Beiträge von marilu

    Zitat

    Original von buzzaldrin
    Ich hab auch zunächst "Die Geschichte der Liebe" gelesen und erst danach ihren eigentlichen Debütroman "Kommt ein Mann ins Zimmer" und muss zugeben, dass ich nicht wirklich begeistert war. Die Idee der Geschichte ist vielleicht ganz nett, aber nach einer Weile fand ich es dann einfach langweilig und war dann doch insgesamt ziemlich enttäuschend.


    Genauso ging es mir auch! :wave
    Nach 50 Seiten habe ich dann enttäuscht abgebrochen. Vielleicht lag zwischen der jeweiligen Lektüre zu wenig Zeit, aber Sprache und manche Motive waren fast identisch, so dass ich mitunter das Gefühl hatte, zweimal das gleiche Buch zu lesen (trotz unterschiedlichen Inhalts).
    Um mir nicht die Erinnerung an "Geschichte der Liebe" zu zerstören, habe ich dann kurzentschlossen "Kommt ein Mann ins Zimmer" zur Seite gelegt und irgendwann verschenkt.

    Heinrich Krauss berichtet in "Die Engel" über die Engelsrezeption im Wandel der Zeit. Er geht auf die Erwähnung von Engeln im Alten und Neuen Testament ein und lässt dabei den geschichtlichen Hintergrund nicht aus den Augen. Neben diesen Beobachtungen gibt er auch Auskunft über die Aufgaben und Funktionen dieser Himmelswesen, ihrer Rollen sowie ihren Einfluss auf die Glaubensgeschichte.
    Die Gliederung des Buchs folgt einer chronologischen Reihenfolge. So beginnt er mit der Zeit, in der Altes und Neues Testament entstehen, äußert sich im zweiten Teil zu Spätantike und Mittelalter und erläutert im 3. Teil, wie sich der Engelsglaube seit der Neuzeit entwickelt.


    Im Folgenden werde ich ein wenig dessen wiedergeben, das ich gelesen habe - mit Schwerpunkt auf die Zeit vor Jesu Geburt.


    Mir war z. B. nicht klar, dass die im Alten Testament erwähnten Engel im Text nicht so bezeichnet werden, sondern als abstrakte Himmelswesen auftreten. Sie sind der "Hofstaat Gottes", der aus "Heerscharen" (Begriff für Naturphänomen wie Elemente, Gestirne und Wolken) und "Gottessöhnen", den "bene elohim" (wahrscheinlich Relikte aus heidnischen Zeiten) besteht. Diese Himmelswesen sind Gottes Mittler und Botschafter in Situationen, in denen Menschen wichtige Entscheidungen treffen müssen.
    Bleibt ihre Rolle schon vage, so schweigt sich das Alte Testament erst recht über ihr Erscheinungsbild aus. Erst später werden die Beschreibungen der Engel detaillierter und ihr Aussehen definiert.


    Im 1. Jahrhundert beeinflusst die Lehre des Zarathustra auch die Israeliten, als Babylon von den Persern besetzt wird - wo sich viele Israeliten im Exil befinden. Er lehrt ebenfalls einen Monotheismus und glaubt an "Ahuramazda" (den weisen Herrn), der in seinem Reich von 6 Engeln umgeben ist. Zarathustra wird in den Himmel geführt und lernt dort vieles über das Weltgeschehen. Er erkennt, dass die Weltgeschichte aus einem immerwährenden Kampf zwischen dem Reich Ahuramazdas und der Welt der Finsternis besteht. Der Mensch hat einen freien Willen und kann zwischen Gut und Böse entscheiden. Letztendlich wird jedoch das Gute siegen und Ahuramazda den Frieden und das Glück auf Erden durch einen Erlöser schaffen.
    Diese Lehre hat auch Einfluss auf die Bibelschreibung:
    Engel erhalten eine neue Wertigkeit, neue Engel tauchen auf und erhalten Namen. So gibt es nun neben Cherubim und Seraphim auch Deuteengel, die prohetische Aussagen übermitteln, und Heilungsengel sowie 7 Engel, die Gebete an Gott weiterleiten.
    Neu sind auch apokalyptische Engel, die Ausdruck des jüdischen Widerstands gegen die Herrschaft Alexanders des Großen sind.
    In apokryphen Schriften werden zudem älteren biblischen Figuren Informationen über urzeitliche Anfänge und zukünftige Ereignisse in den Mund gelegt. Die zur gleichen Zeit sprießenden gnostischen Glaubensgruppen schmücken den in der Genesis erwähnten Fall der Engel aus. In den Schriften Henochs (des späteren Metatrons - Stimme Gottes) z. B. erlebt der Leser dessen Reise in das Himmelsreich mit. Henoch trifft vier Erzengel: Uriel, Raphael, Mchael und Gabriel.


    Was mir neu war, ist die Tatsache, dass "-el" für Gottheit steht und der Rest des Namens für die Aufgabe des Engels steht.


    Zurück zu Henoch: er sieht auch das Gefängnis der gefallenen Engel. Spekulationen über die Gründe des Sturzes gab es zur Genüge. Hier nur zwei:
    Eine besagt, dass einige Engel ihrer sexuellen Lust nachgaben und den Reizen der Menschenfrauen verfielen. Sie vereinigten sich und schufen aus dieser Vereinigung eine Generation aus Riesen, die zu Kannibalen wurden. Auch wenn Gott die gefallenen Engel im Folgenden gefangen nahm und die Riesen vernichtete, konnte er nicht verhindern, dass die Menschen durch die Engel Wissen erhalten hatten, das er nicht zurückholen konnte.
    Klingt für mich ein wenig nach der griechischen Sage von Prometheus.


    Krauss geht auf einen weiteren Mythos ein:
    den des Sturzes Satans und seines Gefolges im Zusammenhang mit der Anerkennung des Menschen. Als Satan sich vor Adam und Eva verbeugen sollte, weigerte er sich aus Stolz. Ein Drittel der Engel folgen seinem Beispiel. Gott verstößt sie aus dem Himmelsreich. Um sich zu rächen, verführte Satan Eva zum Biss in den Apfel.


    Satan kommt übrigens von "ha-satan", dem Ankläger, Widersacher. In der Zeit persischer Beeinflussung erhält Satan darüber hinaus die Rolle, die Menschen zu prüfen, zu verführen und Gott darüber Auskunft zu geben.


    In diesem Teil des Sachbuchs folgen zudem noch interessante Informationen über den Schutzengelglauben sowie die Vorstellung von Todesengeln. Außerdem spielen die Engel im neuen Testament häufig als Stilmittel eine Rolle, wenn es darum geht, besondere Stellen hervorzuheben und das Christentum zu verbreiten.


