Beiträge von Uta

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    Original von Bodo
    Ich kann die Frage leider nicht beantworten - ich hatte noch nie einen kleinen SUB. :chen


    Ich habe schon immer mehr gekauft als ich lesen konnte, um zuhause eine ähnliche Auswahl zu haben wie die Buchhandlung, ausserdem genieße ich es ungeheuer, in meinem Wohnzimmer zu sitzen und die Bücherregale anzuschauen, ein unglaublich beruhigendes Gefühl!


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    Ich verfolge ein ähnliches Konzept wie Vulkan: Vieles, vor Allem Klassiker, kaufe ich um sie irgendwann einmal zu lesen - wenn ich gerade Zeit und Lust dazu habe. Allein das Gefüphl sie zu besitzen, sie jederzeit lesen zu können wenn ich will beruhigt mich irgendwie - es klingt vielleicht seltsam, aber es ist so! Ich genieße diesen "Luxus" des Besitzens, ohne mich unter Druck zu setzen, die Bücher sofort oder baldmöglichst lesen zu müssen. Ich habe sie und kann sie lesen wenn ich will. Bis dahin sehen sie zumindest gut aus!


    :write :grin


    Mein SUB ist jenseits von Gut und Böse, vor der Rente kriege ich den nicht mehr klein. Natürlich kaufe ich die Bücher um sie zu LESEN, aber genügend Lesezeit kann ich leider nicht mitkaufen. Bücherkaufen dient bei mir auch dem Stress-Abbau und Gute Laune-Aufbau, und wenn ich einen großen SUB habe, so what? Mich stört es nicht, und ich finde meine gefüllten Regale schön. Manche Ausgaben möchte ich zueinander passend haben, manche Bücher lieber kaufen, solange sie noch nicht vergriffen sind ... es gibt viele Gründe (Begründungen / Rechtfertigungen :chen) nicht zu lange zu warten.


    Ich finde es aber immer wieder amüsant, dass SUB HABEN oder NICHT HABEN so ein beliebtes Diskussionsthema ist. :grin

    Bei mir liegt das Buch auch schon seit 2 Wochen auf dem Nachttisch. Wegen der Länge (englisch ca. 600 Seiten) habe ich es noch nicht begonnen, da mir die Zeit und Ruhe dafür fehlte. Aber wahrscheinlich geht es nächstes Wochenende los. :wave


    Ich finde es übrigens interessant, dass es auf Englisch ca. 600 Seiten und auf deutsch ca. 900 Seiten hat. Liegt das nur an der Ausgabe (mehr Wörter pro Seite), oder wurde ins Deutsche so wortreich übersetzt? Dass englische Formulierungen und Redewendungen oft knapper sind, stimmt sicher, aber sonst ist mir das noch nie so extrem aufgefallen.

    Man/frau köönnnte natürlich auch direkt die Originalversion kaufen (und bräuchte noch nicht mal bis März zu warten), wäre sicherlich keine schlechte Idee bei Herrn Chandler und die Vintage Ausgaben sehen auch gut aus.


    In meiner Krimi-Lese-Karriere ging es nahtlos über von den fünf Freunden und den drei Fragezeichen über das Gesamtwerk von Agatha Christie und Dorothy L. Sayers zu Patricia Highsmith, Raymond Chandler und Dashiell Hammett. Bei meiner Vorliebe für psychologisch düstere, NOIRishe und Hard-boiled Geschichten ist es bis heute geblieben. Herr Marlowe und Herr Ripley tragen sicher einen Teil Schuld daran. :grin


    Ich habe noch die alten schwarz-gelben Diogenes Ausgaben, die ich mehrfach gelesen hatte und habe mir vor einigen Jahren die Vintage Ausgaben gekauft, für einen Reread war mein SUB aber bisher zu groß. :rolleyes


    Von Vintage gibt es auch noch andere Krimi-Klassiker-Autoren: Dashiell Hammett, James M. Cain, Charles Willeford, Jim Thompson, Patricia Highsmith, Ross Macdonald, James Ellroy ... und die Gestaltung finde ich bei Vintage meist sehr ansprechend.


    Ich mochte als Kind auch schon die Spielfilme der "Schwarzen Reihe", gerade vorige Woche habe ich "The Blue Dahlia" (mit Veronica Lake und Alan Ladd) auf DVD gesehen ("Re-Watch" nach 20 Jahren), mir war vorher gar nicht bewusst, dass das Drehbuch von Raymond Chandler stammt, und er dafür für einen Oscar nominiert war.


