Beiträge von Paul Beneke

    Der Blick eines Außenstehenden ist zuvorderst der Blick eines Außenstehenden. Mit Objektivität hat das in Summe so gut wie nichts zu tun.

    Nochmal: Dann dürfte es keine Biographien geben. Der Biograph versucht, sich der Wahrheit anzunähern.


    Abe es stimmt schon: oft versucht man, die Biographie in seinem Sinne umzudeuten. Ich bin in der DDR aufgewachsen. Kann da ein Lied von singen.

    Ich finde es ja spannend, wenn Außenstehender erklären will, warum ein Mensch handelt wie er handelt. Am Ende weiß nur Frau Merkel, warum sie ihre Entscheidungen so getroffen hat und vermutlich ist es Nachhinein auch für sie genau schwierig zu sagen, warum sie eben genau so und nicht anders gehandelt hat.


    Das hat was von „Was wollte mir der Autor damit sagen“

    Dann dürfte es keine Biographien geben, Streifi. :grin

    Es liegt doch auf der Hand, dass Mensch versucht, in seiner Autobiographie seine eigenen Handlungen zu idealisieren, begangene Fehler zu kaschieren oder zu leugnen usw. Niemand wird schreiben: Ich habe wirklich immer nur Mist gebaut. :lache

    Im Gegensatz dazu ist der Blick eines Außenstehenden oft objektiver und gerade hier sehr nützlich sein, da fast (!) sämtliche Fakten und Kontexte ja auf dem Tisch liegen. Er kann die historische Linse ziemlich scharf stellen.

    Aber wie gesagt: Wollte nur auf die Biographie hinweisen.

    Stimmt, ich habe das Interview nochmal gesehen. Also nur Ehrenmitglied der AfD, meinte Aust, nicht gleich Ehrenvorsitzende. „Der Schoß ist fruchtbar noch aus dem das kroch.“ (Brecht). Es ist halt fatal: Nachdem es Jahrzehnte gelungen ist, die Angriffe rechtsradikaler Parteien (NPD, DVU, Republikaner) auf die Demokratie abzuwehren, sitzt nun eine solche Partei im Parlament und feiert riesige Wahlerfolge. Es gibt viele Gründe dafür, aber nicht nur für Aust ist Merkel nicht ganz unbeteiligt daran, so sehr es gewiss das Allerletzte ist, dass sie wollte.

    „Würdeloses Interview“ (Tom) - das ist süß, schließlich handelt es sich um eine – zum Glück! - lebendige, sehr intelligente Frau, die viel geleistet hat und deren Wort noch immer Gewicht hat, mitnichten um den Nachruf auf eine überdimensionale Gestalt, an der Kritik zu üben einer Gotteslästerung gleichkommt.

    Mich selbst interessiert die Problematik nicht sonderlich, und ich stecke auch nicht drin, wollte nur auf eine Biographie hinweisen, die Frau Merkels Wirken kritisch hinterfragt.


    ASIN/ISBN: 3958906370


    Dazu heißt es:

    „Frau Merkel führte Deutschland wie in einer Scheinwelt und ließ es ein ausgedehntes geopolitisches und wirtschaftliches Nickerchen genießen, aus dem es noch erwachen musss." ECONOMIST, 24. Oktober 2024