    Im 2.Teil erläutert Krauss die Engelslehre vor dem Hintergrund philosophischer Strömungen mit zahlreichen Beispielen. Er bezieht sich dabei auch auf die antiken Kirchenväter und ihre Schriften. Erwähnen möchte ich hier nur exemplarisch Dionysios Areopagita (Pseudo-Dionys), der mit seiner Schrift "Über die Himmlische Hierarchie" ein Werk schuf, auf das sich später viele bezogen. Er berichtete über Gesetze und Bedeutungen der Engel und baute eine Himmelshierarchie auf, die der Kirchenhierarchie auf Erden entsprach.
    In diesem Teil habe ich sehr viel Neues gelernt und möchte mich noch mehr damit auseinandersetzen.
    Der im 13. Jahrhundert erreichte Grundkonsenz ist auch heute noch in vielen Teilen bekannt: z. B. dass sich Engel und Menschen durch ihre Körperlichkeit unterscheiden, beide über einen freien Willen verfügen und dem Reich Gottes angehören. Das Verhältnis Engel - Mensch ist übrigens 99-1.


    Zum Abschluss noch der Hinweis, dass Magersucht kein Phänomen unserer Zeit ist, sondern schon im 13. Jahrhundert bekannt war. Viele Frauen aßen nur noch Hostien in dem Glauben "irdische Engel" zu werden. Könnte sich dahinter nicht aber auch Protest gegen Zwangsheirat und aufgezwungenem Klosterleben verborgen haben?


    Im 3. Teil geht es um Engel in der Kunst, den Engelsglauben in der Neuzeit und die heutige Rezeption.


    Mir hat der kurze Band gut gefallen, weil er mir viel Neues vermittelt hat, aufgrund der Kürze aber noch viel zu recherchieren bleibt. Für mich der geeignete Einstieg in die Materie - zumal er neutral gehalten ist und nicht durch persönliche Wertungen geprägt wird. Auch für Laien gut nachvollziehbar und sehr anschaulich und lebendig beschrieben.
    Ich glaube noch immer nicht an die Existenz von Engeln, kann aber besser verstehen, welche Faszination von den Engeln für viele Menschen ausgeht.
    Für mich war diese Lektüre eine positive Überraschung!

    Originaltitel: Blink! The Power of Thinking without Thinking


    "Blink" ist das Plädoyer dafür manchmal den Verstand bei der Entscheidungsfindung auszuschalten und der Intuition zu vertrauen. Anhand diverser psychologischer Studien, Fallbeispiele und Fakten zeigt Malcolm Gladwell, was bei der Einschätzung von Situationen im Berufs- und Privatleben im Gehirn vorgeht. Anschaulich wird erklärt, dass zu viel Faktenwissen in manchen Situationen eine gute Entscheidung negativ beeinflussen kann.


    So beginnt die Argumentation mit einem Fallbeispiel aus der Kunst. Experten untersuchen eine Statue des Kouros, die 1983 dem Paul-Getty-Museum in Los Angeles angeboten wird. Sie bestätigen die Echtheit der Statue und so wird sie angekauft. Doch es gab Zweifel von anderen Experten, die entdeckten, dass etwas nicht stimmt. Ohne beweisen zu können, was sie störte, waren sie sich sehr sicher darüber, dass es sich um eine Fälschung handelt.
    Innerhalb zweier Sekunden (innerhalb eines Blinzeln - daher der Titel - nahmen diese Fachleute etwas wahr, das andere nicht erkennen konnten). Bis heute ist die Sachlage nicht geklärt und so wird die Statue nun mit dem Hinweis ausgestellt, dass es sich um ein Kunstwerk aus der Zeit von "ca. 530 v. Chr. oder eine moderne Fälschung" handele.


    Im Folgenden geht Gladwell auf eine Studie ein, in der Testpersonen an einem Glücksspiel teilnehmen. Vor ihnen legen 4 Stapel mit Spielkarten. Ihr Ziel ist es, möglichst viel Geld mit dem Umdrehen von Karten zu verdienen. Hohe Karten vermehren den Gewinn, niedrige führen zum Verlust.
    Dabei ist zu beachten, dass zwei Kartenstapel mit roten Karten sehr viele hohe und niedrige Karten umfassen, so dass Gewinn und Verlust jeweils sehr hoch ausfallen. Zwei Stapel mit blauen Karten halten mittelmäßige Werte bereit. Der Gewinn und Verlust ist moderat und führt langfristig zu einer Gewinnsteigerung. Dies wissen die Teilnehmer natürlich nicht.


    Interessant hieran ist, dass die Testpersonen nach ca. 50 Karten intuitiv ihre Strategie des Aufnehmens an die Gegebenheiten anpassen. Aber erst 30 Karten später erkannten sie das Muster bewusst und konnten es erklären.


    In sechs Kapiteln erfährt man einiges über die Vorhersagbarkeit der Erfolgschancen von Ehen und Beziehungen ohne das Paar lange zu kennen, darüber wie Vorurteile auch bei den tolerantesten und liberalsten Menschen Entscheidungen beeinflussen, wie Spontanität und Intuition die größte Militärstrategie der USA zum Scheitern brachte und vieles mehr.


    Letztes Jahr hatte ich "Tipping Point" vom Autoren gelesen und mochte seinen Schreibstil gerne, weshalb ich mir "Blink!" dieses Jahr zum Geburtstag gewünscht habe. Insgesamt war ich recht begeistert. Der Fokus des Buches liegt zwar auf amerikanischen Interessen, ist aber auch für Europäer ganz interessant zu lesen.


    Ich hatte mir insgesamt mehr erwartet, aber nehme einiges an neuen Informationen mit. Zahlreiche Literaturangaben am Ende geben dem Leser die Möglichkeit, sich weiter mit den Thematiken zu beschäftigen, die ihn angesprochen haben. Das empfinde ich bei Sachbüchern immer als Plus. Schön auch, dass es nicht so hochintellektuell gehalten ist und sich das Nachschlagen fieser Fachwörter erübrigt. So liest sich "Blink" flüssig und ist eine nette Ablenkung vom Alltag.


    Eine große Begeisterung blieb bei mir zwar aus, aber enttäuscht bin ich auch nicht. Wie immer muss jeder für sich entscheiden, ob er/sie sich darauf einlassen möchte.

    Das klingt ja spannend, insbesondere, weil du den Autoren kennst. Ich habe momentan ein Tief was Romane angeht und bin auf der Suche nach Fachbüchern, die mir gefallen könnten. Danke für deine Vorstellung! Bei meinem nächsten Bibliotheksbesuch werde ich hineinschauen. Sicher wäre ich darauf nicht aufmerksam geworden ohne dich!

    Zitat

    Original von Pheebs


    Oh tolles Wort =) Lass uns einen Club gründen ;-)


    Möchte auch dazu gehören! :wave


    ---


    Der 5. Band um Thursday Next beginnt sehr beschaulich im Jahre 2002. Sie und Landen führen ein harmonisches Eheleben. Ihr Sohn Friday ist inzwischen Teenager und die Töchter Tuesday und Jenny bereichern das Leben der Familie. Landens Schriftstellerkarriere fehlt der Schwung und so versucht er, wieder ein Bein in das Literaturgeschäft zu bekommen, in dem er es mit dem Verfassen von Ratgebern versucht, während er an seinem „Magnum Opus“ arbeitet.