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    Ich will ein Buch mit einem netten John Dee. : :beleidigt


    "Nett" würde ich jetzt nicht gerade als Anforderung nennen. "Sinister-Attraktiv" ist mir spontan eingefallen, :gruebel kann man sich darunter etwas vorstellen? Meine "Lieblingshelden" in Buch und Film sind eher Anti-Helden, aber vielschichtig, ein bisschen zynisch und böse und auch ein bisschen gut. Macht das die Sache jetzt klarer, was für einen John Dee Nicole uns schreiben soll? :grin (Caravaggio und Marlowe waren ja auch nicht gerade Heilige).


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    :hop Ich freu mich schon drauf. :-]


    Delphin hat mich mit einem Link hierhergelockt. Caravaggio gehört zu MEINEM Beuteschema :-], schon viele Jahre, diese Hell-Dunkel-Kontraste. :anbet Vor zwei Jahren war in Düsseldorf eine Ausstellung, in der ich mehrmals gewesen bin.


    Ich bin gespannt.


    "Der jüngste Spion" ist angekommen, ich habe es aber noch nicht gelesen.

    Nachfolgend eine Inhaltsangabe zu den einzelnen Staffeln. Ich habe mich bemüht, diese spoilerfrei zu halten (bei der Inhaltsangabe zu Staffel 3 und 4 ist es aber schon etwas grenzwertig), die Inhaltsangabe zu einer späteren Staffel gibt natürlich auch die Richtung der vorherigen Staffeln an. Staffel 1 hatte mich sofort so überzeugt und begeistert, dass ich wegen Spoilergefahr für die neuen Staffeln weder ausführliche Inhaltsangaben noch Rezensionen gelesen habe. Es fällt auch keine Staffel qualitativ ab, wie es sonst oft der Fall ist. Bei jeder Staffel steht ein neuer Schauplatz im Fokus, die ersten Episoden bereiten erst mal das Setting, stellen neu hinzugekommene Charaktere vor, dadurch dauert es zunächst zwei bis drei Episoden, bis die Handlung richtig in Schwung kommt, aber dann wird man so in das Geschehen hineingezogen, dass man kaum noch aufhören kann. THE WIRE besteht aus insgesamt 60 Episoden von je 60 Minuten. Für keine Staffel auf DVD habe ich länger als ein bis zwei Tage gebraucht, vergleichbar mit einem guten Buch, das ich auch an einem oder höchstens in zwei Tagen, vorzugsweise am Wochenende, lese.



    Staffel 1 - The Projects


    Die erste Staffel beginnt noch wie eine Krimi-Serie. Der Unterschied zu den meisten Krimi-Serien ist die Komplexität der fortlaufenden Handlung und der Charaktere. Zentrale Handlung ist die Ermittlung gegen den Drogenhändler-Clan von Avon Barksdale und Stringer Bell.



    Staffel 2 - Der Hafen


    Detective McNulty hat ein notorisches Problem sich an Autoritäten anzupassen, zur Strafe ist er auf einem Boot bei der Hafenpolizei gelandet, er hatte unachtsamerweise mal verlauten lassen, das wäre das Allerletzte, was er machen wollte. Die Handlungsfäden führen am Hafen zusammen, an einem Containerhafen kann man nicht nur legale, sondern auch illegale Waren einführen.



    Staffel 3 - Hamsterdam


    Nachdem die Mordrate schon im September fast den Gesamtstand des Vorjahres erreicht hat, hat die Polizei die Anweisung aus dem Rathaus, die Verbrechensrate um jeden Preis zu drücken; um jeden Preis bedeutet dabei auch, Umdeklarierung von Straftaten und damit statistische Beschönigung. Es gibt im Western District mehrere verlassene Straßenzüge, aus Frust hat Major Colvin die Idee, den Drogenhandel aus den Wohnvierteln weg in die verlassenen Straßenzüge zu verschieben. Major Colvin und seine Polizeibeamten "überreden" die Drogenhändler zum Ortswechsel, im Gegenzug werden in den ausgewiesen Gebieten, "Free Zones", keine Razzien durchgeführt. Ein Polizist weiß, "das ist wie in einem Land in Europa, wo sie Drogen legalisiert haben, Amsterdam". Daraus ergibt sich für die Free Zones auf der Straße der Name Hamsterdam. Die Anwohner der Wohngebiete sind glücklich über den Zustand, dass der Drogenhandel nicht mehr vor ihrer Haustüre stattfindet, oder nach Schießereien wöchentlich eine Leiche auf der Straße liegt. Als aber nach einer Weile die Politik von Hamsterdam erfährt, gibt es Riesenärger, denn "Legalisierung von Drogen" kann und darf es nicht geben. (Das Experiment mit den Free Zones hat es tatsächlich gegeben).



