Beiträge von Jörg

    Sicher, aber bei historischen Romanen (die als solche ernst genommen werden wollen) erwarte ich schon, dass sie auch die Denkmuster der damaligen Zeit wiedergeben. Sonst braucht man sich gar nicht mit vielen Recherchen abmühen und schreibt eben einen Fantasy-Roman, der nur im Historienkleid daherkommt.

    Das ist halt die Gradwanderung in Romanen und Filmen. Wenn in früheren Zeiten die Frauen als so wahnsinnig emanzipiert dargestellt werden, taucht natürlich die Frage auf, warum sie heute nicht noch viel weiter sind. Okay, da kann man sagen, die vermeintlichen Herren der Schöpfung mauern und blockieren. Wie es ja auch tatsächlich ist. Aber im Roman bleibt es die besagte Gradwanderung. :gruebel

    Die Reportage hab ich auch gesehen.

    Der Vater ist sehr mutig, finde ich. Er klebt Zettel überall hin mit dem Satz - Kein Krieg - oder stopt den Krieg.

    Nun zeigt er sich im Fernsehen.

    Auch wenn es ein deutscher Beitrag war, kann ich mir vorstellen, daß Putins Schergen an den Beitrag herankommen.

    Somit ist der Mann wirklich mutig - sehr bewunderswert.

    Du hast recht, er ist sehr mutig. Und seine Tochter ebenso. Beide müssen jetzt damit rechnen, den Schergen des Massenmörders Putin in die Hände zu fallen. :(

    Wie schätzt Du Putins Kriegspropaganda ein? Als gut informierter KGB-Mann muss er doch wissen, dass die NATO oder/und Europa kein Interesse an einem Krieg mit Russland hat! Wer soll ihm den Quatsch denn glauben?

    Das eigene Volk, dass er durch die Lügen in den Staatsmedien und die Ausschaltung unabhängiger Medien planmäßig verdummt. Ich habe gestern im Fernsehen ein Interview mit einer jungen Russin (18 Jahre) gesehen, die bei ihrem Vater lebt und die beide sehr Putin-kritisch eingestellt sind. Sie sagte, das Fernsehen wird bei denen nur zum Sport gucken eingeschaltet, um sich nicht der Staatspropaganda auszusetzen. Wenn man nichts anderes hört als die Putin-Lügen, ist es irgendwann die Welt, in der man lebt - und damit für einen selbst die Wahrheit. So hat Propaganda schon bei Hitler funktioniert, und so funktioniert sie bei seinem russischen Bruder im Geiste auch. :nono

    In Bezug auf dieses Buch müsste man sich dann ja auch fragen, wie realitätsnah die Figur der Eva ist. Ja, es gab auch 1954 sicher ein paar Journalistinnen. In der Regel waren die aber für die Kochseiten und Kummerkästen zuständig...

    Auch ein guter Punkt. Gestern habe ich eine Folge der Serie "Agatha Christie - Mörderische Spiele" gesehen, die Anfang der 60er Jahre spielte. Darin las erstmals eine Frau die Fernsehnachrichten, und es gab darüber eine gewaltige Aufregung. Motto: Was die sich wohl demnächst noch alles anmaßen ... :nono

    Das stimmt.

    Andererseits lese ich das Buch im hier und jetzt. Bei der letzten Agatha-Christie-Leserunde bin ich ordentlich zusammengezuckt, als ich in meiner Ausgabe von 1990 über das "N-Wort" gestolpert bin. Wohlgemerkt, ich selbst habe die Ausgabe 1990 gekauft und erstmals gelesen. Damals war das noch so normal, dass ich nicht zusammengezuckt bin. Zu der Zeit, als Agatha Christie den Krimi schrieb, erst recht.

    Ähnlich mit vielen Jugendbüchern aus meiner Jugend. Bei meinen "TKKG"-Bänden aus den 80er-Jahren regt mich das Rollenklischee der Gaby heutzutage dermaßen auf, dass ich ernsthaft überlege, ob es eine gute Idee ist, diese Bücher in Bücherschränke zu stellen. Darüber habe ich gerade noch mit ein paar Freunden diskutiert.

    Mir erscheint die politische Korrektheit in Büchern ganz allgemein als eine Angelegenheit, für die es keine einfache Lösung gibt. Schon gar keine, die allen gefällt.

    Das ist beim Schreiben immer ein Punkt im Hinterkopf. Wie weit gehe ich, um die Zeit auch durch ihre Sprache erlebbar zu machen? Aber wie weit darf ich gehen, ohne Gefahr zu laufen, die HEUTIGE Leserschaft nicht mitzunehmen? :gruebel

    Sattlers Kontakte zu diesem Altnaziverein kommt mir auch verdächtig vor. Wäre schade, wenn er auch ein falsches Spiel spielen würde. Der Mann scheint ganz nett zu sein und ist einer der wenigen, die Gerber wirklich unterstützen.

    Möglicherweise ist Sattler eine komplexere Persönlichkeit, als sein äußeres "Haudrauf"-Erscheinungsbild vermuten lässt. :/

    Auf Seite 127 ist mir aufgefallen, dass Gerber keinen Hut trägt. Gegen den Regen klappt er nur den Kragen seines Trenchcoats hoch. Dabei war es damals sehr viel üblicher, dass Männer Hüte trugen. Besonders bei schlechtem Wetter oder wenn sie nicht so leicht erkannt werden wollten. Mir ist aufgefallen, dass auch die anderen keine Hüte tragen.

    Guter Punkt! Ich verspreche Hüte in Band 3. 8)

    Was Eva betrifft wird es auch immer komplizierter. Lebt ihr Vater tatsächlich noch? Wird sie mit ihm erpresst, so nach dem Motto, sie hilft John in den Osten zu schaffen und der Vater kommt frei? Wobei wir sind ja im Jahr 54, da waren die Kriegsgefangenen doch eigentlich dank Adenauer alle wieder daheim?

    Was die Kriegsgefangenen betrifft, Adenauers Moskau-Reise und die berühmte "Heimkehr der Zehntausend" fand erst 1955 statt. 1954, zur Handlungszeit des Romans, saßen ca. 10.000 deutsche Kriegsgefangene noch in sowjetischen Lagern. :klugscheiss