Meine Meinung:
Dürfte ich nur drei Worte zu Deana Zinßmeisters neuem Roman „Die Gabe der Jungfrau“ sagen, so wären es diese: spannend, erfrischend anders. Mir hat das Lesen großen Spaß bereitet und ich habe mich sehr gut unterhalten gefühlt.
Geschickt verknüpft die Autorin die gefahrvolle Reise der jungen Anna Maria, die auszieht, ihre beiden Brüder zu finden und heil nach Hause zu bringen, mit der Vergangenheit ihres Vaters, Daniel Hofmeister, der ein Doppelleben führt und schon einmal für die Sache der Bauern gekämpft hat. Durch diese Erzählweise erfährt der Leser auf sehr spannende Weise, wie es zu dem aktuellen Bauernkrieg in der Gegenwartshandlung des Romans (1525) gekommen ist, was es mit der Bundschuhbewegung auf sich hat, usw.
Es ist September, noch ist kein Schnee gefallen, aber Anna Maria weiß: die Frist, die ihr bleibt, die Brüder zu finden und zu warnen, ist sehr kurz, denn in ihrem Traum war das Schlachtfeld von Schnee bedeckt. Sie setzt sich gegen ihren Vater durch und zieht als Pilgerin getarnt los. Doch der alte Hofmeister hat seiner Tochter eine geheime Losung anvertraut und ihren Pilgerstab markiert. Die gefahrvolle Reise der jungen Frau beginnt - und mit dem zweiten Kapitel wird nun auch die besondere Dramaturgie deutlich, die die Autorin für ihre Geschichte gewählt hat. Souverän bereitet die Autorin die Wechsel in die verschiedenen Handlungsstränge durch Rückblenden vor. Oft nutzt sie dafür Momente, in denen sich ihre Figuren ausruhen und gleichzeitig durch einen Gegenstand oder eine Beobachtung assoziativ an ihre Vergangenheit erinnert werden. So fächern sich für den Leser mehrere Handlungsstränge auf, die aber so klar miteinander verbunden sind, dass ich zu keiner Zeit verwirrt war oder zurück blättern musste. Im Gegenteil. Durch diese besondere Dramaturgie erhöht sich die Spannung enorm, gleichzeitig erhält der Leser manchmal einen Wissensvorsprung vor einer Figur und kann im Gegensatz zu dieser bestimmte Schlüsse ziehen oder Befürchtungen hegen.
Was mir sehr an dieser besonderen Dramaturgie gefiel: Gleich im ersten Kapitel erfährt der Leser, dass Anna Marias Mutter Elisabeth vor ein paar Jahren verstorben ist. In der ersten Rückblende lernt man Elisabeth aber kennen, begleitet sie bei ihrem Handeln. Sie bleibt keine Tote, an die sich ihre Kinder erinnern, von der sie sprechen, sondern wird lebendig. Das gilt auch für die anderen "Toten" in diesem Roman. Sie werden genauso lebendig erzählt wie die anderen Figuren.
Mit „Die Gabe der Jungfrau“ beweist Deana Zinßmeister für mich eindrucksvoll, dass sie zu den spannendsten Autorinnen des historischen Romans gehört. Ihren nächsten Roman werde ich auf jeden Fall auch wieder lesen!
Liebe Grüße
Lille
Edit: Rechtschreibfehler verbessert.