Beiträge von Bell

    Mir hat "Allmen und die Libellen" sehr gut gefallen. Martin Suter benötigt nur 190 Seiten, um einen unterhaltsamen Roman zu schreiben, von dem einiges sicher lange haften bleiben wird (die Lektüre ist bei mir jetzt ca. 1 Woche her, es gibt Bücher, über die kann ich bereits zwei Tage später nichts mehr sagen, hier habe ich noch einige Bilder sehr präsent vor Augen, wenn ich daran denke). Sein Stil ist so komprimiert, es ist wirklich erstaunlich, was auf diesen wenigen Seiten so alles passiert und was für eine Welt sich beim Leser aufbaut.


    Was mir nicht so gefiel, war die Einsamkeit, die ich beim Lesen immer wieder gespürt habe. Es fehlte mir das warme, menschliche, was zwar manchmal zwischen Allmen und Carlos aufblitzt, aber ansonsten doch sehr rar ist. Stattdessen gibt es viel Kälte zwischen den Figuren. Das ist aber wohl Suters Art, seine Empfindungen und seine Sicht auf die Menschen auszudrücken oder einfach sein stilistischer Anspruch, ich weiß es nicht. Dass ich mich dabei leicht unbehaglich fühle, mindert jedenfalls nicht die schriftstellerische Qualität.


    Am Ende war mir der Fall zu verwickelt, ich habe den Verstrickungen nicht mehr ganz folgen können, das fand ich ein bisschen frustrierend.


    "Allmen und der rosa Diamant", welches wohl im Januar als Taschenbuch erscheinen soll, steht schon auf meiner Wunschliste, außerdem habe ich mir "Der Teufel von Mailand" besorgt, da mich Suters Stil doch wieder sehr gepackt hat. Bisher kannte ich von ihm nur "Die dunkle Seite des Mondes", was ich auch sehr gut fand und "Der Koch", welches mir nur mäßig gefallen hatte.


    8/10

    Schon wieder was neues von Paul Auster! Das beruhigt mich, weil mich von denen, die ich noch nicht gelesen habe, gar nicht mehr so viele ansprechen, aber dieses hier wieder ja. Danke für's vorstellen.

    Auch ich bin von diesem Buch begeistert, noch mehr als von "Der Mann unter der Treppe", das bisher einzige andere Buch, das ich von Marie Hermanson gelesen hatte. Während "Der Mann unter der Treppe" hauptsächlich skurril war, ist "Muschelstrand" ein Buch, das mich tief bewegt hat.


    Es hat Erinnerungen an meine eigene einstige Sommerferienfreundin geweckt und auch an meine Faszination gegenüber Familien dieser Art, bei denen man einfach wünscht, man wäre ein Teil davon. Der Leser gewinnt tiefe Einblicke in Ulrikas Gefühle und Gedanken, und ihr Gefühl der eigenen Unzulänglichkeit im Angesicht der schönen und selbstbewussten Freundin konnte ich gut nachvollziehen.


    Dann ist da Kristina, die von den Menschen abgewandt lebt, ein eigenständiges Leben in und mit der Natur führt - die Passagen, die von ihr erzählen, wirken beklemmend, verströmen Einsamkeit, aber gleichzeitig muss man anerkennen: sie ist glücklich mit diesem Leben. Und - ihre Andersartigkeit ist eine Stärke, kein Makel, das kommt immer wieder durch und hat mich sehr froh gemacht.


    Die beiden Erzählstränge laufen zunächst wie völlig von einander getrennt daher, bis sie allmählich, ganz leise, zusammenfließen und man erst ahnt und dann weiß, wie alles zusammenhängt.


    Mich hat das Buch ungemein gefesselt und berührt, ich möchte sogar meinen, dass dies eines dieser Bücher ist, die mich ein kleines Stück weit verändern.


