Ein feines kleines Buch, das viele Ansätze zu einer wunderbaren Familiensaga bietet. Ich fand die Leküre einfach bezauernd, prickelnd, lebensfroh und faszinierend. Wenn man bedenkt, dass Truman Capote zum Zeitpunkt der Entstehung erst 19 Jahre alt war, wird die Leistung noch bedeutsamer.
Manche Stellen waren so brillant formuliert, dass mir fast die Tränen kamen.
Ein amerikanischer Rezensent hat den Roman mit antialkoholischem Champagner verglichen - prickelnd wie richtiger Champagner, aber doch nicht so belebend.
Dem möchte ich widersprechen - bei mir trafen Gradys spezieller Sommer und ihre erste große Liebe direkt ins Herz.
Es ist von einigen kitisiert worden, dass die Charaktere flach bleiben, aber das Gefühl hatte ich nur bei Peter. Der Roman legt den Schwerpunkt auf Grady, deren Gefühlsleben ausführlich dargelegt wird, während die Männer der Geschichte zwar wichtig aber trotzdem eher Beiwerk sind.
Allerdings waren meine Erwartungen an ein Manuskript von nur 139 Seiten nicht allzu hoch. Immerhin handelt es sich hier um eine Momentaufnahme, die Merkmale einer Kurzgeschichte aufweist (abrupter Anfang, überraschendes Ende).
Wahrscheinlich liegt der Reiz für mich in Gradys Persönlichkeit: sie gehört der High Society New Yorks an, wehrt sich aber entschieden gegen ihre Position im Leben. So kann sie dem großen Wunsch ihrer Mutter Debütantin zu werden, nur ein müdes Lächeln abgewinnen und hoffen, dass die Zeit für sie spielt. Was sie auf eigentümliche Weise auch tut. Sie ist mutig, hat einen eigenen Kopf, schräge Einfälle und lebt nonkonformistisch und spricht so die Rebellin in der Leser in an.
Mir hat das Lesen jedenfalls viel Spaß gemacht und ich fühlte mich gut unterhalten.