Ich weiß nicht, warum ich so lange gewartet habe, das Buch zu lesen. Vielleicht, weil einfach schon zu viel darüber gesprochen wurde, weil es jeder kannte und jeder eine Meinung dazu hatte.
Jetzt habe ich es selbst gelesen und wenn man es genau betrachtet, macht es nichts, dass ich es erst jetzt gelesen habe. Jetzt war nämlich genau der richtige Zeitpunkt dafür. Sagen wir so: es hat mich jetzt am richtigen Nerv getroffen.
Ich wundervolles Buch, meiner Meinung nach. Ein Buch voller für mich bislang unausgesprochener Wahrheiten.
Ich hab mir hier die Kritiken durchgelesen und bei den negativen fällt auf, dass das Buch vor allem aufgrund seiner Wiederholungen und seiner "spärlichen" Handlung nicht gefiel. Aber genau das hat mir ausgesprochen gut gefallen.
Denn die Wiederholung ist ja auch ein wesentliches Motiv in diesem Buch, und ohne solche, wäre es meines Erachtens in sich nicht abgeschlossen, dazu fällt mir ein Satz aus diesem Buch ein, über den ich sehr lange nachdenken musste: "Die menschliche Zeit dreht sich nicht im Kreis, sie verläuft auf einer Geraden. Das ist der Grund, warum der Mensch nicht glücklich sein kann, denn Glück ist der Wunsch nach Wiederholung.“ Das ist ein Exemplar dieser für mich bislang unausgesprochenen Wahrheiten.
Nein, ich finde es genau richtig, dass die selbe Handlung mehrfach aus unterschiedlicher Perspektive geschildert wird und dass die Zeit in diesem Buch keiner Geraden gleicht, sondern ein Kreis ist, dass Erzählstränge nicht einfach linear abgehandelt und abgestempelt werden, sondern dass sie immer wieder aufgegriffen wird. Das macht dieses Buch für mich zu etwas ganz Besonderem.
Was die Handlung anbelangt, die ja durch diese "Wiederholungen" auch "spärlicher" ist als in den meisten Büchern, so kann ich nur sagen, dass sie für mich genau den richtigen Ausmaß hat. Hier könnte man auch die Analogie zu Körper und Seele sprechen lassen: Die Handlung ansich ist nur der Körper, die Gedanken, die Gefühle, das Philosophische, was diesem Buch dieses "Poesiehafte" verleiht, das ist die Seele, und in diesem Fall sind Körper und Seele meines Erachtens in perfektem Einklang.
Ich finde es wunderbar, wie auf die verschiedenen Perspektiven der Figuren eingegangen wird. Am besten gefallen mir die Kapitel zu Teresa und Karenin, aber gefallen tun sie mir alle. Ich mag es auch, wie Teresas Träume in die Wirklichkeit eingewebt sind, dass selten explizit darauf hingewiesen wird, wann es sich um einen Traum handelt.
Auch mit den philosophischen Gedankengängen konnte ich mich sehr identifizieren, noch viel mehr aber mit der psychologischen Tiefgründigkeit innerhalb dieser Gedanken: nicht nur der des Erzählers, sondern auch jenen, die er seinen Figuren unterstellt oder indirekt ausdrückt.
Gerade wie Tomas seine Lust nach fremden Frauen beschreibt: als den Wunsch, die individuellen Unterschiede dieser Frauen aufzudecken und somit mit jedem Male ein bisschen mehr von der Welt kennenzulernen, diesen geringen Anteil an Unverstellbarem erforschen. Und wie es auf der anderen Seite wieder Männer gibt, die auch nach vielen Frauen streben, aber immer nur nach den ähnlichen, da sie in ihnen sich selbst suchen und immer nur enttäuscht werden.
Weitere Gedanken, die mich sehr lange beschäftigt haben, waren folgende: „Die Sehnsucht nach dem Paradies ist das Verlangen des Menschen, nicht Mensch zu sein.“ und "Die wahre menschliche Güte kann sich in ihrer absoluten Reinheit und Freiheit nur denen gegenüber äußern, die keine Kraft darstellen. Die wahre moralische Prüfung der Menschheit, die elementarste Prüfung (die so tief im Inneren verankert ist, daß sie sich unserem Blick entzieht) äußert sich in der Beziehung der Menschen zu denen, die ihnen ausgeliefert sind: zu den Tieren. Und gerade hier ist es zum grundlegenden Versagen des Menschen gekommen, zu einem so grundlegenden Versagen, daß sich alle anderen aus ihm ableiten lassen.“ Aber ich will jetzt darauf gar nicht näher eingehen, denn ich fürchte, das würde hier den Rahmen sprengen.
"Die unerträgliche Leichtigkeit des Seins" ist für mich ein wundervolles Buch, eines, das sehr zum Nachdenken anregt und gleichzeitig so spannend und unterhaltsam ist, dass man es kaum aus der Hand legen mag, wo man doch eigentlich sollte, um sich ein wenig Gedanken zu machen über das, was man da gerade liest. Es ist auf jeden Falle in Buch, das ich noch mal lesen werde, das ich nochmal lesen muss, um es in seiner Gesamtheit zu verstehen.