    10/10

    Ich habe "Die Leichtfertigen" dann doch noch gelesen - und war sehr enttäuscht! Schon, als ich es zuklappte, wusste ich, dass nichts davon hängenbleiben würde, und so ist es auch. Da hat Djian meines Erachtens solange an seinem Stil gefeilt, bis nichts mehr übrig geblieben ist. Eine völlig uninteressante Geschichte, in der nie Atmosphäre aufkommt oder ich mal an den Formulierungen oder Vergleichen hängenblieb, da war einfach nichts.

    "Der Buddha der Vorstadt" hatte mir gefallen, aber dieses Buch habe ich gerade abgebrochen. Ich habe anfangs öfter mal gelacht und auch einiges angestrichen, aber so ganz drin war ich nicht - mir gefallen die überzeichneten skurrilen Figuren nicht, der Erzählstil ist auch nicht so mein Fall. Schon nach gut 70 Seiten langweilt mich das das 500 Seiten-starke Buch!

    Ich bin von diesem Buch auch ziemlich angetan. Es gefällt mir immer, wenn es ein wenig mystisch wird, dass ich bei diesem Buch überhaupt nicht damit gerechnet hatte, machte es noch besser. Da tauchen plötzlich teuflische Gestalten auf, ohne dass die Erzählerin auch nur die mindesten Zweifel an deren Existenz äußert. Diese Stellen waren teilweise geradezu unheimlich.


    Man erfährt etwas über die Geschichte nach dem zweiten Weltkrieg in Polen und der Ukraine und erlebt mit, wie es es den Menschen ging, die ihre Heimat verloren - wie sie Todesangst ausstehen mussten, sich durch einen wilden Fluss kämpfen und all ihr Hab und Gut, dass sie bis dahin noch mitgenommen hatten, am Ufer zurücklassen mussten, wie sie, nachdem sie tagelang herumgekarrt wurden, an einem fremden Ort, in einem fremden Land auf fremden Höfen ausgesetzt wurden - so, hier wohnt ihr jetzt - Höfe, deren Besitzer ebenfalls vertrieben worden waren, die sie jetzt einfach übernehmen sollten.


    Es ist eine Geschichte, die oft traurig macht, aber doch sind da immer wieder diese wunderbar beschriebenen Menschen, die sich nicht unterkriegen lassen, die mich gerührt und zum Lachen gebracht haben und für die ich gehofft habe, und die Ich-Erzählerin in der Gegenwart, mit der es auch immer mal wieder lustig wird. Diese mochte ich überhaupt gern, sie ist sehr natürlich und dadurch liebenswert.


    Ich möchte nicht verschweigen, dass ich die Rückschau-Erzählweise manchmal etwas anstrengend fand, da fehlte mir ein wenig Tempo. Über die Länge eines Romans erfordert diese Erzählweise einiges an Geduld vom Leser.


    Insgesamt jedoch war es für mich ein schönes und besonderes Buch, und es freut mich besonders, dass es von einer so jungen Autorin (Jahrgang 1985) geschrieben wurde, da ich bezüglich des Alters immer leichte Vorbehalte habe - vielleicht habe ich die jetzt weniger.


    Laut Klappentext soll im Herbst ihr neuer Roman erscheinen.

    Ich habe bisher erst zwei komplette Erzähl- bzw. Kurzgeschichtenbände gelesen, diese jeweils am Stück. Das hat auch seinen Vorteil, da man dann schon an den Stil gewöhnt ist und sich nicht immer erst neu einlesen muss.


    Andererseits finde ich es aber irritierend, z.B. in der Bahn eine Geschichte zu beenden, die Seite umzuschlagen und sofort die nächste zu lesen. Auch hoffe ich, dass die einzelnen Geschichten durch das getrennte gelesen werden besser im Gedächtnis bleiben.

    Dieses Buch habe ich vor ein paar Jahren gelesen, ich hatte es in einem Antiquariat aus einer Kiste gezogen. Ich hätte es damals vielleicht mit 7 Punkten bewertet, aber heute kann ich mich nicht mehr an viel erinnern. Gefallen hatten mir der exotische Schauplatz und das leicht märchenhafte, vor allem der Erzählton. Obwohl ich regelmäßig Bücher aussortiere, habe ich dieses behalten.