    Staffel 4 - Die Schule


    Die Zustände an den öffentlichen Schulen sind katastrophal, es gibt zu wenig Budget und Lehrer. Nur ein kleiner Teil der Schüler lernt nachhaltig, nicht konzentrationsfähige und verhaltensauffällig-aggressive Kinder stören den Unterricht und halten oft die ganze Klasse vom Lernen ab. Der Zuschauer begleitet vier 13-jährige schwarze Jungs im letzten Schuljahr der Mittelschule von den Sommerferien bis zum Jahresende, einige haben drogensüchtige Eltern oder leben in einer Pflegefamilie. Das Herumhängen auf der Straße ist Teil ihrer Lebenswirklichkeit, Drogenhandel auf der Straße und Morde gehören zum Alltag mit dem sie aufgewachsen sind. Die Aussichten für einen jugendlichen männlichen Schwarzen dieser Herkunft sind hoch, mit 20 Jahren im Gefängnis, tot, Drogendealer oder selber drogensüchtig zu sein. Ist es möglich diesem Teufelskreis zu entfliehen? Bestimmt durch Charaktereigenschaften wie Intelligenz, persönliche Stärke und etwas Glück, dass vielleicht "von außen" geholfen wird?


    Marlo Stanfield etabliert sich allmählich als neue Macht im örtlichen Drogenhandel. Einige Detectives der Mordkommission fragen sich, wie er das schafft, da es überraschend WENIG Tote gibt.


    In Baltimore ist Bürgermeisterwahl, Bürgerratsmitglied Carcetti, der in Staffel 3 schon vorgestellt wurde, tritt gegen den bisherigen afro-amerikanischen Bürgermeister Royce an. Zwei zentrale Wahlkampfthemen sind die Bekämpfung der hohen Verbrechens- und Mordrate und das marode Schulsystem. Es wird intrigiert und paktiert und mit allen Mitteln um die Macht gekämpft, die Darstellung der politischen Gegebenheiten ist sicher nicht übertrieben.



    Staffel 5 - Die Medien


    Die fünfte Staffel steht unter dem Motto Lügen und Täuschungen - auf mehreren Ebenen.


    Die Moral bei der Polizei ist auf dem Tiefpunkt, das Budget wurde drastisch gekürzt, gleichzeitig werden die Beamten unter Druck gesetzt, dass die Kriminalitätsrate immer noch viel zu hoch ist. McNulty hat eine Idee, um den Geldhahn für die Polizei wieder zu öffnen und er ist überzeugt einem guten Zweck zu dienen.


    Rechtfertigt das Ziel oder sogar der Erfolg den Einsatz aller Mittel? Gibt es Abstufungen, eine kleine Lüge zu einem guten Zweck ist weniger verwerflich als eine große Lüge?


    (Zunächst kam mir McNultys Idee sehr bescheuert und unglaublich vor, bis mir einfiel, dass in jüngerer Vergangenheit amerikanische Politiker mit viel größeren Täuschungen ihr Land in einen Krieg geführt haben, der Hunderttausende von Menschenleben und Billionen von Dollar gekostet hat).


    Wie Bunk Moreland sagte, "The bigger the lie, the more people believe it / Je größer und dreister die Lüge und Täuschung, desto eher glauben es die Leute."




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    Schon nach sechs Jahren hat es THE WIRE ins deutsche Fernsehen geschafft, seit Herbst 2008 läuft die Serie auf FOX im Pay-TV, inzwischen in der zweiten Staffel. Die Synchronisation scheint mit hohem Anspruch gemacht zu werden. Es ist zu hoffen, dass unabhängig von Einschaltquoten und Marktanteilen alle Staffeln synchronisiert und gesendet werden. Statt wöchentlich auf eine neue Folge zu warten, ist aber meiner Meinung nach die DVD das perfekte Medium für THE WIRE, die Chancen stehen ja inzwischen nicht schlecht, dass es irgendwann auch eine deutschsprachige DVD-Veröffentlichung geben wird.

