velten "net" statt "naut" sagt (naut?, das soll wirklich NICHT heißen? Schwer vorstellbar *g*). Was er in seinen Dialogen ja dann nie benutzt. Ist die Sprache sozusagen eine übersetzte Version? Und nur die abgeknapsten Vokale am Wortende sollen signalieren, dass hier allerübelster Dialekt gesprochen wird?
Ich hab den ersten Abschnitt wieder ratzfatz inhaliert. So viel passiert ja erst mal gar nicht, aber die Atmosphäre, die unterschwelligen Bedrohungen (allein die Geldbuße fürs Gottesdienstschwänzen) und das Herzeleid entwickeln einen irren Sog. Und Frau Timm erweist sich wieder als Meisterin ihres anderen Fachs, so lebensechte Figuren muss man erst mal hinkriegen. S. 45 sticht einem ja sowas von ins Herz, o Mann.
Wo kommt der Glaube an eine Frau Holle her?
Irgendwo steht, Contz hätte einen (sinngemäß) grade noch so ehrbaren Beruf. Was war denn am Schuhmacherhandwerk so zweifelhaft?
Schreckliche Zeit jedenfalls. Wirkt ja soweit alles ganz beschaulich, der Krieg ist noch nicht so arg präsent, von Läusen ist auch nicht die Rede, aber diese ständige Bedrohung, dass man mit einem Bein in der Scheiße steht, nur weil man vielleicht mal ein falsches Wort gesagt hat - und das jetzt nicht mal auf die Hexenverfolgung bezogen.
Der Schluss des Abschnitts ist dann gleich mal ein Tränenzieher. Hach ja.
ZitatOriginal von Luftikus
Büdingen kenne ich, das ist doch so hübsch
Sie kennt Büdingen. Klar. Wie solls auch anders sein. Wahrscheinlich kennen alle hier Alesia