    Thursday ist die Ernährerin der Familie. Nachdem die SpecOps aufgelöst wurden, arbeitet sie bei Acme Carpets. Doch es braucht nicht lang und man atmet erleichtert aus, stellt sich doch heraus, dass Acme nur als Scheinfirma für die Untergrundarbeit ehemaliger SpeOps-Agenten existiert. Was wiederum ein Deckmantel für Thursdays hauptsächliche Arbeit in der BookWorld dient.


    Ist dies alles nicht schon verwirrend genug, findet man bald heraus, dass die Welten mal wieder kurz vor einer Katastrophe stehen. Und wer könnte sie retten, wenn nicht Thursday Next?


    Die ersten ca. 100 Seiten sind wie ein nettes Vorgeplänkel, um sich wieder mit Swindon, der BookWorld und altbekannten Figuren vertraut zu machen, die wir bereits kennen. Die kurzen Zitate vor jedem Kapitel sind diesmal Zusammenfassungen der altbekannten Organisationen. Der Einstieg fällt also ziemlich leicht.


    Wieder haben mich die rasante Entwicklung der Handlung und der immerwährende stille Humor von Jasper Fforde begeistert. Für mich kommt gerade in diesem Buch seine Liebe zu den Klassikern sowie sein Wunsch, diese populärer zu machen, noch stärker durch als bisher. Er nimmt sich auch zwischenzeitlich die Freiheiten, die Buchwelt mit mehr liebevollen Details zu füllen. Ich liebe so etwas! Selten steht etwas für sich allein – meist gibt es zwischen scheinbaren Einzelphänomenen Verbindungen in andere Subplots und so gestaltet sich das Abenteuer schön rund. Einige Erzählstränge bleiben unaufgelöst, was mich auf eine spätere Wiederaufnahme in einem späteren Band hoffen lässt!


    In diesem Band spielt „Pride and Prejudice“ („Stolz und Vorurteil“) häufiger eine Rolle. Insbesondere gegen Ende gibt es einen „Kampf“ um Existenz und Zerstörung des Romans der etwas anderen Art. Ich möchte nicht zuviel verraten. Nur soviel: fällt euch eine Verbindung zwischen den Bennetts und Bienen ein? Nein?! Nun, das allein ist schon Grund genug, euch an diesen Band zu wagen. Das entstandene Bild in meinem Kopf werde ich wohl nie wieder vergessen und spätere Wiederholungslektüren des Romans immer mit Jasper Fforde in Verbindung bringen – wie es mir auch schon mit „Jane Eyre“ ergeht.


    Anders als Nachtgedanken und Pheebs fand ich den Roman nicht schwächer als die anderen Bände. Liegt aber vielleicht auch daran, dass mich nicht in erster Linie die Action der Reihe anspricht als eher die vielen kleinen liebevollen Details.


    Wie nicht anders zu erwarten war "First among sequels" für mich ein LESEHIGHLICHT! :kiss


    Ich habe übrigens die unten stehende Taschenbuchausgabe gelesen (inklusive Fußnoten).

    Originaltitel: All my friends are superheroes! (2003)


    Die Geschichte lässt sich in 5 Sätzen zusammenfassen:


    Tom und die Perfektionistin lieben sich. Bei ihrer Hochzeitfeier wird der Perfektionistin von ihrem Ex-Freund dem Hypnotiseur suggeriert, dass Tom sie verlassen hat und so wird er für sie unsichtbar. Nach Monaten des Wartens entscheidet sich Perf (die Perfektionistin) ihr Leben neu zu ordnen. Sie verlässt Toronto inkl. aller Erinnerungen und fliegt nach Vancouver, um ein neues Leben zu beginnen. Der Flug dorthin ist Toms letzte Chance, seine Ehe zu retten.


    Was hat diese Liebesgeschichte nun aber mit dem Titel zu tun? Wo sind die erwähnten Superhelden (im Klappentext ist von 249 in Toronto ansässigen Superhelden die Rede)?


    Zwei treten schon in der Kurzbeschreibung auf (zu erkennen an den Einleitungen „die“ und „dem“). Aber Toms Bekanntenkreis bietet noch eine Menge mehr: so z. B. den Amphibienmenschen, den Tom vor dem Ertrinken rettet. Oder Ohr, der die Intrige des Hypnotiseurs belauscht, aber nicht verhindern kann. Auch der Couchsurfer, das Stresshäschen, die Froschküsserin, das Faultier, der Moodswinger, Mrs. Stetsadrett u.v.a. bereichern Toms Leben.
    Wie sich einige von euch nun sicher denken können, handelt es sich hier nicht um geheime Identitäten oder Menschen mit Fähigkeiten, die ihnen immense Vorteile bringen. Nur die wenigsten von ihnen tragen Kostüme und viele sind selbst nicht glücklich mit der Art ihrer besonderen Fähigkeiten…


    Davon wie es ist, "Superhelden" zu lieben, erzählt der viel zu kurze Roman auf 107 Seiten. Außerdem davon, wie Superhelden gebrochene Herzen behandeln und davon, wie man für seine Liebe kämpft.


    Meine Meinung:


    Der Kauf dieses Romans war eine meiner seltenen Spontanentscheidungen. Der knuffig-spillerige Mann und die nostalgische Färbung auf dem Cover haben mich ebenso fasziniert wie der Titel. Mit dem Gedanken entweder werde die Lektüre „Top oder Flop“ habe ich es zur Kasse getragen und innerhalb zweier Abende durchgelesen. Und ich bin froh über den Kauf! Für mich hielt die Geschichte das, was mir der Klappentext versprach – eine warmherzige, komplett irrwitzige Geschichte für zwischendurch, bei der man wenig nachdenken muss, aber sehr gut unterhalten wird. Driften die Gedanken dann doch mal ab, dann sicher um zu überlegen, welche Superhelden im eigenen Umfeld ihr Dasein fristen.


    Denke ich über die eigentliche Handlung nach, hätte ich mir sehr viel mehr gewünscht:
    mehr Details, weniger Zeitdruck, ausgereiftere Personen. Aber komischerweise stört mich das Fehlen dieser eigentlich essentiellen Punkte in diesem Roman nicht wirklich. Die Atmosphäre ist sehr dicht; Toms und Perfs Leiden stark komprimiert, aber doch direkt greifbar. Kaufman baut viele Abschweifungen bezüglich verschiedener Superhelden ein, die mit der Geschichte an sich selten etwas zu tun haben. Er widmet ihnen mehrzeilige Absätze und reißt so die wenige Handlung, die da ist, auseinander. Insbesondere, wenn die Rede von den Superhelden ist, klingt ein klar ironischer Unterton durch. Es ist, als halte Kaufman der Welt den Spiegel vor, um zu sagen: „Nehmt euch nicht so ernst!“


    Also: meinen Geschmack traf das Gesamtkonzept.