    JANUAR 2009





    THE WIRE beginnt in der ersten Staffel noch fast wie eine klassische Krimi-Serie, eine Gruppe von Polizisten ermittelt gegen den Barksdale-Clan wegen Drogenhandel und Mord. Das titelgebende "Wire" ist eine Abhöranlage, mit dem Ziel, nicht nur die Kleindealer auf der Straße für kurze Zeit aus dem Verkehr zu ziehen, sondern auch gegen die Bosse, die selbst weder Drogen anfassen noch die Morde begehen, Beweise zu finden. Mit jeder der insgesamt fünf Staffeln erweitert sich für den Zuschauer das Bild von Baltimore: am Containerhafen ist wenig Arbeit verblieben, die meisten großen Industrieanlagen sind stillgelegt; der aussichtslose Kampf gegen Kriminalität, Drogenkonsum und Drogenhandel; Politik und Wahlkampf in einer Großstadt; Idealismus oder Karrierestreben; der Zustand an den öffentlichen Schulen; der Zusammenhang mit Medien und Berichterstattung. Ein durchgehendes Thema ist das Verhältnis des Einzelnen zu Institutionen, wie dem Polizeiapparat, Politik, Gewerkschaft, Schule, aber auch die Drogenhändler sind hierarchisch strukturiert. Baltimore ist nicht glamourös wie beispielsweise New York, Los Angeles oder Miami. Baltimore ist eine Arbeiterstadt an der amerikanischen Nordostküste mit etwa 640.000 Einwohnern, ein großer Anteil der Bevölkerung ist schwarz, Drogenkonsum und Drogenhandel sind allgegenwärtig und die Mordrate liegt im Verhältnis zur Einwohnerzahl statistisch weit über der von New York.


    Die Struktur von THE WIRE ist wie ein Roman, ein visuell umgesetzter langer Roman. Die fortlaufende Handlung hat jeweils zum Staffel-Ende einen Abschluss, man muss aber auch alle fünf Staffeln gemeinsam als Teile eines komplexen Ganzen sehen. Dieses großangelegte Bild einer Stadt und einer Gesellschaft, sein Realismus, die Unterschiede zwischen Arm und Reich, hat mehrfach den Vergleich mit den Büchern von Charles Dickens hervorgerufen. In der fünften Staffel heißt eine Episode, sicherlich beabsichtigt ironisch, "The Dickensian Aspect". Die Besetzung von THE WIRE besteht aus mehr als zwanzig "Hauptcharakteren" und vielen weiteren Figuren. Alle Charaktere sind vielschichtig, realistisch und mit Respekt gezeichnet, bis in die kleinste Nebenrolle. Zwischen den einzelnen Staffeln ist auch für die Charaktere jeweils ein Jahr vergangen, und im Verlauf von mehreren Jahren ändern sich berufliche Positionen und Menschen entwickeln sich weiter.


    Baltimore ist die Heimatstadt von David Simon, er ist gemeinsam mit Ed Burns der "Kopf" und Macher von THE WIRE. David Simon war zwanzig Jahre Polizeireporter in Baltimore und Ed Burns Detective bei der Mordkommission und später Lehrer. Beide haben den Anspruch an ihre Arbeit, dass Handlung und Charaktere so wahrheitsgetreu sind, dass sich die beschriebenen Gruppen wiedererkennen. David Simon sagte in einem Interview, "Es gibt zwei Arten, Fernsehen zu machen, entweder man lehnt sich zurück und guckt passiv zu, oder man lehnt sich vor und denkt drüber nach, was man da sieht. Wir machen das zweite."


    Dass THE WIRE trotz der ernsthaften Thematik kein den Zuschauer deprimierendes Sozialdrama ist, verdankt die Serie den großartigen, vielschichtigen Charakteren, großartig geschriebenen und genial verknüpften Handlungssträngen, großartigen Dialogen mit viel lakonischem schwarzem Humor, sowie hervorragenden Darstellern. Es ist ein Vergnügen, sich THE WIRE wiederholt anzusehen.


    Es trägt zum Realismus der Atmosphäre bei, dass es keine Musikuntermalung gibt. Gelegentlich läuft Musik in einem Autoradio, dies geschieht meist beiläufig; ein- oder zweimal wird bewusst als Stilmittel eingesetzt, dass die Musik aus dem Radio während einer Episode einen Zusammenschnitt von Szenen begleitet. Zum Ende jeder Staffel gibt es einen, mit einem Song unterlegten, Zusammenschnitt, der die Charaktere in die nahe Zukunft begleitet, was hat sich verändert? Hat sich überhaupt etwas verändert?