    Das Buch habe ich mir auch kürzlich zugelegt und bisher aber nur die erste Erzählung gelesen. Diese gefiel mir gleich sehr gut, bisher kannte ich nichts von der Autorin.


    Zitat

    Die Farmen sind hier so farblos, dass sie ungeeignet sind, um auch nur Ich-sehe-was-was-du-nicht-siehst zu spielen


    Das ist eine der Passagen, bei denen man merkt, was für ein Talent sie hat, auf besondere und doch einfache und sofort verständliche Weise etwas zu beschreiben. Sie "schwurbelt" überhaupt nicht herum, ihre Sprache und ihre Bilder sind glasklar und treffend, so mein Eindruck.


    Ich bin auf die weiteren Erzählungen gespannt, werde aber wohl immer nur mal hier und da eine lesen.

    Dieses Buch hatte mir auch besonders gut gefallen! Ich habe von ihr noch "Die Bildhauerin" und "Die Schandmaske" gelesen, aber "Im Eishaus" gefiel mir von allen dreien am besten. Das werde ich eventuell irgendwann noch einmal lesen.

    Am Anfang hat mir das Buch noch ganz gut gefallen, aber irgendwann habe ich mich gefragt, was ich da eigentlich lese: dutzende Personen werden vorgestellt, aber alle haben so gut wie kein Profil, keine Tiefe - ich wusste fast nie, wer überhaupt wer ist, in welcher Beziehung die einzelnen zueinander stehen usw.


    Dann besteht das Buch fast ausschließlich aus Dialogen. Es geschieht so gut wie nichts! Es gibt eigentlich keine Handlung um die ewigen Dialoge herum, die sich noch dazu auch noch wiederholen: da stellt der Kommissar einem Typen Fragen, die er ihm nur drei Seiten vorher schon gestellt hat und der Typ antwortet auch noch genauso, ohne eine Bemerkung darüber zu machen, dass er das doch alles gestern schon erzählt hat.


    Auch fahren die Ermittler immer und immer wieder völlig spontan zu den beteiligten Personen: einer sagt irgend etwas, daraufhin denkt der Kommissar, hmmm, da muss ich den Herrn sowieso doch noch einmal dazu befragen. Und schon fährt er zum vierten Mal innerhalb von zwei, drei Tagen hin.


    Ich habe das Buch gestern abgebrochen und könnte mit vorgehaltener Waffe nicht sagen, was da bis jetzt passiert ist. Ich finde es unfassbar, dass so ein Buch so erfolgreich ist, und nicht nur dieses eine, sondern auch noch vier Nachfolgebände.

    Nun nun ist das Buch endlich auch zu mir gekommen und wieder hat Jonathan Coe es geschafft, mich in den Bann seiner Geschichte zu ziehen. Auch mir hat der Aufbau um die Bilder herum gut gefallen. Die Beschreibung einer Szene, die längst vergangen ist und die rückblickende Erzählung der damaligen Geschehnisse sorgen dafür, dass durchgehend ein eher melancholischer Ton vorherrscht. Und trotzdem kommt bei jedem Bild der Moment, wo man nicht mehr nur mit Rosamond das Bild betrachtet und ihr zuhört, sondern wo man richtig eintaucht in eine bestimmte Zeit und Situation, wo die Distanz also aufgehoben wird.


    Die Geschichten der verschiedenen Frauen haben mich berührt und Rosamonds Gefühle und Gedanken konnte ich sehr gut nachvollziehen. Am Ende sagt Rosamond zu Imogen mittels der Tonbandaufnahme etwas, das sie und auch den Leser mit Imogens ganzer tragischer Geschichte versöhnen mag, ich zitiere nur die letzten Sätze davon:


    "Alles, was zu dir geführt hat, war falsch. Daher hättest du nicht geboren werden dürfen. Doch alles an dir ist richtig, du musstest geboren werden. Du warst unvermeidlich."