    „Alle meine Freunde sind Superhelden“ ist ein bizarrer Roman, der sicher ebenso viele Fans finden wird wie gelangweilte und entnervte Leser. Ein roter Faden existiert, ihn nicht aus den Augen zu verlieren, ist hier die Kunst. Und das Dauergrinsen, das mir die humorvolle Art des Autoren auf das Gesicht gezaubert hat, ist unbezahlbar!


    Zum Autoren:
    Andrew Kaufman ist ein kanadischer Autor, Filmemacher und Radioproduzent. „Alle meine Superhelden“ ist sein erster Roman. (Dem Buchumschlag entnommen).

    Zitat

    Original von Batcat
    Das Buch der Autorin habe ich auch schon mal gelesen... aber das ist soooo lange her, daß ich mich leider nicht mehr an den Inhalt erinnern kann.


    "Geschichten von brennender Liebe" habe ich als zweiten Roman von Louise Erdrich gelesen. Fand ihn aber nicht sooo toll. Dennoch: Louise Erdrich ist lesenswert! :-)

    Ich habe den Roman jetzt ausgelesen und werde mal etwas mehr zum Inhalt hinzufügen (der Klappentext ist meiner Meinung nach ärgerlich, weil er wichtige Informationen vorweg nimmt). Warum, stelle ich hier lieber nicht klar, weil ich dann spoilere. Lasst euch von dem Roman einfach überraschen!


    Originaltitel: The Beet Queen (1986)


    Inhalt:


    1932 springen zwei Kinder in Argus, North Dakota, aus dem Zug. Während die elfjährige Mary Adare ein neues Leben mit der Familie ihrer Tante Fritzie Kotzka beginnt, flüchtet sich ihr vierzehnjähriger Buder Karl zurück in den Zug, nachdem er von einem Hund angegriffen wird. Ihre Zukunft driftet auseinander, wie schon die abenteuerliche Flucht ihrer Mutter implizierte. Bei einem Volksfest übergibt diese (Adelaide) ihr kleines Baby, springt in das Flugzeug eines Piloten und entschwindet aus dem Leben ihrer Kinder.


    Während Karl zum Vertreter wird und immer unterwegs sein wird, erobert sich Mary ihren Platz in der Stadt. Kämpfe mit ihrer eifersüchtigen Kusine Sita steht sie ebenso durch wie die unglückliche Liebe zu dem Bruder Russell ihrer besten Freundin Celestine. Als sie in der Grundschule nach einer Rutschfahrt auf eine vereiste Stelle fällt, erkennen die Nonnen, die sie unterrichten, in der Aufprallstelle das Gesicht von Jesus. Sie selbst erkennt darin jedoch ihren Bruder. Dieses Erlebnis ist für sie eine wichtige Erfahrung, die ihr sagt, sie sei übersinnlich begabt. Ihr ganzes Leben lang ist sie der Esoterik verhaftet.


    Episodenhaft vermischen sich die Schicksale von Karl, Mary, Russel, Celestine und Sita über eine Zeit von 40 Jahren. Eine neue Generation wächst heran, Wallacette (Dot) und wirbelt das Leben aller durcheinander bis es scheint, dass sich die Geschichte wiederholen würde...


    Meine Meinung:


    Nun bin ich schon zum dritten Mal zu Gast in Argus und finde mich immer besser in dieser fiktiven Welt zurecht. Wer "Club der singenden Metzger" (Der Gesang des Fidelis Waldvogel) gelesen hat, kennt die Kotzkas schon. Aber bis auf die Namensgleichheit gibt es kaum Verbindungspunkte zwischen den Romanen.


    Liebevoll und fantasievoll strickt Louise Erdrich hier erneut eine Familiengeschichte, der etwas anderen Art. Statt ein perfektes Leben zu pflegen, schlagen sich hier verschiedene Individuen durch ihre jeweiligen Existenzen. Der Schwerpukt liegt auf den Erlebnissen der Frauen, die starke Charaktere sind. Dabei fehlten mir manchmal mehr Details zu den männlichen Randfiguren.


    Es gibt vier Teile, die die dreißiger, vierziger/fünziger, sechziger und siebziger Jahre abdecken. Die Zeitsprünge sind mitunter recht groß, aber nicht so, dass man den Überblick verliert. Allerdings ist mir der Umgang mit der Namens- und Figurenreichtum gerade am Anfang etwas schwergefallen, so dass ich zwischendurch eine Pause eingelegt habe. Vielleicht war der Zeitpunkt für die Lektüre aber auch nur schlecht gewählt. Nachdem ich es Anfang der Woche wieder in die Hand genommen habe, platzte der Koten und ich las die letzten zwei Drittel innerhalb der letzten 5 Tage.


    Das Ende hat mir ziemlich gut gefallen, abgesehen davon, dass ich jetzt noch mehr wissen möchte! Es lässt soviel offen, dass man daraus einen neuen Roman schreiben könnte. *habenwill* - schade, dass er nicht existiert.


    Fazit:


    Wer amerikanische Erzähltradition liebt, wird sich hiermit wohlfühlen und eine warmherzige Geschichte über etwas durchgeknallte Personen erleben, die sich durch ihr Leben wurschteln. Es hat mir insgesamt wieder gut gefallen!

    Originaltitel: The Cry of the Owl (1962)


    Robert Forester hat New York verlassen, um Abstand zu seiner Ex-Frau Nickie zu erlangen. Sein Leben ist ruhig und beschaulich bis er seinen Impulsen folgt und ein junges Mädchen, Jenny Thierolf, in ihrem Haus heimlich beobachtet. Jennys Alltag und Beziehung zu dem jungen Greg geben seinem Leben etwas Struktur und Wärme.


    Eines Tages lernen sie sich kennen und Jenny reagiert auf seine Beobachtungen überraschend positiv. Statt ihn als Bedrohung zu empfinden, lädt sie ihn zu sich ins Haus ein. Beide werden Freunde, wobei Jenny bald mehr für Robert empfindet. Sie verlässt ihren Verlobten Greg, weil sie erkennt, dass in ihrer Beziehung etwas fehlt. Sie weiß jedoch, dass Robert ihr gegenüber keine Liebe empfindet. Dennoch fühlen sie sich beieinander wohl und verbringen viel Zeit zusammen und mitunter übernachtet Jenny bei Robert. Die Gerüchteküche im Ort beginnt zu brodeln und bald verselbständigen sich die Dinge und die Geschichte steuert unaufhaltsam auf eine Katastrophe zu.


    Meine Meinung:
    Wo Highsmith draufsteht, ist auch Highsmith drin. Ein psychologischer Krimi erwartet die Leser und lässt ihn alles um sich herum vergessen. Aus kleinen Begebenheiten entwickelt sich unter bestimmten Umständen ein unheimlicher Sog. Intrigen, Selbstsucht, verletzter Stolz und schiere Boshaftigkeit fördern ein ungesundes Klima und zerstören das Leben vieler Menschen.


    Mehr will ich nicht verraten, aber für mich ist "Der Schrei der Eule" nach einigen Anlaufschwierigkeiten einer der besseren Romane von ihr!