    "Angela Merkel hat Deutschland entpolitisiert. Politik in diesen Zeiten ist die Wahrnehmung von Interessen, nicht von Werten. Verantwortliche Politiker und Wirtschaftslenker von Volkswirtschaften, die eng mit der deutschen verbunden sind, tritt der kalte Angstschweiß auf die Stirn, wenn sie auf die Daten der größten Volkswirtschaft Europas schauen. Sie fürchten, mit in den Abgrund gerissen zu werden. All die Missstände, mit denen wir heute zu kämpfen haben – die desaströse Energiewende, die Abhängigkeit von Russland, die verfehlte Migrationspolitik, den Abbau von Demokratie, Freiheit, die Einschränkung der Bürgerrechte, das Leben von der Substanz ohne Werterhaltung, den Zusammenbruch des Gesundheitswesens, der öffentlichen Sicherheit und der Infrastruktur –, ihre Ursache liegt in der viel zu langen Kanzlerschaft Frau Merkels. Sie hinterließ ein niedergehendes und tief gespaltenes Land.
    Nach Merkels Ausstieg aus der Politik wurden ihre Fehler unter großem Propagandaaufwand in Heldentaten umgemünzt – Klaus-Rüdiger Mai setzt in seiner kritischen Biografie der Ex-Kanzlerin Fakten gegen Legenden und widmet sich der Frage: Warum handelte Angela Merkel, wie sie handelte? Dabei geht es ihm nicht um die Dämonisierung eines Menschen, nicht um Verschwörungstheorie oder das Walten dunkler Mächte, sondern um eine kühle und glasklare historische Analyse. Vor allem aber geht es um die große Leidenschaft der Angela Merkel: ihre Liebe zur Macht und darum, diese zu durchschauen und zu entzaubern. Denn erst wenn Deutschland seine innere Merkel überwunden hat, wird es wieder gesunden und zu seiner einstigen Stärke und Zukunftsfähigkeit zurückkehren können."


    "Die Eischränkung der Bürgerrechte" ist schlicht Unsinn. Das waren obligate Maßnahmen, um die Pandemie in den Griff zu bekommen. Andere Länder haben viel härtere Maßnahmen gefahren.


    Vielleicht wäre die Biographie ja eine interessante Ergänzung für Interessierte und Leser ihrer Autobiographie, um sich ein Gesamtbild zu machen.

    Sie hat allein in Deutschland jetzt schon 200000 Bücher verkauft. Dann kommt noch der riesige englischsprachige Buchmarkt dazu. Die Engländer wird das wohl nicht sonderlich interessieren, aber in den USA kam sie gut an.

    Der Verlag wird also den Vorschuss (angeblich zweistelliger Millionenbetrag) schnell wieder einspielen.

    Vielleicht wird sie ja auch noch Ehrenvorsitzende der AfD, wie Stefan Aust neulich meinte. :lache

    Also, für die Muddi läuft es richtig rund zur Zeit.

    Do not forsake me, oh, my darlin'

    On this, our wedding day.

    Do not forsake me, oh, my darlin'

    Wait! Wait along.


    aus einem Song von Tex Ritter (für High noon)


    Es gibt kurz vor dem Finale in „High noon“ eine Szene, in der Grace Kelly an ihrem Göttergatten (Gary Cooper) vorbeifährt, ohne ihn auch nur eines Blickes zu würdigen. Angst liegt über der Stadt, die Straße ist menschenleer, nur Kane steht dort (Kein Zusammenhang, aber: „Nichts ist leerer als ein leerer Swimmingpool“, Chandler) Einsamer als Sheriff Kane kann man sich nicht fühlen. Und die Angst steht ihm ins Gesicht geschrieben.


    Nietzsche: „Solchen Menschen, welche mich etwas angehn, wünsche ich Leiden, Verlassenheit, Krankheit, Mißhandlung, Entwürdigung,—ich wünsche daß ihnen die tiefe Selbstverachtung, die Marter des Mißtrauens gegen sich, das Elend des Überwundenen nicht unbekannt bleibt: ich habe kein Mitleid mit ihnen, weil ich ihnen das Einzige wünsche, was heute beweisen kann, ob Einer Werth hat oder nicht—daß er Stand hält ... „


    Sheriff Kane hält sich daran, Nietzsche selbst nicht. Als ich hörte, dass er bei einer Stadtbehörde anfragte , ob man die Waldwege nicht in Ordnung bringen könne, weil der geniale Artist deutscher Sprache mit Lou Andreas Salomè dort entlang zu spazieren gedachte, war er bei mir durch. Ich habe ihm ohnehin „fast nichts“ (Thomas Mann) geglaubt. Er bleibt in Erinnerung als genialer Stilist und Schöpfer eines der schönsten Gedichte in deutscher Sprache.

    Float like a butterfly, sting like a bee.


