Hi Nuriya,
eine Geschichte im Kopf ist erst fertig, wenn du sie auch schriftlich formulieren kannst. Um was geht es? Stell dir diese Frage und schreibe die Antwort nieder, in maximal 50 Worten. Dann hast du schon einmal einen Anfang. Wenn du dich dabei schwer tust, stimmt etwas mit deiner Idee nicht, dann solltest du sie überarbeiten. Am besten gleich den PC anlassen oder den Bleistift auf dem Papier und es schriftlich versuchen. Manchmal habe ich acht, neun Spontan-Versionen, bevor ich überhaupt beginne, mir ernsthafte Gedanken um den Plot zu machen.
Weiter: 1)Fühlst du eine so große Leidenschaft für deine Geschichte in dir, dass du meinst, du MUSST sie unbedingt als Roman niederschreiben?
2)Glaubst du, du bist die einzige Person auf der Welt, die in der Lage ist, diese Geschichte auf die Weise zu erzählen, wie sie zu Papier gebracht werden sollte?
3)Glaubst du, du kannst über Tage, Wochen, Monate hinweg Fernsehen, Freundinnen, Ausgehen widerstehen, bis dein Roman fertig ist?
4)Weißt du genug über das Thema, damit deine Geschichte unwiderstehlich und authentisch klingt? Wenn nicht: bist du bereit, noch einmal viel Zeit und Energie in Recherchearbeit zu investieren?
Alles mit Ja beantwortet und immer noch nicht mutlos? Dann überlege dir, wie deine Personen aussehen, wann und wo (familiäres Umfeld - Mutter Supermodel, Vater Trinker, superliebe Oma, die aber ausgerechnet...?) sie geboren sind, welche Vorlieben sie deshalb haben, und schreibe auch das nieder. Bleibe immer dicht an der Geschichte, sonst verzettelst du dich. Du brauchst dir also nicht ausmalen, wann deine Hauptperson die erste Reitstunde hatte und was ihr dabei passierte, wenn in deiner Geschichte keine Pferde vorkommen.
Welche Daseinsberechtigung haben deine Figuren in der Geschichte? Wie bringen sie die Story voran?
...Okay, das wird ein Jahr dauern, und dann fragst du am besten wieder ...
Ja, wenn es so einfach ginge wie in den Filmen: weißes Blatt in die Remington, Ärmel hoch, und in drei Monaten ist der Bestseller fertig. Seufz...
Schreiben hat in erster Linie mit Disziplin zu tun. Daran scheitern die meisten.
Joan, ich widerspreche mit der sogenannten Blockade. Wenn das weiße Blatt endlich vor einem liegt und man sich endlich (nachdem die Katze gefüttert ist, die Wäsche auf der Leine hängt, das Bier im Kühlschrank liegt, alle Mails beantwortet sind und im Eulenforum alles ruhig ist ...) aufrafft, den Bleistift in die Hand zu nehmen, dann "läuft" es auch! Einfach irgendetwas auf das Blatt schreiben, man kann es ja später löschen oder wegwerfen. Wichtig ist, zu schreiben. Meine Kapitel beginnen in der ersten Version manchmal tatsächlich damit, dass meine Helden keine Lust haben, in Aktion zu treten. Das wird sich in der zweiten Version natürlich ganz anders lesen, da brennen sie drauf, loszulegen. "Nimm den Stift niemals vom Papier", hat die große Erica Jong einmal auf einer Lesung als ihr großes Schreib-Geheimnis preisgegeben. Da ist etwas dran.
Aber zurück zu dir, Nuriya. Es gibt genausoviele Schreibrezepte wie es Autoren gibt, vermute ich mal. Ich bin ein sehr systematischer Mensch, und deshalb hat es mir gerade am Anfang geholfen, Bücher zum Thema Schreiben um Rat zu fragen. Vielleicht hilft dir das. Lass dich nicht beirren, dass einige Autoren behaupten, sie brauchten sich bloß mit einer vagen Idee an den Computer zu setzen, und schon käme ein druckreifes Manuskript herausgeflossen. Ich behaupte mal, sie beschönigen da etwas und duck mich schon mal vorsichtshalber...
So, und nun klick dich aus dem Eulenforum aus und beginne mit deiner ARBEIT. oder geh ins Schwimmbad und gehöre weiterhin zu den 30 Prozent der Bevölkerung, die auch mal einen Roman schreiben werden... irgendwann...
Viel Erfolg!