Beiträge von Bücherwürmchen

    Danke für Eure Antworten.


    Aber was tue ich nun???


    Das Leseexemplar scheint in Ordnung zu sein, steht drin, dass es die 1. Auflage ist, also wahrscheinlich nicht unbedingt ein fehlerhaftes Vorabexemplar. Und ich habe keine Lust auf Reklamation, Hin- un Herüberweisen, Zurückschicken - viel zu viel Aufwand.


    Trotzdem ärgert es mich, deshalb drei Möglichkeiten:


    1. Ärger in mich hineinfressen.


    2. Den Verkäufer per Mail auf die Amazon-Geschäftsbedingungen hinweisen (der Verkauf von Leseexemplaren ist verboten) und meine Enttäuschung darüber ausdrücken, dass ich nicht wie erwartet ein normales Verkaufsexemplar, sondern ein Leseexemplar erhalten habe.


    3. Ohne mit dem Verkäufer in Kontakt zu treten eine nicht ganz so positive Wertung bei Amazon abgeben, in etwa so: "Ware war unversehrt, ich erhielt jedoch leider ein vorher nicht ausgelobtes Leseexemplar."


    Was meint Ihr?

    Danke für Eure Antworten.


    Ich denke auch: Eigentlich dürften ja nur Journalisten und Buchhändler Leseexemplare besitzen und was man beruflich erhält, darf man nicht unbedingt privat weiterverkaufen, oder?


    Amazon hat da leider wirklich keine Prüfmöglichkeit, da der Verkäufer aber ein Leseexemplar als "Gebraucht" verkauft, unterstelle ich ihm mal, dass er weiß, dass es nicht ganz korrekt wäre, wenn er es als Leseexemplar ausweisen und verkaufen würde....


    Ich ärgere mich total, dass ich jetzt ein Buch besitze, dass ich zwar gebraucht, aber nicht als "illegales" Leseexemplar haben wollte. Da vergeht mir schon gleich die Lust am Lesen.


    Weiß nicht, ob ich reklamieren soll oder dem Verkäufer eine schlechte Bewertung reindrücken oder gar nichts machen soll?

    Hallo, ich habe über den Amazon-Marketplace ein Buch günstiger als zum Verkaufspreis erworben. Dort stand: "Gebraucht, wie neu".
    Jetzt ist das Buch angekommen. Zwar hat es wirklich kaum Gebrauchsspuren, es handelt sich jedoch um ein Leseexemplar mit einer Sperrfrist von Sommer 2007 und das ist da auch fett reingedruckt.
    Natürlich interessiert das keinen, ob da ein Stempel drin ist, aber hätte der Verkäufer das verkaufen DÜRFEN? Doch bestimmt nicht. Das ärgert mich etwas, denn ich finde, das hätte er dabeischreiben müssen.
    Weiß denn jemand, ob Leseexemplare noch mehr Fehler oder so enthalten als die späteren Originale? Das würde mich nämlich ärgern.
    Bücherwürmchen

    Fantasievolle Einblicke in ein ernstes Thema


    „Nimmersatt und Hungermatt“ ist ein ebenso ungewöhnliches wie hilfreiches Buch zum Thema Magersucht, Bulimie und Esssucht. In 33 unterhaltsamen, erschütternden und kunstvollen Kurzgeschichten nimmt uns die Autorin mit auf eine Reise durch die Welt der Essstörungen und gewährt ungewöhnliche Einblicke.


    Schlaglichtartig erfährt der Leser von immer wieder neuen Szenarien: Von dem täglichen Kampf zwischen besorgter Mutter und pubertätsmagersüchtiger Tochter, von dem Versuch einer Frau, sich eine Schutzschicht gegen die Männerwelt anzufressen, von dem Bestreben einer Studentin, durch Hungern ihren Perfektionismus aufrecht zu erhalten, und davon, wie eine Essgestörte den Aufnahmetag in einer Klinik erlebt. Weitere Geschichten nähern sich auf eher humoristische Weise dem Thema: Der Diät- und Fitnesswahn unserer Gesellschaft wird auf die Welt der Fische übertragen, eine Frau führt ein Gespräch mit einer Tafel Schokolade und in der letzten Geschichte taucht die personifizierte Essstörung plötzlich im Supermarkt auf und springt in den Einkaufswagen der Protagonistin. Daneben sorgen Märchen wie „Schneewittchen und die sieben Diäten“ oder „Ein Pfannkuchen-Märchen“ für ein Verständnis der Problematik im übertragenen Sinne.


    Besonders schön ist der Spannungsbogen im Buch von Geschichten über die Anfänge einer Essstörung über Therapiegeschichten bis hin zu hoffnungsvollen und hilfreichen Geschichten am Ende. Äußerst positiv dabei ist, dass sich die Autorin genaue Angaben zu Gewicht, BMI und Abnehmtricks spart und so die Möglichkeit des Konkurrenzdenkens oder Nachahmens ungesunder Essstörungstricks bei Betroffenen von vorne herein ausschließt. Und obwohl diese Zahlenangaben fehlen, bekommen auch Angehörige einen umfassenden Einblick in die Mechanismen von Essstörungen. Denn durch das Fehlen dieser Angaben wird auch eines wieder deutlich: Es geht nicht ums Gewicht, denn Essstörungen beginnen im Kopf.