    Von den zehn Leuten, die über die Staffeln hinweg in verschiedenen Positionen die Ermittlergruppe umfassen, sind vier Weiße und sechs Afro-Amerikaner. Es gibt in Baltimore einen schwarzen Bürgermeister, schwarze Ratsmitglieder, einen schwarzen Senator, einen schwarzen Polizeichef, schwarze Polizisten, Staatsanwälte, Pastoren, Krankenschwestern, Lehrer und Journalisten, also durchaus ein afro-amerikanisches Bürgertum. Ein Großteil des Schauplatzes von THE WIRE sind aber die Viertel einer amerikanischen Stadt in denen vorwiegend unterprivilegierte Schwarze leben. Die Afro-Amerikaner haben in den USA erst seit etwa 40 Jahren die gleichen Bürgerrechte wie die Weißen und sind im Verhältnis zur Gesamtbevölkerung bildungsmäßig immer noch viel schlechter gestellt. Baltimore steht beispielhaft für viele amerikanische Städte. Die Zustände an den öffentlichen Schulen sind teilweise katastrophal, es gibt zu wenig Budget und Lehrer. Nur ein kleiner Teil der Schüler lernt nachhaltig, nicht konzentrationsfähige und verhaltensauffällig-aggressive Kinder stören den Unterricht und halten oft die ganze Klasse vom Lernen ab.


    Ist das weit weg?


    Die USA und Deutschland gehören zu den reichsten Ländern der Erde. Der soziale Status wird sehr stark bestimmt durch Herkunft und Status der Eltern, durch eine Zwei-Klassen-Gesellschaft, was Bildung, Arbeitsplätze, Einkommen, Wohlstand und Krankenversorgung betrifft, wird die Schere zwischen Arm und Reich immer größer. In Deutschland gibt es entsprechende problematische Gegenden, Viertel mit hohem Anteil von Geringqualifizierten, sowie Migrantenfamilien. Schlechte Sprachkenntnisse und Analphabetismus erschweren den Schulbesuch, damit auch die Möglichkeit auf weiterführende Bildung, Ausbildung und Arbeitsstellen. Wenn noch Machismo, "Stolz/Ehrgefühl" und eine niedrige Schwelle zu Gewaltanwendung hinzu kommen, ergibt dies eine explosive Mischung. In dieser Woche wurden wieder in mindestens zwei Magazinsendungen Beispiele für den maroden Zustand an deutschen Schulen gezeigt, dies betrifft den Zustand der Gebäude, aber auch den der Lehrpläne und Lehrermangel, hervorgerufen durch bildungspolitische Fehler und zu geringe Budgets.


    Jetzt, im Januar 2009 ist Barack Obama als Präsident der Vereinigten Staaten vereidigt worden, seine Amtszeit beginnt. Er hatte in einem Interview gesagt, dass eine seiner Lieblings-TV-Sendungen THE WIRE sei. Nach einem abgeschlossenen Jura-Studium in Harvard hatte Obama sich für die Arbeit als Sozialarbeiter in Chicago entschieden. Er kennt die Zustände "live" und kann sicher beurteilen, ob die Darstellung in THE WIRE realistisch ist. Als Präsident hätte er jetzt die Voraussetzungen, Innenpolitik zu machen, die grundsätzlich etwas verändert. Entgegen vieler Hoffnungen und Erwartungen, die in ihn gesetzt werden, wird er aber nicht über Wasser gehen oder Wasser in Wein verwandeln können. Aber für politische Arbeit wird kein Messias, sondern ein Realist benötigt. Da er in der Stadtpolitik von Chicago seine politische Karriere begonnen und es mit 47 Jahren zum ersten afro-amerikanischen Präsidenten gebracht hat, zeigt, dass er sicher nicht nur Idealist, sondern auch Realist ist und Durchsetzungskraft besitzt. (Zitat aus der Berichterstattung zur Vereidigung am 20. Januar: "Wenn Obama die Stadtpolitik in Chicago "überlebt" hat, ist er bestimmt kein naives Bambi".)


    Die Darstellung von Politik und ihrer Strukturen ist in THE WIRE sehr erhellend.


    THE WIRE wirft viele Fragen auf, hat aber keine einfachen Antworten. Vielleicht findet Barack Obama in ein oder zwei Amtszeiten nachhaltige Antworten auf einige der gezeigten Probleme; es bleibt zu hoffen, dass THE WIRE ein langfristiger Klassiker der TV-Geschichte wird, und die Lebensrealität der Menschen sich verbessert hat.