    Originaltitel: The Ladder of years


    Eine zufällige Begegenung im Supermarkt lässt Delia Grinstead über ihr bisheriges Leben nachdenken. Ihr Leben als Tochter, Mutter, Ehefrau zieht vor ihren Augen vorbei. Sie beschleicht das Gefühl, dass sie sich selbst und ihren Daseinszweck schleichend verliert: ihr Vater ist tot, die pubertierenden Kinder nehmen sie kaum noch wahr und ihr Mann Sam ist - nunja, er ist der immer gleiche Mann an ihrer Seite.
    Nach einem amourösen Intermezzo ändert Delia während eines Sommerurlaubs spontan ihren scheinbar vorgegebenen Lebensweg: aus einem Spaziergang am Strand wird eine Flucht.
    Als sie in dem Örtchen Bay Borough strandet, will sie anfangs nur für eine Nacht bleiben und mietet sich ein Zimmer. Ohne es bewusst zu steuern, findet sie sich aber bald mit einer Arbeit als Sekretärin wieder, schafft sich eine neue Garderobe und neue Verhaltensweisen. Meidet sie auch bewusst enge Freundschaften, kann sie dennoch nicht verhindern bald eine beliebte Dorfbewohnerin zu werden. Ihr Freundeskreis weitet sich weiter aus, als sie die Stelle wechselt und als Haushälterin den Schuldirektor Joel Miller bei der Betreuung seines Sohnes Noah zu unterstützen.


    Dass ihre Familie nur in begrenztem Maße nach ihr sucht und sie nicht bittet heimzukommen, enttäuscht sie und bestätigt sie in ihrer Annahme, nicht gebraucht zu werden. Doch die Heirat ihrer Tochter gibt dem Geschehen eine Wendung...



    Wo Anne Tyler drauf steht, ist auch Anne Tyler drin. Die Handlung in "Kleine Abschiede" spielt wieder im Mittelklassemilieu von Baltimore, Hauptperson ist eine Mutter mittleren Alters, deren Familie ihr Mittelpunkt ist. Häufig finden sich Stellen, die man so oder ähnlich selbst halb (un)bewusst empfunden hat und Entscheidungen treffen musste. Anne Tylers Schreibstil zieht einen wieder in die Geschichte und geht an Herz und Geist. In Delias Berufswahl und gegenüber ihren Handlungen und Gedanken liegt eine feine Ironie, die sie liebenswert macht. Man begegnet einem nicht perfekten Menschen, dessen Leben aus der Bahn gerät. Statt zu jammern oder zu erstarren, befeit sich Delia aus ihren Zweifeln - wenn auch auf recht unorthodoxe Weise. Ein Jahr vergeht, indem man ihre Zweifel, Unsicherheit und Wandlung miterlebt. Ich habe allerdings gegenüber Delia die ganze Zeit eine Distanz behalten, was verhinderte so richtig in abzutauchen. Aber der Roman war gut genug, um mir einige schöne Stunden zu bereiten. Ein netter Schmöker mit Ansätzen zu mehr!


    Bisher überwiegen ja die positiven Stimmen zum Roman. Ich schließe mich eher der Meinung von die-kleine-lady an.
    Ich habe mir den Roman Anfang des Jahres während meines Englandsaufenthaltes gekauft und sofort losgelesen. Der Anfang war nett, spritzig, interessant! Aber je weiter ich las, desto abstruser fand ich die ganze Geschichte, bis sie letztendlich mein Interesse komplett verlor. Zuende gelesen habe ich dann doch, aber eine große Überraschung war das Ende leider nicht - kannte ich doch "Stolz und Vorurteil".


    Schade, ich frage mich, ob da nicht noch mehr drin gewesen wäre...

    Kate Fox - Watching the English: The Hidden Rules of English Behaviour


    In insgesamt 14 Kapiteln (in zwei Teilen: "Conversation Codes" und "Behaviour Codes" beschäftigt sich die englische Anthropologin Kate Fox mit den Eigenheiten der Engländer und bestätigt viele Voruteile, die man diesem höflichen, regressiven aber sympathischen Völkchen entgegenbringt.


    Dabei streift sie die Eigenheiten der englischen Sprache, das Verhalten der Engländer bei der Arbeit, zu Hause, bei Hobby und Sport. In jedem Kapitel geht sie zudem auf die Besonderheiten der verschiedenen Klassen ein. Ihre Ergebnisse zieht sie aus eigenen Beobachtungen, Feldstudien und Umfragen. Niedlich fand ich immer ihre Äußerungen bezüglich ihrer Versuche über den eigenen Schatten zu springen, um bestimmte Vermutungen zu beweisen (z. B. sich in einer Schlange vorzudrängeln, Wartende auf den Bahnsteigen absichtlich anzurempeln, Hausbesitzer direkt nach den Kosten ihres Hauses zu fragen).


    Sie berichtet in einer angenehmen Art über ihre Ergebnisse, mitunter klingt es wie eine Plauderei unter Freunden, garniert mit einer großen Portion Humor, besonders dann, wenn ihr selbst etwas unangenehm ist oder sie sich ertappt fühlt. Mit diesem Mittel gibt sie sich als Britin zu erkennen: Humor ist die britische Art, mit Peinlichkeiten umzugehen. Und da es häufig zu unangenehmen Situationen kommt, beherrscht der Humor einen großen Teil etwaiger Kommunikationsformen.


    Kate Fox identifiziert den Pub als den Ort im englischen Sozialgefüge, an dem sich bestehende Regeln und Grenzen aufheben und die lockere, entspannte Atmosphäre auch den Kontakt zwischen Fremden fördert. Auch dabei unterliegen diese scheinbar natürlichen Gespräche versteckten Regeln, denen sich Kate Fox an mehreren Stellen des Romans (und in einem separaten Buch) widmet.


    Manche Verhaltensweisen, die sie als typisch britisch einstuft, würde ich als universell einschätzen. Aber häufig schränkt sie die Besonderheit ein, indem sie typisch britische Eigenheiten für diese Beispiele erläutert.



    "Watching the English" hat mich einen ganzen Monat lang begleitet. Obwohl locker und amüsant geschrieben, präsentiert Kate Fox sehr viele Informationen, die es zu verarbeiten gilt. Ihre Mischung aus Fakten, Beispielen und persönlichen Bemerkungen fand ich sehr gelungen. Ein wahrer Glücksgriff für alle, die etwas mehr über die Engländer erfahren möchten. Man sollte sicher nicht alles auf die Goldwaage legen - immerhin sind Menschen Individuen, die sich nicht immer an erstellte Regeln halten, aber der generelle Eindruck erschien mir aus meiner bisherigen Erfahrung stimmig.


