Nach dem sehr spannenden und interessanten Mittelteil, in dem Claudias Entwicklung, das Attentat an Lestat und die Reise nach Transsylvanien thematisiert werden, war ich vom dritten Leseabschnitt doch ein wenig enttäuscht.
Louis' Hoffnung, in Paris endlich mehr über den tieferen Sinn des Vampirdaseins zu erfahren, war eine Hoffnung, die ich beim Lesen geteilt habe. Die Erkenntnis, dass es eben einen solchen tieferen Sinn offenbar nicht gibt, dass Vampire also weder Abgesandte des Teufels noch Kinder Gottes sind, dass sie also offenbar missionslose Wesen sind, für die Werte keine Bedeutung haben, hat Louis und mich hart getroffen.
Louis menschliche Züge machten ihn zwar in gewisser Weise attraktiv - z.B. für Armand - er musste jedoch in der gesamten Geschichte immer wieder spüren, dass diese menschlichen Züge (Liebe, Mitleid, Sorge, Hoffnung...) nicht mehr als ein Klotz am Bein und ein bohrender Schmerz über Jahre waren. Genau diese interessanten Züge werden letztendlich von Armand zerstört, indem er Louis alles nimmt, was eine Bedeutung für ihn hatte.
Meine Ausführung zum Ende des Buchs spoilere ich mal lieber, falls hier jemand liest, der noch nicht am Ende ist.
Der dritte Leseabschnitt hatte aus meiner Sicht einige Längen und - wie schon geschrieben - empfand ich, genau wie Louis, auch eine gewisse Enttäuschung darüber, dass das Vampirdasein offensichtlich keinen tieferen "Sinn" bzw. keinen übernatürlichen "Auftrag" hat. Fazit: Ein Vampir tötet jede Nacht einen Menschen um zu überleben. Damit muss ich mich jetzt als Leser zufrieden geben... oder auch nicht.
Ich bin bisher kein ausgesprochener Kenner des Vampirgenres gewesen, daher sollte ich mir nicht vorschnell ein Urteil erlauben. Ich gebe dem Genre gerne noch eine Chance mit "Fürst der Finsternis" von Anne Rice, zu dem es ja bald eine Leserunde geben soll, aber der letzte Leseabschnitt hat mich in meiner Euphorie doch erst mal gebremst.
Viele Grüße
Xyrion