Was ich gleich schon am Anfang sagen kann ist: Wer eine herzzereißende Mutter-Tochter-Beziehungsgeschichte erwartet wird definitv enttäuscht. Was laut des Klappentextes die Haupthandlung des Romans zu sein scheint ist in Wirklichkeit ein Nebenstrang der Geschichte, die sich eigentlich zum größten Teil um Shay Bourne und drei Charaktere, Maggie, Michael und Lucius, die in der Inhaltsangabe gar nicht erwähnt werden, dreht.
Wenn man sich damit abgefunden hat, liest sich das Buch eigentlich doch ganz gut, denn die Geschichte ist durchaus mitreißend und spannend und auch sehr gut geschrieben.
Auch über so manche Ereignisse, die übersinnlich zu sein scheinen, lässt sich hinweglesen. Doch wenn dann in der Mitte angefangen wird, über Religion und die gnostischen Evangelien zu diskutieren, fragt man sich doch, ob man nicht im falschen Film bzw. Buch gelandet ist. Und dieser Mittelteil zieht sich wirklich unendlich lange hin, was auch durch mehrmalige Wiederholungen der Erkenntnisse und Theorien nicht besser wird. Danke, aber ich hab es schon beim ersten Mal verstanden.
Gegen Ende nimmt die Geschichte wieder etwas Schwung auf und es liest sich wieder leichter. Ein paar erstaunliche Wendungen am Schluss runden das Ganze doch noch ganz gut ab.
Die Figuren sind mir aber leider recht blass geblieben. Da hat Jodi Picoult mit Vorurteilen gespielt ohne Ende. Die Anwältin, die "dick" ist und deswegen kein Glück in der Liebe, dafür aber ein Häschen namens Oliver hat, der Priester, der eher aussieht wie ein Motorrad fahrender Student, und die Mutter, die nur aus Hass gegen den Mörder besteht und die sonst überhaupt keine Persönlichkeit hat. Allein die beiden Häftlinge Shay und Lucius sind mir ein bisschen näher gekommen. Vor allem Lucius, obwohl auch er als Aidskranker Schwuler ja so einige Vorurteile bestätigt.
Mir kam es die meiste Zeit so vor, als hätte die Autorin einfach zu viele Ideen gehabt, und wollte sich partout nicht von ihnen trennen, obwohl der Geschichte eine Diät vermutlich gut getan hätte...
Insgesamt war es ein eher langweiliges und durchschnittliches Leseerlebnis. Dabei hatte ich mir nach der Leseprobe von meinem ersten Picoult-Roman doch etwas mehr erhofft. Am Schlimmsten fand ich glaube ich den ständigen Perspektivenwechsel und die Seitenlangen Diskussionen über Religion, obwohl mich da das Thema an sich interessiert, aber es hatte meiner Meinung nach in diesem Buch einfach nichts zu suchen.
Grundsätzlich mag ich es, wenn Bücher mich überraschen, aber wenn die Geschichte so völlig anders ist, als es im Klappentext angedeutet wird, komme ich mir auch ein bisschen veralbert vor.