    Ich habe dem Buch doch noch eine Chance gegeben und offenbar war es beim ersten Versuch einfach nicht das richtige zu der Zeit, denn jetzt hat mir das Buch doch ganz gut gefallen. Vom Erzählstil her finde ich es zwar immer noch nicht besonders gut, aber auch auf keinen Fall so grottenschlecht wie vor knapp drei Monaten.


    Das riesige, verwinkelte Herrenhaus, die adlige Lebensweise, die vielen verschiedenen Charaktere haben mich auch gut unterhalten und ich empfand das Buch als angenehm unaufregend. Es ist eine eher anspruchslose Lektüre, die aber doch einen gewissen Reiz hat. tinkerbell hat das, was das Buch ausmacht, sehr gut dargestellt, wenn ich auch die Begeisterung nicht so ganz teile.

    Im Großen und Ganzen stimme ich mit Bartlebooths Rezension überein, nur mit dem Unterschied, dass mich am Ende die Atmosphäre des Buches doch so sehr gepackt hat, dass ich gleich mehr von John Burnside lesen möchte.


    Anfangs fand ich die Geschichte richtig fesselnd, einfach sehr gut erzählt, auch hatte ich keine Probleme mit den verschiedenen Zeitebenen, aber ab dem Moment, da der Erzähler mit Hazel aufbricht, habe ich mich auch gefragt, was das alles eigentlich soll, wie die verschiedenen Handlungsstränge für den Autor zusammenhängen. Die Dorflegende habe ich auch bis zum Schluss nicht so richtig mit dem Erzählten verbinden können.


    Dennoch hat mich die Stimmung im Buch so gepackt, dass ich denke, dass ich mich noch lange an sie erinnern werde, wenn ich an das Buch zurückdenke. John Burnside beschreibt eine große, erstickende Einsamkeit, die auf den Leser übergeht, aber auch glückselige Momente, in denen das Ich des Erzählers sich fast auflöst, die ebenso stark beschrieben sind.


    Trotzdem ich fast alle Kritikpunkte von Bartlebooth teile, hat mich die Sprache des Autors doch überzeugt, ein weiteres Buch von ihm zu lesen.


    Hierfür vergebe ich 7 Punkte.

    Das Buch hatte ich letztens in der Hand, war aber skeptisch, weil es so viele dieser Familien-Geheimnis-Romane gibt, und bisher hatte ich damit eher Pech. Jetzt werde ich aber doch mal reinlesen, denn grundsätzlich mag ich solche Geschichten auch sehr.

    Ich habe das Buch nun ausgelesen und es hat mir gefallen. Wenn ich daran zurückdenke, wie Lev nach London kam, an seine Busfahrt und die ersten Tage danach, erscheint es mir fast wie ein Wunder, wohin er es am Ende dann geschafft hat. Aber nein, es ist kein Wunder, es ist das Leben. Die Verhältnisse können sich über einen gewissen Zeitraum so stark verändern, dass man sich fragt, ob das wirklich das eigene Leben war, das man noch vor ein, zwei oder fünf Jahren geführt hat.


    Obwohl mir nicht alles an der Geschichte gefallen hat (vor allem gegen Ende rafft die Autorin plötzlich sehr stark - sonst wären es wohl noch 600 Seiten geworden...) und ich auch die Sprache der Autorin (oder die Übersetzung?) hier und da bemängeln muss, war es doch insgesamt eine interessante und bewegende Geschichte eines vielschichtigen Charakters, der einem durchaus auch manchmal richtig unsympathisch werden kann. Heimat und Fremde, Entfremdung von der Heimat, Vergangenheit und Zukunft, die Schwere des Lebens in manchen Lebensabschnitten und die große Gefahr, sich davon niederdrücken zu lassen, diese Themen verarbeitet die Autorin in ihrem Roman mit viel Einfühlungsvermögen und so, dass man sich als Leser auch sehr gut einfühlen kann.