Zitat
Original von SueTown
Ich warte gespannt ab, wie dein abschließendes Urteil ausfällt. smile
Hallo SueTown,
dann will ich mal berichten:
In der Tat, das Buch ist warmherzig geschrieben. Aber ist es denn ein Wunder bei diesem wunderbaren Schauspieler, dessen Warmherzigkeit sich auch oft in seinen Rollen widerspiegelt?
Das Buch hat mich gerade deswegen fasziniert - es gibt viele sehr schön beschriebene Momente in dem Buch, auch melancholische, manchmal gar poetisch anmutende.
Auch die Darstellung von Empfindungen gelingt Steve Martin eindrucksvoll, z. B. deutet er einen Gesichtsausdruck seiner Therapeutin Clarissa, denkt sich tief in ihre Gefühlswelt hinein und vermag ihre Lebenssituation treffend zu analysieren.
Die Verschrobenheit seines Protagonisten ist grandios geschildert, indem er Daniel Pecan z. B. erzählen lässt, wie er in der Schulzeit seine Lehrbücher umarbeitete, damit sie seinen Berechnungen entsprachen. Ganz einfach: Man nehme eine Rasierklinge, schneide die nicht passenden Seiten aus und ordne sie dort ein, wo sie hingehören.
"Natürlich musste ich sie dann in der neuen Reihenfolge lesen. Das erschwerte das Lernen und machte es letztendlich, als ich meine Lernmethoden weiteren Regeln und Einschränkungen unterwarf, ganz unmöglich."
Wie Daniel Pecan den Sohn Clarissas aus einer sich dramatisch zuspitzenden Situation vor dessen Vater rettet, zeigt, dass Steve Martin temporeich erzählen kann - gerade in diesen, im flotten Tempo erzählten Passagen, erkennt man den Schauspieler Steve Martin.
Aber es gibt auch leise Töne: auf einem Spaziergang mit dem ein Jahr alten Teddy beschreibt Daniel Pecan, wie der Kleine Blätter einer Hecke durch die Hände gleiten lässt. Der Rhythmus des Berührens, Festhaltens und Wiederloslassens berührt Daniel Pecan und am Ende der Hecke angelangt, empfindet er das Erlebte wie das Erwachen aus einem Traum.
Aber Steve Martin wäre nicht Steve Martin, wenn er einen nicht auch immer wieder zum Lachen bringen würde. Daniel hat den ersten Preis in einem Geschichtenwettbewerb gewonnen. Sein Freund und Nachbar Brian fährt ihn zur Preisverleihung. Während der Fahrt fragt er ihn, ob er seine Hose ein wenig herunterziehen könne. Brian, erst irritiert, reagiert verstaändnisvoll, als Daniel erklärt, dass seine Hose auf diese Weise nicht so viele Falten bekomme.
Es gibt auch viele nachdenkliche Momente in diesem Roman, wobei der letzte Satz des Buches wohl der aufschlussreichste ist.
Der Schluss war mir ein bisschen zu glatt, aber das trübt den guten Gesamteindruck nicht.
Ich habe mich gefragt, ob der Roman der leichteren Unterhaltungsliteratur zuzuordnen ist. Aber eigentlich ist das auch egal. Ich hätte nicht so viel darüber geschrieben, wenn er mich nicht auf intelligentem Niveau bestens unterhalten und amüsiert hätte.
Liebe Grüße
Corinna