Nun bin ich fertig, Rezi lautet wie folgt
Troller, Wissenschaftsjournalist und Philosophieinteressierter, erhält rätselhafte Nachrichten von jemandem, der sich einfach nur 'Kant' nennt. Kurz darauf wird ein bekannter Hirnforscher ermordet, gefesselt an einen Stuhl, an dem er selbst Experimente mit Affen vornahm. Bald darauf folgen weitere Morde, und schnell kommt der Verdacht auf, dass radikale Tierschützer dafür verantwortlich machen zu sind. Doch Troller kommen schon bald Zweifel, ob da nicht doch etwas anderes dahinter steckt. Eines ist jedoch sicher, 'Kant' ist der Mörder. Und es gibt irgendeine Verbindung zwischen ihm und Troller. Gemeinsam mit seiner Freundin, der Kriminalreporterin Jane Anderson, macht sich Troller auf die Suche nach 'Kant'. Viel Zeit bleibt nicht mehr, denn schon bald soll ein ein Kongress stattfinden, an dem zahlreiche Hirnforscher teilnehmen werden, die alle eine wandelnde Zielscheibe darstellen…
Als ich vor ein paar Wochen die Leseprobe zu diesem Buch gelesen habe, kam mir in den Sinn: Thema Top, Schreibstil Flop. Nach Beendigung des Buches nehme ich dies aber gerne wieder zurück. Das Thema bezeichne ich auch weiterhin als Top und auch als hochbrisant. Den Schreibstil jedoch empfand ich nach einer gewissen Einlesephase als sehr angenehm. Solch mich störende Formulierungen wie ein holpriges "Troller öffnete das Outlook" kamen im Buch dann entweder nicht mehr vor oder sie sind mir nicht aufgefallen.
Der Schreibstil ist sehr detailiert, anfangs fand ich das äußerst gewöhnungsbedürftig und hatte schon die Befürchtung, mich auf Dauer zu langweilen. Mit der Zeit gefiel es mir aber besser, es trägt sehr zur Plastizität bei. Ich kam mir vor, als würde ich neben Troller stehen, und ihm beim Risotto-Kochen zusehen.
Es gibt aber auch einige Kleinigkeiten die mir nicht gefallen haben. Als Negativ empfand ich die Bezeichnung „Troller“. Kein Dr., kein Vorname, nichts. Einfach nur Troller. Sogar von der eigenen Tochter wird er so genannt, das kommt mir dann schon arg seltsam vor. Bis zuletzt hatte ich damit so meine Schwierigkeiten. Der nächste Punkt wäre die Spannung. Von Beginn an steigt die Spannung, flacht aber dann nach 200-300 Seiten stark ab, um dann wieder etwas zu steigen. Ich denke, hier hätten einige Seiten weniger dem Buch nicht geschadet. Ein Wunsch von mir blieb leider unerfüllt. Ich hätte sehr gerne mehr von dem Gerichtsprozess des 'Erlösers' in England und auch von Jane’s Vater gelesen. Das Thema Sterbehilfe ist ja vor allem in den letzten Tagen wieder in aller Munde und bietet immer eine Menge Diskussionsstoff. Möglicherweise aber auch zu viel für dieses Buch und genug für ein eigenes. Die kleinen Einschübe zu diesem Thema haben mir in dem Buch sehr gut gefallen, da sich auch dieses thematisch in die Richtung „Wie weit darf man (oder die Wissenschaft) gehen?“ wendet.
Das Buch gehört in mit Sicherheit nicht in die Kategorie, in die so viele Bücher dieses Genres fallen, in die der Oberflächigkeit. Die philosophischen Einflechtungen waren vom Feinsten. Es hat auch nicht konstruiert gewirkt, sondern hat gut in den Fluß des Buches gepasst. Es regt zum Nachdenken an. Ich kam einfach nicht umhin, ‚Kant‘ zu mögen. ‚Kant‘, der sich durchaus bewußt ist, unmoralisch zu handeln, aber keinen anderen Weg sieht um den Verfall der Moral aufzuhalten, der durch die Wissenschaft heraufbeschworen wird. Obwohl ich Morde natürlich nicht gerechtfertigt finde, blitzte bei mir hin und wieder Genugtuung und Verständnis auf, vor allem in Anbetracht der Schilderung einer (möglicherweise gar nicht mehr fernen) Zukunft. Allein schon deshalb hätte ich mir einen anderen Schluß gewünscht. Sophokles hatte wohl recht, als er vor über 2 Jahrtausenden in seiner Tragödie Antigone schrieb: "Ungeheuer ist viel. Doch nichts ist ungeheurer als der Mensch."
Aufgrund des Covers und Titels hätte ich mir das Buch wohl nie gekauft. Da hätte ich einen sehr lesenswerten, kritischen und gut recherchierten Thriller verpasst. Sehr empfehlenswert! Leser dieses Buches sollten aber unbedingt Voraussetzungen mitbringen. Nämlich das Interesse an Philosophie und an der Wissenschaft.
Gute 8 von 10 Punkten
Muss mich gleich mal auf die Suche nach anderen Büchern des Autors machen.