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    Hallo Alice Thierry,


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    Filme und Hollywood der 20er und 30er Jahre sind mein Spezialgebiet. ;-)


    Mein "Spezialgebiet" ist leicht verschoben, Hollywood der 30er und 40er, Screwballs, aber auch Drama, und bis in die 50er alles was NOIR ist. :-]
    An den 20ern und 30ern liebe ich seit meiner Teenagerzeit Mode, Schmuck, Design und Architektur, Art Déco, darüber habe ich Literatur. Ich habe ein paar Bücher über Berlin in den 1920ern und finde auch die "Lost Generation" (nach WWI) interessant.


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    Es gibt dutzende wunderbare silents und talkies mit fantastischen Darstellern, die jeder für sich oft hochinteressante Biografien haben. Nimm nur einmal Rudolph Valentino oder Jean Harlow.


    Auch Louise Brooks (die "Lulu") hat ein bewegtes Leben geführt und ist noch immer eine Stilikone, obwohl die wenigsten heute ihre Filme kennen, geschweige denn gesehen haben.


    Jean Harlow finde ich auch klasse, vielleicht magst Du dann ja auch Mae West? :-]
    Bei Filmen habe ich eigentlich erst in der Zeit mit den talkies begonnen, habe aber "Pandora's Box" mit Louise Brooks und "Metropolis" im SUF. Gestern beim Verlinken ist mir auch noch eine Bestellung dazugerutscht, siehe unten.


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    Obwohl es natürlich zahlreiche Biographien gibt, scheinen mir die Romane über diese Zeit mit Film- bzw.- Hollywoodbezug doch ziemlich dünn gesät.


    Daher würden mich weitere Tipps hier auch interessieren, ich werde mal die Augen offen halten, ob mir noch mehr auffällt.


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    Aber ich werde mal eine Liste mit lesenswerter Filmliteratur zusammenstellen, wenn Du möchtest.


    Gerne!


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    Ein Film, der ebenfalls genial ist: Blaubarts achte Frau (1938). Lubitschs Scewball Comedys sind einfach göttlich!


    "Blaubarts achte Frau" kenne ich aus dem Fernsehen, ähm, und habe ich mir gerade auf DVD bestellt, um den mal wieder sehen zu könnte. Hm, vielleicht ist es doch keine so gute Idee mit Dir zu plaudern, das könnte teuer werden. :knuddel1 :grin


    Es gibt viele großartige Screwball Comedys, viele habe ich auch schon auf DVD. Claudette Colbert fand ich immer toll, z.B. in "It happened one Night" und "Die Palm Beach Story". Ich warte seit Jahren darauf, dass "Midnight / Enthüllung um Mitternacht" endlich auf DVD erscheint.


    Liebe Grüße :wave


    Uta


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    Ich habe den "Tycoon" vor etwa zwanzig Jahren gelesen, als ich als Teenager meine "F. Scott Fitzgerald Phase" hatte. :lache
    Detailliert kann ich mich nicht mehr erinnern. Zur englischen Ausgabe gibt es bei Amazon mehr Informationen.


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    Wir haben die Reihe mit großem Engagement und werblichem Aufwand vor vier Jahren begonnen, mussten aber schon nach dem zweiten Band erkennen, dass dies in keiner Relation zur Anzahl der Leser steht. Da wir Sie als überaus engagierte Fan-Gemeinde schätzen gelernt haben, wollten wir nun keinesfalls zu früh aufgeben, sondern haben stattdessen immer noch auf mehr Leserinnen und Leser gehofft. Dieses ist bedauerlicherweise nicht eingetreten, so dass wir nun die weiteren Bände nicht mehr veröffentlichen werden.


    Da würden mich aber jetzt tatsächlich mal ZAHLEN interessieren, oder bleibt das Firmengeheinmis? Wieviele Bücher hätten sich in welchem Zeitraum verkaufen müssen?


    Letzte Woche hatte ich schon mal bei Amazon über "Erweiterte Suche" Klett-Cotta Bücher nach Topseller rausgezogen, weil Dunnett laaange gar nicht kam die Dunnett Bücher eingegeben, die waren da im Verkaufsrang alle etwa zwischen 120.000 und 130.000, dann als Alternative mal ein paar bekannte Bestsellerautoren von historischen Romanen (die mich nie interessiert haben) eingegeben, aktuelleres unter 100, älteres unter 1000.


    Wie entstehen denn die üblichen (historischen) Bestseller, die auf der veröffentlichten Liste landen? Gute Plätze in der Buchhandlung, Hype, Mundpropaganda, Werbung, Fernsehsendungen, Lobby? :gruebel Hat Klett-Cotta noch irgendwas unternommen, oder auf Selbstläufer gehofft?