    Muhammad Ali


    Ich habe mir gerade den "Rumble in the Jungle" angeschaut. Eine Retro-Kiste ...

    Ich war damals 9 Jahre alt, stand um 3:00 morgens auf ... Vorher schon hatte ich die Scharniere der Wohnzimmertür eingeölt, damit meine Eltern nicht erwachten.

    Ich wurde nicht enttäuscht. Es war gewiss einer der größten Kämpfe aller Zeiten und wurde damals in den Siebzigern zu einem epochalen Ereignis hochstilisiert - und das war kaum übertrieben.

    Es schien, als gingen Alis Chancen gegen 0. Und so begann es auch. Der viel jüngere und wesentlich stärkere Foreman, der fast alle seine Kämpfe vorzeitig durch KO gewonnen hatte (zumeist auch noch in der ersten Runde), prügelte nonstop auf Ali, der die meiste Zeit in den Seilen hing (später beschuldigte Foreman Alis Trainer, die Seile vorher gelockert zu haben:)) ein, beim nochmaligen Schauen - nach 50 Jahren!, ist aber klar, dass Ali auch schon vorher jede Menge kleine Treffer landete. Hier mal ein Jab, der einschlug, dort mal ein Jab, der einschlug. Wieder und wieder. Scheinbar Mückenstiche, machen aber einen Boxer mürbe.

    Ich bin fast stolz darauf, dass ich damals aufgestanden bin, und wie ich heute weiß, nicht der einzige. Selbst Schagerstar Nicole ... :grin

    „Was tut auch der feinste Herr, wenn ihn drei ordinäre Flegel anfallen: Er zieht seinen Mantel aus und boxt.“

    Joseph Goebbels


    Aus dem Gedächtnis, ohne Gewähr, aus LTI von Klemperer; also nicht, dass ich die Tagebücher des widerlichen Massenmörders namens Goebbels lesen würde ;- Und nicht, dass ich ein feiner Herr wäre :lache, und nicht, dass ich den Ratschlag des Unmenschen (das Federgewicht namens Goebbels wäre gar nicht in der Lage gewesen zu fighten) immer befolgen würde, aber offenbar bin ich neulich im Vorübergehen, ich eilte zur Bahn, von der Seite angepöbelt worden – natürlich aus mindestens 10 Meter Entfernung und als ich schon vorbei war. Tatsächlich habe ich das aber am Rande meines Bewusstseins noch so halbwegs mitgeschnitten, lief aber einfach wortlos weiter, wiewohl ich definitiv nicht die Reinkarnation Gandhis oder Franz von Assisis bin. Er hat Glück gehabt! Ich war depressiv an dem Tage, und es ging mich sowieso einfach nichts an. Nun interessiert es mich grundsätzlich weniger als die letzte Wasserstandsmeldung, was die Leute denken oder eben zumeist nicht denken, aber irgendein unterbelichteter Vollhorst aus meiner Ecke muss hinter mir gelaufen sein – und nun höre ich hier überall den größten Bullshit. Das allerdings ärgert mich schon, und ich habe schon überlegt, ob ich da nochmal vorbeischaue. Ein Imbiss ist dort, und natürlich hängen da immer die gleichen besoffenen VolliIdioten ab. Man kann halt aus seiner Homo-sapiens-Haut einfach nicht raus. :) Aber ich sehe dann doch das Bild Gandhis vor meinem inneren Auge :) - der übrigens Glück gehabt hat, weil die Engländer schon relativ liberal waren in dieser Zeit.

    Ich wusste, dass er eine fette COPD hatte, die im Alter natürlich nur übler werden kann. Er hat sich das 0 annmerken lassen und blieb humorvoll. Das hatte Stil. RIP!

    Dass Krieg nicht per se in den Genen von Affen liegt, sieht man auch an den relativ friedlichen Bonobos (die den kriegerischen Schimpansen ja sehr ähneln), was vermutlich an ihrem spezifischen Sexualverhalten liegt.