    Manche Stellen haben mich stärker angesprochen als andere, weil ich ihnen schon begegnet bin, andere haben mich überrascht und wieder andere schlicht amüsiert. z. B. gibt es ein Kapitel über "Food Rules", in denen Kate Fox das Ritual beim Ausschenken des Portweins nach einem Abendessen beschreibt. Dafür existieren nämlich klare Regeln, die nicht mißachtet werden dürfen:


    - die Portweinflasche wird immer im Uhrzeigersinn um den Tisch herumgereicht
    - verpasst man seinen "Einsatz", wartet man entweder bis zur nächsten Runde oder reicht sein Glas weiter, um es füllen zu lassen. Entgegen der Bestimmungen bezüglich der Flasche darf das Glas anschließend nämlich entgegen des Uhrzeigersinns zurückgereicht werden :wow


    Ich verbuche diese Information unter "überflüssiges Wissen", da ich in meinem Leben sicher nie an einer solchen Männerrunde teilnehmen werde, aber manchmal bereitet gerade solches Wissen besonders viel Vergnügen!


    Meine Spannung auf die Lektüre des Buches war gerechtfertigt und ich bin froh über diese Anschaffung. Sicher werde ich noch häufig darin blättern!


    PS: Eine deutsche Übersetzung liegt nicht vor.

    Originaltitel: Rhett Butler's people


    Rhett Butler - geheimnisvoller, faszinierender Fremder, Liebhaber von Scarlett O'Hara... wer kennt ihn nicht und schwärmt heimlich für diesen Mann?! Vorausgesetzt, sein Charme hat den Leser bei der Lektüre von "Vom Winde verweht" bezirzt.


    Donald McCaig ist von den Erben Margaret Mitchells authorisiert worden, die Lücken in Rhett Butlers Biographie zu füllen. In seinem Roman begegnen wir zuerst dem jugendlichen Rhett, der im Begriff steht, wegen Belle Watling sein erstes Duell auszutragen. Ein schicksalhaftes Erlebnis, das den Rest seines Lebens immens beeinflussen wird.


    In Rückblicken erfährt man dann noch so einiges über seine unglückliche Kindheit und und sein gespanntes verhältnis zu seiner Familie. früh wird klar, dass er ein naturbegeisterter Junge ist, der sich über viele Gepflogenheiten hinweg setzt und mit seinem festen Charakter gegen so manche moralische Mauer läuft. Sein Vater Langston Butler ist tief enttäuscht von seinem Erstgeborenen, in den er viele Hoffnungen gesetzt hat. Rhett dagegen verachtet alles, für das sein Vater steht: seine Habgier ud Geltungssucht, seine Begeisterung für die Sezession ebenso wie seine fehlende Liebe für die anderen Mitglieder seiner Famile und das mangelnde Mitgefühl für seinen "Besitz", die Sklaven seiner Plantage Broughton. Wie zu erwarten, prallen diese zwei starken Charaktere in regelmäßigen Abständen aufeinander.


    Als Langston seinen Sohn als Strafe mit den Reispflanzern arbeiten lässt, erhält Rhett einen schmerzenden Einblick in den Alltag der Sklaven. Wen wundert es, dass einen solchen Freigeist, deren Schicksal nicht kalt lässt und er seine Sympathien eher ihnen zukommenlässt als der Klasse aus der er stammt?
    Nach seinem Rausschmiss aus West Point und dem oben erwähnten Duell ist der Bogen überspannt und sein Vater verstößt ihn - sehr zum Kummer seiner Mutter und heißgeliebten Schwester Rosemary.


    Sein Schicksal führt ihn nach Kuba, in den Wilden Westen und die Aufregung des Goldrausches. Aus dem rastlosen Rhett wird ein erfolgreicher Kaufmann mit festen Prinzipien. Auf einer Geschäftsreise in den Osten erhält er unvermutet eine Einladung auf die Plantage Twelve Oaks, wo er Scarlett O'Hara begegnet und ihrem Temperament verfällt.


    Ab hier ist der Rahmen der Geschichte durch "Vom Winde verweht" vorgegeben, weshalb ich hier nicht weiter inhaltlich ins Detail gehen werde. Abgerundet wird die große Liebesgeschichte durch ein neu erdachtes Ende...



    Ich hatte wenig Erwartungen an diesen Roman und war noch beim Anlesen unsicher, ob ich ihn überhaupt lesen möchte. "Vom Winde verweht" ist einfach wunderbar und wie sollte jemand daran herankommen?


    Aber ich wurde positiv überrascht: Donald McCaig hat darauf verzichtet, den Stil von Margaret Mitchell nachzuahmen und schreibt sehr neutral und gradlinig. In einem Interview äußerte er sinngemäß, dass Margaret Mitchell selten ein Wort nutzte, wenn ihr stattdessen zwei zur Verfügung standen, um den Sachverhalt zu schildern. Da ihm bewusst war, dass er selbst so nicht schreiben könnte, hat er sich entschieden, seinem Stil treu zu bleiben. Mir tat das bei der Lektüre gut gefallen, weil ich eine Distanz hatte und nicht ständig zwischen beiden Romanen verglich. Vielleicht wird aber andere Leser gerade dies abstoßen.


    Man erhält viele zusätzliche Informationen zum Bürgerkrieg und der entsprechenden Zeit. Rhett Butlers Person ist zwar der Aufhänger des Romans, aber zugleich werden auch viele weitere Charaktere eingeführt. Dadurch finde ich den deutschen Titel "Rhett" weniger treffend als den Originaltitel "Rhett Butler's People" (Rhett Butlers Leute). Hoffmann & Campe führt damit meiner Meinung nach seine potentiellen Kunden bewusst in die Irre und hat mit der gesamten Werbekampagne unglaubliche Erwartungen geschürt, die nicht den Tatsachen entsprechen.


    Wer die Fortsetzung "Scarlett" gelesen hat, sollte sich bewusst machen, dass sich "Rhett" auf "Vom Winde verweht" bezieht und dabei "Scarlett" nicht berücksichtigt. Dies wird besonders deutlich bei der Fortschreibung des Endes. Mich hat das nicht gestört, aber ich wusste dies bereits vorher und war darauf vorbereitet.


    Fazit:
    Ein nettes Büchlein für zwischendurch (trotz seiner 600 Seiten), das keine neue Welt erschafft und sicher kein Meisterwerk ist. Für Unterhaltung wird gesorgt, wenn manches vielleicht auch etwas vorhersehbar ist und an emotionalen Stellen oberflächlich bleibt. Ohne "Vom Winde verweht" zu kennen, sollte man "Rhett" nicht lesen, weil dadurch Bekanntes nicht erneut thematisiert wird.


    Die 23€ für das Hardcover wären mir allerdings zu teuer. Ich bin froh, es wieder in die Bibliothek zurückbringen zu können und das Geld für etwas anderes ausgeben zu können.

    Originaltitel: July's People (1981)


    Nadine Gordimer entwirft in ihrem Roman "July's Leute" ein fiktives Südafrika, in dem es zu einer "schwarzen Revolte" kommt. Im Mittelpunkt der Ereignisse steht die weiße Familie Smales, die von ihrem Diener July vor den Unruhen in Johannesburg in sein Dorf im Busch evakuiert werden.