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    Wir hoffen sehr auf Ihr Verständnis und wünschen uns, dass Sie dem Verlag dennoch gewogen bleiben,


    :rolleyes :keks

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    Ich glaube daher, daß es weniger Gleichgültigkeit der US Bevölkerung ist, sondern vielleicht etwas vergleichbares, noch viel stärker?


    Ich meinte auch nicht Gleichgültigkeit der Bevölkerung, aber wahrscheinlich läuft psychologisch doch was ähnliches wie zur Zeit des Vietnamkriegs ab, nur nicht so extrem, dort war nicht nur der Krieg als verbrecherisch angesehen sondern auch die eigenen Soldaten. Jetzt wurde in der Wahrnehmung zwischen dem Krieg und seinen Verursachern, und "den Jungs da drüben" ja von Anfang an in der Verantwortung ein Unterschied gesehen.
    Aber die Bevölkerung ist den Krieg leid, die andauernden schlechten Nachrichten, die Lügen, die Anzahl der Toten, und inzwischen sind die eigenen Sorgen über die Wirtschaftskrise sicher wichtiger als ein Krieg, der "weit weg" ist und an den viele Billionen verschwendet wurden, die in Wirtschaft und Bildung besser investiert gewesen wären.


    Am Wochenende werde ich mit "Tree of Smoke" beginnen, und würde jetzt auch gerne "Sympathy for the Devil" und "Night Dogs" noch mal lesen.


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    Was den vorliegenden Film betrifft, ich habe das Ende so nicht kommen sehen.


    Ich habe es nicht mit Sicherheit kommen sehen, aber auch nicht ausgeschlossen.


    STOP-LOSS habe ich vor einigen Wochen auf DVD gesehen und kann mich Grisels Meinung anschließen, ein guter, aber nicht herausragender Film. Als ich gelesen habe, dass der Film von MTV produziert wurde, war ich zunächst etwas skeptisch, aber das Thema hat mich interessiert - und ja, Channing Tatum finde ich recht sexy, das allein war schon ein Anreiz den Film anzusehen. :grin Ryan Philippe mag ich eigentlich nicht so, aber er war überzeugend in seiner Rolle, ebenso Abbie Cornish. Als großen Pluspunkt habe ich es empfunden, dass es kein "Happy-End" gibt, das wäre anhand der Wirklichkeit unrealistisch. Die zentrale Aussage des Films ist ja, die Aufmerksamkeit auf die Politik des Stop-Loss zu lenken, ich hatte bisher noch nichts davon gehört.


    Der Irak-Krieg ist noch nicht zuende und in den USA inzwischen extrem unpopulär, die wenigen Filme zum Thema waren kein großer Erfolg an der Kinokasse. Die filmische Aufarbeitung im Kino von der Klasse eines APOCALYPSE NOW wird wahrscheinlich - wie nach dem Vietnamkrieg - noch einige Jahre auf sich warten lassen.


    Nach dem Buch GENERATION KILL von Evan Wright, der 2003 als "embedded journalist" bei der Invasion in den Irak dabei war, hat David Simon eine siebenteilige Mini-Serie gedreht. David Simon ist der Macher von THE WIRE, als großer Fan von THE WIRE werde ich mir GENERATION KILL auf jeden Fall anschauen, die UK DVD wird im März 2009 veröffentlicht. Was ich bis jetzt dazu gelesen habe, klingt vielversprechend.


    [URL=http://www.spiegel.de/kultur/gesellschaft/0,1518,565666,00.html]Spiegel-Online[/URL]
    The dogs of war: can David Simon's Generation Kill save the Iraq War movie?



    Edit: Der Link per ASIN Nummer funktioniert zu Amazon.com leider nicht, daher wieder entfernt und Link in den Text gesetzt.

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    Original von Bouquineur
    ich überlege, ob ich meine fünf Bände noch schnell verkloppe. Wenn bekannt wird, dass die Reihe nicht fortgesetzt wird, bekommt man die Bücher garantiert nicht mehr los.


    Die Einstellung verstehe ich nicht ganz. Und die Formulierung "verkloppe" in dem Zusammenhang tut mir in der Seele weh. Oder verkaufst Du grundsätzlich alle Bücher wieder?
    Das kommt mir jetzt so vor, die Aktien sinken und alle machen schnell Panikverkäufe, weil sie befürchten, dass sie noch weiter in den Keller rutschen, was natürlich wiederum genau die Folge ist.
    Wenn Dir die Bücher gefallen, warum behältst Du sie dann nicht? Derjenige, der die Bücher kaufen möchte, soll sie eben NEU kaufen. NUR wenn die MEISTEN Leute NEUE Bücher kaufen, hat ein Verlag Einnahmen, mit dem er neue Produkte finanzieren kann. Wenn jeder zweite seine Bücher gebraucht kauft, ist es ja kein Wunder, wenn die Verlage Reihen mittendrin absägen.