    Ja, mit der Sesshaftwerdung begann es. Vorher trafen die Gruppen nur selten aufeinander. Es gab genügend Ressourcen für alle. Trotzdem ist Homo sapiens natürlich nicht per se eine friedliche Art, äh ... Gattung, man verleiht sich ja so gerne einen singulären Status. Wenn man an die Neandertaler denkt, die über 250000 Jahre in Europa lebten und nur 5000 Jahre nach Eintreffen des Homo sapiens sapiens ausstarben, die letzten am äußersten Zipfel Europas, dann glaube ich nicht, dass der moderne Mensch nicht dran beteiligt war (obwohl unsere Ahnen sich gelegentlich mit ihnen vermischten, über 2% unserer Gene entstammen den Neandertalern. Wir haben sie quasi assimiliert, die Borg lassen grüßen ;)). Die Ausrottung der Großtiere auf allen Kontinenten auch schon zur Eiszeit (Mammut, Riesenfaultier, Riesenhirsch usw.) spricht Bände.

    Großflächig begann es mit Mord und Krieg untereinander aus den erwähnten Gründen erst bei Sesshaftwerdung (durch Gewalt starb damals etwa jeder Zehnte! Man rechne das mal auf die Gegenwart um!) Die Menschheit ist aber tatsächlich seitdem kontinuierlich scheinbar (!) friedlicher geworden, wenn man das prozentual gemessen an der Gesamtpopulation sieht. Das belegen auch mittelalterliche Statistiken. Soweit ich das in Erinnerung habe, glich die Mordrate in England damals der der weltweit gewalttätigsten Länder heutzutage: der lateinamerikanischen Länder. Das liegt vor allem an höherem Lebensstandard und besserer Organisation. Gleichwohl gilt: „Nur die Toten werden keine Kriege mehr sehen“ (israelischer Militärhistoriker). Er schränkte aber ein, dass Atomwaffen die Menschen vorsichtig und „klug“ machen, selbst Stalin hätte keine eingesetzt usw. - Truman hingegen schon, und ich halte das sowieso für etwas blauäugig. Die Zahl der Länder, welche diese Waffe oder noch verheerendere wie die Wasserstoffbombe früher oder später besitzen, wird dramatisch steigen. Dazu kommen biologische und chemische Kampfstoffe, die immer perfider werden. Dann die wachsende Weltbevölkerung, wachsende Ungleichheit, gigantische Flucht- und Wanderungsbewegungen, Ressourcenmangel, Klimawandel, schon fast totgeglaubter Nationalismus, möglicherweise das Entstehen neuer Ideologien, die Gefahren künstlicher Intelligenz, primitive Religionen usw. - das kann trotz gewaltiger Werkzeuge des Homo sapiens wie Wissenschaft und Technik, die ja eben aber auch destruktiv eingesetzt werden) spannend werden auf diesem Planeten. Wir sehen ja, was gerade sogar in Europa wieder passiert.

    By the way:

    Krieg ist nicht ewig. Menschheitsgeschichtlich betrachtet, hat er sich vor erstaunlich kurzer Zeit an die Seite der Menschen gestellt. Es handelt sich also um eine Anomalie, eine Verirrung. 99 Prozent der Evolution kamen Menschen ohne ihn aus.“

    Da haben die Autoren eine Mathematikschwäche. Den modernen Menschen gibt es erst seit 300000 Jahren. Sesshaftwerdung vor 7000 Jahren. Da fragt man sich, woher die 99% kommen. Dazu kommt, dass man anhand der Funde in Afrika gar nicht wissen kann, ob sie sich die ersten 200000 Jahre, also vor dem Auszug, nicht oft auch wie die Schimpansen selbst bekriegten.

    Liebe vev,

    herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag. Es tut mir so leid für Dich. Erinnere mich noch, wie sehr Du es wertschätztest, einen "lesenden Mann" zu haben. Dass Du immer noch nicht lesen kannst nach diesem großen Verlust, das zeigt, wie ungeheuer nahe Ihr Euch gewesen sein müsst.

    Alles Gute für die Frau mit dem schönsten Nick seit Amazon-Zeiten! ;)