Beiträge von Jörg

    Für mich war das Handeln Johns durchaus nachvollziehbar, wenn auch erstaunlich naiv. Er sollte doch eigentlich gewusst haben, dass man schnell zum Verräter wird, auch wenn man es nicht will. Auf mich machte das so ein bisschen den Eindruck, als wollte er da sagen "ich kann doch nichts dafür, die anderen sind schuld"

    Obwohl Otto John zweifellos ein kluger, gebildeter, weltgewandter Mann war, legte er eine politische Naivität an den Tag, die ich irgendwo zwischen rührend und erschütternd ansiedeln würde.

    Da ich ja den Wikipedia-Artikel vor dem Buch gelesen hatte, war das für mich die einzig logische Erklärung, mit der ich auch gut leben kann.

    Der Fall ist nicht bis ins Detail an aufgeklärt und jetzt ist auch nicht mehr wirklich damit zu rechnen.

    Was ich mir gewünscht hätte, aber das passte zeitlich nicht in die Geschichte, wäre eine Auseinandersetzung mit dem Prozess gewesen. Ganz von der Hand zu weisen sind Otto Johns Argumente nicht: verurteilt von ehemaligen Nazi-Richtern, die ihn schon wegen seiner Teilnahme am Hitler-Attentat als Verräter ansahen.


    Vielleicht kannst du daraus ja noch einen Fall machen. :groehl

    Also den Philipp-Gerber-Roman "Ein Präsident verteidigt sich"? :[

    Ein wenig enttäuscht war ich vom letzten Kapitel. Da hätte ich mir lieber ein ausführliches Interview mit Eva und Otto John gewünscht, wo er seine Erlebnisse im Osten und seine Einstellung zu seinem Hin- und Herwechseln deutlich macht. Zeitlich vielleicht nach seiner Anklage oder Gerichtsverhandlung oder Verurteilung.

    Diesen Versuch, ihn von seinem Wechsel in die BRD abzuhalten, kam mir eher unglaubwürdig vor. Da war auch zu wenig Zeit, um ihm Gelegenheit zu geben, seine Gründe darzulegen.

    Selbst wenn Otto John sich ausführlich erklärt hätte, es wäre nur seine subjektive Sicht gewesen. Sind andere LeserInnen auch der Meinung, seine Motivation sei nicht richtig herausgekommen? Ich fand es richtig, ihn im Nebulösen zu lassen, weil wir die ganze objektive Warheit niemals erfahren haben. Ich vermute auch, dass sich in seiner Selbstwahrnehmung vieles erst im Nachhinein zusammengefunden hat. Eine Art Rechtfertigung nach außen, aber eben auch vor sich selbst.

    Ja, diese Szene im Wald war spannend. Ein bisschen komisch ist es aber schon immer, wenn der Mörder vor der Erschießung noch seine Lebensgeschichte und sonstige Begründungen ausführt, um seine Tat zu rechtfertigen. Ist zwar interessant für den Leser, aber erinnert eben an Opern, wo der Sterbende noch ganze Arien singt.

    Oder wenn der Bond-Schurke erklärt, warum und wie er gleich die Menschheit auslöschen wird. Ja, ich weiß, das ist immer ein bisschen große Oper. Als Autor bitte ich um kreative Alternativvorschläge für solche Beichten. Es bei den Mutmaßungen seitens des Helden belassen??? :gruebel

    Vielen Dank für das Lob! Für Band 3 wird es mir ein Ansporn sein. :write:wave

    Es freut mich sehr, dass es dir gefallen hat! :-] Deine Einschätzung von Otto John teile ich. Die Doku wollte ich downloaden und war schon dabei, da hatten wir Stromausfall. Das hole ich jetzt gleich nach. :wave

    Da fällt mir doch spontan eine Kriminologie-Vorlesung aus dem Studium ein: Ein sehr hoher Anteil der Deutschen ist der Meinung, dass es zur Nazizeit deutlich weniger Verbrechen wie Raub, Diebstahl, Vergewaltigung usw. gab, die Zeit damals also "sicherer" war.

    Das stimmt so überhaupt nicht - es wurde nur viel weniger darüber berichtet. ;)

    (Die von Jörg genannten Einschränkungen sind in der Studie ganz ausgenommen)

    Ja, der - zu - oft gehörte Spruch: "Damals musste man die Haustür nicht abschließen." :(

    Bitte entschuldigt, ich habe diese Leserunde total verschwitzt! :(


    Irgendwie hatte ich im Kopf, dass sie erst später im März beginnt und wollte mich eigentlich heute hier "offiziell" abmelden. Seit Mitte Januar kann ich mich aufs Lesen nur schwer (eigentlich gar nicht) konzentrieren und ich merke, dass mich eine Verpflichtung in Form einer Leserunde zusätzlich stresst. Dabei hätte ich gerade dieses Buch sehr gerne mit euch zusammen gelesen! Tut mir sehr leid.
    (Das Buch lese ich noch auf jeden Fall. Vielleicht schreib ich dann irgendwann mal auch noch was in der LR.)