    (Mir zumindest kann keiner vorwerfen, ich würde die Verlagsindustrie nicht genügend unterstützen. :lache Allersdings kann man mir vorwerfen, dass es nicht die deutschen, sondern meist amerikanische oder englische Verlage sind. :gruebel)


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    Kann man die nicht als ebook rausbringen? Das wäre wenigstens eine Lösung für die, die schon die ersten fünf Bücher haben.


    Die Übersetzung fehlt ja trotzdem noch.

    Zitat

    Original von Grisel
    Das ist wirklich eine schlechte Nachricht. Damit ist Dunnett am deutschen Markt wohl ein für alle mal erledigt. .


    Ich finde es auch sehr schade und unverständlich. Es war von vornherein klar, dass die Bücher nicht die Mega-Bestseller werden, dafür sind sie zu komplex. Ich kann mir anderseits aber auch nicht vorstellen, dass die Bücher sich soooo schlecht verkauft haben. Bei Klett-Cotta gibt es doch viele "Exoten". Wo ist die verlagliche Mischkalkulation, um so ein qualitativ hochwertiges Produkt auch abzuschliessen? Was sind eigentlich Bestseller-Bücher bei Klett-Cotta? Oder haben die Verantwortlichen im Verlag sich auch an der Börse verspekuliert oder die Finanzkrise hat den Verlag schon erreicht? Fragen über Fragen und keine Antworten.

    Ich habe Dunnett auf Englisch gelesen und aus Unterstützung für den Verlag, vielleicht auch aus Sammelleidenschaft alle Ausgaben von Dunnett mein Eigen zu nennen, auch die deutschen Ausgaben von Klett-Cotta gekauft.


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    Immerhin, die gleiche Situation mit Rororo hat mich ja einst zur Englischleserin werden lassen. Und Englisch ist sie sowieso unvergleichlich besser.


    Die ersten beiden Bände der Lymond-Chronicles gab es tatsächlich auch mal als gebundene Ausgabe, sogar noch vor der Rororo Ausgabe. Nachdem ich vor zwanzig Jahren "Das Königsspiel" und "Gefahr für die Königin" in der Stadtbibliothek gefunden und gelesen hatte, war ich so fasziniert, dass ich mir sofort alle Bücher auf Englisch bestellt und gelesen habe. Es waren nicht meine ersten englischen Bücher, aber zu Beginn musste ich mich auch teilweise durchkämpfen. Es ist nicht zu bestreiten, dass es im Vokabular einen Unterschied zwischen einem "durchschnittlichen" Roman auf Englisch und Dunnett gibt, aber dranbleiben lohnt sich.

    In this ingeniously imagined novel, Bram makes fiction out of the aged expatriate British filmmaker James Whale's last days. Whale, living in Hollywood and recovering from a minor stroke, finds life grotesquely refracted through his greatest creation, Frankenstein starring Boris Karloff, and its campy sequel, The Bride of Frankenstein. His mind is a cutting room-floor jumble of olfactory hallucinations, nightmares and flashbacks to his working-class childhood, the sets of his horror movies and the gore-muddied trenches of WWI. Meanwhile, like unwitting furies, a sycophantic film student and Whale's ex-Marine gardener, Clay Boone, churn up his past and impel him to scheme a suitable grand finale for himself. In a wickedly disconcerting series of scenes, Whale directs a mad plot around the short-fused Clay, who, attracted by Whale's old Hollywood glamour but creeped out by his homosexuality, vaguely wants to extract the experience of a lifetime out of the famous figure?"combat, a love affair, a harrowing adventure, even a crime." With amusing cameos by Elsa Lanchester, Greta Garbo and George Cukor, Bram cleverly mines his material's potential from nostalgia and comedy to the grimmer secrets of carnal and charnel knowledge.


    Das Buch war die Vorlage für die Verfilmung "Gods and Monsters" mit Ian McKellen.


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    By reprinting over 400 items from contemporary newspapers, magazines, and trade journals, the book reveals Taylor's life in Hollywood--from his arrival as a minor actor in 1912 until his death in 1922 as one of Hollywood's top directors.


    Hier konnte ich auch nicht widerstehen, das Buch subbt aber noch.


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