    Fazit: Ein ungewöhnliches Buch, das durch seine fantasievollen Geschichten sowohl Betroffenen als auch Angehörigen und Therapeuten ganz neue Denkanstöße geben kann und dabei nicht triggert. Schade ist, dass das Buch nach 33 Geschichten schon zu Ende ist, denn man würde gerne mehr dieser Geschichten lesen. Andererseits bietet jede Geschichte so viele Denkansätze, dass man sich trotzdem lange mit dem Buch beschäftigen kann.


    Marina Jenkner: „Nimmersatt und Hungermatt. Essstörungen bewältigen.“
    Verlag Frauenoffensive, ISBN 978-3-88104-377-9, Preis: 13,90 €

    Der Umgang mit Nadel und Faden


    Robert Bobers erster Roman „Was gibt’s Neues vom Krieg?“



    Eine kleine Pariser Schneiderei im Jahre 1946. Der Krieg ist vorbei, die Erinnerungen bleiben. Die Angestellten des Monsieur Albert, bis auf eine Ausnahme alle jüdischen Glaubens, füllen den Raum mit ihren Geschichten – zwischen Nähmaschinen und Schneiderpuppen. Es sind behutsame Geschichten vom Alltag der Nachkriegszeit, die nur zwischen den Zeilen die furchtbaren Ereignisse erahnen lassen, die ihnen vorausgingen.
    Da ist der Näher Abramowitz, der von den anderen Abramauschwitz genannt wird, weil er das Lager überlebt hat. Des weiteren Monsieur Albert und seine Frau Lea mit ihren Kindern Raphael und Betty, eine Familie, die vollständig geblieben ist, und doch ist die Ehe zwischen den beiden alles andere als glücklich. Beziehungsprobleme – die Normalität kehrt wieder ein.
    Robert Bober erzählt die Geschichten des Alltags; von Humor, den kleinen Problemen und Freuden, die sich nicht haben verdrängen lassen. Und doch bleiben die beinahe unmerklichen Hinterlassenschaften des Grauens, die verraten, daß es keine innerliche Normalität gibt, ja vielleicht nie mehr geben wird.
    Wie in der Geschichte des Mannes, der endlich seine Wohnung zurückbekommen hat, aber nicht im Stande ist, dort einzuziehen. Statt dessen wohnt er in einem Hotelzimmer, von dessen Fenster er auf eben diese Wohnung blickt, aus der seine Frau und seine Kinder verschleppt worden sind.
    Und es gibt die Geschichten der jüdischen Heimkinder, die ihre Eltern verloren haben und von denen wir durch Raphael nach einem Ferienlager erfahren. Da ist zum Beispiel der kleine Junge, dem einzig die Taschenuhr seines umgekommenen Vaters geblieben ist, die er immer wieder aufzieht, als wenn er dadurch die Erinnerung wachhalten, ja vielleicht sogar den Herzschlag seiner Eltern verlängern könnte.
    Oder Raphaels Freund, der keine Marmelade mehr essen kann, weil er nach dem Abtransport seiner Eltern in seinem Kleiderschrankversteck den wertvollen Marmeladenvorrat aufgegessen hat.
    Der Text, der von Tobias Scheffel ins Deutsche übertragen wurde, ist in einer leichten, überaus harmonischen und humorvollen Sprache verfaßt. Bober läßt seine Protagonisten im kapitelweisen Wechsel selber sprechen – sei es durch die Briefe aus dem Ferienlager von Raphael oder durch Erzählungen der Angestellten.
    Im zweiten, sehr viel kürzeren Teil des Buches finden wir Tagebuchauszüge Raphaels aus den Jahren 1981 – 1982. Der erwachsene Raphael ist Photograph und steht am Grabe seines Freundes Nathan. Hier wird ihm klar, wie er für sich den Holocaust rezipieren muß – er will jüdische Gräber photographieren und alte Juden portraitieren.
    Bober, der selber nach dem Krieg in verschiedenen Schneidereien arbeitete, hat sein Handwerk auf sein Schriftwerk übertragen: Die einzelnen Kapitel sind wie zugeschnittene Stoffe, die zusammengenäht werden müssen.
    Doch auch seine Tätigkeit als Assistent des Dokumentarfilmers Truffault ist unverkennbar in die Form des Buches eingeflossen. Die Kapitel mit ihren Perspektivenwechseln und Schnitten erinnern gleichfalls an die einzelnen Szenen und Einstellungen eines Films.
    Nur läuft ein Film automatisch weiter, der Leser muß jedoch selber mit der Lektüre fortfahren.
    Und darin fehlt es dem sogenannten Roman. Die Kapitel sind für sich als kleine Episoden abgeschlossen und lassen den roten Faden vermissen, der ins nächste Kapitel hinüber zieht. Zwar gibt es die Schneiderei und teilweise auch die Personenbesetzung als gemeinsamen Nenner, doch auf eine sich entwickelnde Hauptgeschichte oder auf einen reifenden Protagonisten, auch wenn dies im zweiten Teil in der Person Raphaels leicht angedeutet wird, wartet der Leser vergebens.
    Bober hat kunstvolle Fragmente geschaffen, doch ist davon auszugehen, daß nicht jeder Leser den Umgang mit Nadel und Faden beherrscht.



    • Robert Bober: „Was gibt‘s Neues vom Krieg?“. Roman. Verlag Antje Kunstmann. München 1995. 192 S. ISBN 3888974143