    Du bist natürlich entschuldigt - und wenn Du doch noch Zeit und Ruhe hast, jederzeit gern! :wave

    Findest du? Ich fand die Haftbedingungen schon schlimm, aber doch erträglich. Das hätte ich mir in Hohenschönhausen schlimmer vorgestellt. Aber sie hatten ja mit Philipp auch noch etwas vor. Oder jemand hielt seine schützende Hand über ihn. Oder er musste überleben, um für den dritten Band zur Verfügung zu stehen... ;)

    Es gibt ja Berichte tatsächlicher Häftlinge dort, die wirklich, wirklich schlimm sind. In meinem Nachwort gebe ich ein paar Lesetipps. Dagegen hatte es Philipp Gerber noch gut. Ich möchte es trotzdem nicht erlebt haben. :(

    Den Stern-Artikel kannte ich noch gar nicht. Vielen Dank für den Hinweis!

    Die Aussage Adenauers, dass die Nazis aufräumen sollen, was sie kaputt gemacht haben und dass man dreckiges Wasser nicht wegschüttet, wenn man sonst keines hat, fand ich auch gut formuliert. Man muss dabei halt aufpassen, dass sie nicht am Ende wieder so viel Macht haben, dass es wieder von vorne losgeht.


    Schwierig, wie baut man ein Land auf, in dem die Bevölkerung eben eine Vergangenheit hat. Es ist ja schon schwierig sich einzugestehen, dass man da 12 Jahre ein System unterstützt hat, dass die Menschenrechte mit Füssen getreten hat. Es gab ja genug Leute, die noch lange gesagt haben "war ja nicht alles schlecht unter Hitler"

    Dass angeblich nicht alles schlecht war, das war wohl auch ein Mechanismus, der den Menschen gestattet hat, sich selbst und andren gegenüber ihre eigene Vergangenheit schönzureden. Wenn nicht alles schlecht war, so die daraus sprechende Logik, war auch das eigene Tun in jener Zeit nicht nur schlecht. Krasser formuliert: Es gab ja auch gute Dinge. Wenn man dann nachfragt, kommen Sachen wie: "Man konnte abends unbehelligt auf die Straße gehen." Ja, konnte man, wenn man systemkonform war und nicht damit rechnen musste, von braunen Schlägertrupps verprügelt oder von der Gestapo einkassiert zu werden. :(

    Es freut mich sehr, dass es Dir gefallen hat.


    Der Unterschied zu den Kommunisten damals und dem Massenmörder und Kriegsverbrecher Putin heute ist, dass es damals noch ein Politbüro gab und sich selbst der große Vorsitzende - wenn auch hinter verschlossenen Türen - rechtfertigten musste und auch Gefahr lief, abgesetzt zu werden. Jetzt haben wir mit Putin den großen Diktator, unter dem alle kuschlen - wie wir gerade sehen, das Gefährlichste und Mörderischte, was es gibt.


    Das Adenauer-Zitat soll tatsächlich von ihm stammen. Ich habe es nur in den Zusammenhang meiner Roman-Stzene gestellt.

    Danke für deine Antwort. So ähnlich habe ich mir das vorgestellt. Ich höre gleich mal beim Kochen in die Kompositionen von Böttcher und Thomas rein. Die Art Musik kenne ich gar nicht.

    Von Böttcher höre ich beim Schreiben oft den Soundtrack zur alten Krimiserie "Sonderdezernat K1" ("Kapitalverbrechen - Mord - Erpressung - Raub - Totschlag - Brandstiftung - Kapitalverbrechen - Sonderdezernat K1") und die Musik den 50er-Jahren-Horst-Buchholz-Filmen "Die Halbstarken" und "Endstation Liebe".

    Bei Böttcher habe ich sofort die Karl May Musik im Ohr und sehe Pierre Brice durchs Bild reiten ;-)

    Ja, die Karl-May-Sache ist einfach mit dem Böttcher-Sound verbunden. Als meine Eltern noch da waren und ich bei ihnen wohnte, habe ich mir mal einen Pater-Brown-Film mit Heinz Rühmann angeschaut (Böttcher hat dazu und zu den Pfarrer-Braun-TV-Silmen die Musik komponiert), da kam mein Vater ins Zimmer und fragte: "Warum spielen die denn dazu Winnetou-Musik?" ^^

    Welche Rolle spielt Musik in deinem Leben?

    Eine sehr große Rolle, wenn ich auch kein Instrument spiele und mein Gesang schon die Badewanne beleidigt. Aber ich höre zu den unterschiedlichsten Gelegenheiten die unterschiedlichste Musik, auch beim Schreiben. Bei den Philipp-Gerber-Romanen ist es Musik der 50er, 60er oder auch 70er Jahre, meistens mit einem Krimi-Touch. Z.B. Kompositionen von Martin Böttcher und Peter Thomas wie due zu den Edgar-Wallace- und Jerry-Cotton-Filmen.