    Bam und Maureen Smales haben Anzeichen für den drohenden Umsturz ignoriert und müssen sich nun vor den Aufständischen verstecken und mit den neuen Gegebenheiten und unzähligen Unsicherheiten leben lernen. Ihre Kinder Gina, Royce und Victor passen sich schneller als die Eltern an die neue Umgebung an und finden Freunde unter den afrikanischen Kindern. Die Haltung von Julys Familie gegenüber den ehemaligen Dienstherren ist von Misstrauen und Distanz gekennzeichnet. Da die beiden Städter noch über Geld, einen Wagen und ein Gewehr verfügen, können sie dem Misstrauenn anfangs mit den begehrten Gütern begegnen und allmählich wird ihre Anwesenheit zu einer beunruhigenden Normalität.


    Die neuen Verhältnisse haben große Auswirkungen auf viele Ebenen des Zusammenlebens: das Verhältnis der Eheleute Bam und Maureen ist von einer bedrückenden Sprachlosigkeit geprägt, deren Basis unter anderem in der neuen Einordnung der eigenen Personen begründet liegt.
    Außerdem müssen July und seine Familie sich daran gewöhnen, viel Zeit miteinander zu verbringen. In ihrem alten Leben war es normal, viel Zeit getrennt voneinander zu verbringen. July und seine Frau Martha hatten sich eigene Lebensstile zu eigen gemacht, die nun aufeinanderprallen und gezwungenermaßen zu einem Kompromiss führen müssen.
    Darüber hinaus wird auch das sich wandelnde Machtverhältnis zwischen July und den Smales thematisiert. Neue Strukturen führen auf beiden Seiten zu neuen Gefühlen und Verhaltensweisen.



    "July's Leute" hat mich sehr beeindruckt. Nadine Gordimer versetzt den Leser in eine Umgebung, in der man sich ebenso fremd wie ihre weißen Protagonisten fühlt. Wechselnde Perspektiven eröffnen einen Einblick in unterschiedliche Welten. Vieles wird nur angedeutet und so bleibt Raum für eigene Gedanken und Interpretationen. Mir erscheint diese offene Form sehr passend für dieses Thema voller Aggressionen und fehlender Gewissheiten. Die Grundstimmung ist bedrückend und der Einstieg nicht unbedingt einfach, aber das Durchhalten hat sich für mich definitiv gelohnt. Das vorgestellte Gedankenexperiment, das zur Zeit seines Entstehens nur ferne Zukunftsmusik war, hat sich inzwischen durch die Abschaffung der Apartheid teilweise überlebt, ist aber dennoch beeindruckend zu lesen.


    Nadine Gordimer ist eine Autorin, von der ich nun noch viel lesen möchte!

    Originaltitel: The Great Ghost Rescue (1975), in den 90ern unter dem deutschen Titel "Aktion Geisterrettung" erschienen


    Willkommen auf Schloss Craggyford - gruseligschöne heruntergekommene Ruine in Nordengland und Heimat einer Geisterfamilie:
    Hamish (der Schwebende Kilt) lebt mit seiner Frau Mabel (glückliche schreckliche Hexe) und den Kindern George (der Schreiende Schädel) und der Wehklagenden Winifred seit Jahrhunderten in der unwirtlichen Gegend. Sorgenkind der Familie ist Humphrey - jüngster Spross der Familie. Seine fehlende Grausamkeit versucht er durch den Namenszusatz "der Schreckliche" wettzumachen. Auch täglicher Spukunterricht verändert seinen Geburtsmakel nicht: pfirsichrosa Aura, freundliche Augen und glockenzarte Bewegungen. Seine Familie und er geben die Hoffnung jedoch nicht auf, dass er noch so richtig schön böse werden wird.


    Ihr Leben wird durch die Ankunft der Tante Hortensie gestört (kopfloser Geist). Sie berichtet, wie ihr heimeliger Spukort von den Menschen in eine Ferienanlage ausgebaut wurde, sprich überall finden sich Spiegel, Lampen und Sauberkeit. Den größten Schaden bereitet ihr jedoch die installierte Heizungsanlage, die ihr Elektroplasma austrocknen lässt. Noch glauben die Geister, dass Craggyford weiterhin ein Paradies bleiben wird. Doch bleiben dies Hoffnungen und so vertreiben Bauarbeiten vor Ort die Geister aus ihrer Heimat.


    Auf der Suche nach einem neuen Heim, landen sie in dem Jungeninternat Norton Castle. Hier treffen sie auf Rick (Richard Henderson) , einen aufgeweckten Jungen, der ihr Dilemma versteht und beschließt den Geistern zu einem Schutzgebiet zu verhelfen. Hierfür muss ein Gespräch mit dem Premierminister Englands initiert werden!


    Eine spannende Rettungsaktion nimmt ihren Anfang...



    Ich liebe die Kinderromane von Eva Ibbotson seit Jahrzehnten und dieser Roman hat meine Erwartungen nicht enttäuscht. Humorvoll, lebendig und mit einem Augenzwinkern geschrieben, weiß man, dass trotz aller Widerstände ein glückliches Ende zu erwarten ist.
    Wie in ihren anderen Romanen appelliert sie unaufdringlich an das soziale Bewusstsein der Leser und plädiert für einen verantwortungsbewussten Umgang mit der Umwelt.
    Die Geschichte fesselt und die symphatisch unkonventionellen Charaktere muss man einfach liebhaben! Insbesondere Humphrey wünscht man von Anfang an, dass er sich in seiner Familie behaupten wird!


    Altersempfehlung:
    "Das Geheimnis der Geister von Craggyford" wird vom Verlag für Kinder ab 9 Jahre empfohlen.

    Zitat

    Original von bonomania


    Da kann ich Dir nur zustimmen :write
    Die letzten 200 Seiten habe ich nur noch quergelesen :-(


    Schon komisch, wie verschieden die Geschmäcker sind :wow


    Ich muss mich euch anschließen. Anfangs fand ich den Roman noch recht spannend, aber nach 100 Seiten stellte sich mir die Frage: "Wohin läuft das? Will ich es überhaupt wissen?" Da ich sowieso in einer Leseflaute steckte, habe ich es beiseite gelegt und auf bessere - andere - Lektüre gehofft. Ich breche selten ab, aber manchmal muss das einfach sein...

    Ich habe hier noch nicht rezensiert - unglaublich! Dabei hat mich die Geschichte vor 2 Jahren sehr beeindruckt. Also hier mal meine Gedanken von damals:


    Der Roman beginnt sehr idyllisch und harmonisch mit Joannas und Walters Alltagsleben in Stepford. Das Ehepaar ist mit seinen Kindern Peter und Kim frisch in den Vorort gezogen und bezaubert von den sauberen Straßen, den gepflegten Anwesen und den freundlichen Menschen. Die Kinder leben sich gut ein und auch Walter hat keine Probleme, in den Männerklub aufgenommen zu werden.
    Joanna wundert sich nach einiger Zeit über das Ausmaß, in dem ihre Nachbarn sich dem Hausputz hingeben. Doch dann lernt sie Charmaine und Bobby kennen - zwei Frauen, die viele Interessen haben, aber definitiv nicht die Haushaltsführung. Mit diesen beiden fühlt sie sich wohl, bis auch Charmaine (begeisterte Tennisspielerin und beherztes Ex-Model) sich zu wandeln scheint. Es scheint ein Muster hinter der Verwandlung zu liegen...


