Hier jetzt wie versprochen das alternative Ende.
Es unterschiedet sich in seiner Grundtendenz nicht vom aktuellen, ich habe es aber auf Wunsch des Verlages, dem es zu 'schmalzig' war, abgemildert.
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Epilog
Harworth, Weihnachten 1997
Er hörte das Knistern des Kaminfeuers in seinem Rücken, während er aus der Fensterfront des Wintergartens blickte.
Er erinnerte sich an London. Rot verpackte Weihnachtsmänner läuteten dort jetzt ihre goldblank geputzten Glocken. Gleich schwarzen Termiten auf der Suche nach ihrem Bau eilten die Menschen durch die überfüllten Straßen sowie um die Ecken und Kanten von Häuserblöcken, schmiedeten Pläne für Silvester oder ersannen gute Vorsätze für das neue Jahr.
Samson vermisste nichts davon. Er hatte nur noch einen Vorsatz. Den Fehler seiner Mutter nicht zu wiederholen.
Er stellte seinen Whisky, an dem er bereits seit Stunden ohne große Fortschritte nippte, auf den antiken Sekretär und griff in die zweite Reihe des oberhalb des steinernen Kaminsimses angebrachten Bücherregals.
Sturmhöhe. Von Ellis Bell. Eine Rarität und mehrere tausend Pfund wert. Der dunkle Einband des alten Buches lag angenehm vertraut in seinen warmen Handflächen. Samson schloss die Augen und roch an dem weichen Umschlagsleder, um sich ein letztes Mal zu erinnern an alles, was sie war.
Danach warf er das Buch ins Feuer.
Er hörte das wilde Knistern und öffnete langsam die honiggelben Augen. Gierig langten die Flammen nach der 'Sturmhöhe'. Sie zerstörten das Werk. Rücksichtslos. Seite um Seite.
Genau wie einst Joy ihren Bruder.
Vor drei Jahren hatte er sie verflucht. Sich gewünscht, ihr noch einmal gegenüber treten und alle Wut ins Gesicht schreien zu können. Warum hatte sie ihm das angetan?
Aber am Ende hatte er seinen Groll und die Verzweiflung neben sie gebettet. Zur Ruhe. An die Seite von Henry Lintons Körper und Seele.
Weil ihn das Schicksal entsprechend seines Nachnamens versöhnt hatte. Obwohl als Hindleys Sohn dem unerbittlich kaltblütigem Zigeuner gegenüber nicht blutsverwandt, war Hareton stets Heathcliffs Erbe gewesen. Er versöhnte die Familien, indem ihm am Ende jene Gnade zuteil wurde, die ersterem auf Erden versagt geblieben war. Liebe und Leben. An ihrer Seite.
"Selbst wenn du Emilys literarischen Wahnsinn erlebt hast und am zarten Leib erdulden musstest... Wirst du wieder darin lesen, Joy?" begehrte Samson von dem züngelnden Winterfeuer im Kamin zu erfahren. "Wirst du dich dabei an den ungläubigen Sadduzäer erinnern, der glaubte, dein Bruder und einziger Gedanke zu sein?" Er ging in die Knie und führte seine Hand so nah an die Flammen heran, dass er deren Hitze gerade noch ertrug. "Denn ein Teil meines Herzens wird sich nach dir sehnen, solange ich lebe", gestand er ihr.
Er beobachtete das Feuer. Die Seiten zerfielen bereitwillig, aber der lederne Einband gab nur langsam der Hitze nach. Ein herber, fauliger Äther dehnte sich im gesamten Wohnbereich aus.
Samson riss eines der Fenster auf. Hinter ihm klappte eine Tür.
"Was ist das für ein fürchterlicher Gestank?" verlangte die helle Stimme in seinem Rücken zu erfahren.
"Es ist nichts, Liebling. Es ist vorbei", wiegelte er ab.
Zügigen Schrittes ging er den beiden schneenassen Silhouetten, die im Türrahmen standen, entgegen. Fort vom ewigen Fegefeuer, zwischen dessen lodernden Flammensäulen Joy und Henry angesichts der Szenerie zufrieden lächelten.
Samson gab seiner Frau einen Kuss auf die kalte, gerötete Wange.
"Hat ihm die Weihnachtsparade gefallen? Oder hatte er Angst vor den seltsamen Männern mit den weißen Bärten?"
"Kein Stück. Er fand es toll", sagte Cat und schälte sich aus der dicken Winterjacke. "Schau doch, wie er strahlt. Wie einer von Nikolaus hilfreichen Wichteln."
"Kein Wunder, du hast ihn ja auch so eingepackt", bemerkte Samson schmunzelnd, ehe er seinen Sohn an sich drückte, welcher vertrauensvoll die kindlich kurzen Arme um den Hals seines Vaters schlang.
"Wir haben Edgar getroffen. Er würde gerne morgen zur Bescherung vorbeikommen." Eine stumme Frage versteckte sich zwischen Cats Worten.
Samson blickte in Heathcliffs Augen. Sie waren ein Potpourri an Farben. Genau wie der eigenwillige Stammbaum des Zweijährigen.
"Er ist Heaths Urgroßvater und gehört zur Familie", sagte Samson milde. "Wie könnte ich etwas gegen ihn haben?"
ENDE