    Es passiert nicht viel in der Geschichte - häufig geht es um Alltagsschilderungen der drei Frauen. Auch Walter ist ein netter, aufgeklärter Mann, der ehrlich bemüht scheint, die Emanzipation nach Stepford zu bringen.
    Doch zunehmend wird man von Bobbies und Joannas Gehirngespinsten umschlungen und fühlt die zunehmende Panik. Kann es sein, dass eine Chemikalie die Frauen zu Hausmütterchen macht? Ein Schadstoff im Wasser?


    Was die Erklärung ist, werde ich hier nicht verraten. Ich sage nur: gruselt euch!!! Hier lebt jemand mit einem Augenzwinkern eine Männerfantasie aus. :geek:
    Welcher Mann wünscht sich nicht eine Frau, die ihn umsorgt, mit der Hausarbeit zufrieden ist, sich immer für ihn hübsch präsentiert und zudem noch glaubt, er sei ihr Gott?! ;)


    Im Buch wird auch Betty Friedan angesprochen, eine amerikanische Feministin, die die Auffasung vertrat, die Emanzipation müsse im Einvernehmen mit den Männern umgesetzt werden und nicht diese als Feindbild betrachten. Ihr Buch "Der Weiblichkeitswahn oder die Selbstbefreiung der Frau" (The Feminine Mystique) von 1963 spielt eine wichtige Rolle in diesem Buch. Nach einem (fiktiven) Besuch dieser Frau in Stepford beginnt sich die Ordnung in der Stadt zu verändern...


    Fazit: Eine kurzweilige Erzählung, die Fragen stellt, aber viele auch unbeantwortet läst. Das Ende kommt plötzlich, aber heftig. Gruselig, sage ich nur. 8)
    Man muss es nicht unbedingt gelesen haben, aber es bietet ein paar gelungene Stunden Lesevergnügen.

    Gerolf de Windt steht mit 80 Jahren am Ende seines Lebens. Aus diesem Grund soll er noch einmal mit einem fulminanten Geburtstagsfest von seinen Angehörigen beehrt werden. Die Söhne Frank und Edwin werden ebenso dabei sein, wie die Tochter Hilde und Edwins Frau Floor nebst Enkelin Steffi.
    Besondere Überraschung ist die Ankunft des „verlorenen Sohnes“ Bardo, der 30 Jahre lang keinen Kontakt zu seinem „Pa“ gehabt hat, nachdem ihn dieser aus dem Haus verwiesen hat. Im Verlauf der Feier kommen Erinnerungen auf und die unterschiedlichen Lebensauffassungen aller Beteiligten prallen aufeinander. Was sich entwickelt, ist eine hochexplosive Mischung aus Ressentiments, Lebensauffassungen und aufgebrochenen Wunden.


    „Pa“ Gerolf ist der Patriarch einer kalvinistisch geprägten Familie. Seit langem verwitwet, sehnt er sich nach dem Tod und dem Wiedersehen mit seiner Frau Ida in einer besseren Welt. Er lebt sein Leben nach sehr bürgerlichen Prinzipien: gottesfürchtig, ehrwürdig und respektabel. Seine Kinder sind durch seine gradlinige und mitunter starrsinnige Haltung sehr geprägt:


    Edwin ist der älteste Sohn der Familie: ehrgeizig, auf die Sicherheit seines Geldes vertrauend, aber davon so eingenommen, dass er nicht bemerkt, welche Schieflage seine Ehe inzwischen genommen hat. Floor, seine Frau, leidet trotz aller Annehmlichkeiten ihrer Ehe, an der Gefühlskälte ihres Mannes und der Inhaltsleere ihres eigenen Daseins. Manisch-depressive Phasen wechseln sich ab und sie kennt die echte Floor selbst nicht mehr. Eine Erkenntnis, unter der auch ihre Tochter Steffi leidet: wer ist eigentlich ihre Mutter?


    Frank, Modefotograf und jüngster Spross der Familie, versucht sein Leben möglichst ereignislos zu leben und Verletzungen zu vermeiden. Schon seine Berufswahl spricht für den Versuch, andere mit Masken zu blenden.


    Die einzige Tochter Hilde betätigt sich als Psychiaterin und sieht ihren Lebenszweck in der Heilung anderer Menschen, wenn es ihr schon nicht gelingt, die eigene Familie beisammen zu halten. Sie hält als Einzige Kontakt zu dem verstoßenen Sohn Bardo, der sich den bürgerlichen Zwängen seines Elternhauses nicht beugen wollte und die Abweisung seines Vaters nutzte, sein Leben nach eigenen Vorstellungen zu leben.



    Der Roman ist getragen von einem stillen Humor und beschäftigt sich mit wichtigen Fragen: soll man sein Leben möglichst frei und nach den eigenen Instinkten leben, auch wenn dies bedeutet, gegen Traditionen zu verstoßen und womöglich Menschen zu verletzen oder gehört eine gewisse Portion Mäßigung dazu? Bardo ist das Symbol für ungezügeltes, freies Leben, während seine Familie damit ringt, möglichst respektiert zu werden. Diese beiden Lebensentwürfe prallen hart aufeinander – auch 30 Jahre Distanz haben die Gefühle der einzelnen Beteiligten nicht beruhigt. Seine Erzählungen und Handlungen wirken frisch und befreiend, werfen aber auch viele Fragen auf. Insbesondere Nichte Steffi ist beeindruckt von diesem fremden, impulsiven Mann. Aber auch ihre Mutter Floor kann sich seinem Charme nicht völlig entziehen. Eine Tatsache, die auch ihrem Edwin auffällt und bei ihm alten Neid und Hass wachrüttelt. Ein Eklat am Ende des Buches zerstört die wacklige Grundlage des Festes und fordert alle auf, ihr Leben zu überdenken und neu zu sortieren.


    Mich hat der Roman sehr fasziniert und ich konnte ihn nicht mehr aus der Hand legen. Innerhalb eines Tages hatte ich ihn durch und war traurig nicht noch mehr zu erfahren. Vieles wird nur angedeutet, was hilft die Phantasie des Lesers anzuregen. Ich mag diesen Stil. Auch der häufige Perspektivwechsel gefiel mir gut, denn so kommt jeder Beteiligte (außer Bardo) zu Wort und kann seine Sichtweise direkt vermitteln.


    Ein gelungener Familienroman, der dem Leser viel Raum für eigene Empfindungen und Bewertungen des Gelesenen lässt und so wahrscheinlich von jedem anders aufgefasst werden wird. Auf mich hat er sehr stark gewirkt und beschäftigt mich noch immer unterschwellig.